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Boas,
im Rahmen meiner Beschäftigung mit dem Thema „Convex vs. Scandi“ einerseits und der großen Schneidfreude mit dem lütten Lil‘ Nilakka auf der anderen, rückte ein Auslaufmodell in den Fokus - Pekkas Folding Pocket Puukko Spyderco Nilakka. Für manche Dinge ist es ja nie zu spät. Und nach einiger Sucherei wurde ich fündig. Dazu zu einem attraktiven Preis …
Pitter hat das Puukko hier im Forum 2012 ausführlich besprochen, auseinandergenommen und abfotografiert. Es war die Ursprungsversion mit einem auf Null durchgeschliffenen Scandi, die bei einigen Usern wegen der filigranen Geometrie und dem verwendeten CPM S30V zu Mikroausbrüchen geführt hatte. Mehrere Fragen taten sich auf. Im wesentlichen diese beiden:
Was wäre mit der Klingenstabilität, wenn man eine Mikrofase anbringen würde?
Warum eine so dicke Klinge (4,5 mm) bei derart filigraner Schneidengeometrie?
Dazu ein paar Überlegungen …
Warum sieht das Nilakka aus, wie es aussieht?
Pekka Tuominen wollte ein klassisch finnisches Puukko in einem Folder abbilden. Dazu gehört zunächst eine gestreckte Klinge mit geradem Rücken und ein rhombischer Klingenquerschnitt. Will man eine Messergröße in Anlehnung an ein Para Military, was die Länge und Griffhöhe angeht, gelangt man in etwa zu der bei meinem Nilakka anliegenden Klingenhöhe von 24,5 mm. Und damit ist die Klingendicke bereits weitgehend definiert. Wenn man einen bestimmten Mindest-Gesamtschneidenwinkel nicht unterschreiten will.
Nach Roman Landes liegt ein solcher noch verwendbarer bei etwa 10 Grad. Bei geeignetem Stahl wohlgemerkt. Wenn wir mal nachrechnen, ergibt sich das Folgende:
Exkurs Ermittlung Gesamtschneidenwinkel
Markus hatte damals in Pitters Review den Kosinus ins Gespräch gebracht. Da das ein sehr feines Mittel ist, den Gesamtschneidenwinkel einer auf Null geschliffenen Klinge rechnerisch exakt zu ermitteln, habe ich in einem Online-Mathekurs eine Anleihe genommen und stelle die Vorgehensweise hier einmal kurz vor.
Bei unserem Ursprungs-Nilakka sei der Gesamtschneidenwinkel γ. Die beiden Klingenflanken sind a und b. Setzen wir die Daten in die Formel ein, erhalten wir folgendes Ergebnis:
Cos γ = ( (24,5² + 24,5² - 4,5²) / 2x24,5x24,5 )
Cos γ = (600,25 + 600,25 - 20,25) / 1.200,5
Cos γ = 1.180,25 / 1.200,5 = 0,9831320283
Den Arccos ermitteln wir anhand eines Rechners, den wir hier finden. Wichtig ist dabei, das Komma durch einen Punkt zu ersetzen. Sonst rechnet der Rechner nicht …
Arccos 0.9831320283 = 10,53856385 Grad
Will man also überhaupt noch eine Chance haben, mit dem Nilakka schneiden zu können, darf die Klinge bei der vorgegebenen Klingenhöhe nicht dünner sein. Bei einer Klingendicke von 3 mm landen wir bei etwa 7 Grad, bei einer Halbierung der Klingenhöhe bei rund 20 Grad.
Das gilt für das Ursprungs-Nilakka (Scandi auf Null). Mein Exemplar hat bereits die Klinge mit Mikrofase, zu der Spyderco sich nach reichlich Spektakel durchgerungen hat. Und damit die ganze Angelegenheit anders zu betrachten ist. Die Klinge könnte dünner sein, die angelegte Mikrofase sorgt für den gewünschten bzw. erforderlichen Gesamtschneidenwinkel. Er beträgt bei meinem Exemplar 30 Grad. Damit sollte Ruhe sein. Hinter der Wate sehen wir mit 0,35 mm deutlich weniger als z.B. bei einem Para Military (0,55 bis 0,7 mm).
Ich habe dann mal nicht lange gefackelt und mir ein paar gut abgehangene und in der prallen Sonne gedörrte Eukalyptus-Hölzchen geschnappt. Rinde runtergeknuspert, abgehoben, weggeschnitten, abgelängt, kleine harte Verästelungen scheibchenweise weggehobelt. Das Übliche halt …
Das Ergebnis ist zufriedenstellend. Unter dem Lichtmikroskop zeigen sich nach gut zwei Stunden solider Beanspruchung am Werksanschliff so gut wie keine Mangelerscheinungen.
Um in meinem Sinne - einer Optimierung der Schneide und des Winkels - fortzufahren, habe ich dann die Klinge ein paar Züge über den Sinter laufen lassen. Das folgende Bild zeigt die Sensibilität des spröden CPM S30V. Die Fetzen fliegen (bei 500facher Vergrößerung). Die im Anschluß folgende Mikro-Mesh-Palette hat dann wieder für Ordnung an der Schneidenspitze gesorgt.
Mein Ziel ist ein Gesamtschneidenwinkel von 20 Grad, den S30V verkraften kann, was ich aus längerer Erfahrung mit meinem ersten Para Military beurteilen kann. Denn die Performance des Nilakka ist mit den 30 Grad noch nicht so überragend, wie ich mir das wünsche. Folglich wird es irgendwann durch konsequentes Stroppen eine Scandi-Klinge mit balliger Fase und Gesamtschneidenwinkel 20 Grad haben …
Damit wären die beiden eingangs gestellten Fragen beantwortet.
Und ansonsten?
Das Nilakka kommt insgesamt gewohnt exzellent aus Taiwan. Die strukturierte Oberfläche der G10-Griffschalen ist überschliffen (bead blasted), so daß es sicher in der Hand liegt ohne dabei unangenehm zu wirken. Um dem Stil eines finnischen Puukko gerecht zu werden, sind die Griffschalen rhombisch angelegt. Bei der Klinge hat man sich ja (wohl aus produktionstechnischen Gründen) zu einem durchgehenden Flachschliff entschlossen.
Bei einer rhombischen Klinge käme man auch mit dem Spyderhole sehr nah an die Schneide. Zudem müßte dann der Ausschnitt zum Entriegeln des Liners noch weiter ausgelegt sein. Das würde wohl nichts …
Was das Entriegeln angeht, ist massig Platz. Auch für Handschuh-Träger und Grobmotoriker. Der Ausschnitt des Liners macht einen schönen Bogen, so daß er nicht sichtbar ist. Die Oberfläche des Liners ist sehr fein überschliffen, was ihm einen edlen Anstrich verleiht. Nichts hakt, nichts klemmt. Die Klinge ist perfekt zentriert.
Der Klingengang exzellent. An den Spaltmaßen gibt es nichts zu mäkeln. Das schmale Ricasso verläuft schräg von oben auf den Griff zu und läßt so etwas Raum für eine kleine Schleifkerbe.
Die Liner und der satte Backspacer aus Edelstahl rostfrei verleihen dem Messerchen ein respektables Gewicht von 144 Gramm (Large Regular Sebenza 136 Gramm, Hasenfuß SBH 142 Gramm). Was im Zusammenspiel mit der 4,5-mm-Klinge den Eindruck eines soliden Klappers vermittelt. Dem er jetzt in Verbindung mit der angepaßten Klingengeometrie auch gerecht wird.
Alles in allem ein erfreuliches Messer und ein guter Deal !!! Nur für die Stahlwahl soll der Leibhaftige mal bei Spyderco reinschauen ...
Spyderco Folding Pocket Puukko Nilakka
Crucible CPM S30V - C: 1,45-1,46 Cr: 14,00 Mo: 2,00 Mn: 0,50 Si: 0,50 N: 0,10 V: 4,00 W: 0,10-0,40
Gesamtlänge: 207 mm
Länge geschlossen: 117 mm
Klinge: Crucible CPM S30V, Scandi mit Microfase, Distal Tapered Blade, Swedge über 2/3 der Klinge
Klingenlänge: 89 mm (85 mm davon scharf, die Schneidfase entlang gemessen)
Klingendicke: 4,5 mm
Klingenhöhe: 24,5 mm max. am Ricasso
Liner Lock
Griffmaterial: G10 braun, rhombischer Querschnitt (mit 1,3 mm starken skelettierten Edelstahl-Linern unterlegt)
Griffstärke: 18,55 mm (max. 21,4 mm inkl. Clip)
Griffhöhe: 26,5 mm
Bronze Washer
Edelstahl-Backspacer über die halbe Grifflänge
Metall-Clip: Tip up (rechts)
Spyderhole 9 mm
Ohne Fangriemenöse
Gewicht: 144 Gramm
Design: Pekka Tuominen
Erscheinungsdatum: 2012
Made in Taichung Taiwan
Das Nilakka im Ganzen
Die Jukebox mit Pistepirkko - "Rat King"
Aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
im Rahmen meiner Beschäftigung mit dem Thema „Convex vs. Scandi“ einerseits und der großen Schneidfreude mit dem lütten Lil‘ Nilakka auf der anderen, rückte ein Auslaufmodell in den Fokus - Pekkas Folding Pocket Puukko Spyderco Nilakka. Für manche Dinge ist es ja nie zu spät. Und nach einiger Sucherei wurde ich fündig. Dazu zu einem attraktiven Preis …
Pitter hat das Puukko hier im Forum 2012 ausführlich besprochen, auseinandergenommen und abfotografiert. Es war die Ursprungsversion mit einem auf Null durchgeschliffenen Scandi, die bei einigen Usern wegen der filigranen Geometrie und dem verwendeten CPM S30V zu Mikroausbrüchen geführt hatte. Mehrere Fragen taten sich auf. Im wesentlichen diese beiden:
Was wäre mit der Klingenstabilität, wenn man eine Mikrofase anbringen würde?
Warum eine so dicke Klinge (4,5 mm) bei derart filigraner Schneidengeometrie?
Dazu ein paar Überlegungen …
Warum sieht das Nilakka aus, wie es aussieht?
Pekka Tuominen wollte ein klassisch finnisches Puukko in einem Folder abbilden. Dazu gehört zunächst eine gestreckte Klinge mit geradem Rücken und ein rhombischer Klingenquerschnitt. Will man eine Messergröße in Anlehnung an ein Para Military, was die Länge und Griffhöhe angeht, gelangt man in etwa zu der bei meinem Nilakka anliegenden Klingenhöhe von 24,5 mm. Und damit ist die Klingendicke bereits weitgehend definiert. Wenn man einen bestimmten Mindest-Gesamtschneidenwinkel nicht unterschreiten will.
Nach Roman Landes liegt ein solcher noch verwendbarer bei etwa 10 Grad. Bei geeignetem Stahl wohlgemerkt. Wenn wir mal nachrechnen, ergibt sich das Folgende:
Exkurs Ermittlung Gesamtschneidenwinkel
Markus hatte damals in Pitters Review den Kosinus ins Gespräch gebracht. Da das ein sehr feines Mittel ist, den Gesamtschneidenwinkel einer auf Null geschliffenen Klinge rechnerisch exakt zu ermitteln, habe ich in einem Online-Mathekurs eine Anleihe genommen und stelle die Vorgehensweise hier einmal kurz vor.
Bei unserem Ursprungs-Nilakka sei der Gesamtschneidenwinkel γ. Die beiden Klingenflanken sind a und b. Setzen wir die Daten in die Formel ein, erhalten wir folgendes Ergebnis:
Cos γ = ( (24,5² + 24,5² - 4,5²) / 2x24,5x24,5 )
Cos γ = (600,25 + 600,25 - 20,25) / 1.200,5
Cos γ = 1.180,25 / 1.200,5 = 0,9831320283
Den Arccos ermitteln wir anhand eines Rechners, den wir hier finden. Wichtig ist dabei, das Komma durch einen Punkt zu ersetzen. Sonst rechnet der Rechner nicht …
Arccos 0.9831320283 = 10,53856385 Grad
Will man also überhaupt noch eine Chance haben, mit dem Nilakka schneiden zu können, darf die Klinge bei der vorgegebenen Klingenhöhe nicht dünner sein. Bei einer Klingendicke von 3 mm landen wir bei etwa 7 Grad, bei einer Halbierung der Klingenhöhe bei rund 20 Grad.
Das gilt für das Ursprungs-Nilakka (Scandi auf Null). Mein Exemplar hat bereits die Klinge mit Mikrofase, zu der Spyderco sich nach reichlich Spektakel durchgerungen hat. Und damit die ganze Angelegenheit anders zu betrachten ist. Die Klinge könnte dünner sein, die angelegte Mikrofase sorgt für den gewünschten bzw. erforderlichen Gesamtschneidenwinkel. Er beträgt bei meinem Exemplar 30 Grad. Damit sollte Ruhe sein. Hinter der Wate sehen wir mit 0,35 mm deutlich weniger als z.B. bei einem Para Military (0,55 bis 0,7 mm).
Ich habe dann mal nicht lange gefackelt und mir ein paar gut abgehangene und in der prallen Sonne gedörrte Eukalyptus-Hölzchen geschnappt. Rinde runtergeknuspert, abgehoben, weggeschnitten, abgelängt, kleine harte Verästelungen scheibchenweise weggehobelt. Das Übliche halt …
Das Ergebnis ist zufriedenstellend. Unter dem Lichtmikroskop zeigen sich nach gut zwei Stunden solider Beanspruchung am Werksanschliff so gut wie keine Mangelerscheinungen.
Um in meinem Sinne - einer Optimierung der Schneide und des Winkels - fortzufahren, habe ich dann die Klinge ein paar Züge über den Sinter laufen lassen. Das folgende Bild zeigt die Sensibilität des spröden CPM S30V. Die Fetzen fliegen (bei 500facher Vergrößerung). Die im Anschluß folgende Mikro-Mesh-Palette hat dann wieder für Ordnung an der Schneidenspitze gesorgt.
Mein Ziel ist ein Gesamtschneidenwinkel von 20 Grad, den S30V verkraften kann, was ich aus längerer Erfahrung mit meinem ersten Para Military beurteilen kann. Denn die Performance des Nilakka ist mit den 30 Grad noch nicht so überragend, wie ich mir das wünsche. Folglich wird es irgendwann durch konsequentes Stroppen eine Scandi-Klinge mit balliger Fase und Gesamtschneidenwinkel 20 Grad haben …
Damit wären die beiden eingangs gestellten Fragen beantwortet.
Und ansonsten?
Das Nilakka kommt insgesamt gewohnt exzellent aus Taiwan. Die strukturierte Oberfläche der G10-Griffschalen ist überschliffen (bead blasted), so daß es sicher in der Hand liegt ohne dabei unangenehm zu wirken. Um dem Stil eines finnischen Puukko gerecht zu werden, sind die Griffschalen rhombisch angelegt. Bei der Klinge hat man sich ja (wohl aus produktionstechnischen Gründen) zu einem durchgehenden Flachschliff entschlossen.
Bei einer rhombischen Klinge käme man auch mit dem Spyderhole sehr nah an die Schneide. Zudem müßte dann der Ausschnitt zum Entriegeln des Liners noch weiter ausgelegt sein. Das würde wohl nichts …
Was das Entriegeln angeht, ist massig Platz. Auch für Handschuh-Träger und Grobmotoriker. Der Ausschnitt des Liners macht einen schönen Bogen, so daß er nicht sichtbar ist. Die Oberfläche des Liners ist sehr fein überschliffen, was ihm einen edlen Anstrich verleiht. Nichts hakt, nichts klemmt. Die Klinge ist perfekt zentriert.
Der Klingengang exzellent. An den Spaltmaßen gibt es nichts zu mäkeln. Das schmale Ricasso verläuft schräg von oben auf den Griff zu und läßt so etwas Raum für eine kleine Schleifkerbe.
Die Liner und der satte Backspacer aus Edelstahl rostfrei verleihen dem Messerchen ein respektables Gewicht von 144 Gramm (Large Regular Sebenza 136 Gramm, Hasenfuß SBH 142 Gramm). Was im Zusammenspiel mit der 4,5-mm-Klinge den Eindruck eines soliden Klappers vermittelt. Dem er jetzt in Verbindung mit der angepaßten Klingengeometrie auch gerecht wird.
Alles in allem ein erfreuliches Messer und ein guter Deal !!! Nur für die Stahlwahl soll der Leibhaftige mal bei Spyderco reinschauen ...
Spyderco Folding Pocket Puukko Nilakka
Crucible CPM S30V - C: 1,45-1,46 Cr: 14,00 Mo: 2,00 Mn: 0,50 Si: 0,50 N: 0,10 V: 4,00 W: 0,10-0,40
Gesamtlänge: 207 mm
Länge geschlossen: 117 mm
Klinge: Crucible CPM S30V, Scandi mit Microfase, Distal Tapered Blade, Swedge über 2/3 der Klinge
Klingenlänge: 89 mm (85 mm davon scharf, die Schneidfase entlang gemessen)
Klingendicke: 4,5 mm
Klingenhöhe: 24,5 mm max. am Ricasso
Liner Lock
Griffmaterial: G10 braun, rhombischer Querschnitt (mit 1,3 mm starken skelettierten Edelstahl-Linern unterlegt)
Griffstärke: 18,55 mm (max. 21,4 mm inkl. Clip)
Griffhöhe: 26,5 mm
Bronze Washer
Edelstahl-Backspacer über die halbe Grifflänge
Metall-Clip: Tip up (rechts)
Spyderhole 9 mm
Ohne Fangriemenöse
Gewicht: 144 Gramm
Design: Pekka Tuominen
Erscheinungsdatum: 2012
Made in Taichung Taiwan
Das Nilakka im Ganzen
Die Jukebox mit Pistepirkko - "Rat King"
Aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
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