güNef
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Servus,
erstmal vielen Dank an Claudia vom Messerkontor für diese Passaroundveranstaltung!
Und darum geht's: Schanz Lucidus II kleines Santoku 12cm mit Wüsteneisenholzgriff
Ich hatte schon, wie einige hier ein paar Messer von Jürgen in der Hand und nehme die Gelegenheit ein weiteres für eine Woche ausführlich ausprobieren zu können, gerne wahr.
Dieses mal handelt es sich um ein kleines Santoku aus der Lucidus II Kleinserie mit einem Griff aus Wüsteneisenholz und dem Hausstahl vom Meister aus Stutensee, Niolox/SB1
Eines vorweg, was die Verarbeitungsqualität und das Finish betrifft, können sich 95% aller Betriebe oder Werkstätten die Kochmesser herstellen eine Scheibe abscheiden.
Der Klingenrücken ist kurz nach dem Griff leicht abgerundet und poliert, der Kehl sauber verschliffen und das Ago großzügig gerundet, angefast und entschärft.
Die Klingenflanken sind sorgfältig und fein geschliffen, fast spiegelnd.
Die Griffschalen und der Stahl bilden ein Ganzes, kein Grat, kein Überstand, kein Nichts. Ein Schneider der so sauber gearbeitete Umrandungen und Kanten mit den Fingerkuppen prüft würde das als perfekt versäubert bezeichnen.
Alles Glatt wie ein Bachkiesel in einer massentauglichen Form und Größe. Es ärgert einem dann über alle Maßen wenn man ein anderes Messer im gehobenen Preissegment in die Hand nimmt und merkt wie sorglos hier oft gefinisht wird. Ich akzeptiere diesbezüglich keine Argumente mehr, von wegen Werkzeugcharakter, Workhorse, nicht bezahlbare Arbeitsschritte, verzichtbares Finish, weil’s eben so gut schneidet, oder was auch immer.
Das es auch anders geht zeigt dieses Schanz der Lucidus-Serie.
Für mich sind und bleiben die Kochmesserkleinserien aus Stutensee die Benchmark für eine Verarbeitung wie ich mir das vorstelle.
Das hätte ich jetzt ein für alle mal (für mich) klargestellt und abgearbeitet.
Geometrie, Schliff und "food realease":
Ich besitze ein Lucidus der ersten Serie, anscheinend mit einem Ausnahmegeometrieverlauf im Segment der universell nutzbaren Allrounder. Hier ist Schneidfähigkeit, Schneidkantenstabilität und Standzeit wie aus einem Guss.
Das kleine Santoku kann da nicht ganz mithalten, was die Schneidfähigkeit betrifft, zumindest das mir vorliegende Testexemplar. Jürgen schleift und schärft zwar mit maschineller Unterstützung, aber es führt immer noch die Hand das Messer, Differenzen sind also möglich. Ich habe beide Messer intensiv miteinander verglichen, das große Gyuto schneidet leichter durch hartes und unnachgiebiges Schnittgut. Im vorderen 1/3 sogar vergleichbar mit den schneidfähigsten Messern die ich habe. Der Geometrieverlauf vom kleinen Santoku gestaltet sich etwas robuster, was die Zahlen an den gleichen Messpunkten bei beiden Messern bestätigen.
Das Santoku wird in Richtung Spitze immer „dicker“, beim Schneiden mit dem Vorderen 1/3 der Klinge merkt man das im Vergleich mit meinem Gyuto deutlich, meine Messdaten belegen das dann auch.
Vor allem im vorderen 1/3 der Klinge wäre weniger mehr gewesen. Das Messer ist rasierscharf bei mir angekommen, die Schneidfasenoberfläche war mit 10 –facher Vergrößerung gleichmässig und als „offen/aggressiv“ zu bezeichnen. Nach der ersten größeren Session (Bambusbrett) hat die Schneide einen Grat gebildet. Hatte ich bis jetzt noch bei keinem Serienschanz. Ich hab deshalb das Santoku sehr sorgfältig auf einem Honyama Naturstein (6000-8000) abgezogen, dann war Ruhe und die Schneidfase etwas feiner.
Hier ein Kehlvergleich mit meinem Schanz Gyuto:
Der eher schwache „food release“ ist der feinen Klingenoberfläche geschuldet und dem völlig planen Flachschliff bis zur Schneidfase. Das sieht man hier schön auf dem Bild.
Im Druckschnitt bleibt die Klinge teilweise in einer Apfelhälfte stecken und saugt das Schnittgut förmlich an.
Im Zugschnitt klappt das zwar besser ist aber immer noch weit vom Optimum entfernt. Nur braucht’s beim Zugschnitt auch etwas Klingenlänge und davon gibt es bei diesem Santoku nicht allzuviel.
Der Stahl ist bekannt, allürenlos, robust und braucht keine Pflege und kann auch mal nass liegenbleiben ohne danach gleich unansehnlich zu sein. Ideal für alle die ein Messer nicht hegen und pflegen wollen, sondern nur damit schneiden und ab und an zum Schärfen geben. Was nicht heißen soll, das Leute wie ich damit nix anfangen können, im Gegenteil ich mag den Stahl, seine Eigenschaften und das was Jürgen daraus macht.
Zahlen und Fakten:
Stahl : 1.4153.03 (Niolox/SB1)
Kohlenstoff: ca. 0,8%; Chrom: ca. 12,7%; Molybdän: ca. 1,1%; Vanadium: ca. 0,9%; Niob: ca. 0,7%
Specs (übernommen vom Messerkontor):
Klingenlänge 12cm
Klingenrückenbreite: 2,50mm
Klingenhöhe: 4,1cm-3,7cm-
Gesamtlänge 24cm
Gewicht: 114g
Rockwellhärte: 61 HRC
Rostfrei
Hier meine Messdaten mit digitalem Messschieber und markierten Messpunkten an der Klinge:
Hier der Balancepunkt:
Griff und Griffmaterial:
Wie oben schon kurz angeschnitten, der Griff liegt perfekt in der Hand, die Maserung ist ansehnlich, es gibt keine Stelle die einem irgendwie stören könnte. Optisch und haptisch traumhaft. Im Vergleich zu dem voluminösen und fast klobigen Griff der ersten Serie, ist dieser schön konturiert und läuft zur Klinge hin immer schmäler aus, was meinem Griffgefühl bei diesem Messer sehr entgegenkommt und natürlich auch optisch anmutiger wirkt und das Santoku wie aus einem Guss erscheinen lässt. Den polierten Pins könnte man ankreiden das sie leicht verkratzen, aber das wäre ja Unfug.
Meine private Meinung zu Holzgriffen (auch stabilisierte) ist geteilt. Wa-Griffe ja, Yo-Griffe nein. Ich hatte ein über Jahre sogar wenig gebrauchtes Schanz-Petty mit Wüsteneisenholzgriff zur Ansicht, die Oberfläche war bereits stumpf und glanzlos, also Spuren der Zeit und von Spülmittel, Schwamm und hartem Wasser. Dazu kommt noch mein Ebenholzgriffschalenfiasko von meinem K-Sabatier 200/8, das hat mich in meiner Ansicht nur bestärkt: Yo-Griffe die abgespült werden, sind mir aus Micarta oder G-10 allemal lieber.
Fazit:
Die punktuelle Kritik an einigen Eigenschaften, sind auf sehr hohem Niveau und überhaupt nur erkennbar, wenn mit den funktionell besten Messern die für Geld und gute Worte zu kaufen sind, verglichen wird und ein Messschieber und eine Lichtlupe Verwendung finden!
Wer eine sehr kleine Santokuform präferiert und ein edel anmutendes und bestens verarbeitetes Messer will ist hier in jedem Fall gut bedient. Die Geometrie ist für ein breites Einsatzspektrum ausgelegt und dürfte 90% aller Käufer zufriedenstellen, die fehlenden 10% die mehr Schneidfreude wollen, weil sie aus Erfahrung wissen, das es noch besser geht, die werden mit der Slim-Line-Serie wohl glücklicher werden.
Umsonst eilt einem Schanz-Messer nicht der Ruf vorraus, eines der besten Kochmesser aus Deutschland zu sein.
Gruß, güNef
erstmal vielen Dank an Claudia vom Messerkontor für diese Passaroundveranstaltung!
Und darum geht's: Schanz Lucidus II kleines Santoku 12cm mit Wüsteneisenholzgriff
Ich hatte schon, wie einige hier ein paar Messer von Jürgen in der Hand und nehme die Gelegenheit ein weiteres für eine Woche ausführlich ausprobieren zu können, gerne wahr.
Dieses mal handelt es sich um ein kleines Santoku aus der Lucidus II Kleinserie mit einem Griff aus Wüsteneisenholz und dem Hausstahl vom Meister aus Stutensee, Niolox/SB1
Eines vorweg, was die Verarbeitungsqualität und das Finish betrifft, können sich 95% aller Betriebe oder Werkstätten die Kochmesser herstellen eine Scheibe abscheiden.
Der Klingenrücken ist kurz nach dem Griff leicht abgerundet und poliert, der Kehl sauber verschliffen und das Ago großzügig gerundet, angefast und entschärft.
Die Klingenflanken sind sorgfältig und fein geschliffen, fast spiegelnd.
Die Griffschalen und der Stahl bilden ein Ganzes, kein Grat, kein Überstand, kein Nichts. Ein Schneider der so sauber gearbeitete Umrandungen und Kanten mit den Fingerkuppen prüft würde das als perfekt versäubert bezeichnen.
Alles Glatt wie ein Bachkiesel in einer massentauglichen Form und Größe. Es ärgert einem dann über alle Maßen wenn man ein anderes Messer im gehobenen Preissegment in die Hand nimmt und merkt wie sorglos hier oft gefinisht wird. Ich akzeptiere diesbezüglich keine Argumente mehr, von wegen Werkzeugcharakter, Workhorse, nicht bezahlbare Arbeitsschritte, verzichtbares Finish, weil’s eben so gut schneidet, oder was auch immer.
Das es auch anders geht zeigt dieses Schanz der Lucidus-Serie.
Für mich sind und bleiben die Kochmesserkleinserien aus Stutensee die Benchmark für eine Verarbeitung wie ich mir das vorstelle.
Das hätte ich jetzt ein für alle mal (für mich) klargestellt und abgearbeitet.
Geometrie, Schliff und "food realease":
Ich besitze ein Lucidus der ersten Serie, anscheinend mit einem Ausnahmegeometrieverlauf im Segment der universell nutzbaren Allrounder. Hier ist Schneidfähigkeit, Schneidkantenstabilität und Standzeit wie aus einem Guss.
Das kleine Santoku kann da nicht ganz mithalten, was die Schneidfähigkeit betrifft, zumindest das mir vorliegende Testexemplar. Jürgen schleift und schärft zwar mit maschineller Unterstützung, aber es führt immer noch die Hand das Messer, Differenzen sind also möglich. Ich habe beide Messer intensiv miteinander verglichen, das große Gyuto schneidet leichter durch hartes und unnachgiebiges Schnittgut. Im vorderen 1/3 sogar vergleichbar mit den schneidfähigsten Messern die ich habe. Der Geometrieverlauf vom kleinen Santoku gestaltet sich etwas robuster, was die Zahlen an den gleichen Messpunkten bei beiden Messern bestätigen.
Das Santoku wird in Richtung Spitze immer „dicker“, beim Schneiden mit dem Vorderen 1/3 der Klinge merkt man das im Vergleich mit meinem Gyuto deutlich, meine Messdaten belegen das dann auch.
Vor allem im vorderen 1/3 der Klinge wäre weniger mehr gewesen. Das Messer ist rasierscharf bei mir angekommen, die Schneidfasenoberfläche war mit 10 –facher Vergrößerung gleichmässig und als „offen/aggressiv“ zu bezeichnen. Nach der ersten größeren Session (Bambusbrett) hat die Schneide einen Grat gebildet. Hatte ich bis jetzt noch bei keinem Serienschanz. Ich hab deshalb das Santoku sehr sorgfältig auf einem Honyama Naturstein (6000-8000) abgezogen, dann war Ruhe und die Schneidfase etwas feiner.
Hier ein Kehlvergleich mit meinem Schanz Gyuto:
Der eher schwache „food release“ ist der feinen Klingenoberfläche geschuldet und dem völlig planen Flachschliff bis zur Schneidfase. Das sieht man hier schön auf dem Bild.
Im Druckschnitt bleibt die Klinge teilweise in einer Apfelhälfte stecken und saugt das Schnittgut förmlich an.
Im Zugschnitt klappt das zwar besser ist aber immer noch weit vom Optimum entfernt. Nur braucht’s beim Zugschnitt auch etwas Klingenlänge und davon gibt es bei diesem Santoku nicht allzuviel.
Der Stahl ist bekannt, allürenlos, robust und braucht keine Pflege und kann auch mal nass liegenbleiben ohne danach gleich unansehnlich zu sein. Ideal für alle die ein Messer nicht hegen und pflegen wollen, sondern nur damit schneiden und ab und an zum Schärfen geben. Was nicht heißen soll, das Leute wie ich damit nix anfangen können, im Gegenteil ich mag den Stahl, seine Eigenschaften und das was Jürgen daraus macht.
Zahlen und Fakten:
Stahl : 1.4153.03 (Niolox/SB1)
Kohlenstoff: ca. 0,8%; Chrom: ca. 12,7%; Molybdän: ca. 1,1%; Vanadium: ca. 0,9%; Niob: ca. 0,7%
Specs (übernommen vom Messerkontor):
Klingenlänge 12cm
Klingenrückenbreite: 2,50mm
Klingenhöhe: 4,1cm-3,7cm-
Gesamtlänge 24cm
Gewicht: 114g
Rockwellhärte: 61 HRC
Rostfrei
Hier meine Messdaten mit digitalem Messschieber und markierten Messpunkten an der Klinge:
Hier der Balancepunkt:
Griff und Griffmaterial:
Wie oben schon kurz angeschnitten, der Griff liegt perfekt in der Hand, die Maserung ist ansehnlich, es gibt keine Stelle die einem irgendwie stören könnte. Optisch und haptisch traumhaft. Im Vergleich zu dem voluminösen und fast klobigen Griff der ersten Serie, ist dieser schön konturiert und läuft zur Klinge hin immer schmäler aus, was meinem Griffgefühl bei diesem Messer sehr entgegenkommt und natürlich auch optisch anmutiger wirkt und das Santoku wie aus einem Guss erscheinen lässt. Den polierten Pins könnte man ankreiden das sie leicht verkratzen, aber das wäre ja Unfug.
Meine private Meinung zu Holzgriffen (auch stabilisierte) ist geteilt. Wa-Griffe ja, Yo-Griffe nein. Ich hatte ein über Jahre sogar wenig gebrauchtes Schanz-Petty mit Wüsteneisenholzgriff zur Ansicht, die Oberfläche war bereits stumpf und glanzlos, also Spuren der Zeit und von Spülmittel, Schwamm und hartem Wasser. Dazu kommt noch mein Ebenholzgriffschalenfiasko von meinem K-Sabatier 200/8, das hat mich in meiner Ansicht nur bestärkt: Yo-Griffe die abgespült werden, sind mir aus Micarta oder G-10 allemal lieber.
Fazit:
Die punktuelle Kritik an einigen Eigenschaften, sind auf sehr hohem Niveau und überhaupt nur erkennbar, wenn mit den funktionell besten Messern die für Geld und gute Worte zu kaufen sind, verglichen wird und ein Messschieber und eine Lichtlupe Verwendung finden!
Wer eine sehr kleine Santokuform präferiert und ein edel anmutendes und bestens verarbeitetes Messer will ist hier in jedem Fall gut bedient. Die Geometrie ist für ein breites Einsatzspektrum ausgelegt und dürfte 90% aller Käufer zufriedenstellen, die fehlenden 10% die mehr Schneidfreude wollen, weil sie aus Erfahrung wissen, das es noch besser geht, die werden mit der Slim-Line-Serie wohl glücklicher werden.
Umsonst eilt einem Schanz-Messer nicht der Ruf vorraus, eines der besten Kochmesser aus Deutschland zu sein.
Gruß, güNef