Puddeleisen mit Kohlenstoff?

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gast

Gast
Puddeleisen???

Hallo,

ich bräuchte mal Hilfe. Ich habe einen alten Steinmeißel von einem Kollegen bekommen. Er hat ihn beim Sondeln gefunden. Der Steinbruch, in dem er lag, ist schon sehr lange außer Betrieb.

Kann es sich um Puddeleisen handeln. Ich habe mal Bilder der Bruchfläche gemacht,

Gruß

Lars
 
AW: Puddeleisen???

Schleif ihn doch mal an einer der Längsseiten, polier und ätze ihn etwas, dann sieht man evtl. besser obs Pudeleisen ist.
Obwohl es aufgrund deiner Bilder (Stränen) schon mal danach aus sieht.

Gruss unsel
 
AW: Puddeleisen???

Hallo
Wie unsel schon sagte, mußt Du die gechnittene Fläche anschleifen und anätzen. Früher wurde ja gepuddelt (die Schmelze unter Gebläse gerührt ) um die Verunreinigung, aber eben auch den Kohlenstoff, herauszubekommen, damit man ein formbares Eisen erhielt. Der Stahl war also im Prinzip nicht zwangsläufig voll härtbar. Um als Meissel zu taugen mußt er also u.U. aufgekohlt werden. Es kann also auch Raffinierstahl sein, der durch falten und aufkohlen zu einem brauchbaren Werkzeug wurde. Es ist auch nie auszuschließen, dass ein Schmied einfach den Stahl zu einem Meissel umgearbeitet hat, der eben "gerade da" war. Ein geschmiedeter Meissel, mit Wasser abgeschreckt, braucht auch keinen sehr hohen Kohlenstoffgehalt um auch schon als Werkzeug geeignet zu sein. Mir macht es jedenfalls immer sehr viel Spaß solch altes Material zu untersuchen und einige schöne Monturen daraus zu machen. Ist immer spannend. Zeig doch mal die angeätzte Schnittfläche, wenn Du soweit bist.

Viele Grüße Thomas
 
AW: Puddeleisen???

Hallo.

ich habe mal eine Zwinge aus dem oben gezeigten Material gemacht und in Kaffee angeätzt. Kann man anhand der Bilder sagen ob es sich bei dem Meißel um Puddeleisen handelt?

Ich würde schon sagen das es sich um Puddeleisen handelt!?

Vielen Dank für Eure Hilfe

Lars
 
AW: Puddeleisen???

Diese Bilder sehen nach gar nichts aus.
Mal rein Diagnostisch gesehen:lach:

unsel
 
AW: Puddeleisen???

Ich denke nicht daß es sich hier um Puddeleisen handelt. Wäre auch eigentlich nicht das richtige Material für einen Meisel. Wobei man ja auch schon mit Bronze hantiert hat als es noch kein Eisen gab ...

Ein raffinierter Stahl wie von Achim schon angemerkt wäre eher denkbar.
 
AW: Puddeleisen???

Also so sieht man ja eigendlich nix. Die Struktur kommt sicher nach dem Ätzen in Schwefelsäure deutlich besser raus.

Grüße Thomas
 
AW: Puddeleisen???

Moin,
Puddeln und Raffinieren schließen sich doch nicht aus, oder?
Gesetzt den Fall, dass man auf den ersten Bildern in der Seitenansicht bereits Lagen erkenne kann (und es sich nicht Schliffspuren oder so handelt), würde ich aber auch eher auf Rennstahl tippen, da Puddelstahl aufgrund geringerer Schlackeanteile vermutlich nicht so häufig gefaltet werden müsste um ihn sauber zu bekommen.
Bin auch auf das Ätzbild in Schwefelsäure gespannt.
Gruß,
Timm

PS Bin hier zwar schon länger angemeldet, hab aber bisher noch nichts geschrieben. Ist also mein Einstand ;)
 
AW: Puddeleisen???

Puddeln und Raffinieren haben nichts miteinander zu tun.
Puddeln ist eine schon relativ fortschrittliche Art der Stahlerzeugung, bei der Roheisen, Schrott u.ä. eingeschmolzen wurde und im zähflüssigen Zustand mit Stangen umgerührt wurde, um Sauerstoff zuzuführen und den überreichlichen Kohlenstoff des Roheisens ganz oder weitgehend zu entfernen. Sank der Kohlenstoffgehalt, stieg der Schmelzpunkt entsprechend und die Masse wurde immer zäher und fester.
Raffinieren bedeutet dagegen, daß man gleichartige Stähle miteinander verschweißte, teilweise um durch das Auspressen von Schlacke und Verunreinigungen eine Verbesserung der Eigenschaften zu erzielen, meist aber auch, um hinreichend große Werkstücke zusammen zu bekommen.
Viele Stähle, die als Puddelstähle angesprochen werden, stammen im Zweifel aus dem sehr viel älteren Rennfeuerverfahren. Mit der Qualität hat das eigentlich nichts zu tun, beide Verfahren können sehr reines Material liefern. Ohne aufwändige Untersuchungen kann man sie wohl auch nicht unterscheiden. Beide Sorten zeigen ein strähniges Gefüge und lassen sich sehr gut verschweißen.
MfG U. Gerfin
 
AW: Puddeleisen???

Hallo Ulli,
bitte hilf mir mal auf die Sprünge.
In welcher Form wird/wurde der Puddelstahl nach dem Puddeln weiterverarbeitet?
Wird er in Stränge gegossen oder erkaltet er als Block, wird er gewalzt oder in Hammerwerken (bzw. von Hand) ausgeschmiedet?
Ich bin bisher davon ausgegangen, dass das beim Puddeln entstandene Rohmaterial noch weiter durch Raffinieren entschlackt wird, daher meine Frage ob und inwieweit sich Puddeln und Raffinieren ausschließen.
Danke und Gruß,
Timm :super:

Edit: Womöglich kommt noch eine begriffliche Unschärfe dazu: Mir ist der Vorgang des Ausschmiedens, Reinigens und Homogenisierens einer Rennstahl-Luppe durch wiederholtes Falten und Schweißen als Raffinieren bekannt. Ebenso würde der von dir beschriebene Vorgang für mich darunter fallen. Stimmt das mit deiner Definition überein?
 
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AW: Puddeleisen???

Das umfassenste und ausführlichste zu Puddeleisen habe ich hier gefunden:

PETER TUNNER (1858): Die Stabeisen und Stahlherstellung in Frischherden oder Der wohlunterrichtete Hammermeister. - Freiberg (Buchhandlung J.G. Engelhardt), 1. 279 S. 2. 312 S.
Mit Tafeln

Da wird beschrieben, welches Roheisen, in welcher Gegend, wie verarbeitet wird. Wie die Öfen, woraus, gebaut werden, wie Fehler erkannt werden, wie, welche Fehler behoben werden, welcher Brennsoff, in welcher Menge und Personaleinsatz jeweils, in welcher Schichtlänge, zu Empfelen ist. Wie die Entlohnung am besten zu regeln ist, welche Gewohnheiten der Arbeiter zu beachten sind und wie der Schwund von Brennmaterial zu vermindern ist. Dazu noch, welche Windmenge, wie erzeugt, und wie verteilt, gut sei. Wie welche Gebläse aus welchem Material, bei bestimmten Antribsarten, zu bevorzugensei.:irre::super::lechz:
Genauer geht es kaum.

Das Frischeisen wird nach dem austragen (meist) direkt unter große Hämmer gebracht, wenn nötig im gleichen Feuer (am Rand der Grube) nachgewärmt; seltener in speziellen Feuern. Ja nach Qualität direckt zu den gewünschten Vormaten geschmiedet oder zu Platten gehämmert, abgeschreckt und in Stücke geschlagen, bewertet, sortiert und Zusammengeschweißt. Das Zusammenschweißen von unterschiedlichen Stücken, auch aus dem Lager dazugenommener Stücke, regulierte den C Gehalt wie der Kunde es wünschte, ungare Stücke die nicht für die unterste Qualität reichten, wurden bei der nächsten Schicht wieder eingesetzt.
Des weitere Falten der Stücke um eine gleichmäßigere Verteilung des C Gehalts zu ereichen, aus den Zusammengesetzten Stücken, übernahm, nach meiner Erinnerung des Buchinhates, meist der Kunde selbst.
Aber das war, wie vieles andere, Regional unterschiedlich.
 
AW: Puddeleisen???

Die Weiterverarbeitung des Puddeleisens sah so aus, daß an den Rühr-Puddelstangen das infolge der Abkohlung fester werdende Eisen sich ansetzte und Klumpen von ca 30-35 kg gezogen und ausgeschmiedet wurden. Je nach Bedarf mußten auch mehrere solche Klumpen verschweißt werden, wenn man besonders große Stücke brauchte. Man kann sich vorstellen, daß das bei den Gewichten und der abstrahlenden Hitze eine äußerst kraftraubende Arbeit war.
MfG U. Gerfin
 
Hi, die Tage werden noch Fotos davon folgen. Aber vielleicht kann mir ja so schon jemand sagen was es damit auf sich hat...

Ich hab einen ganzen Haufen Metall aus einem Uralten Dachstuhl bekommen. Einige Nägel und andere Stücke sind bei der Demontage abgebrochen. Die meisten Bruchstellen weisen die für Puddeleisen übliche, dunkelgraue faserige Struktur auf. Bei zwei Stücken ist es jedoch anders.

Teilweise sieht die Bruchkante wie oben beschrieben aus, teilweise sieht man aber sehr helles Grobes Korn, wie bei einem zu heiß gehärteten C-Stahl.

Puddeleisen muss ja nicht immer bis zum letzten entkohlt worden sein, ich gehe daher davon aus, dass da teilweise noch Kohlenstoff drin ist. Aber warum sieht man bei ein und der selben Bruchstelle sowohl Kristalle als auch Fasern? Liegt es daran dass das Eisen nicht stärker Homogenisiert wurde vor dem verarbeiten? Lieg ich da richtig?

Gruß Jannis
 
Mit dem Homogenisieren wirst Du wohl recht haben.
Wenn die Stücke wirklich uralt sind, wird es aber Rennfeuereisen und kein Puddeleisen sein.
MfG U. Gerfin
 
Ohne im Geringsten die Kompetenz unserer Spezialisten anzuzweifeln, bin ich nun dennoch etwas verwirrt, weil ich nun schon zum 2ten mal in einem Pudeleisentread, das Wort Renneisen lese.

Ich habe gestern Abend mal in meinen älteren Büchern nachgelesen, wo sich Pudeleisen zeitlich ansiedelt.
In dem Buch " Die Geschichte des Eisens" von Otto Johannsen Verlag Stahleisen von 1924 Seite 126 wird von Henry Cort erzähltder 1740 in Lancaster geboren wurde.
Er liess sich 1765 in London als Schiffsagent nieder, und hatte in seinem Beruf Gelegenheit die Minderwertigkeit des Englischen Eisens gegenüber dem Ausländischen zu beobachten.
Das Englische Stabeisen war damals von allen Staatslieferungen ausgeschlossen.
Um die Geschichte abzukürzen, bleibt als Grund zu die Tatsache zu erwähnen, dass das Roheisen bei Berührung mit Steinkohle Schwefel aufnahm, und schlussendlich als Schmiedeeisen kaltbrüchig geworden ist.
Jedenfalls ging dies Cort gegen den Strich, er hing seinen Beruf an den Nagel und ,um 1775 ein Hammer und Walzwerk in Portsmouth zu errichten.
Er erste Patent erhielt Cort 1783 für das Paketieren und Schweissen im Flammofen also den 2ten Teil des Pudelverfahrens.
Sein 2tes Patent vom 13.2.1784 bringt dann die Beschreibung des eigendlichen Pudelverfahrens.

Damit war England wieder in führender Position und unabhängig von der Holzkohle.
Also das Pudeleisen datiert notgedrungen aus der Zeit als von der Holzkohle auf Steinkohle umgestellt wurde, und deren Schwefelgehalt den Stahlkochern das Leben schwer machte, ca Ende 18tes Jahrhundert.

Natürlich ging der Fortschritt zeitlich fliessend ineinander über, und es ist wichtig zu erwähnen, dass bis zum Anfang des 19ten Jahrhunderts
in verschiedenen Gegenden noch Renneisen hergestellt wurde, zb. in Finnland mit dem Nordischen Bauernofen, oder auf Korsika, sowie die Katalanischen Feuer.
Ob allerdings in unseren Regionen, Dachhacken aus Renneisen waren zweifle ich an.
Ich habe ebenfalls vor ca 3 Wochen von einem Freund ein paar Haus die Strasse runter, eine Kiste voll uraltem Eisen bekommen.
Ein halbes dutzend fein geschmiedete Dachhaken ,Vierkantstäbe, Kloben,sowie Flachmaterial. Alles geschliffen und angeätzt, zeigt das klassische Streifenmuster, des Pudeleisens.(wie viellagiger Damast.)
Es enstammt seinem Haus welches 1784 erbaut wurde.
Keine 100m entfernt davon gab es eine Hütte,die laut Napoleons Landvermessers Skitzen, mit einem Hochofen,sowie einem 5,5m Wasserrad fürs Pochwerk,sowie einem Hammerwerk bestanden hat.
Das Werk bestand von 1647 bis 1857. Es ist stark anzunehmen dass unsere lokalen Geschichtsfreunde recht haben ,dass dieses Eisen auch von dort stammt.

Gruss unsel
 
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Naja, das schließt das mit dem Renneisen ja nicht aus. Alles was vor 1784 produziert wurde, müsste dann ja Renneisen/stahl sein. Gab ja meines wissens keine andere Produktionsmethode vorher...

Jannis
 
ich hänge meinen Beitrag mal hier ran.

Ich hab letztens eine Art Zugstange mit einem geschweißten oder gelochtem Kopf gefunden gefunden, wo sich mir der Verdacht auftat, das es sich um Puddeleisen handeln könnte..

Habe mal ein stück zu 3/4 durchtrennt und abgebrochen, nach dem was ich im Forum gelesen habe, würde ich zu Puddeleisen tendieren.

Was sagt ihr dazu?



Besten Gruß
Christian
 
Servus beinand,
sind alte Wagenreifen auch aus Puddeleisen?
Ist das richtig, daß dieses Eisen durch das lange Verdichten (schwere Fuhrwerke) hochwertiger wurde?
 
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