Rock'n'Roll
MF Ehrenmitglied
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Du, laß dich nicht verhärten
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind, brechen,
die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich.
Wolf Biermann
Moin,
ich hatte mich gerade ausführlich mit dem Thema „Sein oder haben - Und wenn ja, wieviele“ auseinandergesetzt , als die Mail eines Mitforumiten einlief: „Bei selected-knives gibt es das Para 3 in Cruwear … ist für Dich vielleicht interessant.“
Ich habe ihm postwendend meine - messermäßig gesehen - momentane Zurückhaltung zur Kenntnis gegeben … das Ganze mit dem Satz abgeschlossen: „Was aber insgesamt nicht heißt, daß alles morgen nicht schon wieder ganz anders aussieht.
Es sah ganz anders aus. CPM Cru-Wear, Sprint Run, Para Noia :drunk:! Bei selected gab es bereits am anderen Morgen keine mehr, ebensowenig bei lamnia. Ich war also nicht der Einzige. In Holland hab‘ ich dann aber noch ein Exemplar aufgetrieben. Als ich den Händler fragte, ob er auch nach Portugal liefert, fragte er mich, wohin denn da genau. Monte Gordo? Bin ich des Öfteren, meinte er. Wir haben uns dann für das nächste Mal auf einen Espresso verabredet …
Die Para-Meter …
Ich liebe Para Millies, für mich insgesamt ein perfektes Serien-EDC. Nicht so mächtig wie ein Military, das in meiner kleinen Hand leicht überdimensioniert wirkt. Nach einer längeren Zeit des Vergleichens hat sich diese Zuneigung mittlerweile auch auf das Para 3 übertragen, das mir aus der Ferne betrachtet zunächst weniger gut gefallen hatte. Seit ich eins befingern konnte und mir dann anschließend auch eins zugelegt habe, bin ich überzeugt.
Mit seinem Flachschliff, der 3,7-mm-Klinge (distal tapered blade), 30 Grad Gesamtschneidenwinkel, Spyderhole und Compression Lock unterscheidet es sich von einem Para Millie nur dadurch, daß es etwas kleiner ist. Es paßt dennoch gut für einen bequemen Vierfingergriff in meine Hand.
Mit seiner Bedienungsfreundlichkeit - einfach und schnell auf und zu - hat es für mich neben dem Spielfaktor einen sehr guten Gebrauchswert. Die tadellose Verarbeitungsqualität, erstklassige Schärfe ab Werk, bequeme Handlage und die auf Dauer einwandfreie Funktionalität habe ich mittlerweile - wie bereits bei diversen Para Millies - auch beim Para 3 schätzen gelernt.
Erwartungsgemäß ist der Gesamtzustand dieses zweiten Para 3 inklusive Schliff ab Werk exzellent. Einzig der im Vergleich zu einem Para Millie knapp 2 mm kürzere Fingerchoil macht mir bei ernsthaftem Gebrauch Probleme. Ich hatte das schon bei meinem ersten festgestellt und der Problematik abgeholfen. Kann man hier - auch anhand von Bildern (post #5 und #7) - gut nachvollziehen.
Dieses Mal habe ich gleich zu Anfang Hand angelegt und den exponierten „Bubble“ vorn am Fingerchoil mit einer flachovalen Diamantfeile geplättet. Keine große Sache und sehr empfehlenswert. Der Hotspot ist Geschichte. Ferner wurden alle Jimpings und die Innenkanten des Spyderhole etwas entschärft. Was mir die Arbeit mit dem Messerchen angenehmer macht. Die Klinge habe ich diesmal vorher sicherheitshalber abgeklebt.
Wie schon beim ersten Para 3 habe ich den Clip entfernt. Das Kleine läßt sich so prima im Gürtelholster oder schlicht in einer Hosen- oder Jackentasche tragen. Die rauen G10-Schalen habe ich nicht überschliffen. Weil es mich nicht stört, wenn ich das Messer nicht in eine Hosentasche einclippe. Die Handlage bei längerem Gebrauch ist ohne Clip deutlich angenehmer. Eine Verbesserung läßt sich auch schon dadurch erzielen, daß man ihn von Tip Up auf Tip Down ummontiert.
Das Grau des G10 ist deutlich heller als beim Cru-Wear-Para-Millie. Und damit ist die Schmutzempfindlichkeit beachtlich. Am besten läßt man diesem freie Bahn und betrachtet ihn schlicht als Patina oder Gebrauchsnachweis …
CPM Cru-Wear …
Spezieller Kaufgrund für das zweite Para 3 war der Stahl - CPM Cru-Wear - ein Upgrade auf konventionellen Cru-Wear und D2. CPM Cru-Wear und Cru-Wear enthalten die gleichen Legierungsbestandteile. Sie unterscheiden sich dadurch, daß CPM Cru-Wear nicht erschmolzen sondern ein pulvermetallurgischer Stahl ist. Cru steht für Crucible Industries, Wear für Wear Resistant.
D2 aka 1.2379 - C: 1,45-1,6 Cr: 11,0-13,0 Mo: 0,7-1,0 Mn: 0,2-0,6 Si: 0,1-0,6 V: 0,7-1,0
Cru-Wear - C: 1,1 Cr: 7,5 Mo: 1,6 V: 2,4 W: 1,15
CPM Cru-Wear - C: 1,1 Cr: 7,5 Mo: 1,6 V: 2,4 W: 1,15
Das Datenblatt macht zum Stahl folgende Kernaussage:
“Wear Resistance
CPM CRU-WEAR offers better wear resistance than AISI D2, approaching that of AISI M2.
Impact Toughness
CPM CRU-WEAR has much greater toughness than most conventionally made tool steel.
NOTE: Lowering the hardening temperature reduces the grain size and increases toughness.”
Wie die vergleichenden Grafiken und Tabellen ausweisen, übersteigen Wear Resistance und Toughness die Werte des bewährten A2. Die Toughness nähert sich den Werten von CPM 3V.
Meine Erfahrungen mit den Stählen …
Es gibt ja eine unerfreulich große Anzahl von Einflußgrößen auf Leistungsfähigkeit und Beurteilung einer Klinge:
o Schnitthaltigkeit (wie gut und wie lange sie schneidet), ihre Schneidkantenstabilität (Neigung zu Versagen = bending, chipping), die Schärfbarkeit, Korrosionsanfälligkeit …
Grundsätzlich gilt: Je weniger Legierungsbestandteile, desto weniger problematisch und feiner die Struktur (bei hochlegierten Stählen sind pulvermetallurgisch hergestellte im Vorteil). Ferner gilt, Härte und Toughness stehen sich konträr gegenüber. Je härter eine Klinge, umso weniger zäh ist sie in der Regel.
o Wärmebehandlung (je nach Stahl mehr oder weniger sensibel)
o Geometrie (Flach, Hohl, Convex, Scandi, Klingendicke, Gesamtschneidenwinkel)
o Die Größe der Klinge (EDC vs. Haumesser), ihre Verwendung
o Die Schärfe und das Schärfen selbst (manuell vs. maschinell, grobe Schneide vs. fein polierte Schneide)
o Das Schnittgut
o Handlage, Gestaltung des Griffs und Abstand der scharfen Schneide vom Griff
o Handhabung und handhabende Person
o Das Klima (sehr heiß, sehr kalt)
Auf dem Papier sieht das übersichtlich aus. Es gibt von Crucible umfangreiche Datenblätter, die die grundsätzliche Beschaffenheit des jeweiligen Materials abgrenzen. Über die genaue Art der Datenermittlung sind keine Angaben verfügbar. Was die exakte Verläßlichkeit angeht, ist eine gewisse Skepsis nicht unangebracht, der Marketing-Aspekt sollte nicht außer Acht gelassen werden. Man hat einen Anhaltspunkt.
Was die Praxis angeht, sind vergleichende Aussagen zur Leistungsfähigkeit eines für eine Klinge verwendeten Stahls nicht unproblematisch, wie sich den obigen Einflußgrößen leicht entnehmen läßt. Insbesondere, wenn sie auf Tests verschiedener Messer von verschiedenen Herstellern durch verschiedene Personen beruhen.
Es ist also sehr hilfreich, wenn sich diese Problematik eingrenzen läßt. Para-Noia-bedingt stehen mir dazu mittlerweile acht gut vergleichbare Klingen mit verschiedenen Stählen zur Verfügung :
Titan Military: CPM S30V
Military: 52100
Para Millie 2: CPM S110V
Para Millie 2: CPM S30V
Para Millie 2: CPM M4
Para Millie 2: CPM Cru-Wear
Para 3: CPM S30V
Para 3: CPM Cru-Wear
Alle Messer verfügen über die weitgehend gleiche Handlage und eine identische Geometrie (Flachschliff, distal tapered blade, Gesamtschneidenwinkel von knapp 30 Grad und maximale Klingendicke von 3,7 mm …), alle werden in Golden produziert und auch dort wärmebehandelt.
Was den Gebrauch angeht, wurden die Messer über einen längeren Zeitraum am selben Ort unter vergleichbaren Bedingungen von derselben Person genutzt: Bearbeitung von überwiegend anspruchsvollem Schnittgut (Eukalyptus, Pinie, Schilfrohr). Die Klingen wurden auf dieselbe Art und Weise geschärft. Es ließ sich so ein recht gutes Gefühl dafür entwickeln, wie sich die verschiedenen Stähle verhalten. Ob es „einschneidende“ Unterschiede gibt …
Und???
Was den Gebrauch ab Werk - ohne zu schärfen - anbetrifft, gibt es folgende Erkenntnis: S30V wie auch S110V zeigten im Gegensatz zu den anderen Stählen anfänglich Micro-Chipping. Nach dem ersten sorgfältigen manuellen Schärfen ist das Problem allerdings nicht wieder aufgetreten. Bei meinem ersten - häufig gebrauchten - Para Millie S30V aus dem Jahr 2012 erstreckt sich der diesbezügliche Erfahrungszeitraum mittlerweile über 5 Jahre.
Die durch Abziehen erzielbare Schärfe ist nach umfangreichen Direkt-Vergleichen (Papiertest, Rasieren, Holzbearbeitung) gegeneinander bei allen Stählen beeindruckend und gefühlt unterschiedslos gut. Bei der Schneidleistung - also, wie eine Klinge in das Schnittgut eintritt, wie sie abträgt - konnte ich keine belastbaren Unterschiede feststellen. Wie lange sie am Ende die Schärfe hält - nach intensivem Gebrauch sauber Papier schneidet und/oder rasiert - kann ich nicht konkret beurteilen. Es ist mir nicht so wichtig und ich habe mein Hauptaugenmerk nicht darauf gerichtet.
Erforderlichenfalls ziehe ich eine Klinge kurz ab. Was sich bei allen aufgeführten Stählen als unproblematisch erwiesen hat. Und allgemein nicht häufig erforderlich ist. Den größten Gesamt-Test-Aufwand bezüglich Stehvermögen habe ich beim Para Millie S110V betrieben, das mich bezüglich seines Durchhaltevermögens echt beeindruckt hat, wie man hier ausführlich nachlesen kann. Es hat stundenlang starken Beanspruchungen standgehalten, ohne an Schärfe einzubüßen.
Mehrere Stunden Holz in der Weise bearbeiten, wie ich das zu tun pflege, ohne nachschärfen zu müssen, kann man aber durchweg mit allen aufgeführten Klingen. Wer Hardcore will - die Manila-Rope/Card-Board-Fraktion - macht mit S110V sicher nichts verkehrt. Herauszufinden wäre allerdings, wie das mit Carpenters Micro-Melt Maxamet aussieht. Ein Para Millie und ein Para 3 mit diesem „Gebräu“ (1.55 C, 4.75 Cr, 6.00 V, 13.00 W, 10.00 Co) sind noch für dieses Jahr in der Pipeline …
Ich habe keines der Messer auf seine tatsächliche Belastungsgrenze hin überprüft - also nicht kilometerweise Seilchen oder Karton geschnitten. Schon gar keine Dosen geöffnet oder sonstigen Mißbrauch damit getrieben. Bei insgesamt einem EDC dieser Größe angemessenem anspruchsvollem Gebrauch ist meine gewonnene Erkenntnis, daß man ruhigen Gewissens zu irgendeinem der Messer greifen kann, ohne einen Fehler zu machen. Wirklich einschneidende Unterschiede habe ich nicht feststellen können.
Beim lange bewährten 52100 muß man sich darüber im Klaren sein, daß seine Korrosionsanfälligkeit nicht zu unterschätzen ist. Man sollte sich um ihn kümmern, wenn man das Messer lange nicht benutzt und weglegt (leicht einfetten schadet nicht). Auch CPM M4 zeigt zügig Patina, ist aber weniger empfindlich. Meine beiden CPM-Cru-Wear-Klingen zeigen bisher keine Regung.
Was CPM M4 angeht, verweise ich darauf, daß er auch mit filigranerer Geometrie bei meinen Versuchen bisher keine Schwächen gezeigt hat. Das Gayle Bradley hat einen Hohlschliff, Micro-Fase und einen Gesamtschneidenwinkel um die 20 Grad. Ein durchweg überzeugendes Messer.
Das bei S30V und S110V anfänglich aufgetretene Micro-Chipping beunruhigt mich nicht mehr, läßt mich „mental“ aber dennoch 52100, CPM M4 und CPM Cru-Wear bevorzugen. Beziehe ich die Datenblätter von Crucible mit in die Entscheidungsfindung ein und verleihe ihnen Gewicht, ist CPM Cru-Wear seiner Ausgewogenheit wegen von den hier angesprochenen modernen Stählen meine erste Wahl. Zähigkeit steht für mich weit oben auf der Prioritätenskala.
Danke Jens, daß Du mich aufmerksam gemacht hast. Ich hätte es sonst glatt verpennt. Und das wäre alles in allem doch echt ein Jammer …
Spyderco Para 3 CPM Cru-Wear Sprint Gray G10
CPM Cru-Wear - C: 1,1 Cr: 7,5 Mo: 1,6 V: 2,4 W: 1,15
Gesamtlänge: 184 mm
Länge geschlossen: 109 mm
Klinge: Crucible CPM Cru-Wear, Flachschliff, Distal Tapered Blade, 50/50 Choil
Klingenlänge: 75 mm (67 mm davon scharf, die Schneidfase entlang gemessen)
Klingendicke: 3,68 mm
Klingenhöhe: 33 mm max.
Compression Lock
Griffmaterial: Peel-Ply G10, grau, 3,4 mm (zum überwiegenden Teil mit 1,3 mm starken skelettierten Edelstahl-Linern unterlegt)
Griffstärke: 11,2 mm (max. 16,3 mm inkl. Clip)
Griffhöhe: Max. 28 mm
Bronze Washer
Hour Glass Clip: Tip up (rechts und links montierbar)
Fangriemenöse: 6,5 mm
Gewicht: 97 Gramm
Design: Sal & Eric Glesser
Erscheinungsdatum: Oktober 2017
Made in Golden, Colorado
Blende 8 …
Die Jukebox mit Calvin Russell - Keepin‘ the demons down
Para lyzed aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
in dieser harten Zeit.
Die allzu hart sind, brechen,
die allzu spitz sind, stechen
und brechen ab sogleich.
Wolf Biermann
Moin,
ich hatte mich gerade ausführlich mit dem Thema „Sein oder haben - Und wenn ja, wieviele“ auseinandergesetzt , als die Mail eines Mitforumiten einlief: „Bei selected-knives gibt es das Para 3 in Cruwear … ist für Dich vielleicht interessant.“
Ich habe ihm postwendend meine - messermäßig gesehen - momentane Zurückhaltung zur Kenntnis gegeben … das Ganze mit dem Satz abgeschlossen: „Was aber insgesamt nicht heißt, daß alles morgen nicht schon wieder ganz anders aussieht.
Es sah ganz anders aus. CPM Cru-Wear, Sprint Run, Para Noia :drunk:! Bei selected gab es bereits am anderen Morgen keine mehr, ebensowenig bei lamnia. Ich war also nicht der Einzige. In Holland hab‘ ich dann aber noch ein Exemplar aufgetrieben. Als ich den Händler fragte, ob er auch nach Portugal liefert, fragte er mich, wohin denn da genau. Monte Gordo? Bin ich des Öfteren, meinte er. Wir haben uns dann für das nächste Mal auf einen Espresso verabredet …
Die Para-Meter …
Ich liebe Para Millies, für mich insgesamt ein perfektes Serien-EDC. Nicht so mächtig wie ein Military, das in meiner kleinen Hand leicht überdimensioniert wirkt. Nach einer längeren Zeit des Vergleichens hat sich diese Zuneigung mittlerweile auch auf das Para 3 übertragen, das mir aus der Ferne betrachtet zunächst weniger gut gefallen hatte. Seit ich eins befingern konnte und mir dann anschließend auch eins zugelegt habe, bin ich überzeugt.
Mit seinem Flachschliff, der 3,7-mm-Klinge (distal tapered blade), 30 Grad Gesamtschneidenwinkel, Spyderhole und Compression Lock unterscheidet es sich von einem Para Millie nur dadurch, daß es etwas kleiner ist. Es paßt dennoch gut für einen bequemen Vierfingergriff in meine Hand.
Mit seiner Bedienungsfreundlichkeit - einfach und schnell auf und zu - hat es für mich neben dem Spielfaktor einen sehr guten Gebrauchswert. Die tadellose Verarbeitungsqualität, erstklassige Schärfe ab Werk, bequeme Handlage und die auf Dauer einwandfreie Funktionalität habe ich mittlerweile - wie bereits bei diversen Para Millies - auch beim Para 3 schätzen gelernt.
Erwartungsgemäß ist der Gesamtzustand dieses zweiten Para 3 inklusive Schliff ab Werk exzellent. Einzig der im Vergleich zu einem Para Millie knapp 2 mm kürzere Fingerchoil macht mir bei ernsthaftem Gebrauch Probleme. Ich hatte das schon bei meinem ersten festgestellt und der Problematik abgeholfen. Kann man hier - auch anhand von Bildern (post #5 und #7) - gut nachvollziehen.
Dieses Mal habe ich gleich zu Anfang Hand angelegt und den exponierten „Bubble“ vorn am Fingerchoil mit einer flachovalen Diamantfeile geplättet. Keine große Sache und sehr empfehlenswert. Der Hotspot ist Geschichte. Ferner wurden alle Jimpings und die Innenkanten des Spyderhole etwas entschärft. Was mir die Arbeit mit dem Messerchen angenehmer macht. Die Klinge habe ich diesmal vorher sicherheitshalber abgeklebt.
Wie schon beim ersten Para 3 habe ich den Clip entfernt. Das Kleine läßt sich so prima im Gürtelholster oder schlicht in einer Hosen- oder Jackentasche tragen. Die rauen G10-Schalen habe ich nicht überschliffen. Weil es mich nicht stört, wenn ich das Messer nicht in eine Hosentasche einclippe. Die Handlage bei längerem Gebrauch ist ohne Clip deutlich angenehmer. Eine Verbesserung läßt sich auch schon dadurch erzielen, daß man ihn von Tip Up auf Tip Down ummontiert.
Das Grau des G10 ist deutlich heller als beim Cru-Wear-Para-Millie. Und damit ist die Schmutzempfindlichkeit beachtlich. Am besten läßt man diesem freie Bahn und betrachtet ihn schlicht als Patina oder Gebrauchsnachweis …
CPM Cru-Wear …
Spezieller Kaufgrund für das zweite Para 3 war der Stahl - CPM Cru-Wear - ein Upgrade auf konventionellen Cru-Wear und D2. CPM Cru-Wear und Cru-Wear enthalten die gleichen Legierungsbestandteile. Sie unterscheiden sich dadurch, daß CPM Cru-Wear nicht erschmolzen sondern ein pulvermetallurgischer Stahl ist. Cru steht für Crucible Industries, Wear für Wear Resistant.
D2 aka 1.2379 - C: 1,45-1,6 Cr: 11,0-13,0 Mo: 0,7-1,0 Mn: 0,2-0,6 Si: 0,1-0,6 V: 0,7-1,0
Cru-Wear - C: 1,1 Cr: 7,5 Mo: 1,6 V: 2,4 W: 1,15
CPM Cru-Wear - C: 1,1 Cr: 7,5 Mo: 1,6 V: 2,4 W: 1,15
Das Datenblatt macht zum Stahl folgende Kernaussage:
“Wear Resistance
CPM CRU-WEAR offers better wear resistance than AISI D2, approaching that of AISI M2.
Impact Toughness
CPM CRU-WEAR has much greater toughness than most conventionally made tool steel.
NOTE: Lowering the hardening temperature reduces the grain size and increases toughness.”
Wie die vergleichenden Grafiken und Tabellen ausweisen, übersteigen Wear Resistance und Toughness die Werte des bewährten A2. Die Toughness nähert sich den Werten von CPM 3V.
Meine Erfahrungen mit den Stählen …
Es gibt ja eine unerfreulich große Anzahl von Einflußgrößen auf Leistungsfähigkeit und Beurteilung einer Klinge:
o Schnitthaltigkeit (wie gut und wie lange sie schneidet), ihre Schneidkantenstabilität (Neigung zu Versagen = bending, chipping), die Schärfbarkeit, Korrosionsanfälligkeit …
Grundsätzlich gilt: Je weniger Legierungsbestandteile, desto weniger problematisch und feiner die Struktur (bei hochlegierten Stählen sind pulvermetallurgisch hergestellte im Vorteil). Ferner gilt, Härte und Toughness stehen sich konträr gegenüber. Je härter eine Klinge, umso weniger zäh ist sie in der Regel.
o Wärmebehandlung (je nach Stahl mehr oder weniger sensibel)
o Geometrie (Flach, Hohl, Convex, Scandi, Klingendicke, Gesamtschneidenwinkel)
o Die Größe der Klinge (EDC vs. Haumesser), ihre Verwendung
o Die Schärfe und das Schärfen selbst (manuell vs. maschinell, grobe Schneide vs. fein polierte Schneide)
o Das Schnittgut
o Handlage, Gestaltung des Griffs und Abstand der scharfen Schneide vom Griff
o Handhabung und handhabende Person
o Das Klima (sehr heiß, sehr kalt)
Auf dem Papier sieht das übersichtlich aus. Es gibt von Crucible umfangreiche Datenblätter, die die grundsätzliche Beschaffenheit des jeweiligen Materials abgrenzen. Über die genaue Art der Datenermittlung sind keine Angaben verfügbar. Was die exakte Verläßlichkeit angeht, ist eine gewisse Skepsis nicht unangebracht, der Marketing-Aspekt sollte nicht außer Acht gelassen werden. Man hat einen Anhaltspunkt.
Was die Praxis angeht, sind vergleichende Aussagen zur Leistungsfähigkeit eines für eine Klinge verwendeten Stahls nicht unproblematisch, wie sich den obigen Einflußgrößen leicht entnehmen läßt. Insbesondere, wenn sie auf Tests verschiedener Messer von verschiedenen Herstellern durch verschiedene Personen beruhen.
Es ist also sehr hilfreich, wenn sich diese Problematik eingrenzen läßt. Para-Noia-bedingt stehen mir dazu mittlerweile acht gut vergleichbare Klingen mit verschiedenen Stählen zur Verfügung :
Titan Military: CPM S30V
Military: 52100
Para Millie 2: CPM S110V
Para Millie 2: CPM S30V
Para Millie 2: CPM M4
Para Millie 2: CPM Cru-Wear
Para 3: CPM S30V
Para 3: CPM Cru-Wear
Alle Messer verfügen über die weitgehend gleiche Handlage und eine identische Geometrie (Flachschliff, distal tapered blade, Gesamtschneidenwinkel von knapp 30 Grad und maximale Klingendicke von 3,7 mm …), alle werden in Golden produziert und auch dort wärmebehandelt.
Was den Gebrauch angeht, wurden die Messer über einen längeren Zeitraum am selben Ort unter vergleichbaren Bedingungen von derselben Person genutzt: Bearbeitung von überwiegend anspruchsvollem Schnittgut (Eukalyptus, Pinie, Schilfrohr). Die Klingen wurden auf dieselbe Art und Weise geschärft. Es ließ sich so ein recht gutes Gefühl dafür entwickeln, wie sich die verschiedenen Stähle verhalten. Ob es „einschneidende“ Unterschiede gibt …
Und???
Was den Gebrauch ab Werk - ohne zu schärfen - anbetrifft, gibt es folgende Erkenntnis: S30V wie auch S110V zeigten im Gegensatz zu den anderen Stählen anfänglich Micro-Chipping. Nach dem ersten sorgfältigen manuellen Schärfen ist das Problem allerdings nicht wieder aufgetreten. Bei meinem ersten - häufig gebrauchten - Para Millie S30V aus dem Jahr 2012 erstreckt sich der diesbezügliche Erfahrungszeitraum mittlerweile über 5 Jahre.
Die durch Abziehen erzielbare Schärfe ist nach umfangreichen Direkt-Vergleichen (Papiertest, Rasieren, Holzbearbeitung) gegeneinander bei allen Stählen beeindruckend und gefühlt unterschiedslos gut. Bei der Schneidleistung - also, wie eine Klinge in das Schnittgut eintritt, wie sie abträgt - konnte ich keine belastbaren Unterschiede feststellen. Wie lange sie am Ende die Schärfe hält - nach intensivem Gebrauch sauber Papier schneidet und/oder rasiert - kann ich nicht konkret beurteilen. Es ist mir nicht so wichtig und ich habe mein Hauptaugenmerk nicht darauf gerichtet.
Erforderlichenfalls ziehe ich eine Klinge kurz ab. Was sich bei allen aufgeführten Stählen als unproblematisch erwiesen hat. Und allgemein nicht häufig erforderlich ist. Den größten Gesamt-Test-Aufwand bezüglich Stehvermögen habe ich beim Para Millie S110V betrieben, das mich bezüglich seines Durchhaltevermögens echt beeindruckt hat, wie man hier ausführlich nachlesen kann. Es hat stundenlang starken Beanspruchungen standgehalten, ohne an Schärfe einzubüßen.
Mehrere Stunden Holz in der Weise bearbeiten, wie ich das zu tun pflege, ohne nachschärfen zu müssen, kann man aber durchweg mit allen aufgeführten Klingen. Wer Hardcore will - die Manila-Rope/Card-Board-Fraktion - macht mit S110V sicher nichts verkehrt. Herauszufinden wäre allerdings, wie das mit Carpenters Micro-Melt Maxamet aussieht. Ein Para Millie und ein Para 3 mit diesem „Gebräu“ (1.55 C, 4.75 Cr, 6.00 V, 13.00 W, 10.00 Co) sind noch für dieses Jahr in der Pipeline …
Ich habe keines der Messer auf seine tatsächliche Belastungsgrenze hin überprüft - also nicht kilometerweise Seilchen oder Karton geschnitten. Schon gar keine Dosen geöffnet oder sonstigen Mißbrauch damit getrieben. Bei insgesamt einem EDC dieser Größe angemessenem anspruchsvollem Gebrauch ist meine gewonnene Erkenntnis, daß man ruhigen Gewissens zu irgendeinem der Messer greifen kann, ohne einen Fehler zu machen. Wirklich einschneidende Unterschiede habe ich nicht feststellen können.
Beim lange bewährten 52100 muß man sich darüber im Klaren sein, daß seine Korrosionsanfälligkeit nicht zu unterschätzen ist. Man sollte sich um ihn kümmern, wenn man das Messer lange nicht benutzt und weglegt (leicht einfetten schadet nicht). Auch CPM M4 zeigt zügig Patina, ist aber weniger empfindlich. Meine beiden CPM-Cru-Wear-Klingen zeigen bisher keine Regung.
Was CPM M4 angeht, verweise ich darauf, daß er auch mit filigranerer Geometrie bei meinen Versuchen bisher keine Schwächen gezeigt hat. Das Gayle Bradley hat einen Hohlschliff, Micro-Fase und einen Gesamtschneidenwinkel um die 20 Grad. Ein durchweg überzeugendes Messer.
Das bei S30V und S110V anfänglich aufgetretene Micro-Chipping beunruhigt mich nicht mehr, läßt mich „mental“ aber dennoch 52100, CPM M4 und CPM Cru-Wear bevorzugen. Beziehe ich die Datenblätter von Crucible mit in die Entscheidungsfindung ein und verleihe ihnen Gewicht, ist CPM Cru-Wear seiner Ausgewogenheit wegen von den hier angesprochenen modernen Stählen meine erste Wahl. Zähigkeit steht für mich weit oben auf der Prioritätenskala.
Danke Jens, daß Du mich aufmerksam gemacht hast. Ich hätte es sonst glatt verpennt. Und das wäre alles in allem doch echt ein Jammer …
Spyderco Para 3 CPM Cru-Wear Sprint Gray G10
CPM Cru-Wear - C: 1,1 Cr: 7,5 Mo: 1,6 V: 2,4 W: 1,15
Gesamtlänge: 184 mm
Länge geschlossen: 109 mm
Klinge: Crucible CPM Cru-Wear, Flachschliff, Distal Tapered Blade, 50/50 Choil
Klingenlänge: 75 mm (67 mm davon scharf, die Schneidfase entlang gemessen)
Klingendicke: 3,68 mm
Klingenhöhe: 33 mm max.
Compression Lock
Griffmaterial: Peel-Ply G10, grau, 3,4 mm (zum überwiegenden Teil mit 1,3 mm starken skelettierten Edelstahl-Linern unterlegt)
Griffstärke: 11,2 mm (max. 16,3 mm inkl. Clip)
Griffhöhe: Max. 28 mm
Bronze Washer
Hour Glass Clip: Tip up (rechts und links montierbar)
Fangriemenöse: 6,5 mm
Gewicht: 97 Gramm
Design: Sal & Eric Glesser
Erscheinungsdatum: Oktober 2017
Made in Golden, Colorado
Blende 8 …
Die Jukebox mit Calvin Russell - Keepin‘ the demons down
Para lyzed aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
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