Virgil4
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so lautete das Projekt des letzten Wochenendes (MFODT kommt als nächstes ).
Interpretationshilfen zum Einstieg
1) NHÜ = "Nobli-Herre-Üsfliegli" – "Kleiner Ausflug nobler Herren" im Hoch-Idiom
2) "Nobel" heisst in diesem Fall "kein Camping", wie sonst üblich, sondern ein günstiges Hotel der Kaninchenstall-Klasse
3) Thiers: die Messerhaupstadt Frankreichs, liegt am oberen Rand des Zentralmassivs, 40 km östlich von Clermont-Ferrand
"Wir sollten mal nach Thiers zum Messergucken fahren" war der Auslöser dieses Bubenwochenendes, über das ich berichten und ein paar Bildchen zeigen will.
Hier die drei Messer der Helden: "Alle für einen, einer für Alle"
Thiers ist im Zentrum ein nettes, mittelalterliches Städtchen, die Randbezirke in der klassischen Ausprägung einer französischen Kleinstadt mit der üblichen Mischung aus Kreisverkehren und Industriemischbesiedlung.
In Thiers wurde übrigens erst 1994 das "le Thiers" entwickelt und patentiert, um den gleichen Schicksal wie Laguiole zu entgehen, nämlich ungestraft von jedem unter dieser Bezeichnung verkauft zu werden. "le Thiers" muss zu 100 % in der Region um Thiers gefertigt werden (Rohmaterial kommt natürlich von aussen) und tragen ein "T" in einem Quadrat mit einem kleinen Punkt.
Thiers, besser seine Industrie und Handwerk, haut übrigens pro Tag 300.000 Schneidartikel 'raus und deckt damit ca. 80 % der französischen Produktion ab.
Vor einem Besuch am besten das "Office de Toursime" anschreiben und um ein paar Unterlagen bitten.
Wir sind das Ganze erst mal von der praktischen Seite angegangen und haben uns vorher schon für einen "Messerbaukurs" eingeschrieben – sozusagen "the 90 min folder project"
Dieser wird von der Stadt angeboten und ist neben einer netten Attraktion für Touris auch noch ein soziales Projekt, um Menschen wieder einen Start ins Berufsleben zu erleichtern (klare Aufgaben, Abläufe, Verantwortung, Kommunikation etc.)
Das "Atelier" ist von April bis September geöffnet, und bietet drei Sessions pro Tag (ausser Sonntag) an: 10, 14 und 16 h – und kostet mal schlappe 25 Öcken pro Nase. Dafür gibt's einen 1,5 stündigen Messerbaukurs, bei dem man unter Anleitung die sechs Teile eines "le Thiers" zusammenbaut und mit dem fertigen Messer um's Eck in den Laden Chambriard geht, um dort seinen Namen graviert zu bekommen. Details hier, bzw. hier.
Typisch franzöisch: oben hui (man bekommt eine Schürze und Schutzbrille) unten pfui (wir standen mit Sandalen an der Werkbank) – wenigstens die Angestellten hatten Sicherheitsschuhe.
Hier der Ablauf der Montage und das ist das Ausgangsmaterial
Keine Angst: auch ohne Französischkenntnisse klappt das – alle dort waren sehr nett!
Den Chef haben wir zufällig beim Mittagessen getroffen und konnten so noch einiges mehr über dieses vor drei Jahren gestartete Projekt erfahren – letztes Jahr haben sie z. B. 1800 Messer gebaut und einigen Leuten aus dem Städtchen wieder in die Spur geholfen.
Michelin, mit Hauptsitz in Clermont-Ferrand, schickt übrigens ab und zu mal ein paar Mitarbeiter zum Kurs als kleines Incentive.
Technisch gesehen handelt es sich um einen Slipjoint mit Inox-Linern und -Backen. Die Griffschalen sind aus Olive (ich durfte sogar noch ein zweites mit Wenge-Schalen machen), die Klinge aus 12C27.
Die Feder ist geschickter Weise so gestaltet, dass die Klinge beim Schliessen nicht draufschlägt – typisches Problem vieler französischer Klappmesser.
Es war früher scheinbar einfacher, einen schlauen Spruch zu erfinden ("ressort silencieux vivra vieux" – "leise Feder lebt länger"), als das Messer besser zu konstruieren .
Kiddies können übrigens ihr Buttermesser für 10 Öcken bauen ....
Und das sind die Ergebnisse (zum Vergleich mein Wacholderfolder):
Mittagspause: la vie en rose
Nach dem praktischen Teil ging's zum Lädelen – nach ca. zehn Messershops war's dann 18 Uhr und wir ziemlich platt - aber schwer beeindruckt. Einige der Besitzer/Verkäufer hatten uns von ihrem speziellen "le Thiers" erzählt, meisst eine besondere Form oder ein spezielles Detail. In der Rue du Bourg gab's übrigens die höchste Konzentration an guten Läden ...
Wegen potentiellem Text-Overload jetzt erstmal ein paar Bilder von ein paar Messerchen in den Auslagen (sorry wegen der Spiegelungen).
Drei "Alpin", mein Regional-Messer préféré
Bei Robert David (etwas ausserhalb des Zentrums) waren wir auch noch und konnten in die Werkstatt schauen - die Messer waren aber eher 08/15, d. h. nicht der Bööörner ...
Weiter geht's im nächsten Post ... und am nächsten Tag.
Interpretationshilfen zum Einstieg
1) NHÜ = "Nobli-Herre-Üsfliegli" – "Kleiner Ausflug nobler Herren" im Hoch-Idiom
2) "Nobel" heisst in diesem Fall "kein Camping", wie sonst üblich, sondern ein günstiges Hotel der Kaninchenstall-Klasse
3) Thiers: die Messerhaupstadt Frankreichs, liegt am oberen Rand des Zentralmassivs, 40 km östlich von Clermont-Ferrand
"Wir sollten mal nach Thiers zum Messergucken fahren" war der Auslöser dieses Bubenwochenendes, über das ich berichten und ein paar Bildchen zeigen will.
Hier die drei Messer der Helden: "Alle für einen, einer für Alle"
Thiers ist im Zentrum ein nettes, mittelalterliches Städtchen, die Randbezirke in der klassischen Ausprägung einer französischen Kleinstadt mit der üblichen Mischung aus Kreisverkehren und Industriemischbesiedlung.
In Thiers wurde übrigens erst 1994 das "le Thiers" entwickelt und patentiert, um den gleichen Schicksal wie Laguiole zu entgehen, nämlich ungestraft von jedem unter dieser Bezeichnung verkauft zu werden. "le Thiers" muss zu 100 % in der Region um Thiers gefertigt werden (Rohmaterial kommt natürlich von aussen) und tragen ein "T" in einem Quadrat mit einem kleinen Punkt.
Thiers, besser seine Industrie und Handwerk, haut übrigens pro Tag 300.000 Schneidartikel 'raus und deckt damit ca. 80 % der französischen Produktion ab.
Vor einem Besuch am besten das "Office de Toursime" anschreiben und um ein paar Unterlagen bitten.
Wir sind das Ganze erst mal von der praktischen Seite angegangen und haben uns vorher schon für einen "Messerbaukurs" eingeschrieben – sozusagen "the 90 min folder project"
Dieser wird von der Stadt angeboten und ist neben einer netten Attraktion für Touris auch noch ein soziales Projekt, um Menschen wieder einen Start ins Berufsleben zu erleichtern (klare Aufgaben, Abläufe, Verantwortung, Kommunikation etc.)
Das "Atelier" ist von April bis September geöffnet, und bietet drei Sessions pro Tag (ausser Sonntag) an: 10, 14 und 16 h – und kostet mal schlappe 25 Öcken pro Nase. Dafür gibt's einen 1,5 stündigen Messerbaukurs, bei dem man unter Anleitung die sechs Teile eines "le Thiers" zusammenbaut und mit dem fertigen Messer um's Eck in den Laden Chambriard geht, um dort seinen Namen graviert zu bekommen. Details hier, bzw. hier.
Typisch franzöisch: oben hui (man bekommt eine Schürze und Schutzbrille) unten pfui (wir standen mit Sandalen an der Werkbank) – wenigstens die Angestellten hatten Sicherheitsschuhe.
Hier der Ablauf der Montage und das ist das Ausgangsmaterial
Keine Angst: auch ohne Französischkenntnisse klappt das – alle dort waren sehr nett!
Den Chef haben wir zufällig beim Mittagessen getroffen und konnten so noch einiges mehr über dieses vor drei Jahren gestartete Projekt erfahren – letztes Jahr haben sie z. B. 1800 Messer gebaut und einigen Leuten aus dem Städtchen wieder in die Spur geholfen.
Michelin, mit Hauptsitz in Clermont-Ferrand, schickt übrigens ab und zu mal ein paar Mitarbeiter zum Kurs als kleines Incentive.
Technisch gesehen handelt es sich um einen Slipjoint mit Inox-Linern und -Backen. Die Griffschalen sind aus Olive (ich durfte sogar noch ein zweites mit Wenge-Schalen machen), die Klinge aus 12C27.
Die Feder ist geschickter Weise so gestaltet, dass die Klinge beim Schliessen nicht draufschlägt – typisches Problem vieler französischer Klappmesser.
Es war früher scheinbar einfacher, einen schlauen Spruch zu erfinden ("ressort silencieux vivra vieux" – "leise Feder lebt länger"), als das Messer besser zu konstruieren .
Kiddies können übrigens ihr Buttermesser für 10 Öcken bauen ....
Und das sind die Ergebnisse (zum Vergleich mein Wacholderfolder):
Mittagspause: la vie en rose
Nach dem praktischen Teil ging's zum Lädelen – nach ca. zehn Messershops war's dann 18 Uhr und wir ziemlich platt - aber schwer beeindruckt. Einige der Besitzer/Verkäufer hatten uns von ihrem speziellen "le Thiers" erzählt, meisst eine besondere Form oder ein spezielles Detail. In der Rue du Bourg gab's übrigens die höchste Konzentration an guten Läden ...
Wegen potentiellem Text-Overload jetzt erstmal ein paar Bilder von ein paar Messerchen in den Auslagen (sorry wegen der Spiegelungen).
Drei "Alpin", mein Regional-Messer préféré
Bei Robert David (etwas ausserhalb des Zentrums) waren wir auch noch und konnten in die Werkstatt schauen - die Messer waren aber eher 08/15, d. h. nicht der Bööörner ...
Weiter geht's im nächsten Post ... und am nächsten Tag.
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