Das Techno hat mich nun ein paar Tage begleitet; Zeit, ein kleines Fazit zu ziehen.
Ich hatte das Techno schon mal, habe es allerdings schnell wieder abgegeben, da es mir nicht 100%ig zugesagt hatte.
Im Rahmen des Passarounds wollte ich dem Techno nochmal eine Chance geben. Vielleicht wird es ja doch noch Liebe auf den zweiten Blick?!
Das Techno ist die erste Zusammenarbeit von Spyderco mit dem polnischen Messermacher Marcin Slysz, seine Customversion nennt er "Mouse".
Vergleichsbilder Serie und Custom gibt in einem ukrainischen Messerforum:
http://knifeclub.com.ua/forum/viewtopic.php?f=36&t=27103
Meine westdeutschen Schulrussischstunden sind schon ein paar Jahre her und beschränkten sich auch nur auf die 11. Klasse.
Ich kann also beim besten Willen nicht sagen, wovon die Jungs reden, aber der Begriff Framelock scheint auch in der Ukraine verbreitet zu sein. ;-)
Die technischen Daten:
Gesamtlänge: 15,1 cm
Klingenlänge: 6,5 cm
Klingenstärke: 4,5 mm
Griffdicke: 11,8 mm, Stärke Platinen jeweils 2,8 mm
Stahl: CTS-XHP
Gewicht: 99 g
Herkunft: Taichung, Taiwan
Um es gleich vorweg zu nehmen: das Techno ist wirklich klein, Spyderco nennt diese Art von Messern "little big knives".
Zum Grössenvergleich ein Bild mit zwei anderen bekannten Spydercos.
Die Grifflänge bei dem Trio Dragonfly/Pingo/Techno ist fast identisch, das Techno hat nur ein wenig mehr Klinge, so dass es geöffnet einen Tacken grösser ist.
Das Techno ist somit von den Abmessungen fast identisch zum Leafstorm.
Das Techno war in 2012 ein etwas spezielle Neuheit im Spydercoprogramm. Bis dahin hatte sich Sal Glesser immer geweigert, etwas in Stonewah herauszubringen, da das seiner Ansicht nach unfertig aussieht.
Das Techno ist also das erste Spyderco mit komplettem Stonewash, Klinge und Griff.
Das Stonewash des Griffs finde ich persönlich sehr angenehm, man merkt halt nicht die üblichen leichten Kratzer auf poliertem Titan, dafür sieht so ein Messer ab Werk schon irgendwie gebraucht aus.
Als Befestigungsoption bringt das Techno den von mir geschätzten Drahtclip auch in Stonewash-Finish mit; bauartbedingt sind die Tragemöglichkeiten aber nur rh/lh-tipup.
Die Möglichkeit den Clip auf links zu montieren, hätte sich Spyderco aber auch ganz sparen können, da der Lock das Spydiehole zum großen Teil verdeckt, der Detent recht stramm ist und somit das linkshändige Öffnen nur mit vielen Verrenkungen möglich ist.
Sprich, das Techno ist definitiv nichts für Lefties.
Die Klinge des Passaround-Exemplars kam sauber zentriert und mit einem gleichmässigen Anschliff, da gibt es nichts zu meckern.
Während das Finish des Griffs schon bewusst sehr rustikal ist, ist der Stonewash der Klinge dezenter:
Zum Stahl:
Der CTS-XHP ist ein kleiner Exot im Spydero-Programm, eingeführt wurde er mit Sprint Runs bzw. Dealers Exclusives vom Manix 2, dem Military und der Paramilitary 2.
Im Standardprogramm gibt es ihn neben dem Techno nur noch beim Chaparral 2; das Chaparral 1 soll auch noch umgestellt werden, ich habe allerdings noch kein Exemplar davon zu Gesicht bekommen.
Rick Hinderer nutzt den Stahl bei seinen Customs und auch ein paar Barkies mit dem CTS-XHP sollen schon gesichtet woden sein...
Carpenter Steel vermarktet den CTS-XHP wahlweise als rostträgen D2 oder als höherfesten 440C.
Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, da mein Mule mit diesem Stahl mittlerweile mein Lieblings-Outdoorkochmesser ist.
Die Schnitthaltigkeit ist schon beeindruckend, doch deutlich über dem CPM-S30V.
Aus Altersbequemlichkeit bin ich inzwischen dazu übergegangen, meine Messer nur noch mit dem Sharpmaker in Form zu halten und der CTS-XHP profitiert als einer der wenigen Stähle nicht nur subjektiv von den ultrafeinen Stäben des Sharpmakers; zusammen mit dem ZDP-189 bekomme ich die von mir gewünschte Schärfe nur mit diesen hin.
Bei den anderen Spyderco-Standardstählen wie VG-10, N690Co, S30V oder H1 bewegt sich der Schärfegewinn doch eher im stark subjektiven Bereich.
Der PA-Proband lag auf dem üblichen Schärfeniveau der Spydercos ab Werk, die klassische Unterarm-Rasurschärfe also.
Ob die Vortester nachgeschärft haben, kann ich nicht sagen, aber es sah schon noch nach Werksschliff aus.
Schneiden tut es auch, aber das leider nicht wirklich gut.
Trotz kompletten Flachschliffs spielt hier die beachtliche Klingenstärke von 4,5 mm eine negative Rolle.
In der Küche ist es fast gar nicht zu gebrauchen, das Schneiden von z.B. Karotten artet doch sehr in ein Hacken und Spalten aus.
Genau wie die Customversion hat auch die Serie einen strukturierten Backspacer, in diesem Fall aus blauem G-10.
Der Spacer ist sauber eingelassen, wie auch das gesamte Messer ausnehmend gut verarbeitet ist.
Mir gefällt dieses Designelement nicht so besonders, ein paar schöne Standoffs würden dem Techno besser zu Gesicht stehen, aber das ist wohl Geschmackssache.
Spyderco-untypisch verriegelt der Framelock sehr früh.
Bei so einem kleinen Messer habe ich immer das Problem, dass ich beim einhändigen Schliessen unbewusst gegen den Frame drücke, weil ich nicht so recht weiss wohin mit den Fingerchen, so dass der Lock hakelig wirkt, was er beim zweihändigen Schliessen überhaupt nicht ist.
Kritikpunkte:
Es gibt aus meiner Sicht zwei Dinge zu bemängeln.
Der erste Punkt ist designbedingt, mir erschliesst sich nicht wirklich, für welche Schneidaufgaben eine 4,5 mm starke Klinge mit einer Länge von 6,5 cm geeignet sein soll.
Ein Schneidteufel ist definitiv etwas anderes, für mich persönlich kann ich keinen wirklichen Einsatzzweck finden. Aber gut, man hat ja auch nicht nur sinnvolle Messer...
Der zweite Punkt ist irgendwie auch designbedingt, aber doch etwas kritischer.
Selbst mit meinen kleinen Mädchenhänden und Handschuhgrösse 8,5 finde ich keine wirklich optimale Handhaltung.
Entweder nutze ich die Aussparung für den Framelock, um meinen Ringfinger abzulegen, fühlt sich sicher an, aber dann wird das Techno zu einem drei-Finger-Messer, da der kleine Finger keinen Platz mehr am Griff hat.
Oder ich lege den Mittelfinger in die Aussparung, dann passen alle vier Finger an den Griff, aber mein Ringfinger ist dann bedrohlich nah an der Schneide.
Ist mir persönlich zu unsicher, das war beim Leafstorm schon genauso und das hat mir aus genau diesem Grund auch nicht so zugesagt.
Ich würde liebend gerne bei so einem kleinen Messer die nutzbare Schneidlänge für eine zusätzliche Findermulde an Griff/Klinge aka "Choil" opfern, das ist bei anderen Spydercos besser gelöst.
Mein Fazit:
Auch als ausgewiesener Spydercoholic fällt mir ein zusammenfassendes Fazit zum Techno gar nicht so leicht.
Auf der Habenseite ein wirklich gut verarbeitetes Messerchen mit einem eigenständigen, leicht eigenwilligen Design.
Topmaterialien, dazu ein etwas extravaganter Stahl, das ist normalerweise genau mein Beuteschema.
Demgegenüber wüsste ich nun beim besten Willen nicht, welchen Einsatzzweck das Techno für mich haben sollte.
Das wäre noch nicht das Problem, aber die Negativpunkte wie der knubbelige Griff mit 11,8 mm Dicke, die unsichere, aber gar nicht so unbequeme Handlage sowie mein persönliches Schließproblem mit so kleinen Framelock-Foldern lassen mich dann doch zu dem Schluß kommen, dass das Techno nichts für mich ist.
Das ist natürlich sehr individuell, aber ich kann jedem Techno-Interessenten vor Kauf nur raten, das Messer ausgiebig auszuprobieren.
Spydercos an sich gehören ja nicht undingt zu den schönsten Messern, aber gerade die in-house-Designs zeichnen sich durch eine ausgeprägte Ergonomie aus.
Die Zusammenarbeit von Spyderco mit Messermachern hängt natürlich stark von den entsprechenden Customversionen ab, da gibt es dann sehr ergonomische Ergebnisse wie die Lums, die Wegners oder auch die Ethnic Series von Ed Schempp.
Aber auch leider Exemplare, die ich beim besten Willen nur als unergonomisch bezeichnen kann wie z. B. das D'Alton Holder Toad, das Anso RockLobster oder auch das Wilkins Leafstorm.
Das Techno gehört für mich leider zur letztgenannten Gruppe.
Zum Schluß noch ganz vielen Dank an Spyderco und Keno für die Gelegenheit, das Techno im Rahmen dieses Passarounds etwas ausgiebiger testen zu dürfen.
cheers,
Marcus
Noch ein paar Impressionen zum Abschluß.
Einmal das Techno im geschlossenen Zustand:
Das Logo von Marcin Slysz, Wolverine lässt grüßen :
Gruppenbild mit zwei anderen Titan-Framelock-Foldern: