optimierte Biegesteifigkeit größerer Klingen

Hallo Leute,
ich muß zugeben, ich bin jetzt etwas verunsichert!
Anbei ein Diagramm in dem C45 gehärtet, vergütet und normalisiert aufgeführt ist.
So wie ich das im Moment sehe, kann ich den gehärteten Stahl einer höheren Spannung (zumindest hier Zugspannung) aussetzen als einen normalisierten, ohne das es zu einem Bauteilversagen kommt.
Das sieht für mich soweit ganz logisch aus.
Möglicherweise ist die Bezeichnung Biegesteifigkeit wirklich nicht glücklich gewählt.
In erster Linie geht es mir um eine festere Klinge, dabei wird natürlich auch gebogen.
Vieleicht könnte man ja erst eine Klärung schaffen ob meine obige Sicht (Erhöhte Zugspannung wird möglich durch Härtung/ Vergütung) so stimmt.

c45diagrammo.jpg

Grüße aus Heidelberg!
less
 
Schönes Diagramm:

Zur Erläuterung: der E-Modul ist die Steigung der Geraden im Linken Bereich bis ca. 1200 N/mm2

Diese Gerade ist für alle Proben gleich.
Auf den wert von 210.000 n/mm² kommt man wenn man die Gerade soweit nach oben verlängert dass die Längendehnung bei 100% liegen würde ( zum Vergleich, das Diagramm geht nur bis 20%)

Die Wärmebehandlung verschiebt den Punkt ab dem die plastische Verformung beginnt, zu erkennen am Abknicken der Geraden nach rechts.

Zu beachten ist auch noch dass mit dem Überschreiten des Scheitelspunktes der jeweiligen Kurve der Bruch der Probe beginnt. Ab dem Punkt an dem die Kurve wieder fällt kommt es zu einer weiteren VErformung obwohl die Spannung bereits wieder rückläufig ist.

Hier bricht also die gehärtete Probe bereits bei einer Verformung um 1,5% während die vergütete Probe sich um ca. 8%und die normalisierte sich um ca. 10 % verformen lässt
 
Oder anders herum:
-die gehärtete Probe erträgt eine Spannung von etwa 900-1000N/mm2 ohne Bauteilversagen
-die Normalisierte gibt bei 450 N/mm2 auf
-die Vergütete dazwischen
so verstehe ich das Diagramm

Die plastische Verformbarkeit ist für mich nicht wichtig sondern die Festigkeit.
Grüße aus Heidelberg
less
 
Na endlich hat mal einer ein Diagramm gefunden :p.

Seh ich auch so wie less - gehärtet erträgt der Stahl generell höhere Spannungen. Die Verformungen (bis zum Bruch) sind weitestgehend elastisch. Der Fließbereich (plastische Verformungen) sind weitestgehend verschwunden.

Beim vergüteten Stahl (gehärtet und angelassen), ist die Fliessgrenze höher als beim normalgeglühtem Stahl, ein Fließbereich ist noch vorhanden. Je nachdem wie hoch angelassen wird, tendiert die Kurve "vergütet" halt in Form und Höhe Richtung "gehärtet" oder Richtung "normalgeglüht".

Dabei verformt sich die Klinge im elastischen Bereich genau gleich, egal ob gehärtet oder nicht, jedenfalls bei gleichen Voraussetzungen bezüglich Last, Lastangriffspunkt, Querschnitt , Versuchstemperatur etc.
 
Bauteilversagen tritt erst am Ende der Kurve auf, nicht dort wo die Probe plastifiziert. Bauteilversagen bedeutet Bruch, und dieser liegt am Ende der Kurve.
Als Zugfestigkeit ist der Spannungswert am Scheitelpunkt der Kurve definiert.
Die Spannung fällt nach dem Scheitelpunkt wieder ab, weil die Zugprobe ab diesem Punkt einschnürt, d.h. der Querschnitt verringert sich.
Da im Spannungs-Dehnungs-Diagramm auf den Ausgangsquerschnitt Bezug genommen wird fällt die Kurve, denn der verringerte Querschnitt hält natürlich nicht soviel.
Dazu auch einfach mal bei wikipedia "Zugfestigkeit" suchen.

Wie man in dem Diagramm schön sehen kann: die elastische Gerade wird durch die Härtung verlängert. Der plastische Bereich setzt bei einer höheren Spannung ein.

Ich denke, Du möchtest, dass Dein Messer sich immer wieder elastisch in ein lecker gerades Schneidwerkzeug zurückverwandelt und nicht zum Kurvenmesser wird, also ist eine Härtung in jedem Falle sinnvoll.
 
Auf den wert von 210.000 n/mm² kommt man wenn man die Gerade soweit nach oben verlängert dass die Längendehnung bei 100% liegen würde ( zum Vergleich, das Diagramm geht nur bis 20%)

Armin, ich glaub hier hast Du etwas nicht so ganz richtig interpretiert.

Die Kurven geben den Verlauf von Zugversuchen an Stahl wieder. Für die 3 Stähle wurden die Zugspannung (=Kraft/Querschnitt) stetig erhöht und die jeweiligen Dehnungen (Längenänderung/Ausgangslänge * 100%) gemessen.

Im Linearen Bereich der Kurven ist der E-Modul immer gleich, nämlich besagte 210000N/mm2 => E-Modul = Spannung/Dehnung.

Edit: Wenn man die Gerade verlängern würde, bis man bei 100% Dehnung ankommt, dann ist der zugehörige Wert der Spannung 210.000 N/mm². Das ist insofern richtig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Der E-Modul ist in Beitrag 20 exakt erklärt.
Er ändert sich durch Wärmebehandlungen nicht und durch Legierungsänderung so gut wie nicht.

Er ist, wie auch schon richtig ausgeführt wurde, eine theoretische Rechengröße -wieviel Spannung muß ich theoretisch aufbringen um eine Dehnung von 100 % zu erreichen- und kann als Maß für die Steifigkeit betrachtet werden.
Eine solche Spannung verträgt Stahl nicht.

Über die wirkliche Belastbarkeit eines Werkstücks sagt das aber nichts aus.

Nehmen wir als Beispiel einen Versuch, den ich mit Roman vor Jahren in Kolbermoor vorgeführt habe:
Wir hatten in eine Rundstange 1.2210 von 20 mm Dicke alle 3 cm eine flache Kerbe-2 mm eingedreht und ich habe den Stab im Schmiedefeuer erhitzt. Das ging so vor sich, daß der Stab an der ersten Kerbe fast weißglühend war, an der nächsten gelb, dann orange und dann kirschrot.
In diesem Zustand wurde er in Öl abgeschreckt und auf gelb angelassen.
Er wurde dann mit der Spitze in das Amboßloch gesteckt und gebogen. An der ersten Kerbe brach er ohne jeden Kraftaufwand. Der Bruch war grobkörnig und silbrig. An der nächsten Kerbe brauchte es schon einen höheren Kraftaufwand und der Bruch sah etwas feiner aus. An der letzten Kerbe war der Stab so stabil, daß man den Amboß damit hochhebeln konnte, ohne daß er brach.

Die Steifigkeit- gekennzeichnet durch den E-Modul war in allen Fällen gleich- die Belastbarkeit- und das will Less ja testen, war aber ums Vielfache unterschieden.

Es klang in der Diskussion auch an, als gehe man davon aus, daß durch die Wärmebehandlung nur der Anteil an elastischer und plastischer Bruchbiegearbeit verändert werde, die gesamte Bruchbiegearbeit aber gleich bleibe.
Das ist nicht richtig.
Siegfried Wilmes hat Untersuchungen über die elastische und plastische Bruchbiegearbeit der Stähle 1.2842, 1.2436, 1.3343 und zweier weiterer
Schnellarbeitsstähle bei unterschiedlichen Anlaßtemperaturen veröffentlicht- falls es interessiert, müßte ich die Literaturstelle nachschauen- wonach die gesamte Bruchbiegearbeit in richtig angelassenen Stählen höher lag als in zu niedrig oder zu hoch angelassenen Stählen.

Die Steifigkeit des Materials ist also durch den bei Stählen im wesentlichen identischen E-Modul bestimmt, die Belastbarkeit aber nicht.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Im Grunde haben wir ein Kriterium das entscheidet, ob eine Klinge bei einer bestimmten Kraft bricht, oder verbiegt.

Das Verhältnis aus "theoretisch" wirkender Zugspannung in der Randfaser zur Zugfestigkeit des Werkstoffes in der Randfaser unter Berücksichtigung der Duktilität (hier Bruchverformung)

====================================================

a) mein E-Modul verrät mir, mit welcher Kraft ich mein Bauteil belasten muss um es um den Betrag y zu biegen (Proportionalität F/E)
z.B. Formel y=F*l³ / 3*E*I
b) meine Geometrie und mit ihr mein (Biege-)Widerstandsmoment verrät mir mit der Formel
Spannung=Biegemoment/Widerstandsmoment
die vorherrschende, maximale theoretische Spannung

Jetzt kann ich hergehen und Kraft, Widerstandsmoment/Randfaserabstand und "ertragbare" Zugfestigkeit des Werkstoffes variieren.

mal theoretisch..

1.2343 (sry, aber für den habe ich Daten.. :))
55HRC (muss ich nochmal prüfen..) ~ 2100N/mm²
52HRC ~ 1900N/mm² Zugfestigkeit
48HRC ~ 1600N/mm² Zugfestigkeit
====================================================
komplett flachgeschliffenes Messer/Klingensegment, Dicke 5mm, Breite 30mm, Länge 200mm

Widerstandsmoment = 5²*30/24 = 31,25mm³

Durchbiegung bei 60kg (Jugendlicher Leichtsinn :irre: )

y = 60*9,81*200³ / 3*2,1*10^6*93,75 = 7,97mm rechnerische Durchbiegung

Boah ist die steif!!
====================================================
Spannung in der Randfaser

sigma = 200*60*9,81/31,25 = 3767N/mm²

hmm.. hält wohl eher nicht.. :p:
====================================================
kann man jetzt iterativ fortführen, bis man eine Klingengeometrie gefunden hat, die das hält. Tipp, werkstofflich lässt sich das bei der Geometrie nur inc Fließen/Verbiegen lösen, da 67HRC ~2800N/mm² entsprechen würden!
 
Der E-Modul ist in Beitrag 20 exakt erklärt.

Ich hab es oben schon mal geschrieben, ich halte diese Erklärung des E-Moduls für nicht ganz richtig und schon gar nicht für exakt und wir wollen doch hier immer so exakt wie möglich sein :).

Der E-Modul (E) gibt das Verhältnis von Spannung (σ) zu Dehnung (ε) an: E = σ / ε. Für Stahl wird er üblicherweise im Zugversuch bestimmt. Hier messe ich die aufgebrachte Zugkraft (F) und die zugehörige Längenänderung (∆l) eines Versuchsstabes, dessen Querschnittsfläche (A) bekannt ist. Die Spannung errechne ich aus dem Quotient von Zugkraft und Querschnittsfläche σ = F/A. Die Dehnung bestimme ich aus dem Quotienten von Längenänderung und Ausgangslänge ε = ∆l / l0.

Im Zugversuch erhöhe ich kontinuierlich die Kraft wobei sich der Stahl dehnt. Die Messaufzeichnungen geben aufgebrachte Zugkraft und zugehörige Längenänderung wieder, woraus ich Spannung und Dehnung errechnen kann.

Der E-Modul ist im elastischen Bereich immer gleich, nämlich 210.000 N/mm². Der elastische Bereich ist im Diagramm #20 der Beginn der Kurve, wo der Spannungs-Dehnungsverlauf linear, also eine Gerade, ist, also ganz links zu Beginn. Hier gehen die Verformungen nach Entlastung komplett zurück.

Aus den Messaufzeichnungen lässt sich jetzt (z.B.) bei einer Spannung von 210 N/mm² eine zughörige Dehnung von 0,001 = 0,1% herauslesen. Ein Stab mit 1m Länge wird bei dieser Belastung also um 1mm länger. Aus den Werten σ = 210 N/mm² und ε = 0,001 läßt sich der E-Modul errechnen: E = σ / ε = 210 / 0,001 = 210.000 N/mm². Bei einer Spannung von 500 N/mm² ergibt sich eine Dehnung von 0,00238 = 0,238%. Daraus folgt E = σ / ε = 500 / 0,0238 = 210.000 N/mm², usw.

Soviel zur Bestimmung des E-Moduls - im elastischen Bereich, der Wert heißt ja auch Elastizitätsmodul :cool:. Mit dem E-Modul lassen sich bei bekannter Belastung umgekehrt Dehnungen berechnen, z.B. die Verlängerung von Zuggliedern bei Brücken.

Maximal mögliche Spannungen hochfester Stähle liegen wohl um die 2300 N/mm². Elastische Dehnungen um 1% scheinen damit möglich.

Wenn ich jetzt die Gerade im Diagramm von 1% Dehnung (=0,01) auf theoretische 100% (=1,00) verlängere, dann ist der zugehörige theoretische Spannungswert 210.000N/mm² und der E-Modul errechnet sich auch hier wieder E = σ / ε = 210.000 / 1,00 = 210.000 N/mm². Das 210.000/100% -Paar ist m.M. eine Hilfsbrücke zum merken, aber keine exakte Erklärung des E-Moduls.
 
Womit ich aber immer noch ein Verständnisproblem habe, ist die Deutung des Amboß-Versuches.

Das Härten erhöht die Zugfestigkeit. Das ist aus dem Diagramm in #20 klar zu erkennen. Bei Stahl sind Zug- und Druckfestigkeit gleich (hab ich mal gelernt). Bei Biegung treten im Material Zug und Druckkräfte auf. Soweit also o.k.

Mit dem ungehärteten (bzw. weniger hoch gehärteten) Stahl kann ich den Amboß problemlos ankippen. Dabei belaste ich die Stahlprobe auf Biegung. In der Probe werden also Zug und Druckkräften erzeugt, die geringer sind als die Zug und Druckfestigkeit des Materials.

Dann nehme ich den gehärteten Stahl und der bricht bei gleicher Belastung. Die im Material auftretenden Zug- und Druckkräfte sind gleich wie bei der 1. Probe, denn die äußere Belastung ist ja gleich. Aber trotz höherer Zug- und Druckfestigkeit des Materials bricht die Probe!

Warum ist das so? Warum ist der ungehärtete Versuchskörper nicht wenigstens vernudelt und verbogen und der gehärtete Versuchskörper bricht? Das sollte lt. Diagramm #20 ja anders sein! Wo liegt da der Fehler?
 
Wenn ich jetzt die Gerade im Diagramm von 1% Dehnung (=0,01) auf theoretische 100% (=1,00) verlängere, dann ist der zugehörige theoretische Spannungswert 210.000N/mm² und der E-Modul errechnet sich auch hier wieder E = σ / ε = 210.000 / 1,00 = 210.000 N/mm². Das 210.000/100% -Paar ist m.M. eine Hilfsbrücke zum merken, aber keine exakte Erklärung des E-Moduls.

Wo ist der Unterschied?

Rechnerische Lösung entspricht grafischer Lösung.

Nur ist die "bildliche" Erklärung "Verlängerung der Geraden auf 100%" allemal besser verständlich.


Dann nehme ich den gehärteten Stahl und der bricht bei gleicher Belastung. Die im Material auftretenden Zug- und Druckkräfte sind gleich wie bei der 1. Probe, denn die äußere Belastung ist ja gleich. Aber trotz höherer Zug- und Druckfestigkeit des Materials bricht die Probe!

Das ist der Unterschied zwischen Theorie und Praxis:
Die Differenz des realen Modells zum theoretischen Modell
Kerbwirkung durch die die angebrachten Einkerbungen
Oberflächenrauhigkeit
Inhomogenes Material
........................................usw.
 
Zuletzt bearbeitet:
...Die Differenz des realen Modells zum theoretischen Modell...

Die Spannungs-Dehnungslilnien werden auf der Grundlage von Zug-Versuchen ermittelt. Das sind keine theoretischen Modelle sondern Messungen. Die Stahlsorten (zumindest die, die für konstruktive Anwendungen benutzt werden) müssen die genormten Materialkennwerte auch einhalten. Und die Rechenmodelle passen auch - Wie sollte man sonst zuverlässig statische Berechnungen erstellen?

Ein Einwand den ich gelten lasse, ist, das man hier nicht nicht bis zum Bruch belastet. Man hat aslo Reserven, die Ungenauigkeiten von Rechnungen und Lastannahmen abdecken.

...Kerbwirkung durch die die angebrachten Einkerbungen, Oberflächenrauhigkeit.

Ich denke, dass alle Kerben gleich waren, sonst würde der Versuch ja keinen Sinn machen. Natürlich reagiert ein spröder Stahl empfindlicher auf Kerben als ein duktiler. Insofern wäre ein Versuch mit kerbfreien Proben aussagekräftiger.

... Inhomogenes Material ...

Das würde geringe Abweichungen erklären, aber nicht die gezeigte Tendenz in Frage stellen. So inhomogen wird der Stahl innerhalb eines Stabes ja nicht sein.

Aber noch mal: Bei U.Gerfins Versuch war es ja so, dass die Zugfestigkeit der hoch geärteten Probe GERINGER war (Bruch bei Belastung) als bei der nicht/gering gehärteten Probe (kein Bruch bei der selben Belastung), wobei das Diagramm #20 das Gegenteil nahelegt => höhere Zugfestigkeit.

Entweder ist das Diagramm absolut falsch. Oder man darf keine Rückschlüsse von der reinen Zugfestigkeit auf die Biegezugfestigkeit ziehen, was in der Werkstoffwissenschaft gerne getan wird. Ich weiss es nicht. Aber es hat nichts mit dem mysterienbehafteten, alles und nichts erklärendem Unterschied zwischen Theorie und Praxis zutun.
 
Hallo Messerfreunde,
ich freue mich ehrlich über die kritischen Fragen und die Klärungsversuche!
Nachdem ich gestern einigermaßen verunsichert war ist mir die Sache heute etwas klarer geworden.
Ich habe ohne es besser zu wissen ein Fachwort "Biegesteifigkeit" verwendet, mit dem ich eigentlich "Festigkeit" ausdrücken wollte.
Ich bitte das im Fred zu ändern.
Erst nachdem Armin II zu recht darauf hinwies dass die Biegesteifigkeit ja nur von E-modul und Flächenträgheitsmoment abhängt ist mir dieses Missverständnis klargeworden.
Danke an U. Gerfin, nach dessen Beitrag mir erst der Unterschied zwischen Belastbarkeit und Biegesteifigkeit klargeworden ist.

Dazu ein Gedankenexperiment:
Zwei geometrisch gleiche Stahlproben, eine gehärtet, die andere normalisiert, werden einseitig fixiert und auf Biegebelastung beansprucht.
Beide Proben werden im elastischen Bereich auf die gleiche Belastung mit exakt derselben Biegung reagieren, da beide die gleiche Biegesteifigkeit besitzen.E-Modul und Flächenträgheitsmoment sind identisch.

Die gehärtete Probe besitzt den längeren Proportionalitätsbereich und wird eine höhere Belastung aushalten und zurückfedern als die normalisierte Probe.Diese wird im Vergleich zur gehärteten Probe früher das Ende des elastischen Bereichs erreichen und dann (dauerhaft) abknicken.

So lese ich die Diagramme aus dem Haufe und aus den Zugversuchen.
Das konnte ich trotz aller Probleme auch aus meinen bescheidenen Versuchen entnehmen.



Grüße aus Heidelberg
less
 
Um die exakte Definition des E-Moduls habe ich mir zunächst keine Gedanken gemacht.
Ich fand, daß im Beitrag 20 von Armin die Bedeutung als theoretisches Maß für die Steifigkeit hinreichend klar zum Ausdruck gekommen ist.

Genauer handelt es sich um den Kehrwert des Elastizitätskoeffizienten, der angibt, um wieviel ein Materialquerschnitt von 1 Quadratmillimeter und 1m Länge von einer angelegten Spannung von 1 pond gedehnt wird. Auch das ist ein rechnerischer Wert.

Zu dem Versuch in Kolbermoor: Der Probestab war blank poliert, die Kerben waren nicht spitz, sondern mit dem identischen Werkzeug in identischer Tiefe eingedreht. Anders wäre der Versuch in der Tat Unfug gewesen.

Die unterschiedlichen Bruchfestigkeiten hatten mit unterschiedlicher Oberfläche nichts zu tun. Es gab auch nicht etwa geringfügige Unterschiede, sondern ganz gewaltige.
Der erste Bruch des völlig überhitzten Materials erfolgte ohne Kraftaufwand. Das hätte ein 6 -jähriges Kind abbrechen können- man hätte den Stab auch sehr gut für den Bruchtest von Kung-Fu Mönchen verwenden können- und die Festigkeit steigerte sich bis zur Stelle, wo der Stahl richtig gehärtet war und ein Bruch nicht mehr auftrat.

Den Aufsatz von Wilmes, den ich angesprochen hatte, habe ich verkramt oder ausgeliehen. Die Tabelle mit den Angaben zur elastischen, plastischen und gesamten Bruchbiegearbeit hatte ich in einem Artikel für Borgers "Messer" verwendet.
Auch dieses Heft kann ich nicht mehr greifen.

Siegfried Wilmes hat aber zur Frage der Zähigkeit-speziell von Schnellarbeitsstählen- in zwei Aufsätzen in "Stahl und Eisen" (1961, S. 676 ff und 1964, s. 649 ff Stellung genommen.
Dabei werden an 5 bzw. 11 verschiedenen Schnellarbeitsstählen die Biegefestigkeit, die Biegefließgrenze, die gesamte Bruchbiegearbeit, die elastische und die plastische Bruchbiegearbeit bei unterschiedlichen Härte- und Anlaßtemperaturen untersucht und zwar bei Beanspruchung im statischen und dynamischen Verdrehversuch, im Schlagbiegeversuch und im statischen Biegeversuch.
Der Verfasser leitet einleuchtend ab, daß für die Bewährung schneidender Werkzeuge ( allerdings beim Drehen!) der statische Biegeversuchg am aussagekräftigsten ist.
Es handelt sich um echte wissenschaftliche Arbeiten, die sehr lesenswert sind, zumal der Autor auch noch verständliches Deutsch schreibt.
Aus den Tabellen ergibt sich für mich mit hinreichender Deutlichkeit, daß der ja immer gleiche Elastizitätsmodul mit der praktischen Belastbarkeit wenig zu tun hat. Biegefließgrenze und Biegefestigkeit zeigen beispielsweise in einem Fall einen Höchstwert bei einer Anlaßtemperatur, bei der die Härte (und damit die Zugfestigkeit) einen Tiefstwert hat. Der Zähigkeitshöchstwert zeigt sich allerdings bei einer Anlaßtemperatur von 20 Grad über der, die dem Härtehöchstwert entspricht.

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind nicht so aussagekräftig, wie die des Bruchversuchs in Kolbermoor, weil anders als dort, die Wärmebehandlung in einem sinnvollen Rahmen blieb.

Total überhitzter Stahl hat also den gleichen Elastizitätsmodul wie un- oder richtig behandelter, belastbar ist er aber nicht.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Hallo Messerfreunde,
ich habe mir lange den Kopf zerbrochen und habe jetzt eine (für mich) neue WB für meine Messer entwickelt.
Das Problem war ja festere und trotzdem bruchsichere Messer zu bekommen. Nach der ganzen Brecherei und Testerei war ich dann ziemlich ratlos, da ich für ein differenziertes Anlassen keine sichere Umsetzung ohne Ofen etc. finden konnte. Mit temperatursteuerbarem Ofen wäre die Lösung so gewesen: Ein Stahlstück mit Schlitz auf definierte temperatur bringen (ca 500°C) und dann auf den Klingenrücken stülpen, abkühlen lassen, fertig.Schneide natürlich gekühlt.
Jetzt will ich aber beim Messermachen keinen elektrischen Ofen, ich will es möglichst einfach, das war ein Problem.

Nach längerem Grübeln bin ich doch noch auf eine schöne Lösung gekommen.
Ich nenne das "doppelt differenzielles Härten".
Dazu habe ich bisher weder im Netz noch in der Literatur etwas ähnliches gefunden und bin im Moment ganz davon eingenommen.
Es geht so:
1.:
Erst wird die Klinge differenziell abgeschreckt (Teilölbad), und zwar sehr hoch, so dass nur noch etwa 1 cm am Rücken ungehärtet bleiben.
Dieser Streifen ist zwar nicht sehr fest aber sehr zäh und wird nicht brechen, das ist meine "Bruchsicherheitszone".
2.:
Anlassen der Klinge wie normal (bei mir hier 180°C / 1h).
3.:
Differenzielles Anlassen mit gekühlter Schneide mit dem Brenner auf über 400°C für den Großteil der Klinge, Abschrecken gegen Anlasssprödigkeit.Dadurch wird die Klinge etwas bruchsicherer, bleibt aber ziemlich fest.Sollten hier Fehler auftreten, weil eine genaue Kontrolle der Temperatur ja per Augenschein nicht mehr möglich ist wird die Klinge durch den schmalen normalisierten Streifen am Rücken sicher vor Bruch bewahrt.

Im Ganzen bekommt man so mit wenig Aufwand ein deutlich festeres und trotzdem sicher bruchgeschütztes Messer.
Und das ohne irgendwelche höhertechnischen Hilfsmittel.

Anbei einige Bilder des ersten Messers nach der neuen WB-Methode.

cimg0020w.jpg


cimg0002a.jpg


Ganz herzlichen Dank an alle, die mir durch Ihre Beiträge hier geholfen haben.
Das Thema WB ist jetzt bei mir erst mal soweit erledigt.
Jetzt werde ich erst mal wieder einige Messer machen.

Grüße aus Heidelberg!
 
Hallo Less,

schön dass Du dich so in das Thema rein kniest.
Jedoch muss ich mich bei deiner Lösung fragen, ob da wirklich noch ein nutzen liegt.
Bei einer normalen Klinge wie bei der von Dir gezeigten, kann ich mir nicht vorstellen, dass im normalen Gebrauch, selbst bei harten Arbeiten, eine Bruchgefährdung der klinge vorliegen wird.

Selbst schon bei einer 2 mm Klinge die mit 1.2842 auf gut 63-64 Rockwell gehärtet, sollte man bei richtiger WB keine Probleme haben, wenn man nicht vorsätzlich die angesprochenen Kerben einbaut.

Ich denke dass dieses Thema mit der Biegesteifigkeit und den elastischen sowie plastischen Biegeeigenschaften bezogen aud die reelle Einsatzsituation für die meisten Messer recht überbewertet wird.

Gerade habe ich mit den Amis hierzu Diskussionen, und ich frage die, wozu die ihren ABS Bending test machen. Es scheint das weiß scheinbar nur der liebe Gott, welchen technischen Mehrwert das hat.

Wie viele von euch wissen, mach ich gerne Schneiden und Messer am Limit und hab eine schöne c100 Butcher-Klinge, die ich von rumag geschenkt bekommen habe, im Gebrauch.

Nach dem erneutem härten und dem Anlassen hat die noch problemlos Glas gekratzt, also mal locker über 64HRC die hält die Schneide wie verrückt.
Das finish ist so 400 Körnung und sie hat ca.2,3mm Rücken. Das ist schon ganz schön steif. aber ich kann mir nicht vorstellen dass ich da Probleme beim Arbeiten hätte die aufgrund von Überbelastung zum Bruch führen können. Selbst wenn das gute Stück nur die halbe Klingenstärke hat, habe ich da keine Angst davor.
Siehe hier http://www.messerforum.net/showthread.php?t=84330&highlight=roman

Es gibt natürlich Menschen die mit Messern ein anderes Verhältnis haben und denen "Unzerstörbarkeit" ein wichtiges Kriterium ist. Hier will ich auch gar nicht die Sinnfrage stellen, denn das sind IMHO Ausnahmen.
Dagegen haben wir nette Tricks, wie geeignete Werkstoffe mit dem richtigen C-Gehalt oder anderen goddies (Federwerkstoffe), Materialverdickung an der richtigen Stelle und professionelle Wärmebehandlung.
 
Na da hab ich schon früher mal ein paar Messungen gemacht. aber es ist durchaus zutreffend dass es verschieden harte Gläser gibt, daher nehme ich immer Bierflaschen :D der selben Brauerei..
 
Hallo Roman,
über den Sinn läßt sich natürlich trefflich streiten, frag mal meine Frau...
Aber im Ernst:
Mir geht es eben darum "das Beste" aus dem Werkstoff herauszuholen.
Wenn ich es schaffe eine festere Klinge zu erzeugen, die trotzdem nicht bricht (Eine harte Schneide ist hier ja selbstverständlich) dann habe ich ein objektiv besseres Messer.Oder eben ein Messer in dem mehr Leistungsreserven stecken.
Ich könnte damit mehr Kraft beim Hebeln anwenden ohne Angst des Bruches als mit der alten WB.
Ob man das nutzt oder nicht ist ja erst mal kein Kriterium.
Außerdem erfüllt es mich mit großer Befriedigung, wenn ich bei meinen Messern etwas "noch besser" machen kann.Meistens ist der Weg dahin mit Arbeit und Enttäuschungen verbunden, aber das macht ja den halben Spaß aus.
Den Biegetest halte ich schon für sinnvoll:
Er beweist ja ganz augenscheinlich : Dieses Messer wird auch bei gröbstem Missbrauch nicht brechen und kann wieder gerade gebogen werden.Trotz harter Schneide.
Mir gefällt so was.
Ich möchte aber nicht nur den Bruch vermeiden, sondern dabei gleichzeitig die noch maximal mögliche Festigkeit erzeugen.
Dabei bin ich denke ich einen Schritt weiter gekommen.
Wobei ich natürlich nicht jedes Messer so behandele.
Aber es ist gut zu wissen dass ein Messer im Zweifel nicht bricht.Für mich jedenfalls.

Abgesehen davon:
Ich konnte beim Lösen dieser Frage eine Menge lernen!

Grüße aus Heidelberg!
 
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