güNef
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Servus,
Prolog:
Wie genau ich auf Aidan gekommen bin weiß ich nicht mehr, wohl einem Link in einem Post in einem Forum gefolgt. Ich habe mir seine Homepage in Ruhe angesehen und bin durch seinen Shop flaniert. Einiges hat mich angesprochen, anderes nicht. Was mir sofort ins Auge gestochen ist, war der aufgerufene Preis für seine Messer, bzw. die zum Teil im Sale befindlichen Kochmesser die zu solchen Preisen eigentlich nicht machbar sind.
Eines dieser Messer wollte ich kaufen um mal zu schauen, wo der junge schwedische Schmied & Messermacher in seinem Schaffen so steht. Irgendwie hat Paypal nicht richtig funktioniert und meine Zahlung ist nicht angekommen und danach war das Messer schon weg. Aidan hat mich Tage später angeschrieben, sich für die Probleme entschuldigt und mir angeboten, das gleiche Messer zu den selben Konditionen noch einmal zu fertigen. Daraus ist dann eine längere Kommunikation entstanden, in der ich um ein paar Änderungen gebeten habe, ohne seinen eigenen Stil auszuknocken.
Die Klinge ist aus 80CrV2 C-Stahl, ein einfacher, aber bewährter und zäher Stahl. Extra „tall“ war meine Bitte, dazu ein Western-Griff aus Nuss und eine Zwinge aus Messing mit Zierpin. Die schwedischen „Tree Kronor“ als Pin finde ich einen gelungenen Gag und gleichzeitig ein Statement. Ich habe noch um einen gut dünnen Schliff gebeten, einen Taper, eine feine Spitze, sanft ballige Flanken und eine nagelgängige Schneide. Aidan schmiedet einen Taper und schleift ihn nicht Stockremoval. Daher habe alle Klingen mit stärkerem Taper auch Hammerspuren oder noch Zunder an den Flanken. Drauf hat er mich aufmerksam gemacht. Vier Wochen und einige Mails später war das Messer da.
Der vereinbarte Preis für einen geschmiedetes Custom von einem Mann gefertigt lag bei unglaublichen 220,- Euro. Ich bitte euch die Bilder anzuschauen, was man um sein Geld bekommt und jenseits von Niedriglohnländern noch bekommen kann, wenn man sucht, auch wenn es nicht mehr lange so sein wird. Ich habe mich über die Preisgestaltung mir Ben Kamon und Tobias Hangler unterhalten, beide haben einstimmig und unabhängig gemeint, das ist eigentlich nicht machbar.
Bilder:
Geliefert wurde das Messer dick in Wellpappe eingeschlagen, nach der Überverpackung sah das so aus:
Erste Bilder frisch ausgepackt:
Eindrücke, Erwartungen und Vergleiche.....
Erste Eindrücke…..
Die Passungen, das Längsfinish und der Verzug sind bereits heute ausreichend gut, das selbst jemand mit meinen Ansprüchen damit zufrieden ist. Es ginge aber exakter, präziser und noch gerader, Macher wie Kamon, Xerxes und Simon Herde repräsentieren in der Kochmesser-Szene eine andere Art der Perfektion, von den Kleingewerblichen sind Uwe Mattern und Mike Sturmschwalbe die innovativsten Köpfe, die ihre Messer noch in der eigenen Küche einem Testprozedere unterziehen und aus praktischer Erfahrung etwaige Schwächen in Schnitt, Profil und FR dadurch ausmerzen und ihre Messer den Kunden praktisch an den Leib schneidern wie ein Bekleidungsausstatter der alten Schule. 😉
Der Flankenschliff der Klinge ist homogen, die Schneide ordentlich durchgeschliffen, Zeitungspapier geht aus dem Stand. Lediglich zwei kleinere Kratzer an der Vorderseite der Messingzwinge sind zu kritisieren wenn man pingelig ist und das bin ich nun mal. Ungewöhnlich ist die Form vom Kehl angelegt, sie bricht mir gewohntem und wölbt sich nicht wie gewohnt nach innen um den Fingern im Vorgriff platz anzubieten sondern nach aussen, was weniger praktikabel ist. Die Beweggründe können nur einer optischen Intention folgen, einer praktischen nicht. Bei der nächsten Bestellung, werde ich hier um gewohntes bitten, jetzt arrangiere ich mich erstmal damit und passe meine Grifftechnik an. Rücken und Kehl sind aber sauber gerundet, wie gewünscht.
Somit sind erstmal alle Kritikpunkte besprochen, viele sind es ja nicht. Der Stahl reagiert je nach Schnittgut gering oder stinkt an einer Hawaiiananas bis zum Näschen hoch. Die erste Schärfe war nach einer Woche weitgehend verbraucht, der Schneidenwinkel etwas zu spitz für mein Empfinden. Ich habe auf die klassischen 18° per Seite umgeschliffen. War einfach, aber nicht zu einfach, ich kenne die Härte der Klinge leider nicht, aber der Rika 5k war schnell und schwarz wie immer. Dieses Thema habe ich ja durch, Standzeit ist zuhause irrelevant, wenn sich ein Messer gut wetzen lässt und das tut es ganz wunderbar.
Meine Erwartungen…..
waren eigentlich gering, weil ich noch nichts über den Mann und seine Messer wußte und ich mich nur an den Bilder in seinem Shop orientieren konnte. Jetzt weiß ich mehr und halte ein sehr schönes Kochmesser in der Hand, das wirklich was taugt. Dünn geschliffen, aber nicht zu dünn, keine Diva, kein Schneidwunder. Der Griff ist herausragend geformt und gefertigt, die Haptik samtig. Hier kann sich der Griffbau mit jedweder Konkurrenz messen. Keine Spalten, alles sehr sauber verschliffen, ein sehr guter Griff.
Zum Vergleich…..
habe ich ein Herder 1922er in 230er Länge mit Nussgriff herangezogen. Herder kennt jeder, schätzt jeder, ist gesenkgeschmiedeter C-Stahl und wehe jemand kritisiert diese untadeligen Messer als Institution des leichten deutschen Schnittes. Gesucht und nicht erhältlich sind sie obendrein. Was liegt also näher diese beiden Messer gegenüber zu stellen.
AG.Klint= 220,- Euro All in
Herder 1922er= Listenpreis 278,- Euro, falls erhältlich!!!
Das 230er Herder ist an sich ein ordentlich großes Kochmesser, wirkt aber neben dem AG.Klint schlank und zart. Beide haben echte Wiegeprofile, das Klint läuft aber wirklich perfekt rund, ich hatte noch kein besser laufendes Messer am Brett. Choppen klappt dennoch ohne Ziehharmonika , mit dem Herder schaffe ich das nicht mit dieser Selbstverständlichkeit, kann natürlich auch an mir und meiner Unzulänglichkeit liegen, keine Frage.
Im Schnittgefühl nehmen sich die beiden wenig, manchmal gleitet das Herder leichter, manchmal das Klint, eindeutiges kann ich nicht ausmachen. Durch die höhere Klinge fällt beim Klint weniger oft ein Abschnitt unter die Klinge, was ich als besonders wichtig erachte, weil mich Schnittgut das unter die Klinge kommt und nicht soll, wahnsinnig stört. Der Schwerpunkt liegt beim Klint deutlich weiter in der Klinge, ob man das präferiert ist Geschmacksache. Wenn ich mir beide Messer ansehe, so empfinde ich das Klint als das klar aufwendiger gefertigte Messer und einfach stimmig und schön. Wie das um diesen Preis überhaupt machbar ist, kann nur Aidan beantworten, aber mit solchen Preisen wird das nicht ewig zu bekommen sein.
Ob dieses Eine Messer aus seinem Portfolio ausreicht um auf die Qualität aller anderen zu schliessen kann ich natürlich nicht sagen, aber was ich hier um mein Geld bekommen habe, sollen andere erstmal versuchen nachzumachen.
Epilog.....
Es sind einige neue Namen in der Kochmessermacher-Szene dazugekommen, manche wieder verschwunden. Viele versuchen sich ein Stück von einem recht kleinen und speziellen Kuchen abzuholen und sich zu etablieren. Ob AG.Klint das auch schafft kann ich nicht beantworten. Was das Preis-Leistungsangebot zum derzeitigen Kurs betrifft, wird es schwer werden, ein besseres zu finden, wenn man das Lohnland, die Qualität und das Handwerk hernimmt. Mattias Lundbergs wäre zumindest preislich eine noch zu nennende Alternative, dessen Messer kenne ich aber nicht.
Zum Abschluss noch ein paar Bilder weil's so schön ist.....
Gruß, güNef
Prolog:
Wie genau ich auf Aidan gekommen bin weiß ich nicht mehr, wohl einem Link in einem Post in einem Forum gefolgt. Ich habe mir seine Homepage in Ruhe angesehen und bin durch seinen Shop flaniert. Einiges hat mich angesprochen, anderes nicht. Was mir sofort ins Auge gestochen ist, war der aufgerufene Preis für seine Messer, bzw. die zum Teil im Sale befindlichen Kochmesser die zu solchen Preisen eigentlich nicht machbar sind.
Eines dieser Messer wollte ich kaufen um mal zu schauen, wo der junge schwedische Schmied & Messermacher in seinem Schaffen so steht. Irgendwie hat Paypal nicht richtig funktioniert und meine Zahlung ist nicht angekommen und danach war das Messer schon weg. Aidan hat mich Tage später angeschrieben, sich für die Probleme entschuldigt und mir angeboten, das gleiche Messer zu den selben Konditionen noch einmal zu fertigen. Daraus ist dann eine längere Kommunikation entstanden, in der ich um ein paar Änderungen gebeten habe, ohne seinen eigenen Stil auszuknocken.
Die Klinge ist aus 80CrV2 C-Stahl, ein einfacher, aber bewährter und zäher Stahl. Extra „tall“ war meine Bitte, dazu ein Western-Griff aus Nuss und eine Zwinge aus Messing mit Zierpin. Die schwedischen „Tree Kronor“ als Pin finde ich einen gelungenen Gag und gleichzeitig ein Statement. Ich habe noch um einen gut dünnen Schliff gebeten, einen Taper, eine feine Spitze, sanft ballige Flanken und eine nagelgängige Schneide. Aidan schmiedet einen Taper und schleift ihn nicht Stockremoval. Daher habe alle Klingen mit stärkerem Taper auch Hammerspuren oder noch Zunder an den Flanken. Drauf hat er mich aufmerksam gemacht. Vier Wochen und einige Mails später war das Messer da.
Der vereinbarte Preis für einen geschmiedetes Custom von einem Mann gefertigt lag bei unglaublichen 220,- Euro. Ich bitte euch die Bilder anzuschauen, was man um sein Geld bekommt und jenseits von Niedriglohnländern noch bekommen kann, wenn man sucht, auch wenn es nicht mehr lange so sein wird. Ich habe mich über die Preisgestaltung mir Ben Kamon und Tobias Hangler unterhalten, beide haben einstimmig und unabhängig gemeint, das ist eigentlich nicht machbar.
Bilder:
Geliefert wurde das Messer dick in Wellpappe eingeschlagen, nach der Überverpackung sah das so aus:
Erste Bilder frisch ausgepackt:
Eindrücke, Erwartungen und Vergleiche.....
Erste Eindrücke…..
Die Passungen, das Längsfinish und der Verzug sind bereits heute ausreichend gut, das selbst jemand mit meinen Ansprüchen damit zufrieden ist. Es ginge aber exakter, präziser und noch gerader, Macher wie Kamon, Xerxes und Simon Herde repräsentieren in der Kochmesser-Szene eine andere Art der Perfektion, von den Kleingewerblichen sind Uwe Mattern und Mike Sturmschwalbe die innovativsten Köpfe, die ihre Messer noch in der eigenen Küche einem Testprozedere unterziehen und aus praktischer Erfahrung etwaige Schwächen in Schnitt, Profil und FR dadurch ausmerzen und ihre Messer den Kunden praktisch an den Leib schneidern wie ein Bekleidungsausstatter der alten Schule. 😉
Der Flankenschliff der Klinge ist homogen, die Schneide ordentlich durchgeschliffen, Zeitungspapier geht aus dem Stand. Lediglich zwei kleinere Kratzer an der Vorderseite der Messingzwinge sind zu kritisieren wenn man pingelig ist und das bin ich nun mal. Ungewöhnlich ist die Form vom Kehl angelegt, sie bricht mir gewohntem und wölbt sich nicht wie gewohnt nach innen um den Fingern im Vorgriff platz anzubieten sondern nach aussen, was weniger praktikabel ist. Die Beweggründe können nur einer optischen Intention folgen, einer praktischen nicht. Bei der nächsten Bestellung, werde ich hier um gewohntes bitten, jetzt arrangiere ich mich erstmal damit und passe meine Grifftechnik an. Rücken und Kehl sind aber sauber gerundet, wie gewünscht.
Somit sind erstmal alle Kritikpunkte besprochen, viele sind es ja nicht. Der Stahl reagiert je nach Schnittgut gering oder stinkt an einer Hawaiiananas bis zum Näschen hoch. Die erste Schärfe war nach einer Woche weitgehend verbraucht, der Schneidenwinkel etwas zu spitz für mein Empfinden. Ich habe auf die klassischen 18° per Seite umgeschliffen. War einfach, aber nicht zu einfach, ich kenne die Härte der Klinge leider nicht, aber der Rika 5k war schnell und schwarz wie immer. Dieses Thema habe ich ja durch, Standzeit ist zuhause irrelevant, wenn sich ein Messer gut wetzen lässt und das tut es ganz wunderbar.
Meine Erwartungen…..
waren eigentlich gering, weil ich noch nichts über den Mann und seine Messer wußte und ich mich nur an den Bilder in seinem Shop orientieren konnte. Jetzt weiß ich mehr und halte ein sehr schönes Kochmesser in der Hand, das wirklich was taugt. Dünn geschliffen, aber nicht zu dünn, keine Diva, kein Schneidwunder. Der Griff ist herausragend geformt und gefertigt, die Haptik samtig. Hier kann sich der Griffbau mit jedweder Konkurrenz messen. Keine Spalten, alles sehr sauber verschliffen, ein sehr guter Griff.
Zum Vergleich…..
habe ich ein Herder 1922er in 230er Länge mit Nussgriff herangezogen. Herder kennt jeder, schätzt jeder, ist gesenkgeschmiedeter C-Stahl und wehe jemand kritisiert diese untadeligen Messer als Institution des leichten deutschen Schnittes. Gesucht und nicht erhältlich sind sie obendrein. Was liegt also näher diese beiden Messer gegenüber zu stellen.
AG.Klint= 220,- Euro All in
Herder 1922er= Listenpreis 278,- Euro, falls erhältlich!!!
Das 230er Herder ist an sich ein ordentlich großes Kochmesser, wirkt aber neben dem AG.Klint schlank und zart. Beide haben echte Wiegeprofile, das Klint läuft aber wirklich perfekt rund, ich hatte noch kein besser laufendes Messer am Brett. Choppen klappt dennoch ohne Ziehharmonika , mit dem Herder schaffe ich das nicht mit dieser Selbstverständlichkeit, kann natürlich auch an mir und meiner Unzulänglichkeit liegen, keine Frage.
Im Schnittgefühl nehmen sich die beiden wenig, manchmal gleitet das Herder leichter, manchmal das Klint, eindeutiges kann ich nicht ausmachen. Durch die höhere Klinge fällt beim Klint weniger oft ein Abschnitt unter die Klinge, was ich als besonders wichtig erachte, weil mich Schnittgut das unter die Klinge kommt und nicht soll, wahnsinnig stört. Der Schwerpunkt liegt beim Klint deutlich weiter in der Klinge, ob man das präferiert ist Geschmacksache. Wenn ich mir beide Messer ansehe, so empfinde ich das Klint als das klar aufwendiger gefertigte Messer und einfach stimmig und schön. Wie das um diesen Preis überhaupt machbar ist, kann nur Aidan beantworten, aber mit solchen Preisen wird das nicht ewig zu bekommen sein.
Ob dieses Eine Messer aus seinem Portfolio ausreicht um auf die Qualität aller anderen zu schliessen kann ich natürlich nicht sagen, aber was ich hier um mein Geld bekommen habe, sollen andere erstmal versuchen nachzumachen.
Epilog.....
Es sind einige neue Namen in der Kochmessermacher-Szene dazugekommen, manche wieder verschwunden. Viele versuchen sich ein Stück von einem recht kleinen und speziellen Kuchen abzuholen und sich zu etablieren. Ob AG.Klint das auch schafft kann ich nicht beantworten. Was das Preis-Leistungsangebot zum derzeitigen Kurs betrifft, wird es schwer werden, ein besseres zu finden, wenn man das Lohnland, die Qualität und das Handwerk hernimmt. Mattias Lundbergs wäre zumindest preislich eine noch zu nennende Alternative, dessen Messer kenne ich aber nicht.
Zum Abschluss noch ein paar Bilder weil's so schön ist.....
Gruß, güNef