optimierte Biegesteifigkeit größerer Klingen

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Hallo Messerfreunde,
im Moment versuche ich meine längeren Klingen fester (biegesteifer) zu bekommen.
Angefangen hat das mit einem enttäuschenden Messer/Material:
http://www.messerforum.net/showthread.php?t=77705&highlight=japan+rentier

Seitdem versuche ich meine Härtemethode zu verbessern, bzw die Klingenqualität etwas besser abschätzen zu können.
Dazu habe ich erstmal eine fertige Klinge aus japanischem Industrielaminat im Schraubstock eingespannt und gebogen.
Die Klinge hatte meine Standarttests 2m Beton, Drahtseil hacken schon hinter sich und wartet auf eine Montage.

cimg0208g.jpg



cimg0210f.jpg

Nach dem Biegen
cimg0213a.jpg

Nach dem Biegen

cimg0217h.jpg

Wieder gerade gebogen.
Das Messer ließ sich trotz der enormen Rückenstärke von 6mm leicht biegen.Es war nicht ganz so schlabberig wie das im oberen link, aber für meinen Geschmack viel zu weich.
Mit einem scharfen (Fehl-)Schlag läßt es sich absichtlich verbiegen.
Man kann es aber auch ohne Probleme wieder richten.
Ich hätte gerne eine steifere Klinge.

Hier kam Test 2:

cimg0200t.jpg

Eine Uraltklinge aus 2842 differenziell gehärtet.Tests waren bestanden.
Ich fand die ganze Klinge von der Geometrie her furchtbar missraten, also ein ideales Testobjekt um die Steifigkeit einer meiner Klingen zu testen.

cimg0195k.jpg


Nach dem Biegen

Hier ist auffällig, wie eng der Biegeradius ist.Das Biegen ging zwar schwerer als beim Laminat aber immer noch viel zu leicht. Ich hatte damals beim Härten nur ein wenig der Schneide im Öl.

Danach wurde die Klinge wieder geradegebogen und erneut gehärtet, diesmal mit einem Großteil der Klinge im Öl.

Das kam heraus:

cimg0005e.jpg


cimg0004nx.jpg


cimg0003s.jpg


War wohl etwas zu tief im Öl.
Das Biegen/Abbrechen war schwere Arbeit und hat nur mit der großen Rohrzange geklappt.
Die Bruchstruktur gefällt mir gut.

Ich werde zukünftig für meine großen Klingen die Eintauchtiefe bei etwas über die Hälfte der Klinge legen. Das scheint mir im Moment ein guter Kompromiss aus Biegesteifigkeit und Bruchsicherheit.Brechen sollen meine großen Klingen auf keinen Fall.

Grüße
less
 
Hallo,

ich halte das mit der Eintauchtiefe ehrlich gesagt nicht für sehr reproduzierbar. Das hängt doch jedes mal davon ab, wie dick / hoch die Klinge ist. Du hast doch gesehen: Die kleine aus 2842 härtet komplett durch, während eine 6 mm Klinge noch so viel Restwärme hat, dass man schon wieder die Schneide damit anlassen kann wie bei einem Meisel. Biegesteif heißt: Dick und hart. -Und zwar auch dort, wo die Klinge dick ist. Eine 1 mm Schneidlage in dicke V2A-Bleche gehüllt bring diesbezüglich gar nix.
Wir hatten das doch schon mal wo, Flächenträgheitsmoment und son Kram. Aber egal, ich will jetzt keine neue Diskussion anstoßen, in wie weit man mit einem Messer überhaupt hebeln soll usw....

Grüße,
Daniel
 
Hallo haasi,
danke für den Beitrag.
Ich habe wahrscheinlich etwas zuwenig dazu geschrieben.
Das sind natürlich zwei ganz verschiedene Arten von Material.
Das erste ist ein Laminat mit undefinierten Außenlagen, die nicht härtbar sind und nur mäßig fest. Hier kann ich die Biegesteifigkeit durch die WB natürlich nicht beeinflussen. Es hat mich nur interessiert wo ich die Klinge einsortieren kann und ob eine Montage überhaupt Sinn macht.

Die zweite Klinge ist 2842 Vollmaterial und natürlich in der Festigkeit/Härte und damit Biegesteifheit durch die WB zu beeinflussen.

Nach meiner Erfahrung ist die Methode verlässlich und reproduzierbar. Das "Nachwärmen" der Schneide durch Restwärme in der Klinge ist nicht relevant:
Die Schneide bleibt im Öl bis es nicht mehr siedet.Dann ist die Klinge unter Siedetemp abgekühlt.

Ziel ist eben eine kontinuierlich abfallende Härte zum Rücken.Das Öl leitet die Wärme sehr schnell aus dem Rest der Klinge, die Klinge wird auch über dem Öl etwas hart.
Hier war bei mir noch "Luft" ich war bislang immer auf der (bruch-) sicheren Seite.Jetzt taste ich mich etwas weiter Richtung steigende Härte/Festigkeit am Rücken.

Wenn man mit dem Messer nur schneiden will ist das alles ja kein Thema, da reicht eine einfache Durchhärtung.
Ich will eben mehr von meinen langen Klingen.
Grüße
less
 
Probier das doch mal mit Damast.:D
Da wirst Du Dir warscheinlich beim biegen einen "Bruch" heben, aber in der Leistengegend.:D
Gruß Egbert
 
hmmm, warum Damast? Dachte das hätte bei Messerklingen so gut wie keine Vorteile?

z:b: hier: http://www.messerforum.net/showthread.php?t=25882&highlight=vorteile+Damast so ab post 14

aber zurück zum Thema...

Ich verfolge Deine Tests immer sehr gerne! Schon alleine, weil mir meine Klingen dafür zu schade sind :rolleyes:
Aber ich frag mich doch immer wieder, warum Du so sehr an der selektiven Härtung klebst, bzw. ob Du auch schon mal so Sachen wie
Schneidleiste + C45-Deckschichten mit selektiv federhart angelassenem Rücken probiert hast...

schöne Grüße Steffen
 
Hallo Leute,
danke für die Beiträge!
@Egbert
Das ist genau eine der Fragen, die ich für mich noch nicht gelöst habe.Auch Damast ist ja "nur" Stahl.Aber das ist ein weites Feld und viele Emotionen werden wach. Dann ist die Großhirnrinde beeinträchtigt, das Stammhirn übernimmt...
Im Ernst:Ich will meine Messer einfach und gut, es sind Gebrauchsmesser, Monostahl genügt mir.Wenn durch Schweißverbund nicht eine um eine Größenordnung "bessere" Leistung erzielt werden kann bleibe ich beim Monostahl.
Diesen Leistungsvorteil sehe ich im Moment nicht.
Mache ich mir halt ein neues Messer wenn ich das Alte wieder mal ruiniert habe...Das fällt bei handgemachtem Schweißverbundstahl nicht so leicht.
Aber ich lasse mich gerne überzeugen!

@Noob2008
Die selektive Härtung kam bei mir vor allem wegen der Angst vor der Blausprödigkeit.
Aber das hat sich ja inzwischen geklärt: Abschrecken in kaltem Wasser soll das ja verhindern, aber ich habe dazu noch keine Untersuchung gelesen, habe es auch selbst noch nicht ausprobiert.

Schön am selektiven Härten: ich finde es einfach elegant gelöst!
Zudem habe ich Erfahrung damit.

Aber Du hast Recht: Der nächste Test wird das partielle Anlassen werden. Mal sehen was ich noch an alten Klingen finde.
Das Bessere ist des Guten Feind.
Und man soll nicht an alten Verfahren hängen, nur weil man es gut kann...
Grüße
less
 
Dein Wille zur Perfektion und Deine Ehrlichkeit sind schon beeindruckend.

Wenn ich Dich richtig verstehe, geht es Dir um die Kombination guter Schneideigenschaften mit äußerster Robustheit.

Da scheint mir der Weg des vollständigen Härtens und selektiven Anlassens am aussichtsreichsten.
Nachdem man eine Zeitlang beim bainitischen Gefüge Vorteile sehen wollte, kommen die Fachbücher letztlich übereinstimmend zum Ergebnis, daß das stärkste Stahlgefüge der angelassene Martensit ist.

Zur Stahlwahl kann man grundsätzlich sagen: Je einfacher, je besser.
Gerade so eutektoidische Stähle - etwa 1.1620 oder 1.1625- kämen Deinem Ideal wohl am nächsten, da bei beiden neben dem Plattenmartensit auch noch der zähere Lattenmartensit auftritt.
1.1545 oder die leicht übereutektoidischen Stähle sind aber auch noch zäh genug und schon deutlich schneidhaltiger.Wälzlager sind immer zu empfehlen und bieten eine vorzügliche Kombination erwünschter Eigenschaften.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Das bezieht sich nicht auf Klingen zum Erzielen höchster Schneidleistung wie etwa bei guten Kochmessern oder Rasiermessern, sondern auf die Kombination gut schneidend u n d robust.

Noch eine kurze Anmerkung zur "Blausprödigkeit". Sie tritt eigentlich bei allen Stählen, die nicht im Sekundärhärtemaximum angelassen werden auf und zwar bei Anlaßtemperaturen im Bereich zwischen 200 und 300 Grad. Den Namen hat sie bekommen, weil Stahl in diesem Anlaßbereich je nach der Dauer des Anlassens oft die blaue Farbe zeigt. Die Farbe selbst hat mit der Erscheinung nichts zu tun. Sehr lang bei unter 200 Grad angelassene Stähle können schon blau sein, ohne daß eine Zähigkeitseinbuße eingetreten ist. Es ist auch nicht so, daß sie sich unbedingt katastrophal auswirkt. Der beim Anlassen auf 200 Grad gut belastbare Stahl verwandelt sich nicht zu Glas, sobald diese Temperatur überschritten wird. Es ist mehr eine Frage der optimalen Abstufung der Eigenschaften hart und zäh.

Abschrecken nach dem Anlassen hilft gegen die Blausprödigkeit überhaupt nicht.

Das ist das Mittel, um die wesentlich bedenklichere Anlaßsprödigkeit -Temperaturbereich ca 400-500 Grad- unschädlich zu machen. Die Anlaßsprödigkeit ist deshalb bedenklich, weil sie gerade Stähle betrifft, die besonders zäh = plastisch verformbar sein sollten, also im wesentlichen Vergütungsstähle. Schon geringe Legierungsanteile von Molybdän -0,3 -0,5 % lassen diese Versprödungserscheinung verschwinden.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Danke für die Antwort!
Natürlich meinte ich die Anlaßprödigkeit, nicht die Blausprödigkeit, woran man auch sieht, das ich nicht vom Fach bin.
Aber dass angelassenes Martensit höhere Festigkeiten hat als ein "halbgehärteter" Klingenrücken nach meiner bisherigen Methode leuchtet mir schon ein.
Haufe hat dazu ja auch ein deutliches Diagramm zum Festigkeitsverlauf beim Anlassen.
Zu meiner Schande muß ich zugeben, dass ich zu einer ähnlichen Frage meinerseits im Forum vor längerer Zeit von berufenem Munde bereits auf angelassenes Martensit verwiesen wurde.
Tja : wer nicht hören will muß biegen.
Ich werde mal in diese Richtung etwas probieren.
Danke für die Hinweise!
Ich suche ja immerhin auch das bessere Messer.

Grüße aus Heidelberg!
less
 
Hallo Messerfreunde,
ich bin am Thema drangeblieben und habe dazu in den letzten Monaten einige Tests gemacht. Dabei sind für mich neue Einsichten aber auch Fragen aufgetaucht, die ich hier dem Forum ja nicht vorenthalten will.

Vorrausschicken muß ich dass es mir hier um die Wärmebehandlung meiner "ernsten" Messer geht.
Hier will ich Klingen, die extrem robust sind und auch gute Schneideigenschaften haben.
Die Brechstangenfunktion ist bei diesen Messern eingeplant, Bauteilversagen nur durch Verformung, Bruch wäre hier für mich ein GAU.

Nachdem klar war das durch angelassenen Martensit am Klingenrücken eine höhere Festigkeit zu erreichen ist als durch meine alte Methode der Teilhärtung in Öl habe ich angefangen zu experimentieren.
Natürlich ohne "Hightec" sondern nur ganz einfach und improvisiert, das ist mein größter Spaß.

Die Festigkeitsdiagramme für Stahl bei unterschiedlichen Anlasstemperaturen sind mir bekannt, aber es geht nichts über die eigene Versuche und praktischen Erfahrungen.

Ich habe mir eine ganze Menge Stahl besorgt. 2842 Flachmaterial, weil ich hier die WB ziemlich sicher und gleichmäßig hinbekomme.

Dann habe ich mir Probestücke daraus gemacht.
Diese wurden dann unterschiedlich wärmebehandelt.
Ich habe keine Schneidwinkel oder ähnliches an die Proben gefeilt/geschliffen. Der Einfuß der "Klingenseite" ist dadurch natürlich im Biegeversuch deutlich überrepräsentiert (Größere Dicke).

cimg0021m.jpg


So sahen die ersten Proben aus, es wurden noch deutlich mehr, da so kleine Proben nicht sicher differentiell wärmezubehandeln waren (Zumindest für mich).Es hat mich erstaunt, dass mein vermeintlich so sicher beherrschtes WB-Verfahren bei veränderter Geometrie des Werkstücks des öfteren danebenging.

cimg0024g.jpg

Das war der prinzipelle Versuchsaufbau.Bei den weiteren Proben wurde der Hebelarm deutlich länger.Die Idee mit dem Magneten als "Schleppzeiger" gefällt mir immer noch richtig gut!

Als Ergebnis der ganzen Arbeit habe ich für mich folgendes herausbekommen:

Die Biegesteifigkeit einer differenziell in Öl abgeschreckten Probe (1/2 der Probenhöhe) gegenüber einer differentiell angelassenen Probe liegt etwa bei einem Faktor von 1,3-2.
Oder andersherum: Eine differenziell angelassene Probe hat eine deutlich höhere Biegesteifigkeit.Dabei gibt es aber eine Menge Unsicherheiten, die vor allem in Fehlern und Ungleichmäßigkeiten bei meiner WB liegen, der Trend war aber ganz klar.
Das passt auch ganz gut zum Diagramm im Haufe(Zugfestigkeit).
Bei einer echten Messergeometrie sollte sich dieser Unterschied durch die stärkere Rückendicke noch sehr viel deutlicher ausdrücken.

Jedenfalls fand ich den Unterschied stark genug um meine Klingen zukünftig anders wärmezubehandeln.
Und hier beginnen meine Fragen:
Mir sind einige diff. angelassenen Proben zerbrochen!
Das sollte nicht passieren und ich finde bis jetzt keine Möglichkeit die die Höhe der erreichten Anlasstemperatur im Werkstück (Messerrücken) sicher festzustellen.Im gewünschten Anlassbereich von größer 400°C helfen mir die Farben nicht mehr.
Ich habe etwas mit einem berührungslosen Thermometer herumgespielt, aber das missfällt mir, ich will es ja einfach halten.

Welche Möglichkeiten gibt es den Klingenrücken nit einer genau definierten Temperatur sicher anzulassen?
Da bin ich noch nicht weitergekommen und das ist für mich immer noch ein KO-Kriterium für diese WB.
Differenzielles Abschrecken ist immer auf der sicheren Seite.
Andererseits ist ein etwa doppelt so beigesteifes Messer natürlich verlockend.
Ich will auch nicht jede Klinge als Qualitätstest erst biegen und dann wieder richten.

Hat jemand dazu eine Idee?

Grüße aus Heidelberg!
less
Ich
 
Last edited:
Welche Möglichkeiten gibt es den Klingenrücken nit einer genau definierten Temperatur sicher anzulassen?

Das ist einfach. Den Rücken muss man nurin eine Masse einbringen, die einerseits die benötigte temperatur hat und andererseits diese auch gründlich überträgt. Einklemmen zwischen zwei auf die korrekte Temperatur vorgeheizte Metallplatten funktioniert z.B. ganz gut. Besser wäre noch was in der Art eines heißen Salz- oder Metallbades oder einer zähen Masse.

Viel einfacher ist es aber, sich gleich einen Stahl zuzulegen, der in die Richtung der gewünschten Eigenschaften zielt. Und da halte ich 1.2842 bei kurzen Klingen die seitlichen Verformungen standhalten sollen für ziemlich suboptimal. Versuch es mal mit 1.2714 oder 1.2241 oder 1.2235 und Du wirst Dich wundern.
 
Das partielle Anlassen von Klingenteilen habe ich mir in der Ausführung genauso vorgestellt. Lediglich die hohe Ausschussquote ist bedenklich.
Beim Härten habe ich bereits ein Ausschussrisiko und jetzt ein zusätzliches beim diff. Anlassen.
Mir scheint es sehr unwahrscheinlich, dass das diff. Anlassen ein höheres Risiko birgt als das Anlassen des kompletten Rohlings. Allerdings hat der oben beschrieben Versuch dies gezeigt.
Wie kann das Risiko auf 0 minimiert werden?
 
@Jens25
Da habe ich mich wohl etwas unklar ausgedrückt:
Die Proben sind nicht während des Anlassens gebrochen sondern natürlich während des Biegeversuches.Da habe ich wohl teilweise nicht genug Temperatur in den "Rücken" bekommen.Trotzdem wären das ja prima "Messerklingen"geworden, hart an der Schneide, etwas zäher am Rücken.Nur das 90°Biegen haben sie nicht überstanden.Das muß ja auch nicht jedes Messer.
Ich versuche eben für bestimmte Messer genau so eine WB hinzubekommen, darin habe ich aber noch keine Übung.
@AchimW
Danke für die Materialtipps!
Den 2842 habe ich für den Test genommen weil er leicht verfügbar ist und ich oft mit dem Material gearbeitet habe.Dadurch sollte der Einfluß von "schlechter" WB auf die Messergebnisse gering gehalten werden.Trotzdem lief ja einiges schief.

Der Vergleichstest Biegesteifigkeit von mehreren Stahlsorten (gleiche Geometrie, gleiche diff WB) wäre sehr interessant, aber mir reichts erstmal mit den Tests, ich werde erst mal wieder ein Messer machen...

Es ist ja auch nicht so, dass diese Zusammenhänge nicht bekannt wären, aber selbst biegen und brechen und testen ist mir mehr wert als das bloße Bücherwissen.Außerdem kann ich ja nur so entscheiden ob die möglichen Verbesserungen (hier Biegesteifigkeitserhöhung) den Aufwand überhaupt rechtfertigen oder nur marginal sind.

Hier ist bei mir ganz klar:
Differenzielles Anlassen bringt eine deutlich belastbarere Klinge, und die will ich haben!

Grüße aus HD!
less
 
Last edited:
Eine Frage zur Biegesteifigkeit und schlagender Belastung.

Ist der 1.2363 hier brauchbar?
Er wird ja für Meißel etc. verwendet und sollte damit sehr zäh sein.
Wie ist die Zähigkeit im Vergleich zu 1.2842?
Welche Härte / WB schlagt ihr für den 2363 vor?
Es soll evtl. ein kleines Hawkebeil entstehen.

Als A2 bezeichnet wird er von US-Messermachern immer noch gern verwendet.

Ja, C70 - C80 ist hier sehr gut, aber da würde ich mir lieber was schmieden lassen. Ich will aber selber machen.
 
Hier liegen wohl einige Missverständnisse vor!

Die Biegesteifigkeit ist fast ausschliesslich von der Bauteilgeometrie abhängig.

Die Wärmebehandlung hat hierauf keinen Einfluss. Das heisst bei einer bestimmten Prüfkraft und einer dadurch im Bauteil verursachten Spannung verformt sich ein gehärtetes Bauteil genauso wie ein ungehärtetes Bauteil.

Der Unterschied liegt in der plastischen und elastischen Verformung. Liegt nur elastische Verformung vor, so federt das Bauteil nach Wegnahme der einwirkenden Kraft wieder in seine ursprüngliche Form zurück. Ist die wirkende Kraft zu hoch, so kommt es zu einer plastischen und elastischen Verformung, nach Wegnahme der Kraft federt das Bauteil um den Anteil der elastischen Verformung zurück, die plastische Verformung bleibt bestehen. Durch die Wärmebehandlung wird die Zugfestigkeit des Werkstoffs erhöht, dadurch verschiebt sich auch die Grenze zwischen plastischer und elastischer Verformung.

Heisst also in der Praxis: ein gehärtetes und ein ungehärtetes Bauteil verformen sich bei gleicher Kraft identisch, das gehärtete Bauteil federt jedoch danach zurück während das ungehärtete Bauteil verformt bleibt.

Ausschlaggebend für die Biegesteifigkeit ist der E-Modul, eine Materialkonstante, die für Stahl bei 195.000 bis 210.000 N/mm² liegt, also auch durch die Materialzusammensetzung kaum beeinflusst wird.

Aus diesem Grund ist die Biegesteifigkeit auch nicht von der verwendeten Legierung abhängig.
 
Hallo Armin II,
danke für den Einwand! Das zeigt doch das da jemand über meine Versuche nachdenkt und das freut mich!
Zum Inhalt:
Das e-modul zeigt ja nur die Steigung im Spannungsdehnungsdiagramm und sagt nichts über die Zugfestigkeit oder Streckgrenze aus.

Das Biegen eines Bauteils bedeutet ja, wenn man das "freischneidet", auf der einen Seite eine Zugspannung, auf der anderen eine Druckspannung, in der Mitte die neutrale Faser.
Erhöht man die Zugfestigkeit und die Streckgrenze eines Werkstoffes erhöht man die Biegesteifigkeit.
Bauteilversagen lassen wir einfach außen vor.

Das die Wärmebehandlung keinen Einfluß auf die Biefesteifigkeit /Festigkeit von Stahl haben soll erstaunt mich dann doch etwas.
Ich kann hier nur den Haufe empfehlen!
Das Vergüten von Stählen wird ja nicht aus Jux gemacht.

Von der Theorie her:
Ich habe ein Diagramm aus einem Lehrbuch angehängt, das die Zusammenhänge klar zeigt.Ich kam mit meinen bewußt "lowtec"-gehaltenen Versuchen auf ähnliche Ergebnisse, hatte aber leider öfter Wärmebehandlungsfehler.
Aus der Messerliteratur:
Wayne Godard erwähnt das Phänomen sowohl im $50 Knife Shop als auch im Wonder of Knifemaking.
Einmal geht es um die Frage ob selektiv abgeschreckte Klingen "wimpy" wären und er sagt darauf sinngemäß dass eine Klinge die man einigemal 90° biegen kann ehe sie bricht nicht "schwach" ist.
Dann erwähnt er bei den unterschiedlichen Härtungsmetoden, dass selektiv angelassene Klingen mehr Widerstand beim Biegen geben.Aber das unter Vorbehalt, ich schreibe das aus der Erinnerung.
Aus der Praxis:
Versuche doch einmal ein vollgehärtetes Stahlwerkstück zu biegen und dann ein Ungehärtetes.Da gibt es einen Unterschied!

Mit meinem Härteverfahren bin ich doch noch ein Stück weitergekommen, ich teste gerade eine neue WB für meine Messer.
Wenn ich was fertig habe stelle ich es hier in diesen Fred.

stahlanlasstempfestigke.jpg


Grüße aus Heidelberg!
less
 
Last edited:
Als Maschinenbau-Ingenieur kann ich Armin II nur Recht geben,

Die "Biegesteifigkeit" (Flächenmoment und axiales Widerstandsmoment) hat ausschließlich mit der Geometrie des Bauteils und mit der Position/Richtung der Biegeachse etwas zu tun - Kannst du auch im "Tabellenbuch Metall" nachlesen.

Nimm doch mal einen Baustahl 30x5mm und biege ihn über die hohe Kante und einen gehärteten 1.2842 und biege ihn über die flache Seite.

Bin mal gespannt, wie das Ergebnis ist!
 
Hallo
finde die Versuche sehr interessant top Fred :super:. Zu der Diskussion ich meine dass less insofern Recht hat, weil er durch die Härtung die ertragbare Spannung im Bauteil erhöht und dadurch eine höhere Kraft auf das Bauteil wirken kann. vielleicht ist auch nur das wort Biegesteifigkeit irreführend :confused:

Allerdings habe ich auch gelernt dass der E-modul immer zwischen 195000 N/mm2 und 210000 N/mm2 (je nach Legierung) liegt und unabhängig von der WB ist! Hatte zuvor auch den Eindruck das beim biegen von Hand Baustahl wesentlich einfacherer elastisch! zu Biegen ist.
Ich versuche mir das dadurch klar zu machen dass der Stahl nicht plötzlich plastisch verformt wird, sondern schon vorher in bestimmten Bereichen (oben und unten) anfängt auf Überspannung durch plastische Verformung zu reagieren und dadurch weicher wirkt. So kleine Verformungen sind mit der Hand ja kaum messbar ;).

Alle Angaben ohne Gewehr ;) Gruß MTX
 
Last edited:
Ich verfolge diesen spannenden Thread schon eine ganze Weile und ich denke jetzt kommen wir zu den entscheidenden Fragen.

Der E-Modul gibt das Verhältnis einer Belastung (Spannung) zu einer Verformung an. Im unteren bereich verläuft der E-Modul beim ungehärteten Stahl linear, d.h. er verformt sich elastisch. Im hier dargestellten Fall "Biegen von Klingen" heißt das, Biegen des Messers um einen bestimmten Winkel, danach Rückgang/Rückfederung in den Ausgangszustand. Erhöht man bei ungehärteten Stählen die Belastung (Biegung um einen größeren Winkel) erreicht man irgendwann die Streckgrenze vom Stahl, d.h. dieser verformt sich plastisch und er geht/federt nach Entlastung nicht bis in die Ausgangslage zurück.

Jetzt kommt die Kernfrage: Verändere ich durch die Wärmebehandlung den E-Modul? D.h. ist die Verformung (Biegung) des Stahls bei gleicher Belastung nach der Wärmebehandlung gleich/kleiner/größer? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht.

Was ich durch die Wärmebehandlung aber auch jeden Fall erreiche, ist ein größerer elastischer Bereich (Klinge federt auch bei höheren Belastungen zurück) und ein kleinerer plastischer Bereich (Klinge hat nach Entlastung weniger bleibende Verformungen). Das Problem ist jetzt folgendes: Kannst Du, less, den Winkel, ab dem bleibende/plastische Verformungen auftreten genau bestimmen? Weil, wenn es stimmt, dass der E-Modul gleich bleibt, dann sollte dieser Winkel auch mit gehärteten Klingen erreichbar sein und eben etwas mehr. Das „Etwas Mehr“ ist jetzt vermutlich genau das, was Du suchst. Aber dadurch, dass der plastische Bereich durch das Härten kleiner wird bzw. verschwindet hat der Stahl weniger „Reserven“ beim Biegen, d.h. er bricht, bevor Dir ein „Verbiegen“ (plastische Verformung) signalisiert: „Die Grenze der Belastbarkeit ist gleich erreicht“.

Aber ich denke U. Gerfin, AchimW oder Armin II können eine definitive Aussage machen, ob bzw. wie sich eine Wärmebehandlung auf den E-Modul auswirkt.
 
eigentlich ist das doch alles ein uralter Hut :steirer:

In einem Kraft-Weg-Diagramm, bzw. Spannungs-Dehnungs-Diagram ist das Verhältnis von aufgebrachter Kraft und zugehöriger Verformung (z.B. Winkel oder Längenänderung) aufgetragen.
In der Regel gilt ein proportionaler Zusammenhang, d.h. je größer die aufgebrachte Kraft, desto größer die Verformung/Auslenkung.
Bis zu einer gewissen Kraft verhält sich Stahl elastisch. Wenn die aufgebrachte Kraft weggenommen wird, "federt" die Probe in den Ausgangszustand zurück. Dieses elastische Verhalten wird durch den lineraren Anstieg im Spannung-Dehnungs-Diagramm widergegeben.
Ab einer bestimmten Spannung/Kraft verhält das Material sich nicht mehr elastisch. Die Kurve im Diagramm knickt ab, und beim Entlasten der Probe bleibt eine plastische Verformung zurück. Jetzt sind wir im plastische Bereich. Irgendwann kann das Material dann gar nicht mehr und es versagt, dort bricht die Kurve ab -->Materialversagen.

Der E-Modul gibt die Steigung der elastischen Geraden am Anfang des Diagramms an. Laut Literatur ändert sich der E-Modul durch eine Wärmebehandlung nicht.
Wo ich mir jetzt spontan nicht ganz sicher bin, ... ob die elastische Gerade evtl. länger wird durch eine Härtung.
In jedem Fall wird der Anstieg der Kurve im plastischen Bereich steiler, bei einem gehärteten Stahl. Außerdem nimmt die Kraft bis zum Versagen zu. Diese Erhöhung der Bruchlast/Streckgrenze passiert jedoch unter Inkaufnahme einer verringerten plastischen Verformbarkeit. "Die Kurve reicht nicht so weit nach rechts rüber wie beim ungehärteten Material". Der Stahl wird spröder und bricht bei deutlich geringerer plastischer Verformung.

Auf jeden Fall muss unbedingt zwischen Biegefestigkeit und Biegesteifigkeit unterschieden werden.
Das Material macht nur einen untergeordneten Faktor bei der Steifigkeit aus, da der E-Modul bei allen Stählen recht ähnlich ist. Die Geometrie (Flächenträgheitsmoment) hat den entscheiden Einfluss. dickere Klinge --> höhere Biegesteifigkeit.

ich hoffe, ich konnte zur allgemeinen Verunsicherung beitragen :ahaa:

Dipl.-Ing. Philipp
 
Wo ich mir jetzt spontan nicht ganz sicher bin, ... ob die elastische Gerade evtl. länger wird durch eine Härtung.
In jedem Fall wird der Anstieg der Kurve im plastischen Bereich steiler, bei einem gehärteten Stahl. Außerdem nimmt die Kraft bis zum Versagen zu.

Der E-Modul ist so definiert dass eine Belastung mit diesem Wert eine Verdopplung der Länge einer Materialprobe bewirken würde, und zwar im elastischen Bereich. Dies ist in der Realität bei Stahl nicht möglich, bevor es zu einer elastischen Verformung kommt die so hoch ist dass sich eine Materialprobe auf die doppelte Länge verändert kommt es zur plastischen Verformung und zum Bruch.

Die Länge der Geraden ist also nicht entscheidend, in der Praxis wird das "Ende" dieser Geraden nie erreicht, es ist also die Steigung der Geraden ausschlaggebend.
 
Last edited:
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