Randall´s 440 B

rockwell

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Hallo Leute,
habe folgende Frage: Hier im Forum gilt der Stahl 440 B als mehr oder weniger 0-8-15-Stahl. Ich selbst habe damit gute Erfahrungen gemacht und kann damit nicht so falsch liegen, wenn eine Firma wie Randall, Orlando, diesen für ihre teueren Messer - mit mehr als 3 Jahren Lieferzeit - favorisiert. Wo setzt ihr euren Maßstab an?
Rockwell
 
hai
0/8/15 gibt es glaub ich mit Stahl nicht, außer er ist wirklich grottenschlecht.
Kann es nicht eher sein, daß es Firmen, die in Fernost produzieren lassen, Stähle wie AUS und pulermetallurgische als erstrebenswert erscheinen lasen.
Im Gegenzug gelangen Kohlenstoffstähle und verbreitete Rostfreie-Hochlegierte ins Hintertreffen?
440 A hab ich als Jagdmesser und warte noch immer auf besseres.
4034 habe ich als Alltags-Gebrauchs-Messer, also AGM.
Da wir uns hier sprachlich ander orientieren EDC.
Sorry, aber alles was ich aus 440 habe (A/B/C)
 
Tut mir leid, kann jedoch aus Deiner Antwort keine bereichernde Erkenntnis in Bezug auf meine Frage ableiten. Könntest Du es in anderen Worten versuchen?
Danke, Rockwell
 
Randall

Hallo rockwell ,

die alte Fertigung der firma Randall bzw. älter Modelle sind noch aus 440 A (die sind aber auch geschmiedet).die neuen Modelle sind alle aus 440C oder ATS 34 geschmiedet.Du wirst aber keine Auskunft bekommen ob es jetzt 440C oder ATS 34 ist , und auf der Klinge steht nix über den Stahl, das einzige was auf
der Klinge steht ist *Randall*(S) = 440C oder ATS34 wohl gemerkt GESCHMIEDET!.

was ich echt schade finde das der 440A/B Stahl immer runter gemacht wird ,wenn die Wärmebehandlung stimmt(siehe Cold Steel) und dann schneidet der Stahl auch lange wie der Teufel , und man bekommt Ihn mit EINFACHEN mittel wieder Scharf.

also eins kann ich Dir sagen bei einem Randall kannst Du nix falsch machen Ob O1/ 440C/ATS 34 alle sind klasse Teile.

ich hoffe ich konnte Dir etwas weiter helfen.
 
Die Stähle AISI 440 B und C entsprechen unseren Stählen 1.4112 und 1.4125. In beiden Fällen handelt es sich um ledeburitische Stähle, die schon in der Schmelze Karbide ausscheiden, die durch Wärmebehandlung allein nicht mehr zu verfeinern sind. Durch den hohen Chromgehalt neigen sie zur Bildung von Restaustenit und werden deshalb nicht so hart, wie man es angesichts der hohen Legierung eigentlich erwarten könnte. Durch die vielen beim Härten ungelöst bleibenden Karbide ist die Verschleißfestigkeit sehr hoch. Eine extreme Schärfe ist schwer zu erreichen und hält nicht lange. Bei derbem Schneidenwinkel bleiben sie sehr lange unverändert mäßig scharf. Die weite Verbreitung in der Schneidwarenindustrie ist gut nachvollziehbar. Der Stahl wird in großen Mengen hergestellt, die Wärmebehandlung ist in allen Einzelheiten ausprobiert, die Rostbeständigkeit ist gut.
Wenn man bei den rostfreien Stählen etwas wirklich deutlich Besseres haben will, muß man schon in den Bereich der vielfach teureren PM- Stähle gehen, die dann auch nicht um ein Vielfaches besser sind, sondern nur in einzelnen Eigenschaften ein paar Prozent überlegen sind.
AISI 440 A liegt zwischen dem 1.4112 und dem 1.4o34. Wegen des niedrigeren C-Gehalts ist die Verschleißfestigkeit etwas geringer, die Zähigkeit und Schärfbarkeit etwas besser.
Ich halte für den robusten Alltagsgebrauch den Stahl 1.4o34 für einen vorzüglichen Kompromiß, der mehr Beachtung verdient, als er üblicherweise erhält.
MfG Ulrich
 
Geschmiedet oder nicht geschmiedet?

Meine Frage zu der Stahldiskussion hier: macht es einen Unterschied ob ein Messer geschmiedet ist oder spanabhebend hergestellt? (Gleicher Stahl in beiden Fällen).
Im neuen MM wird x-mal betont, die Randall Messer sind geschmiedet, als einzige der Vergleichskandidaten.
Auch hier wird diese Aussage getroffen (..aber geschmiedet..). ich meine aber gelesen zu haben, daß es keine Qualitätsunterschiede gibt. Egal ob geschmiedet oder spanabhebend, der Stahl hat die selben Eigenschaften, er verbessert sich durch Schmieden nicht. Fachgerechte Wärmebehandlung usw. natürlich in beiden Fällen gegeben.
Würde mich interessieren.

Grüße
Matthias.
 
Hi ..ganz laienhaft stell ich mir vor, daß durch schmieden (Hitze und Druck) die Moleküle in ihrer Struktur vielleicht verändert werden, kann dadurch nicht auch eine leichte Art der Aufkohlung stattfinden?
 
Das ist wieder eine Frage, die man so einfach nicht beantworten kann. Es gibt Stähle, bei denen Schmieden zur Verbesserung der Eigenschaften wenig Sinn macht, bei andern ist es unschädlich, nützt aber nicht viel, bei andern kann es ausgesprochen nützlich sein.
Gehen wir mal die Kategorien durch: Alle unterperlitischen Stähle können ohne Nachteil geschmiedet werden. Wenn die Endschmiedetemperatur zu hoch ist, besteht die Gefahr, daß Kornwachstum entstanden ist, mit einer deutlichen Verschlechterung der Eigenschaften. Da bei diesen Stählen bei Schmiedetemperatur keine Karbide vorliegen, die das Kornwachstum behindern, ist hier auf kräftiges Verschmieden und Feinschmieden bei relativ niedriger Temperatur besonders zu achten.
Perlitische und überperlitische Stähle sind gut schmiedbar. Da sie weniger Neigung zum Kornwachstum haben, kann das Gefüge durch exakte Schmiedeführung verfeinert und verbessert werden. Bei den im Handel nicht erhältlichen UHC-Stählen kann ein superfeines, extrem zähes Gefüge eingestellt werden.
Ledeburitische Stähle haben Primärkarbide, die schon in der Schmelze entstehen und durch Wärmebehandlung nicht mehr aufgelöst werden können. Diese teilweise riesigen Karbide sind bei Schneidwinkeln nahe 90 Grad wegen der Erhöhung der Verschleißfestigkeit erwünscht, für Messerschneiden sind sie problematisch. Durch Schmieden können diese Karbide zertrümmert werden. Dabei entstehen in Verformungsrichtung kleine Vakuumschwänzchen und die Karbidtrümmer werden in Bändern in der Schmiederichtung mitgeschleppt. Dadurch ist die Längsfestigkeit eines solchen Stahls etwa doppelt so hoch, wie die Querfestigkeit.
Schmieden macht hier Sinn, wenn man ohne zuviel Materialverlust eine bestimmte Form erreichen will. Eine Verbesserung der Eigenschaften ist in der Regel nicht zu erwarten. Wegen des hohen Legierungsgehalts dieser Stähle sind sie in der Regel sehr warmfest, machen also beim Verformen wesentlich mehr Arbeit als die andern Stähle, neigen zu Rissen und werden auch bei Luftabkühlung hart, sodaß die weitere Verarbeitung erschwert ist.
Bei den konkret angesprochenen Stählen AISI 44o B und C kann durch Schmieden auf Nähe Endformat die Matrix verfeinert werden, an den Karbiden wird sich nicht viel ändern. Man kann auch davon ausgehen, daß die Stähle vom Stahlwerk schon mit der für diese Stähle optimalen Struktur angeliefert werden. Die Aussage"geschmiedet" hat wohl überwiegend Werbecharakter und hängt sich -im Kern unberechtigt- an die Verbesserung der Eigenschaften bei den perlitischen und überperlitischen Stählen an.
MfG Ulrich
 
Hierzu ein paar eigene Erfahrungen,

natürlich ist es so, dass wenn man sich der Materie neu nähert man gerne soetwas wie, besser und überlegen auch für seine Klingen haben will.
Das ging mir genauso.
Nach langen Diskussionen mit Ulrich in früherer Zeit habe ich bei Osseberg ich glaube es was 1997 100Kg 1.4111 den alten rostbeständigen Rasierklingenstahl der Solinger Industrie bestellt.
Mit der Idee besonders feinschneidig und doch rostbeständig.
Als das Zeug dann endlich da war, in 70x12mm extra auch für halbintegrale geeignet, hab ich mich natürlich gleich ans Werk gemacht.

Als die Klingenrohlinge dann fertig waren und ich die ersten nach dem härten geschärft hatte, war ich, muss ich zugeben enttäuscht. So toller Stahl und doch nicht richtig scharf wie meine Messer aus C- Stahl.

Ich dachte das wäre ein problem mit der WB, also ab ins Labor und erst mal die Parameter der WB mit einer Veruchsreihe und dem Test zur Schneidkantenstabilität herausfinden.
Nachdem ich die erste Probe unterm Mikroskop hatte, wusste ich was die Stunde geschlagen hatte. Chromkarbide massig und in Zeilen sogroß wie Legosteine (40µm und auch mehr).

Nun die Test lieferten dann zumindest die genauen WB Parameter für die Anwendung: schlanke feine Schneidkanten dieser speziellen Charge, aber zufrieden war ich natürlich nicht damit.

Dann Literatur gewälzt und mit Ulrich diskutiert.
Erste Idee war ein Hochtemperatur Diffusionsglühen von mehreren Stunden bei 1200 °C.....

Rein ins Mikrioskop...der Stahl hatte zwar eine deutliche menge an feinem Karbid gut verteil ausgeschieden, aber die Bauklötze von Karbiden waren nahezu unverändert geblieben.

Also musste die thermomechanische Behandlung her, sprich für meinen fall das normale schmieden. Ein Freund hatte ienn großen Lufthammer und los gings...

Habe dann mehrere Versuche gemacht mit verschiedenen Endumformgraden und Schmiedetemperaturen...

anschließende Weichglühen.

Wieder ins Labor und unters Mikroskop.

Nix, praktisch unverändert die Struktur

Daraufhin hatte ich einen Besuch beim Max-Plank-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf und sprach dort mit dem damaligen Leiter Prof. Dr. Ing. Frommeyer über das Thema.
Der arbeitete zu dieser Zeit unter anderem an der Superplastizität von ledeburitischen Werkstoffen wie CPM 10V usw.

Er zeigte mir die Vorrichtungen die notwendig sind um eine Gefügeverfeinerung einzustellen bei ledeburitischen Werkstoffen wie eben auch der 1.4111 usw.
Nach einer relativ kurzen Diskussion über das Thema war mir klar, dass is nix für die normale Schmiede. Man brauch wirklich exakte Kenntinis der Vorgänge im Werkstoff und sehr präziese Prozesskontrolle sowie eine Maschinerie und Analytik die kein normaler Schmiedebetrieb sich leisten könnte, und wenn, dann müssten eben auch die anderen vorab genannten Parameter erfüllt sein um zu gleichmäßig guten ergebnissen zu kommen.

Meine Enttäuschung war natürlich groß zu dieser Zeit zumal ich auch einiges an Geld, dass ich mir als Student abgespart hatte in die 100 KG 1.4111 investiert hatte.
Fazit: Das Einstellen einer verbesserten Stuktur von ledeburitischen Stäheln bleibt ausserhalb des Wirkungsbereiches von normalen Schmiede betrieben.
Aussagen wie Verbesserung des Gefüges durch spezial Schmiedeprozess für diese Legierungen bleiben für den Messerbereich eine reine Marketingmaßnahme ohne Grundlage. Der Herstellungsprozess wird natülich dadurch teilweise erleichtert da man schöne Formübergänge bekommen kann und dabei wenig Materialverlust hat.

Für die Stähle die es zutrifft, Ulrich hat es ja bereits erklärt, sollte noch gesagt werden, das ganze muss gezielt geschehen, wenn man glaubt man hat geschmiedet und damit ist alles besser geworden, der täuscht sich gewaltig, im Gegenteil oft wird wegen der oft fehlenden technologischen Grundlagen geaus das gegenteil erzielt.
Wenn man beispielsweise feine Feilenstähle oder Kugellagerstähle schmiedet, dann ist der Ausgangszustand bevor man es schmiedet in der Regel als schon optimal zu bezeichnen, der wird jetzt nicht besser dadurch, dass man mal heiß mach und draufhaut.
Der wird bestenfalls, wenn mann genau weis was man tun muss, auch bei der WB, genau wieder so sein, wie das Ausgangsprodukt und mehr nicht.
Die UHC Stähle die Ulrich angesprochen hat, gibt auch nicht zu kaufen die Herstellung derselben sind auch nur unter den oben genannten Grenzen zu sehen, nicht mehr und nicht weniger.

Unabhängig davon, schmiede ich Messer mit Leidenschaft und das sicherlich solange ich lebe....

VG Roman
 
Ich bedanke mich herzlich für die Antworten! Diese Resonanz hätte ich nicht erwartet. Damit ist die Sache mehr als geklärt.
Das Verkaufsargument "geschmiedet" zählt also nicht viel. Hoffentlich hat das "MM" mitgelesen. Ein Messer, welches eine geschmiedete Klinge hat, muß nicht besser sein als eins aus dem selben Stahl, spanabhebend hergestellt.

Übrigens habe ich auch die Quelle gefunden, aus der ich mein (Pseudo)Wissen bezog: "Das Messer", Wolfgang Rausch, 2. Auflage 1981.
Der Autor schreibt auf Seite 31: "... Es spielt also... keine Rolle, ob die Klinge durch Schmieden geformt , oder durch Walzen, Stanzen oder Schleifen."

Beste Grüße
Matthias.
 
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