Puddeleisen 100% bestimmen!

Torsten Pohl

Mitglied
Beiträge
2.452
Genau das Problem hab ich im Moment.
Meine Materialsammelwut hat mich in den Besitz uralter Mauerhaken, landwirtschaftlicher Gerätchaften, beschläge etc., sowie etlichen min 100Jahre alten Erdnägel etc. gebracht,
Eigentlich würde ich drauf schwören das das genau das richtige Material ist, besonders die Erdnägel haben gestauchte Köpfe sind unbehandelt und haben sicher mehr wie 60Jahre im Boden gesteckt ohne großartig zu rosten, bis der bagger kam und sie wieder ans Licht holte.

Flextest lässt kaum funken zu, härten praktisch nicht möglich also sehr wenig C, angeätzt zeigen sich Schlackeeinschlüsse und allerlei weitere Verunreinigungen Poren etc.

Langt das als Kriterium um mit 100% Sicherheit zu behaupten das es sich um Puddeleisen handelt??

Tschau Torsten
 
Nein. Versuche mal, etwas über den Puddelprozess herauszufinden und Du wirst sehen, dass es sich wahrscheinlich bei einem Teil Deiner Sammlung eher um Renneisen als um Puddeleisen handelt.
 
hallo torsten,

probier mal das:

flex ein stück flachmaterial zu etwa 5/6 durch und brich dann ab- wenn der bruch faserig ist, hast du sehr wahrscheinlich puddeleisen,
wenn er körnig aussieht, ist es wohl was anderes.

gerhard
 
Tja, das gleiche Problem habe ich auch öfter.
Letzten Samstag habe ich mit einer alten Wagenachse von unklarer Herkunft beschäftigt.

Der Bruch war extrem grobkörnig. Richtig große Metall "Kristalle" von etwa 0,5 -1mm Größe.
Beim Anätzen zeigte sich etwa folgendes Bild im Querschnitt:

GGGGGGGGGGGGGGGG
GGGGGGGGGGGGGGGG -grau
DDDDDDDDDDDDDDDD
DDDDDDDDDDDDDDDD -dunkler
GGGGGGGGGGGGGGGG
GGGGGGGGGGGGGGGG -grau
DDDDDDDDDDDDDDDD
DDDDDDDDDDDDDDDD -dunkler
GGGGGGGGGGGGGGGG -grau
<- ca.34mm ->

mit leichten Schlackeeinschlüssen zwischen den Schichten.
Das stellt sich auch die Frage, ob das Puddeleisen ist, welches aus verschiedenen Strängen zusammengegärbt wurde, oder ob das moderneres Eisen ist.
Wenn jemand das analysieren will/kann und Bedarf hat, kann derjenige gerne so 3-4kg abhaben.
Grüße, Hartzahn
 
Hm

das beste was ich bisher darüber gefunden habe ist:

http://de.wikipedia.org/wiki/Puddelverfahren

@gerhard das werd ich mal machen und versuchen das Ergebniss zu knipsen.

@Achim

was sich für mich bisher rausgestelt hat ist das Puddekeisen schon wegen der relativ kleinen Chargen wohl nicht mehr so verbreitet ist.
Zu Hochzeiten des Puddeleisens ,als preiswerter Massenstahl gedacht sah das wohl anders aus.
Was waren damals die häufigsten Verwendungszwecke dafür?
Die Nichthärtbarkeit meiner "Nägel" ist ja eigentlich schon ein Ausschlußkriterium.
Im Netz gefundene Verwendungszwecke wie Eifelturm, engl. Schiffsbau etc. kann ja nicht alles gewesen sein.

Tschau Torsten
 
Wenn man sich mal die Menge an Brücken, Gebäuden und architektonischen Bauelementen anschaut, die ähnlich wie der Eiffelturm konstruiert wurden, so ging da schon eine Masse Material bei drauf. Für den Schiffsbau sieht es ebenso aus. Man darf nie vergessen, dass die hergestellten mengen in dem Verfahren wesentlich kleiner waren, als die, die später in geschmolzenem Stahl hergestellt wurden.

Und wenn man sich vorstellt, dass der Eiffelturm alleine 10.000 t wiegt und in einem Puddelverfahren in etwa 24 Stunden maximal 250 bis 300 kg Stahl gemacht werden konnten, erkennt man ganz gut die Dimensionen.

Achim
 
Sehr interessant finde ich den folgenden Link zum Thema Puddeleisen

http://www.max-winter.org/htm/1900_08.htm

Auf der Seite etwa 2/3 runter. Da fängt die Beschreibung "Die Puddelhütte" an. Aus dem Jahr 1901 und sehr anschaulich auch beschrieben, wie anstrengend und ungesund die Arbeit war. (Was haben die Leute früher ausgehalten? Wahnsinn!)
Nach dem lesen von dem Ding ist man bestimmt noch ehrfürchtiger im Umgang und in der Anwendung von Puddeleisen.

Thorsten
 
Vom bloßen Aussehen her wird man Renneisen von Puddeleisen nicht so leicht unterscheiden können, obwohl die Entstehungsweise geradezu entgegengesetzt ist: Beim Rennofenprozeß wird das Erz weitgehend reduziert und zu hoher C-Gehalt tritt dabei eher unbeabsichtigt auf. Der entstandene Eisenschwamm, bestehend aus leicht versinterten Eisenkörnern, Resten von Asche, Holzkohle und Schlacke muß durch Überschmieden von seinen Verunreinigungen gereinigt werden. Am einfachsten geht das, wenn man den Eisenschwamm allseitig überhämmert. Selten bleibt er dabei in größeren Stücken zusammen. Das macht auch nichts, da die kleinen Stückchen leichter zu kompakten Plättchen zusammengedrückt oder-gehämmert werden können. Diese Blättchen werden dann auf einer Art Blechlöffel zusammengelegt, erhitzt und verschweißt. Auf diese Art findet eine Reinigung statt und zugleich der meist erforderliche Aufbau eines größeren Metallstücks.
Bei geeigneten Erzen ist der Reinheitsgrad, bis auf die Schlackeneinschlüsse, erstaunlich hoch.
Das Puddelverfahren ist demgegenüber schon ein neueres Verfahren, bei dem es nicht mehr um die Reduktion und Reinigung, sondern in erster Linie um die Entkohlung des Roheisens ging. Roheisen entsteht aber nur in Hochöfen, enthält ca. 4 % C und entspricht in etwa ungereinigtem Guß.
Das Roheisen hatte durch den hohen Kohlenstoffgehalt einen niedrigen Schmelzpunkt, konnte also in entsprechenden Öfen relativ leicht aufgeschmolzen werden. Das Puddeln = Umrühren bezweckte die gezielte Zufuhr von Sauerstoff zur Verbrennung des überflüssigen Kohlenstoffs. Je mehr Kohlenstoff verbrannt wurde, desto höher stieg der Schmelzpunkt, sodaß das Eisen aus dem flüssigen in einen teigigen Zustand überführt wurde. Durch Zuschläge von Schrott oder sonstigen Beigaben konnte man das Verfahren steuern und gewisse Stahlschädlinge entfernen.
Beiden Eisensorten ist gemeinsam, daß sie relativ viel Schlacke enthalten, die in die Verformungsrichtung mitgestreckt wurde. Das Eisen erhielt dadurch ein strähniges Gefüge und war in der Verformungsrichtung wesentlich belastbarer als quer dazu. Noch fast bis 1900 waren viele Schmiede und Ingenieure der Meinung, Eisen sei aus Fasern aufgebaut. Deshalb wird in alten Anleitungen auch auf´s Schärfste vor dem freien Stauchen des Eisens gewarnt, weil man der Meinung war, den Zusammenhang der Fasern dadurch zu lockern.
Beide Eisenformen sind gerade wegen des Schlackegehalts vorzüglich schweißbar. Wo es nicht auf die Festigkeit ankommt, etwa als Mantel für Kochmesser, sind sie sehr empfehlenswert, zumal sie sauber geschliffen und leicht angeätzt schöne Musterbilder zeigen. Wo es auch auf die Festigkeitseigenschaften ankommt, würde ich sie nur in entsprechend massiven Dimensionen und/oder nach Verschweißen mit sauberem Eisen oder Stahl und einigen Faltungen verwenden.
MfG U. Gerfin
 
Hi, ich hab mir jetzt das meiste was ich im Forum zu Thema Puddeleisen finden konnte durchgelesen. Eines interessiert mich jedoch noch. Kann man grob sagen für welche Werkstücke Puddeleisen verwendet wurde und für welche eher nicht? Also, so in die Richtung: Wenn du auf einem Flohmarkt ein 150 Jahre altes (...) findest, ist die Wahrscheinlichkeit recht gering, dass es sich um Puddeleisen handelt.

Oder vielleicht so, wurde zu jener Zeit vielleicht nur Puddeleisen, Renneisen und C-Stahl verwendet? So dass man sagen kann, alle Teile dieses Alters, die nicht gehärtet werden mussten, sind aus Puddel- bzw. Renneisen?

Gruß Jannis
 
Zuletzt bearbeitet:
Woher weiß man, wie alt ein Stück Eisen vom Flohmarkt ist ?.
Renneisen und Puddeleisen sind nicht gleichzeitig zu verschiedenen Zwecken hergestellt worden, sondern das Puddeleisen ist eine modernere Form. Man mußte den Puddelprozeß ja auch nicht zwingend bis zur völligen oder ganz weitgehenden Entkohlung des Roheisens treiben, sondern konnte ihn vorher unterbrechen und hatte dann eben Puddelstahl.
Wenn überhaupt sind die beiden Sorten am oft gröberen Gefüge des Puddelstahls zu unterscheiden, das ist aber sehr unsicher.
Eine sichere Unterscheidungsmethode gibt es: Wenn Du z. B. einen alten Dachanker aus einem Abbruchhaus des 17-ten Jahrhunderts oder älter findest, der vielleicht sogar- an der Form erkennbar- vor seiner Verwendung als Dachanker als Wagenrad gedient hat, weißt Du, daß es kein Puddeleisen ist, da es das zu der Zeit noch nicht gab.
Von altem Eisen sollte man in keinem Fall Wunder erwarten, man sollte es aber mit Respekt behandeln und sinnvoll einsetzen.
 
Zurück