Opas Degen

feuerstein

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Hallo zusammen,

ich lese ja schon eine ganze Weile hier im Forum mit, weil ich mich insbesondere mit dem Gedanken trage, ein vernünftiges Outdoor-Messer zu kaufen.

Jetzt hat es sich ergeben, dass Opa einen Degen wieder herausgekramt hat, den er irgendwann in den Fünfzigern einmal bekommen hat. Von der Geschichte oder der Herkunft ist uns nichts bekannt.

Er ist ca. 96 cm lang, Klingenlänge ca. 81 cm, davon 38 cm mit Gravur. Auf der Fehlschärfe (heisst das echt so?) ist eine kleine Gravur aus 2 gekreuzten Klingen, einer Krone, und mit den Buchstaben C und K links und rechts. Darunter noch ein C und eine kleine Null, unter der dann noch ein Gleichheitszeichen o.ä. steht. Schwer zu beschreiben, aber ich weiss nicht, wie ich ein Bild davon hier unterbringen kann.

Vielleicht kann mir jemand Näheres dazu sagen, wäre nett.

Gruß
feuerstein
 
Moinsen!
Schalt mal Deine Email frei, es werden Dir evtl. auch Leute antworten wollen, die auch nur mitlesen.
Und die Fotos kannst Du mir schicken, ich stelle sie dann ein.

So, hier ist Opas Degen:
319_p3418.jpeg
 
Zuletzt bearbeitet:
Was für ein Wunderschöner Degen :staun: !!!
Für mich als Laien macht es keinen Serienproduktions-eindruck...
Wie shcon gesagt, ich habe aber keine Ahnung von so etwas.
 
Ich denke, es handlet sich hierbei um einen IOD 89 (Infanterie-Offiziersdegen 1889). Wurde in der alten Armee wie der Name schon sagt von Offizieren der Infanterie getragen. Ist nicht unbedingt selten so ein Teil, kann man normalerweise immer auf einschlägigen Messen oder bei entsprechenden Händlern finden.
 
Ohne Zweifel handelt es sich um ein SERIENMÄSSIG gefertigtes Teil.
Hersteller war die Firma CARL KAISER & CO aus Solingen, die als Firmenzweck den Zusatz "Fahrradbestandtheile u. Waffen-Fabrik" führte und in Anzeigen zum Beispiel mit der Aussage warb: "Spezialität: Officier - u. Mannschaftssäbel aller Art".
Gegründet wurde die Firma wohl 1875, in einem "Musterbuch 103" werden von der Firma im Jahr 1902 viele unterschiedliche Blankwaffenmuster für Infantrie, Kavallerie und Artillerie-Offiziere abgebildet, darüber hinaus wurden z.B. Grenzjäger-Hirschfänger, Bayonette und Seitengewehre gefertigt. Die durchaus nicht unerhebliche Bedeutung dieses Solinger Herstellers ergibt sich beispielsweise durch einen speziell für das Königreich Bayern veröffentlichten Katalog "Blanke Waffen". Kurz nach dem ersten Weltkrieg hat die Firma ihre Geschäftstätigkeit eingestellt.
 
Ich habe für Freunde mal so ein Teil begutachten lassen. Hatte ich damals auch im Forum vorgestellt:

http://www.messerforum.net/showthread.php?t=4830
http://www.messerforum.net/showthread.php?t=5239

Die Bilder aus dem Thread habe ich leider nicht mehr.

Der Händler hat mir eine Replik eines alten Musterbuchs gezeigt. Da konnte man damals schon seinen "persönlichen" IOD zusammenstellen. Klinge, Korb, Ätzung, Scheide, etc, etc. Wie wenn man heute Sonderausstattungen fürs Auto kauft. :) Das wurde dann gebaut und gut.

Es kam wohl auch oft vor, dass sich einzelne Regimenter ihre eigenen Waffen "designed" haben oder dass Offiziere solche Teile zum Abschied geschenkt bekommen haben.

Trotzdem alles Serienfertigung.

-Walter
 
Zuletzt bearbeitet:
"Es kam wohl auch oft vor, dass sich einzelne Regimenter ihre eigenen Waffen "designed" haben ... "

Na ja - ganz so war es sicherlich nicht, denn grundsätzlich regelten bereits damals in bekannter deutscher Gründlichkeit Vorschriften die Ausführung dieser Blankwaffen.
Natürlich war es notwendig, die Klingenlänge auf den Besitzer anzupassen - andernfalls hätte bei stolzem Gardemaß der Träger das Ordband der Scheide in der Kniekehle baumeln gehabt, während sein kleiner Kamerad Zwerg eine deutliche Schleifspur mit der Scheide im Boden hinterlassen hätte.
Auch bei der Ätzung der Klinge gab es Spielraum - aber alle anderen Einzelteile waren "genormt".

"Eigen designed" sollen übrigens Blankwaffen vor wenigen Jahren von einem renommierten Solinger Blankwaffenhersteller angeboten worden sein, um "Restbestände" von Einzelteilen verschiedener Blankwaffenmodelle aufzubrauchen - dabei wurden dann recht willkürlich ursprünglich NICHT zusammen gehörende Teile willkürlich kombiniert.
Ernsthafte Blankwaffensammler sollen schockiert gewesen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
@cut: Ich beuge mich Deiner Fachkenntnis. Die erstaunt mich sowieso immer wieder. ;)

Sorry, aber das war eben das, was mir der Antiquitätenhändler erzählt hat, dem ich den Degen vorgelegt habe.

-Walter
 
Hallo WalterH,

Vielen Dank für die Blumen!

Für die Abbildung von Einzelteilen in den Verkaufskatalogen mehrerer Solinger Blankwaffenhersteller gibt es wohl folgende Begründungen:
* diese Kataloge wurden auch Verkaufsrepräsentanten im AUSLAND and die Hand gegeben, und durch eindeutige Kennzeichnung der Einzelteile konnten verwechslungssichere Beschreibungen für denkbare neue Modelle anderer Armeen gefunden werden
* und natürlich gab es diese Einzelteile auch für Reparaturzwecke.

Zu den Klingen fällt mir gerade ein, dass diverse Hersteller Ihren Kunden nicht nur "damaszierte" (mit Verzierungen geätzte) Ausfertigungen in unterschiedlichstem Design, mit oder ohne eigenem Namen oder Namen des Regiments/der Einheit angeboten haben, sondern auch Damaszenerstahl-Klingen in diversen Mustern in aufwändigen Abbildungen präsentiert haben (z.B. Weyersberg, Kirschbaum & Cie, oder auch Carl Eickhorn - diese Waffenfabrik ging leider zweimal kurz hintereinander in Bankrott: zunächst im Mai 1975 und erneut 1981).
 
Vielen Dank erst einmal Euch allen, schon klasse soviel Fachwissen versammelt zu finden.

CARL KAISER? Das ist ja schon einmal eine interessante Information. Was bedeuten wohl die übrigen Kennzeichnungen, also unterhalb der gekreuzten Klingen? Auf der Rückseite ist eine Nummer eingestanzt, ich glaube 12 (hab das Teil gerade nicht hier).

Was gibt es denn zu den übrigen Symbolen zu sagen? Der Adler in diesem umklappbaren Schild/Handschutz - ich kenn den richtigen Ausdruck dafür nicht - steht sicherlich für Preussen. Aber Krone und Muster am Griff? Ist das reine Verzierung oder hat das auch eine Bedeutung?

Gruß
feuerstein
 
Degen Carl Kaiser Solingen

"CARL KAISER? ... Was bedeuten wohl die übrigen Kennzeichnungen, also unterhalb der gekreuzten Klingen?"

Unter dem Markenzeichen befindet sich die zur Firmierung des Herstellers gehörende Abkürzung "Co", das "o" über einem damals üblichen "=" hochgesetzt. Offensichtlich war neben dem Inhaber "Carl" noch ein "Companion" (Partner) im Unternehmen tätig.

"Was gibt es denn zu den übrigen Symbolen zu sagen? Der Adler in diesem umklappbaren Schild/Handschutz - ich kenn den richtigen Ausdruck dafür nicht - steht sicherlich für Preussen."

Korrekt - auf dem "Stichblatt" befindet sich das typische und zeitgemäße Hoheitssymbol für das Königreich Preussen.


" Aber Krone und Muster am Griff? Ist das reine Verzierung oder hat das auch eine Bedeutung?"

Die "Krone" ist das Symbol für Könige / Kaiser, die "Verzierung" ist eine verschlungene Abkürrzung der beiden Buchstaben "F" und "W" für "Friedrich" und "Wilhelm", darunter die (römische) Zahl "II" vervollständigt die Angabe und läßt den Regenten zu dessen Zeit der Degen gefertigt worden ist eindeutig zuordnen:
es handelt sich um den (letzten deutschen) Kaiser Friedrich Wilhelm II (... und König von Preußen, er lebte von 1859-1941).
 
Sorry Cut, da muss ich meinen Senf zugeben

...Oberlehrer ein


letzter deutscher Kaiser + König von Preussen = Wilhelm II (ohne Friedrich)

Friedrich Wilhelm II König von Preussen 1744 - 1797 Regierungszeit 1786 - 1797
http://www.preussen.de/de/familie/stammbaum/friedrich_wilhelm_ii._koenig_von_preussen.html

....Oberlehrer aus

Damit würde sich die Datierungsfrage neu stellen, wenn der Degen wirklich preussisch ist und die verschlungenen Buchstaben F + W darstellen.


Alazzo
 
Carl Kaiser Degen

"FRIEDRICH Wilhelm II" in meinem Beitrag vom 23.Februar ist natürlich EINDEUTIG FALSCH!!
Der Hinweis von alazzo ist korrekt - und ein Buchstabe "F" ist NICHT Teil des Degen-Emblems!

Das gekrönte Herrschermonogramm auf dem Degengriff besteht aus den verschlungenen Buchstaben "R" und "W" für Rex Wilhelm, darunter die römische "II" für die Zuordnung König Wilhelm "der Zweite".
Die zeitliche Einstufung des Degens ist trotzdem nicht ganz einfach, denn diese Blankwaffen wurden nicht nur im deutschen Kaiserreich getragen. Auch NACH dem 1. Weltkrieg erhielten und führten Soldaten im Reichsheer unverändert "alte" kaiserliche Blankwaffen, und dies, obwohl die politische Führung eigentlich sämtliche Zeichen der deutschen Monarchie verbannt hatte.
Das "Heeres-Verordnungsblatt" veröffentlichte am 22. Dezember 1920:
"Zum kleinen Dienst ... und außer Dienst kann ... von allen Offizieren und von den Unteroffizieren vom Feldwebel einschließlich an aufwärts des lange Offiziersseitengewehr (infanterie-Offizierdegen, Artillerie-Offiziersäbel) ... getragen werden."
 
Hallo Leute,

es handelt sich hier um den allseits bekannten und beliebten IOD 89. Dieser hier ist preußischen Ursprungs und für den privaten Bereich bestimmt. Die Griffverzierung wird allgemein "hochfein ziseliert" bezeichnet.
Das kleine Griffemblem nennt die Initialen "WR II" und steht für "Wilhelm Rex den 2.", also Kaiser Wilhelm, der letzte deutsche Kaiser.
Bis vor 1900 hatten die IOD-Scheiden noch 2 Trageringe. Danach wurde die Trageweise geändert und bei alten IOD 's der untere Tragering entfernt. Aktuell hergestellte IOD 's hatten von vornherein nur noch einen Tragering.

Im Bild unten ist mal das Griffwappen eines württembergischen IOD 89 zu sehen. Dann gab es noch bayerische (sehr selten) und mecklenburgische IOD 's. Beliebt waren auch IOD 's bei Vereinen.

Gruß,
Thomas
00008.jpg

DSCF0063.JPG
 
Zuletzt bearbeitet:
So,
nun klappt es auch mit dem Bilder einfügen, siehe oben :ahaa: .

Als Beispiel preußischer Sparsamkeit, zeige ich mal Bilder eines IOD 's in Kriegsausführung. Alle Teile, die im verwahrten Zustand sichtbar sind, sind schwarz. Das Emblem auf dem Griff hat über die Jahre nur die Farbe verloren. Das gefäß ist aus Eisen gefertigt.

Gruß,
Thomas

DSCF0384.JPG

DSCF0394.JPG

DSCF0387.JPG
 
@ alter Fritz:

schöne Beispiele, freut mich von Dir hier was zu lesen.


seng1 (MFF)
 
seng1 schrieb:
@ alter Fritz:

schöne Beispiele, freut mich von Dir hier was zu lesen.


seng1 (MFF)

Naja, manchmal kann ich halt nicht anders :hehe:
Wenn ich offene Frage sehe, dann befällt mich ein gewisser Zwang :argw: :D

Und als Gegengewicht zu den vielen Katana-Postings ist es allemal gut.

Gruß,
Thomas
 
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