optimierte Biegesteifigkeit größerer Klingen

optimierte Elastizität größerer Klingen

.....Nach längerem Grübeln bin ich doch noch auf eine schöne Lösung gekommen. Ich nenne das "doppelt differenzielles Härten".....
1.:
Erst wird die Klinge differenziell abgeschreckt (Teilölbad), und zwar sehr hoch, so dass nur noch etwa 1 cm am Rücken ungehärtet bleiben.
Dieser Streifen ist zwar nicht sehr fest, aber sehr zäh und wird nicht brechen, das ist meine "Bruchsicherheitszone".
2.:
Anlassen der Klinge wie normal (bei mir hier 180°C / 1h).
3.:
Differenzielles Anlassen mit gekühlter Schneide mit dem Brenner auf über 400°C für den Großteil der Klinge, Abschrecken gegen Anlasssprödigkeit. Dadurch wird die Klinge etwas bruchsicherer, bleibt aber ziemlich fest. Sollten hier Fehler auftreten, weil eine genaue Kontrolle der Temperatur ja per Augenschein nicht mehr möglich ist, wird die Klinge durch den schmalen normalisierten Streifen am Rücken sicher vor Bruch bewahrt......
Mit meinen bescheidenen Kenntnissen gefragt: erhält man so von den physikalischen Werten und vom Gefüge her nicht eine Klinge, die nicht fester oder elastischer wäre, als wenn Du das unter Punkt 2) erwähnte differentielle Anlassen weggelassen hättest?

Als Problem sehe ich zudem die von Dir bereits erwähnte Schwierigkeit der Temperaturkontrolle über die Anlassfarben.

Nach etwa 60 Jahren Umgang mit Messern kann ich für mich konstatieren, dass ich erst ein einziges (billiges) Taschenmesser durch falschen Einsatz abgebrochen habe. Das war in meiner Kinderzeit. Für mich bedeutet das, dass Bruchfestigkeit oder Biegesteifigkeit bei 'normalem' Einsatz keine so großen Themen sind, und insofern deckt sich das mit der Aussage von Roman.

Gruß

sanjuro
 
@sanjuro
Eine partiell abgeschreckte Klinge (so hoch wie hier beschrieben) wäre sicher fester, würde aber auch sicher brechen (bis zum weichen Rückenstreifen).
Dann könnte man sie zwar wieder richten, aber der Riss über den Großteil der Klingenbreite wäre doch da.
Durch das partielle Anlassen wird die Klinge (wenn alles richtig gemacht wurde) nicht brechen, höhere Festigkeit aufweisen als ungehärtet, aber natürlich gegenüber dem vollgehärteten Material etwas weniger fest sein.
Ein Riss sollte aber beim Biegen nicht auftreten.
Da ich das aber mit meinen Mitteln nicht 100% ausschließen kann (das ist eine Erfahrung aus meinen Biegetests), mache ich den "Sicherheitsstreifen" am Rücken.So kann ich einen GAU sicher ausschließen
Das ist natürlich ein Kompromiss, aber auf der sicheren Seite.
Ich will eine Klinge die ich wieder richten kann.
Grüße aus Heidelberg!
less
 
Ein Riss sollte aber beim Biegen nicht auftreten

Ist das jetzt nur auf den "weichen Bereich" bezogen?

@ Roman,hast du auch mit Lidel löslichen Kaffe Hausmarkenglas getestet,nehme ich meistens und kommt mir Härter vor als Bierflaschen wo Pfand drauf ist und somit für den Kreislauf eine Schwächung hätte.
Ansonsten nehme ich Aldi Spargelgläser.
 
.....Eine partiell abgeschreckte Klinge (so hoch wie hier beschrieben) wäre sicher fester, würde aber auch sicher brechen (bis zum weichen Rückenstreifen).
Dann könnte man sie zwar wieder richten, aber der Riss über den Großteil der Klingenbreite wäre doch da. Durch das partielle Anlassen wird die Klinge (wenn alles richtig gemacht wurde) nicht brechen, höhere Festigkeit aufweisen als ungehärtet, aber natürlich gegenüber dem vollgehärteten Material etwas weniger fest sein.....
Soweit habe ich das schon verstanden.

Aber meine Frage: '...erhält man so von den physikalischen Werten und vom Gefüge her nicht eine Klinge, die nicht fester oder elastischer wäre, als wenn Du das unter Punkt 2) erwähnte differentielle Anlassen weggelassen hättest?....'

scheint mir damit nicht beantwortet. Die dritte Wärmebehandlung 'überlagert' doch mit ihren Effekten nach meinem Verständnis die durch die zweite WB erzeugten Eigenschaften.

Sehe ich das falsch?

Gruß

sanjuro
 
Hallo sanjuro,
also ich verstehe das im Moment so:

Teilabschrecken:
der abgeschreckte Teil wird gehärtet, der über dem Öl liegende Teil bleibt weich (normalisiert).

Anlassen bei 180°C 1h:
Die Spannungen im gehärteten Teil werden reduziert, es kommt zur normalen Gebrauchshärte.Der ungehärtete Teil bleibt unbeeinflußt.

Differenzielles Anlassen der gesamten Klinge bis auf die im nassen Sand steckende Schneide:
Der gehärtete Teil wird entsprechend der Temperatur weicher werden.Zugfestigkeit sinkt, Zähigkeit steigt. Sonst passiert dort nichts.
Der ungehärtete Klingenrücken bleibt ebenso unverändert.
Die Schneide ist abgedeckt/gekühlt und verändert sich auch nicht.Hier bleibt die Gebrauchshärte bestehen.

Sonst passiert nichts weiter ungewöhnliches oder unverständliches, nur eben mehrere WB-Methoden zusammen.

Wo siehst du etwas "überlagert"?

Grüße aus Heidelberg!
Less
 
....Differenzielles Anlassen der gesamten Klinge bis auf die im nassen Sand steckende Schneide:
Der gehärtete Teil wird entsprechend der Temperatur weicher werden. Zugfestigkeit sinkt, Zähigkeit steigt. Sonst passiert dort nichts. Der ungehärtete Klingenrücken bleibt ebenso unverändert. Die Schneide ist abgedeckt/gekühlt und verändert sich auch nicht.Hier bleibt die Gebrauchshärte bestehen.

Sonst passiert nichts weiter Ungewöhnliches oder Unverständliches, nur eben mehrere WB-Methoden zusammen.

Wo siehst du etwas "überlagert"?....
Vermutlich bin ich nur etwas schwer von Begriff. Ich hatte mich gefragt, was letztlich nach der W-Behandlung 2) an physikalischen Eigenschaften DIESER Behandlung noch übrig blieb, wenn die WB 3) vollzogen wurde.

Oder anders herum gefragt: unterscheiden sich zwei Klingen, wenn eine durch beide WB gegangen ist und die andere nach dem beschriebenen Härtevorgang nur das Anlassen nach WB 3) erfahren hat?

Bei zwei Anlassdurchgängen mit identischen Temperaturen und Haltezeiten verstehe ich, dass es nicht viel Veränderung gibt. Wenn aber die zweite WB mit höheren Temperaturen und stärkerer Exposition der Klinge hinsichtlich der behandelten Fläche durchschritten wird, bleibt nach meinem Dafürhalten von der WB 2) nichts mehr übrig.

Ein Denkfehler bei mir?

Gruß

sanjuro
 
Durch die WB 2 wird (auch) die Schneide auf gebrauchshärte gebracht, die wäre ja sonst nicht angelassen.
Bei der WB 3 wird dann die Schneide geschützt und der Rest vergütet.

Less ich kann sehr gut verstehen was du machst ich hab sehr ähnliche versuche hinter mir. Und ich kann dir sagen, dass du mit der Zeit wirklich einschätzen kannst was du da fabrizierst, besonders wenn du immer die selben Stähle verwendest.

Aber weil ich gemein bin gebe ich dir hier noch mal eine Idee... hehe...

Was wäre wenn du die gesamte Klinge erst ein mal Härtest, dann den Rücken mit Ton einpackst und dann ein zweites mal härtest?
Anlassen muss du dann natürlich auch :steirer: :hehe:


Mach weiter so mir gefällt was du tust.
 
Mahlzeit Hugh
Ja du bist gemein ...:D
Wenn ich deine Idee richtig interpretiere entsteht bei dir eine Klinge mit harter Schneide,weicher Klingenmitte und federharten Rücken ( mit zunehmender Härte Richtung Klingenrücken.
Vorausgesetzt die Tonpackung ist dick und feucht genug und die Haltezeit ist auch relativ kurz.
Lieg ich da richtig oder hab ich einen Denkfehler ?
Gruß Ralf
 
:D
So in etwa.
Ist natürlich alles ein frage der Haltezeiten, die sollten beim zweiten härten möglichst kurz sein.
Außerdem spielt das Material auch eine Rolle, unterschiedliche Stähle wahrscheinlich unterschiedliche Ergebnisse. Aber die dürften nicht all zu weit auseinander liegen, so lange sie nicht überlegiert sind :hehe:

Natürlüch müsste man eine Versuchsreihe starten ;) :hehe: :lach:
 
Und welche Vorteile soll ein federharter Rücken mit weicher Mitte und harter Schneide im Vergleich zu einer Klinge mit weichem Rücken und federharter Mitte wie bei der von less bringen?
 
Naja so wirklich weich wird die Mitte nicht sein nur sehr hoch angelassen, aber wenn man eben wie less auf sehr sehr Zäh steht, dann kann man schon damit spielen.
Aber die frage warum bringt diese oder jenes was?...nun die kann man rund um die Uhr stellen und zu fast jedem Thema. Denn, sein wir mal ehrlich, die meisten Messernutzer merken keinen unterschied ob ein Messer Tiefgekühlt ist oder nicht, oder dass man den extra schritt im Messermachen gegangen ist.
Beim Messermachen geht es für mich einfach um den Spaß an der Freude, denn ich muss bei meiner Sammlung kein Messer mehr machen, um für den Rest meiner neun Katzenleben mit Messern versorgt zu sein.
Spaß und Neugier und es einfach selber machen, das ist bei mir Messermachen.
 
Hallo Roman,
über den Sinn läßt sich natürlich trefflich streiten, frag mal meine Frau...

ACK, deswegen kann man die Sinnfrage auch weglassen. Die Sinnfrage hat sich bei mir nach dem Kauf des ersten Messers ziemlich erledigt.

Mir geht es eben darum "das Beste" aus dem Werkstoff herauszuholen.

Verstanden. Ich frag mich nur was anderes: Wie verhält sichs mit der Reproduzierbarkeit und der Validierung Deiner Härteergebnisse? Ich hab mir jetzt ein paarmal die Beschreibung Deines Verfahrens durchgelesen. Du schreibst ja selbst, Dir gehts darum, mit möglichst einfachen Mitteln zu arbeiten.

Wie überprüfst Du, ob Deine Wärmebehandlung auch das Ergebnis liefert, dass du erwartest? Ist ja wenig sinnvoll, jedes neue Messer zu zerbrechen ;) Wie stellst Du sicher, dass das Ergebnis auch für alle weiteren Messer reproduzierbar das gleiche ist - die Industrie hats da ja bei standardisierten Verfahren leichter? Bzw. runtergerechnet, bringt nicht eine einfachere, leichter reproduzierbare und an Stichproben validierbare Methode im Mittel das sicherere, bessere Ergebnis?

Was Roman schreibt, ist ja nicht von der Hand zu weisen - auch ohne die Sinnfrage zu stellen. Ein - im Rahmen des jeweils möglichen - optimales Ergebnis entsteht ja nicht zwingend dadurch, dass ich in allen Aspekten das optimale versuche, sondern dass man seinen Arbeitsablauf im Griff hat und optimiert. Konkret - einem Messer eines Messermachers oder Herstellers, der seit annodunnemal immer den gleichen Stahl verwendet, den nach immer der gleichen Methode wärmebehandelt - nämlich nach der, die er kennt, im Griff hat und immer sicher reproduzieren kann - traue ich allemal mehr, als irgendwelchen aufwändigen Optimierungsversuchen, die nicht sicher reproduzierbar sind, und auch nicht validiert werden.

Weniger kann halt auch dann mehr sein, wenn man das Optimale rausholen will.

Pitter
 
Hallo Hamurra-e,
danke für die ermutigenden Worte!
Eine Klinge mit einem harten Rücken und trotzdem bruchgehemmt wärmebehandelt hätte schon Vorteile:
Ich habe hier zwei Messer mit einem eigenwilligen Muster am Rücken, das kommt vom Nägeleinschlagen!
Präventiv vorab: Ich weiß das es auch Hämmer gibt die extra für Nägeleinschlagen entwickelt wurden.
Trotzdem sollte ein Messer daran nicht scheitern.Und es kommt eben doch öfter vor dass das spezielle Werkzeug gerade nicht im Rucksack dabei ist.Dann sollte das Messer auch wirklch universell einsetzbar sein.

Aber ich bin ein strikter Ölhärter und habe zuviele schlechte Erfhrungen mit Wasserhärtung gemacht.Mit zunehmender Erfahrung beim Wärmebehandeln ist mir auch klargeworden welche brutalen Kräfte beim differenziellen Härten auftreten.Das will ich so sanft wie möglich hinbekommen.Beim Anlassen gleicht sich das ja nach meinem Empfinden dann vom Effekt her eh ziemlich an.Härtelinien sind mir nicht so wichtig.
Deshalb habe ich mit Packungen keine Erfahrung.

Zusammenfassend ist für mich sehr interessant gewesen wie eng begrenzt meine Fähigkeiten in Wirklichkeit sind.
Ich konnte eben ein bestimmtes Wärmebehandlungsverfahren ziemlich gut und in den Auswirkungen auf das Werkstück zimlich sicher ausführen.
Eine bloße Änderung der üblichen Geometrie oder des Verfahrens und weg ist die scheinbare Sicherheit!

Eine neue WB zu finden mit der ich wirklich sicher bin war wirklich eine langwierige Angelegenheit.

Jetz bleibe ich erst mal bei den beiden Varianten:
differenziell Abschrecken und doppelt differenziell Härten.
Je nach Messer und Laune!

Danke nochmal für die gute Unterstützung auch und gerade für die kritischen Anmerkungen hier aus dem Forum. Nur so kommt man ja weiter.

Euch allen: gutes Gelingen beim Messermachen!

Grüße aus Heidelberg
less
 
@pitter
Das ist natürlich ein wichtiger Punkt, aber die neue WB ist ja gerade ganz einfach umzusetzen, das ist ja das Schöne.
Es bleibt beim normalen differenziellen Abschrecken und Standart-Anlassen.Das ist die übliche WB bei mir.Nur tauche ich die Klinge tiefer ein.

Der einzige zusätzliche Schritt ist das "Vergüten" der Klingenmitte mit dem Brenner.Das ist zumindest für mich kaum ein Zusatzaufwand:
Klinge in den Sand, erwärmen, abschrecken, dann das Ganze nochmal.Das sind etwa 10 min Arbeit.

Und das wars!

Über die Qualitätssicherheit kann ich nur sagen:
Bei den Proben hats gut geklappt, vom Vorgehen her ist es "auf der sicheren Seite".
Und es ist einfach!
Ich halte die Ergenisse für deutlich spürbar: festere Klingen ohne Bruchgefahr, genau was ich gesucht habe.

Natürlich wird sich das Verfahren im Laufe der Zeit beweisen müssen (immer wieder mal Biegetests).Das wird sich dann zeigen.
Für den Moment bin ich jedenfalls sehr überzeugt.

Grüße aus HD!
less
 
Was ich mit auch gut vorstellen könnte ist, dass du die Klinge 1x komplett härtest. Danach nochmal erwärmst und sobald beim zweiten "Härtevorgang" die Schneide wieder auf Härte-Temperatur ist in Öl abschreckst.

Du erhältst somit eine harte Schneide, eine weicheren Rücken und einen zähen Kern - Weil ja die Wärme von außen nach innen wandert.
 
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