Rätsel mit Feilengefüge

Eisenbrenner

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Hallo werte Forumskollegen,
ich habe letztens von einem netten Kollegen freundlicherweise ein paar verbrauchte Feilen geschenkt bekommen, um diese Wiederzuverwerten. Es handelt sich bei einer Hälfte um Feilen des Types DFM-Corona, wohl in Deutschland ansässig, die andere Hälfte hat keine Bezeichnung. Es sollen aber eher um Markenfeilen sein.
Fix mal Corona angeschrieben was für einen Stahl sie verwenden, jedoch kam leider keine Antwort.

Deshalb habe ich standardmäßig einmal die Feilen abgebrochen um das Gefüge zu betrachten.
Dabei kam die erste Überaschung: Die Feilen, die nur mit dem Hieb beschriftet waren konnte ich nicht abbrechen, vorher verbogen sie leicht und blieben so.
Erst mit relativ viel Kraft und einer 1-Meterlangen Verlängerung brachen sie dann ziemlich plötzlich. Das empfinde ich schon mal als eigenartig, wenn sie rein aufgekohlt wären sollten sie doch ordentlich verbiegen bevor sie brechen?
Laut Funkenbild war jedoch weniger Kohlenstoff darin als in der Dick.
Die wirkliche Überraschung kam jedoch, als ich die Corona-Feile Zerbrach, die benötigte Kraft bis zum Bruch war normal, jedoch so ein Gefüge habe ich bisher noch nie gesehen.
Hier mal ein Bild, die oberste Feile ist die schwer brechbare, die mittlere ist eine Dick-Feile, die untere die Corona


Habt ihr eine Erklärung dafür warum der eine Feilentyp so spät bricht oder zum Gefügebild der Corona Feilen?
Kann ich den Stahl für irgendwas verwenden?

Schon mal Danke fürs Lesen und noch einen schönen Sonntag,
Eisenbrenner

PS: es waren keine Ausreißer, eine jeweils zweite abgebrochene Feile zeigte das gleiche Verhalten
 
Zuletzt bearbeitet:
Dick = sauber gehärteter Feilenstahl
die obendrüber könnte irgendwas oberhalb 75Cr1 sein, oder ist vielleicht etwas unsauber gehärtet
die Corona sieht mit dem groben Korn im Kern und dem feinerem Gefüge aussen nach einsatzgehärtet = aufgekohlt aus
 
Schon mal vielen Dank für die Information!
Ich fürchte aus der Corona werde ich deshalb wohl nichts mehr herstellen können. Wenn ich um den Martensitpunkt von beispielsweise EC80 Pendle wird mir ja dafür die äußere Schicht wieder Grobkorn.
Außer vielleicht in der äußeren Schicht von weniglagigen Deko-Damast, da könnte es ein interessantes Muster ergeben.

die obendrüber könnte irgendwas oberhalb 75Cr1 sein, oder ist vielleicht etwas unsauber gehärtet
An was kann ich das in Zukunft selbst erkennen, sieht gebrochener Stahl mit wenig Kohle gröber aus als Feilenstahl?

die Corona sieht mit dem groben Korn im Kern und dem feinerem Gefüge aussen nach einsatzgehärtet = aufgekohlt aus
Könnte man auch einsatzhärten ohne ein grobes Gefüge im Kern zu erzeugen, so daß dies am Bruchbild nicht zu erkennen wäre?
So hat es ja überhaupt nichts genützt aufzukohlen, die Feile ist geringfügig später Gebrochen als die Dick.

Einen schönen Abend,
Eisenbrenner
 
Hallo,
wenns a bissal Zeit hat und Du mir je ein geeignetes Stück zukommen lassen willst, kann ich die Bruchstücke mal durchs Spektrometer jagen lassen.
 
Salute,
Schleif doch mal was von dem Coronazeug an und ätze es, die aufgekohlte Schicht sollte, falls vorhanden ja deutlich zu sehen sein

LG
Basti
 
klar kann man aufgekohlte Stähle mittels Pendelglühen wieder rückverfeinern.Die Frage ist, warum sollte man sich die Mühe machen, wenn der Kunde sich nicht beschwert?

Das mit dem billigerem Stahl ist übrigens so nicht ganz richtig.. Stahlpreise setzen sich aus einem Grundpreis und Legierungszuschlägen für Cr, Mo, V, Ni, .............. zusammen. Im Grunde kann man seit Jahren als Daumenwert mit 1-1,2€ pro kg frisch erzeugtes C-Stahl Halbzeug rechnen.
gezogener Draht und Rund ist ein bischen günstiger, 4&6kant etwas teurer und Flach, Profil und Platte wird eh anders abgerechnet.
Der Kohlenstoffgehalt ist hier in Industriemengen da man von 4,x % runterkommt preislich kaum interessant.

Interessant wird es erst bei der Verarbeitung. Hier haben niedrig gekohlte Werkstoffe einen geringeren Werkzeugverschleiß (die schaut gefräst aus..) und lassen sich im Gegensatz zu den traditionellen Feilenstählen >1%C + Cr + ggf. W durch Stanzen in Rohlingsform bringen.

Großindustriell betrachtet ist dann das Einsatzhärten wieder ~ 50% teurer als das "normale" Härten bzw. Vergüten, aber die Grenzen verschwimmen etwas, wenn die Wärmebehandlung im eigenen Haus durchgeführt wird und die Öfen ein paar Jahre am laufen waren und ihr Geld verdient haben.


Zwecks welcher Stahl, welches Bruchbild.. Feilenstahl in Feilenform wird Glashart gehärtet und ggf. minimal angelassen. Hier will man größtmögliche Härte, eine Bruchgefahr ist normalerweise nicht gegeben. => bricht, richtig gehärtet, samtig matt und glatt ggf. leicht muschelig ohne Verformung.

Bei deiner oberen Probe sind aber Verzweigungen/Richtungswechsel des Bruchverlaufs sichtbar. Das Gefüge scheint gröber zu sein. Jetzt kann es sein, dass eine gewisse Restduktilität noch vorhanden war, oder bedingt duch suboptimales Ausgangsgefüge oder Härtetemperatur das Gefüge nicht so homogen war, wie man es sich eigentlich wünschen würde.

Funktioniert haben beide und in der heutigen Zeit wird das keiner S** mehr auffallen.
 
Vielen Dank für die vielen hilfreichen und teilweise auch sehr ausführlichen Antworten!
Beim oberen Stück war auf jeden Fall Restdukilität vorhanden.
Lässt das den Bruch gröber erscheinen?
Wenn meine Bestellung Ätzkristall angekommen ist werde ich einmal einen Ätzversuch starten.

@Nicolas01
vielen Dank für das großzügige Angebot. Interessieren würde es mich auf jeden fall, was dort verwendet wurde.
Wenn es dich auch interessiert kann ich gerne ein Stückchen vorbeischicken.
Es ist aber nur begrenzt hilfreich für mich, ich habe aber eh nur 5-Feilen davon.

Noch einen schönen Abend,
Eisenbrenner
 
... ein Stahl ist natürlich nicht allein wegen dem Kohlenstoffgehalt billiger, sondern wegen den größeren Toleranzen der eher unerwünschten Verunreinigungen etc. also der "einfacheren" Produktion bei der Stahlgewinnung und der Verarbeitung. Da gibt es durchaus größere Spannen zwischen einem einfachen Einsatzstahl (da könnte man auch einen Baustahl nehmen) und einem hochwertigen unlegierten Werkzeugstahl.
Dass man dann bei der Weiterverarbeitung eines teureren Ausgangsmaterials auch mehr Sorgfalt walten lassen sollte sieht man am obersten Beispiel. Im Vergleich mit dem mittleren erkennt man, dass beim oberen nicht alles optimal gelaufen ist. Da hat man offensichtlich irgendwo an der Kostenschraube gedreht. Wenn sich eine Feile schwer zerbrechen lässt, heißt das noch lange nicht, dass sie auch lange gut feilt.:glgl:
Und da ich nicht davon ausgehe, dass die untere eine Armfeile war wird es sich um ein Billigprodukt handeln.

Herzliche Grüße aus Stuttgart,
Jost
 
Hi Eisenbrenner, können wir gerne machen! Es kann nur etwas dauern bis die Kollegen die Zeit für diese Spielerei finden.
 
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