Nur Kornwachstum

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Hallöchen
Nehmen wir an,ich erwärme eine Jagtmesserklinge innerhalb von 5 max.10 Sekunden auf Orangefarbe(also nicht mehr Magnetisch),wie lange würde es Dauern bis ein Kornwachstum einsetzt,wenn es weiter auf dieser Temperatur gehalten wird.

Gruß Maik
 
Hallo,

Als erstes frage ich mich, wie du eine Klinge komplett innerhalb von 5-10s durchheizen möchtest.

Grobkornglühen findet idR erst bei höheren Temperaturen als nur bei Curie-Temp. statt, und selbst dann (bei Temp um die 1000°C) brauchst du eine entsprechende Haltezeit, damit das Kornwachstum vonstatten geht. Kornwachstum findet nicht innerhalb von Sekunden statt, dürfte aber bei entsprechender Temperatur sofort einsetzen.

Wozu brauchst du das?

Grüße
Micha
 
Nun hängt vom Stahl ab und der Aufheizgeschwindigkeit.

Es gibt sogenannte ZTA Schaubilder die geben an welche Korngröße in Abhängigkeit von der Temperatur und der Aufheizgeschwindigkeit grundlegend erreicht werden kann.

Dies Schaubilder gehen vom normalen weichgeglühten Zustand des Ausgangsmaterial aus. Das bedeutet die berücksichtigen nicht wenn z.B. schon vorgewärmt wurde oder zyklisch vorbandelter Stahl vorliegt.

Wenn man Zyklisch vorbehandelt kann man durch die erreichten Umkörnungen Ferrit / Austenit/ Ferrit BZW Ferrit/ Austenit/ Matensit/ Austenit das Korn während der Behandlung teilweise drastisch feinen. Wir sprechen natürlich vom Austenitkorn nicht von den Karbiden.
Hierzu findest Du einiges bei Verhoeven.
ZTA Schaubilder bekommt man aus dem Atlas der Wärmebehandlung.

Natürlich gilt je schwerer löslich die Karbide sind, umso mehr wirken diese dem Kornwachstum entgegen. So sind kleine Anteile, beispielsweise an V oder W immer gerne gesehen, da diese das Kornwachstum auch bis in höhere Temperaturbereich erfolgreich behindern. (Siehe auch Schnellstähle) Hier ist der gute alte Rapatz immer gut um das nachzulesen.

Also schnelle Aufheizgeschwindigkeiten, abgestimmte Temperaturen und Haltezeiten sowie passende Legierungselemente und wirksame Vorbehandlungen ergeben feines Austenitkorn und damit feinen und zäh-harten Martensit.

RGDS Roman
 
Also Aufheizen in 5 Sekunden kein Problem(Härtebad),aber mir geht es um Kornwachstum wenn ich die Temperatur weiter halte.
Ich weis nicht ob es im Rapatz und Co.steht,den die habe ich (noch)nicht und sonst lese ich nur davon,aber es gibt keine genauen Daten.

Reichen eigentlich Oberflächliche Gefügebilder aus,oder kann es durch das Schmieden (vor allem Temperaturmäßig im Unteren Bereich) im inneren viel feiner sein als an der Oberfläche:confused:.
Denn wenn ich Gefügebilder machen lasse,möchte ich nicht die Klinge zerstören.

Gruß Maik
 
Hallo Maik
ich würde mal sagen. Kornwachstum bei gerade erreichter AUstenitisierungstemperatur hat man auch bei langen Zeiten nicht zu befürchten. Ich weiß jetzt nicht aus welchem Stahl das Jagdmesser ist, aber i.d.R. passiert unter 1000°C wenig. Die meisten STähle sind ja feinkornstabilisiert, sei es durch Al/N oder andere Zusätze wie V etc.
Bei den gängigen Einsatzstählen, die ca 8 Stunden bei 900°C oder auch höher aufkohlen passiert diesbezüglich auch nichts.
Klaus

PS: Normalerweise ist das Korn da am feinsten, wo die größte Umformung stattgefunden hat. Das ist i.d.R. die Oberfläche und weniger der Kernbereich. (zumindest bei größeren Schmiedeteilen. Ob das bei einer Klinge auch so ist kann ich allerdings nicht genau sagen.)
 
Viele und ganz exakte Angaben zum Kornwachstum in Zusammenhang mit Temperatur und Zeit findet man, wie Roman schon geschrieben hat, im "Atlas der Wärmebehandlungen".
Zusammengefasst kann man sagen, daß auch bei längerer Erwärmung auf normale Härtetemperatur- bei leicht legierten Stählen meist um 800 Grad- mit Kornvergröberung nicht gerechnet werden muß.
Maiks Frage zielt aber offensichtlich auf etwas anderes ab: Was passiert bei kurzfristiger deutlicher Überhitzung um vielleicht 100 oder 200 Grad ?.
Ob es dazu eine Zusammenstellung exakter Meßwerte gibt, weiß ich nicht.
Aus der Erfahrung mit dem Induktionshärten weiß man aber, daß die dabei stattfindende kurzzeitige Überhitzung im Bereich von wenigen Sekunden nicht zu Kornwachstum führt und gerade wegen des Feinkorns höhere Härten bei besserer Zähigkeit erzielt werden.
Die Zahnspitzenhärtung hochwertiger Sägen kann da als Beispiel dienen. Dabei werden mit einfachsten Stählen -unlegiert oder leicht legiert mit ca 0,7 % C Härtewerte erzielt, die in HV gemessen werden, umgerechnet aber 70-72 HRC entsprechen. Die Zähigkeit ist wegen des Feinkorns oft so gut, daß ein Anlassen unterbleiben kann.
Die Technik des kurzfristigen Überhitzens kann man sicher auch in einem Härtebad ausführen. Ich experimentiere mit einer ähnlichen Technik gelegentlich beim Härten im Schmiedefeuer und habe dabei subjektiv bessere Ergebnisse, als beim an sich korrekten Härten aus dem Härteofen. Das ist aber ein nicht ganz einfacher Balanceakt zwischen Optimum und vielleicht doch eintretender Schädigung wegen zu langer Überhitzung mit Kornwachstum.
Bei so kleinen Teilen wie Messerklingen gibt es nach dem Schmieden und Normalisieren sicher keine Gefügeunterschiede an der Oberfläche und im Kern.
Längeres Überhitzen -und damit meine ich schon eine Minute und mehr- macht keinen Sinn. Der mögliche positive Effekt der Kornfeinheit durch blitzschnelles Umkörnen und Abschrecken ginge verloren, selbst die Härteannahme kann durch die vermehrte Bildung von Restaustenit leiden.
Wenn ich mich recht erinnere, haben Rose und Rademacher die Härtewerte schnell aufgeheizter kleiner Stahlplättchen untersucht und darüber in der Fachzeitschrift "Stahl und Eisen" geschrieben. Die Ergebnisse kamen denen bei der induktiven Härtung von Sägezahnspitzen nahe.
Das ist also sicher ein Thema, bei dem sich Experimente lohnen.
MfG U. Gerfin
 
Genau darum geht es mir,nur das ich nicht den Mengendurchfluß habe um unterschiedlich behandelte Klingen auf Kornveränderungen zu Prüfen.
Ulrich,mir liegt immer noch in den "Ohren" das du etwas vernommen hast das Opinel auf 900 C° Erwärmt,aber so schnell das keine Schädigung ein tritt.Und du fandest es glaube ich interessant als ich das Bleibad erwähnte.
Da ich mich nicht mit Monostahl-Klingen abgebe,habe ich natürlich Probleme mit Härtemessungen und Gefügebilder,letzteres kann ich aber Anfertigen lassen.
Jetzt sind wieder ein Paar Ungereimtheiten geglättet,jetzt geht es an die Anderen,z.B.wenn ich durchs Feuerschweißen Grobkorn habe,wie kann ich Überprüfen nach Normalisieren (auf welche Art und Weise auch immer) ob wirklich ein möglichs feines Gefüge vorliegt:confused:.

Danke
 
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