Rasurschärfe – Böhler K390 meets Atoma 400

Bukowski

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Moin!

Man hört oder liest ja immer mal wieder "Hypothesen" wie...
  • nicht jeder Stahl lässt sich auf Rasurschärfe bringen;
  • eine Klinge rasiert Haare erst nach feinkörnigem Finish (hier wird oft die Körnung "1000 JIS" als Minimum genannt);
  • hochlegierte Stähle sind sehr schwer zu schärfen.
Das hat mich auf die Idee eines kleinen Kurzversuchs gebracht (der nicht Bierernst genommen werden muss).

Teilnehmer waren:
  • ein Spyderco Delica K390 Wharncliffe mit absolut stumpfem Werksschliff (ohne Verletztungsgefahr ließ sich damit kein einziges Haar kappen),
  • ein Nowi Home Schleifsystem mit fixem 40° Gesamtschneidenwinkel und
  • eine stark gebrauchte Atoma 400 Diamantplatte.
Ziel des Kurzversuchs war es, festzustellen, ob sich dieser hochlegierte Stahl mit der groben Diamantplatte auf "Rasurschärfe" bringen lässt und wie lange das ganze dauert.

Zunächst zu meiner "Definition" von Rasurschärfe im Zusammenhang mit dem hier beschriebenen Versuch:
Armhaare lassen sich ohne Druck mühelos über die gesamte Schneidelänge kappen, allerdings ist das Ergebnis weit entfernt von einer angenehmen Gesichtsrasur.

Versuchsablauf
Ich habe beidseitig eine komplett neue Fase anlegen und einiges an Material abtragen müssen, weil der Werksschliff vor dem Ricasso und der Spitze Overgrinds hatte – was für das Schleifen einer eigentlich schnurgeraden Wharncliffe-Schneide denkbar ungünstig ist.

Also beidseitig durchgeschliffen bis zu einem über die gesamte Schneidenlänge spürbaren Grat – die Klingenseite dabei immer wieder gewechselt, damit die Fase möglichst symmetrisch wird. Danach auf der Atoma 400 mit 5-4-3-2-1 Wechselschüben entgratet. Das ganze hat ca. 35 Minuten gedauert.

20220603_103034-01.jpeg

Das Ergebnis – hier bildlich dargestellt – kann vielleicht zur Klärung der oben genannten Hypothesen beitragen ;)

Kommt gut ins Wochenende!
 
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danke für den Versuch!

....ich kann das ähnlich bestätigen: mit dem 'feinsten' Lansky-Diamantstein (Körnung 600) bekomme ich bei D2 und auch S90V eine (zwar sehr agressive und eher raue) Schärfe hin, mit der man mühelos rasieren kann und auch Papier tadellos durchtrennt wird; ob längs oder quer ist egal.
Ich habe sogar den Eindruck, dass diese raue Schärfe den hochlegierten Stählen richtig gut tut - die können diesen Level gut halten.

Es ist viel wichtiger, den Winkel sauber zu halten, als möglichst fein abzuziehen. Muss man einfach mal probiert haben ;)
 
Ich habe sogar den Eindruck, dass diese raue Schärfe den hochlegierten Stählen richtig gut tut - die können diesen Level gut halten.
Interessant, dass du es sagst. Ich habe die Schneide – natürlich wie immer – noch wesentlich feiner, bis 5000er Korn (JIS) ausgeschliffen. Nach einem Kartonagen-Massaker war die feine Schärfe auch beim hochlegierten K390 wieder dahin und es blieb eine raue, bissige Schärfe zurück.

Da kam mir unweigerlich der Gedanke, ob ich mir die Zeit nach dem Grundschliff nicht auch hätte sparen können.
 
Eine Schneide, die zwar ruppig, aber doch rasiert, sieht nach Venev 400 so aus (die Schneide hat < 0,2 mm Höhe):

1654322936532.jpeg

Den Grat habe ich nur mit der Venev entfernt (so gut wie möglich).

Da kam mir unweigerlich der Gedanke, ob ich mir die Zeit nach dem Grundschliff nicht auch hätte sparen können.
Fragt sich, ob die feinen Ausbrüche schneller zu größeren werden und eine stumpfere Schneide ergeben, als bei einer glatten Schneide.
 
Fragt sich, ob die feinen Ausbrüche schneller zu größeren werden und eine stumpfere Schneide ergeben, als bei einer glatten Schneide.
Das halte ich für nicht unwahrscheinlich, deswegen habe ich tatsächlich auch noch nie nach der Atoma aufgehört. Wenn ich bei meinen Gebrauchstaschenmessern allerdings ein spürbares Nachlassen der Schärfe bemerke – insbesondere bei so hochlegierten Stählen – ziehe ich direkt ohne Gnade über die Ultrafine Rods des Spyderco Sharpmakers nach.

So hat der K390, der nach dem Kartonagen-Schneiden nur noch ruppig rasierte, nach 10 Zügen pro Seite wieder eine wesentlich feinere Schärfe angenommen. Technisch habe ich damit auf der vorhandenen Schneidfase eine Mikrofase in stumpferem Winkel angelegt, die ich aufgrund der geringen Breite sehr lange ohne Mühe nachziehen kann.

Man könnte also behaupten, der K390 lässt sich mit passenden Schleifmedien nicht nur mit überschaubarem Aufwand schärfen, sondern auch scharfhalten.
 
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Ja, der Ansatz ist gut - am Anfang 'etwas schlanker' gehaltene Gase und dann ein wenig steiler nacharbeiten bei Bedarf.
Und dann in längeren Intervallen eine komplette Überarbeitung der Schneidfase.

Was die Haltbarkeit von grob abgezogenen Schneiden bei hochlegierten Stahlen angeht, fand ich das gar nicht so verkehrt. Ich habe jetzt keine direkten Vergleiche gestartet mit genauer Anzahl von Schnitten oder so.
Aber: beim normalen Nutzen im Alltag war ich durchaus zufrieden.
Ich verfolge das einmal mit meinem bald kommenden QSP Penguins aus D2.

Was ich definitiv nicht mehr mache, ist viel Aufwand für das Erzeugen einer feinstens geschlossenen Schneide bei den hochlegierten Stahlen - die ist einfach zu schnell futsch. Korn 400 oder auch 600 ist natürlich schon grenzwertig grob. Etwas feiner darfs schon sein.
 
Servus,

bei einer Säge wie auf dem Mikrobild wäre mir das Risiko für einen veritablen Schaden an der Schneide zu groß. Ich würde ein schließen der Schneide schon empfehlen, polieren muss man sie nicht. Es gilt aus meiner Sicht ein praktikabler Kompromiss aus Aufwand, Haltbarkeit und Schnitthaltigkeit einer Schneide. Bevorzugt man eine Eigenschaft so wird in vielen Fällen eine andere vernachlässigt.

Gruß, güNef
 
bei einer Säge wie auf dem Mikrobild wäre mir das Risiko für einen veritablen Schaden an der Schneide zu groß.
Zumindest und aufjedenfall bei entsprechend dünner Klingengeometrie. Bei Taschenmessern mit der üblichen stabilen Geometrie lässt sich aus meiner Sicht darüber streiten. Ich habe noch nie ein Taschenmesser mit grober Bandschleiferfase vor Gebrauch nachgeschliffen, wenn der Schliff für meine Bedürfnisse ausreichend scharf war. Und ich konnte in der Folge noch nie einen veritablen Schaden an der Schneide verzeichnen (der nicht auch bei einer hochgeschlossenen Fase entstanden wäre – z.B. Zusammenstoß mit Metall :)).

Kommt natürlich auch darauf an, was unter einem veritablen Schaden verstanden wird.
 
Zuletzt bearbeitet:
Servus,

yep, die üblichen Auslieferungsfasen sind meist sehr breit, da ist es durch die geometrische Stabilität eher unbedenklich, Torsten schrieb von einer 0,2mm breiten Fase, da ist schon weniger Substanz vorhanden. Je nach Anwendung kann das auch funktionieren, ich sehe da aber beginnende Einschränkungen der Schneidkantenstabilität, wenn man die Schneide so einladend „offen“ lässt.

Gruß, güNef
 
Hi, Schärfwirkung hat nicht direkt mit Körnung zu tun.
Die hängt davon ab, welche Schleifkornsorte benutzt wird, wie gleichmäßig die ist, Verschmutzungen, welche Bindung. Ich schweige davon, dass mehrere Natursteine keine Bindung und kein Korn haben.
Ebenso gröbere Diamanten können feiner schleifen (schärfen).

M390 auch bei 64 HRC erlaubt sehr gute Haarspalterei, die auch unterschiedlich erreicht werden kann: z.B. durch eine scharfkantige Säge oder eine geschlossene Schneide. Daran liegts, dass die mit Diamanten geschärfte Schneiden dann nach dem Schärfen mit guten Natursteinen plötzlich nicht mehr Haare spalten und nur nach andauernde weitere Bearbeitung mit feinen Natursteinen wieder Haare spalten können.

Gut und angenehm Gesicht rasieren hat nicht nur mit Schärfe- Qualität zu tun sondern mit Schneidwinkel und Winkel der Klinge zur Haut. Um sauber zu rasieren mit Schneidwinkel um 20 Grag kann man die Klinge flacher zur Haut führen und die schneidet nicht in Die rein. Nur sind die Winkel um 20 Grad zu instabil für Messer.
Um Gesicht mit Schneidwinkel um 36 Grad sauber zu rasieren muss man Winkel der Klinge zur Haut erhöhen und dabei gibt's wesentlich mehr Hautverletzungen.
 
Lieber @Bukowski,
ein
Delica Wharncliffe in blau und K390 sollte morgens endlich an mich geliefert werden. Alle Spydercos, die ich im 21. Jahrhundert erstanden habe, etwa ein Dutzend, kamen sehr scharf an.
Du beschreibst Dein Exemplar frisch aus der Schachtel als eher unterscharf. Hast Du sonst bei den Spydies solche Erfahrungen gemacht ?
Liebe Grüße aus Wien& Danke!
 
@Bukowski
Sehr schöne Kollektion: die 15 scharfen Spinnen.
Wenn das Stück von knivesandtools nicht gut geschärft ist, dann geht es zurück und ich kaufe es ganz traditionell bei Lorenzi oder dem Messerkönig hier in Wien.
 
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