Rock'n'Roll
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Boas,
hatte mich mal intensiver umgeschaut. Nach Puukkos. Und festgestellt, daß das Angebot gegen unendlich geht. Konkrete Infos sind dagegen rar gesät. Was die Geschichte, den Sinn und Zweck und sowas in der Richtung angeht. 2016 ist von Anssi Ruusuvuori „Puukko“ in englischer Sprache erschienen, die leicht gekürzte deutsche Fassung ist mittlerweile auf dem Markt (Wieland).
Ein sehr lesenswerter Blog füllt seit fünf Jahren viele Lücken. Und es gibt klasse Messer - auch deren Fertigstellung - zu sehen. Man stößt auf Macher mit Rang und Namen - Roselli oder Pekka Tuominen. Nach dessen Design hatte ich mir letztens Spydercos Flash Batch Lil‘ Nilakka zugelegt …
Dann gibt es da noch Jukka Hankala, die Kainuun-Puukkos, Tapio Syrjälä, Mikko Inkeroinen, Pasi Hurttila, Seishi Oizumi - und Joonas Kallioniemi. Mal beispielsweise. Der ist btw auch Mitglied hier im Forum seit 2010. Macht sehr präzise Puukkos, wie ich das mal nennen will. Seit 2013 ist er nicht mehr zugegen gewesen. Jean-José Tritz nicht vergessen …
Das ist nur eine kleine Auswahl der zahlreichen Protagonisten. Aber deren Messer haben mir besonders gut gefallen. Was denn nu?? Kainnuunn zum Anfang mal antesten, bei Tuominen oder Hankala mal anfragen. Ich konnte mich nicht wirklich entscheiden.
Ich hab' dann mal bei Daniel angefragt :glee:: „Mal was ganz Anderes. Ich habe kein Puukko. Das, was mir am besten gefällt, ist das im Anhang von Master Blade Smith Jukka Hankala aus Finnland - ein Tommi-Puukko. Bevor ich ihn frage, frage ich Dich: Kannst Du Dir vorstellen, mir sowas zu bauen - Wolframstahl, klassisch rhombische Klinge, Lederscheiben, Kupfer/Messing, schlichte dunkelbraune Lederscheide, vielleicht so 18-20 cm über alles. Mal so als Anhaltspunkt.“
Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, daß Daniel einsteigen würde. Umso größer meine Überraschung, als er - ganz im Gegenteil - sofort zugestimmt hat: „Jo, ....mit Puukkos hast Du bei mir eine Ader getroffen.....wie gesagt, seit meiner Kindheit liebe ich diese Messer.“ Es stellte sich zu meinem Erstaunen heraus, daß es sein erstes sein würde. Wir haben ausgiebig diskutiert. Über rhombisch, Material der Monturen, Leder, schlank ballige Geometrie, die Maße …
Am Ende waren wir uns einig …
„… Ledergriffe haben was, mir gefallen sie auch....sehen irgendwie abenteuerlich gefährlich aus und sind kaum kaputt zu bekommen …..
wenn ich mir das Messer mit dreckigem Stahl (Kupfer) als Monturen vorstelle, sieht die Welt schon viel rasanter aus......
ballig auf null ok , aber um mir hier zu helfen, würde ich die Klinge wesentlich lieber mit leicht balliger Sekundärfase versehen, ich bekommen leichter einen geraden Schnittverlauf auf die Klinge und gibt auch effizienter die akkuratere Spitze....so eine Winz-Fase ist ja auch schnell weggestroppt.
Rhombische Klinge ist auch kein Problem …
Flachoval ist in meinen Augen perfekt.“
Stahl der Wahl
Was den Stahl angeht, waren 2514 und C125 im Gespräch. Doch dann:
„… jetzt ist es nun mal so dass die Masse 180 x 20 x 3,5 mm einen ziemlich schmalen Streifen Stahl ergeben.....im Normalfall kommt so was in die Restekiste und ergibt irgendwann mal ein Stemmeisen.....oder sonst was .... ich hab mal ein paar Stemmeisen gemacht und es blieb ein Streifen übrig ...und den hab ich in die Restekiste getan und vergessen .... und beim Vorkramen seh ich dass der auf jeden Fall für so eine schmale, schlanke und kurze Puukkoklinge von 180mm GL langt....der Streifen miss 190 X 23 X 3,6...und es ist 2552! ....kurz und gut.... haste Bock auf den 2552....?....gooooiles Zeug! .... etwas weniger C als der 2442 aber gleich viel W......ist einer meiner liebsten Stähle ... ...ein Glücksfall und passt wie A… auf Eimer.....!...finde ich“
Da hab‘ ich nicht widersprechen wollen. Daniel hatte ihn mir schon vor längerer Zeit nahegelegt und ich hatte mir demzufolge von Thomas Froberg den Practical Dagger mit einer 2552-Klinge bauen lassen. DELIKAT !!!
1.2552 hält weniger lang die Schärfe als beispielsweise 1.2519, ist dafür aber zäher. Und darauf kommt es mir an!! Zum Vergleich hier einmal die Gegenüberstellung von 1.2552 und 1.2235, der neben z.B. Silberstahl 1.2210 von Puukko-Machern gern genutzt wird:
1.2552 aka 80WCrV8: C: 0.75-0.85 Si: 0.40-0.60 Mn: 0.30-0.50 Cr: 1.00-1.20 W: 1.80-2.10 V: 0.25-0.35
1.2235 aka 80CrV2: C:0,75-0,8 Cr:0,40-0,70 Si:0,25-0,40 Mn:0,30-0,50 V:0,15-0,25%
U.Gerfin meint:
„1.2552 hat allein an Chrom, Vanadium und Wolfram schon über 3 % Legierungselemente-Der Stahl ist also trotz seiner "nur " 0,8 % C deutlich übereutektoidisch und hat auch gehärtet neben der martensitischen Grundmasse freie Karbide-vermutlich die schon sehr harten Chrom-Wolfram-Vanadium-Mischkarbide. Das macht ihn schon recht anlaßbeständig- bei 300 Grad bleibt er noch auf 58 HRC( oder darüber).
1.2519 mit ähnlicher Grundlegierung liegt dagegen schon weit im übereutektoidischen Bereich. Die vielen harten Karbide machen ihn deutlich verschleißfester als Stahl 1.2552 aber auch schon etwas weniger zäh.“
„Man kann wohl sagen, daß kein Legierungsmetall für Werkzeuge so wertvoll ist wie das Wolfram; …“
F. Rapatz, Die Edelstähle 5. Auflage 1962, Seite 218
„Die für feinschneidige Werkzeuge besonders günstigen Legierungselemente sind: Kohlenstoff, Stickstoff, Chrom, Wolfram, Niob/Tantal (als Karbidbildner). ….. In jedem Fall ist Wolfram dem Vanadium vorzuziehen, da es bei gleicher Mengenzugabe wesentlich kleinere und besser verteilte Karbide fast gleicher Härte bildet.“
Roman Landes, Messerklingen und Stahl, 2. Auflage 2006, Seite 88
The Rat King …
Es stellte sich die Frage nach der Behandlung der Lederscheiben. Stabilisieren oder mit Bienenwachs imprägnieren. Stabilisieren würde wasserabweisend wirken, imprägnieren dafür handschmeichelnd. Ich habe mich für die angenehme Haptik entschieden. Und die ist überragend!
Das Jahre alte, durchgehend dunkelgraue - weil faßgegerbte - Leder sollte dem Messerchen in Kombination mit den schmuddeligen Kupfermonturen zu einem schön rotzig-rattigen Auftritt verhelfen: „...ein finish von den Docks wirds wohl werden.....man könnte den Griff noch nach Fisch stinken lassen, ....so richtig authentisch....und zum Schluss mit Kau-Tabak end-finishen ….“ …
Die Dinge fügten sich. Im Verlauf der Fertigstellung schlug Daniel dann der rhombische Querschnitt der Klinge schwer auf den Magen :distant:. Den dicksten Teil der Klinge Richtung Schneide zu verlegen, wurde ihm zunehmend suspekt. Von Verklemmen war die Rede: „ ...bin etwas ratlos und tendiere dazu diese Klinge von der Geometrie in Frage zu stellen ....“ Die Diskussion über Sinn und Zweck ging hin und her. Ich hatte das Gefühl, gleich landet der Rhombus in der Tonne !
Mir war schon klar, daß der kleine Zwuckel kein Slicer werden würde. Und daß eine Klinge gleicher maximaler Stärke mit hochgezogenem Anschliff eine Möhre sanfter „knacken“ würde. Aber ich wollte ja kein Küchenmesser. Ich wollte ein traditionelles finnisches Puukko. Ein Messerchen, das Generationen von Samen als Allrounder bei sich getragen haben. Schon aus reiner Neugierde …
Nach diversem Hin und Her dann: „.....ich hab heute noch einen Tick dünner ausgeschliffen, konnt ich mir nicht verkneifen.... ...ich ziehs jetzt durch...bin nämlich auch gespannt wies weitergeht .....“
Zwischenbemerkung: „....Mann, das ist ein echt kleines Messer,....!“
Am Ende - das nehmen wir hier mal vorweg - hat Daniel gleich ein zweites Puukko hinterhergeschoben. Mit Anschliff direkt vom Klingenrücken …
Wäre schön Jens, wenn Du das gelegentlich mal hier einstellen könntest. Zum Vergleich …
Das Tommi im Gebrauch …
Nach all den Diskussionen ums Verklemmen und den möglichen Sinn und Zweck einer rhombischen Klinge war mir mittlerweile annähernd schlecht, als das Messer seinen Weg nach Portugal antrat. Bis nach Good Old Germany ging es recht flott. Dann war der Wurm drin. 14 Tage über Madrid und Lissabon - dann konnte ich es in Empfang nehmen.
Mal auf die Schneide fassen. Scharf. Schon mal beruhigend! Papier schneiden. Dann Karton. Mehrfach gefaltet danach. Von Verklemmen nichts zu merken. Erst mal gut jetzt. Bissi stroppen kann ja nicht schaden. Wegen der Micro-Fase …
Am nächsten Tag dann Kork, Eukalyptus, Eukalyptusrinde. Scheibchenweise. Sowohl als auch kein Thema, kein Verklemmen. Verästelungen wegschlagen, Rinde abschälen, fotografieren …
Die Schärfe hatte etwas nachgelassen, war aber nach ein paar Zügen über Schleifleinen sofort wieder voll da. Apfel schälen. Wie mit meinem Küchenmesser. Apfel halbieren, vierteln. Es funktioniert, aber schön ist das nicht. Was zu erwarten war. Hier kann man von Verklemmen sprechen. Das Puukko tut sich erwartungsgemäß schwer.
Jetzt noch die Kerngehäuse rausnehmen. Und das ist die Überraschung schlechthin. Besser als mit meinem Herder 1922 Office oder dem Kneipchen. Bei den beiden kann es schon mal sein, daß beim Schnitt um die Kurve ein Stück vom Apfel wegbricht. Wenn er mürbe oder sehr knackig ist. Nicht so beim Puukko. Das Schnittbild ist nicht sonderlich attraktiv. Aber die Klinge macht elegant die Runde. Es geht spürbar leichter als mit den anderen beiden Messern.
Bei meinen Recherchen zum Puukko und seinen Eigenschaften war ich auf einen Beitrag gestoßen, der den entscheidenden Vorteil der rhombischen Klinge darin sah, daß man kleinere Radien damit schneiden kann als mit nicht rhombischen Klingen gleicher Höhe - z.B. Löffel aushöhlen. Kann man sich ja vorstellen. Und genau diese Eigenart kommt beim Kerngehäuse zum Tragen.
Man könnte jetzt den „Buckel“ oben noch wegstroppen :drunk:. Dann hätte man eine durchgehend konvexe flachovale Klinge - passend zum Griff. Wie bei den alten Küchenmessern von Herder …
Bei zig Versuchen kommt immer dasselbe raus. Keine Ausbrüche beim Rausschneiden des Kerngehäuses. Ich hab dann noch mal verglichen mit zwei anderen Messern - dem Fire Groover und dem Fischhautklapper. Alle drei Klingen halbieren, vierteln und zerkleinern Äpfel gleich unteroptimal. Das Rhombische macht sich hier im Vergleich nicht spürbar negativ bemerkbar.
Knoblauch stand noch auf dem Programm. Das geht erfreulich leicht von der Hand. Und macht im wesentlichen keinen Unterschied im Vergleich mit einem Küchenmesserchen. Hier kommt allerdings das nicht stabilisierte Leder ins Spiel. „Man könnte den Griff noch nach Fisch stinken lassen“, hatte Daniel gemeint. Oder nach Knoblauch. Was im Ergebnis heißt, daß die Karriere des Rattenkönigs nach diesen rein „wissenschaftlich“ orientierten Einsätzen in der Küche sein Ende nehmen wird …
Volles Rohr …
Für mich ein sehr guter Maßstab für die Beurteilung der Schneidleistung einer Klinge ist mittlerweile das Schneiden von Schilfrohr. Es gibt eine Menge Vergleichsmaterial, das ich zur Beurteilung heranziehen kann. Also rein ins Dickicht. Zum aktuellen Abgleich dabei der Fire Groover und Bark Rivers Ultra Lite Bushcrafter (ULB).
Bei einem zweiten Termin noch im Rucksack: SplinterS - das Scandi von MLL, Daniels Sündenbock, Seekuh und Walroßzahn von Thomas Froberg und der Fischhautklapper. Das Ergebnis im Vergleich zum Puukko sieht aus wie folgt. Alle - bis auf den ULB - gehen bei mehrfachen Versuchen gerade und sauber durch, unterscheiden sich lediglich im erforderlichem Kraftaufwand:
Fire Groover (konvex): geht etwas schwerer durch
ULB (konvexer Scandi): geht schwerer durch und hält nicht immer den vorgegebenen Winkel ein
SplinterS (klassischer Scandi): geht deutlich schwerer durch
Seekuh (flach mit balliger Fase): identisch
Walroßzahn (flach mit balliger Fase): identisch
Sündenbock (filigran konvex): geht etwas leichter durch
Fischhautklapper (konvex): identisch
Feine Schnitte in trockenes Holz - sowas wie Feathersticks - gehen leicht und im Ergebnis gut von der Hand. Hartes Holz hab ich noch herangezogen. Durchgetrockneten Eukalyptus und knüppelhartes, gedörrtes Pinienholz, das seit mehreren Jahren draußen in der Sonne liegt. Eine Stunde Rinde runter, Verästelungen weg, kleine Stückchen vorm Ende wegschneiden. Mit befriedigendem Ergebnis.
Hier empfiehlt es sich, den gesamten Griff mit der Hand zu umfassen und dann direkt vor dem Griff zu schneiden. Man hat eine exzellente Gewalt über die Schnitte. Und es schont den Daumen der linken Hand. 1,1 mm am Klingenrücken sind nicht gerade viel. Aber auch gelegentlichen Daumeneinsatz für den nötigen Nachdruck habe ich gut überstanden. Da ich häufig mit Holz arbeite, hat sich mittlerweile eine gewisse Immunität gegen diese Art Belastung eingestellt.
Das Puukko ist deutlich hecklastig, was sich im Handling sehr positiv auswirkt. Insgesamt hat man das Gefühl, ein sehr solides Messer in der Hand zu haben. Und reibt sich die Augen, wenn man es auf die Waage legt und die dann schlanke 77 Gramm anzeigt …
Daß das Tommi - auch im Vergleich mit den oben zitierten Messern - so gut abschneidet, führe ich auch darauf zurück, daß die Micro-Fase dank Stroppen mittlerweile Geschichte ist . Auch läßt sich der 2552 sehr schön sauscharf abziehen. Der Gesamtschneidenwinkel von 15 Grad und die 0,25 mm hinter der Wate tun ihr Übriges. Als besonders hilfreich habe ich die Tatsache empfunden, daß die scharfe Schneide direkt am Griff beginnt.
Anzumerken wäre hier noch folgende Besonderheit:
Um die Spitze nicht zu schwächen, hat Daniel die Linie der vollen Stärke der Klinge bis ganz nach vorn durchlaufen lassen. Bei anderen Puukkos ist das in der Regel nicht der Fall. Vielmehr ist der Anschliff dort stärker um die Spitze herum hochgezogen. Die Klingenstabilität nimmt bei ihnen daher zumeist schon mehr oder weniger deutlich vor der Spitze ab.
In einem weiteren Vergleich habe ich den Schwerpunkt auf die Handlage gelegt. Daß die Haptik durch die unstabilisierten Lederscheiben sehr angenehm ist, hatte ich ja eingangs schon erwähnt. Hier habe ich konkret vier Messer im ständigen Wechsel zur Hand genommen und kleine Schnipsel von einem Schilfrohr weggeschnitten.
Dem Puukko hierbei den Fire Groover, den Sündenbock und den Ultra Lite Bushcrafter gegenübergestellt. Gegen die Handlage aller drei Messer habe ich keinerlei Einwände. Ganz im Gegenteil. Besonders diejenige des ULB habe ich immer gelobt. Keine Schnörkel. Locker leichtes Drehen und Wenden in der Hand.
Nimmt man dagegen das Puukko zur Hand, glaubt man es nicht, was der schlicht flachovale Griff für ein Segen ist. Besser geht nicht. Der Griff verschmilzt mit der Hand. Und füllt sie durch die leicht bauchige Gestalt auch passend aus. Was zudem im Ergebnis - im Zusammenspiel mit den Lederscheiben - neben dem Wohlgefühl ein sicheres Handling gewährleistet.
Wie gesagt, das Messerchen ist klein. In meiner Hand reicht es für eine Vierfinger-Faust …
Zu guter Letzt …
Am Ende wollte ich es noch einmal wissen. Und habe mir zwei gut durchgetrocknete Eukalyptusknüppel der Stärke zwei Zentimeter gegriffen und das Puukko gegen den Fire Groover (2,7 mm Klingenstärke und gut 0,3 mm hinter der Wate) anschneiden lassen. Knüppel mit der Spitze auf eine Holzbank aufgesetzt und mit kräftigen, rundum schräg angesetzten Schnitten versucht, sie zu durchtrennen.
Ich habe es nicht glauben wollen. Aber das Puukko liegt hier mit überdeutlichem Vorsprung vorn. Mit dem Fire Groover habe ich mir einen abgequält. Es war vergleichsweise eine Tortur, in das Holz einzudringen. Bei weniger Kraftaufwand dringt das Tommi wesentlich tiefer ein. Es sind erheblich weniger Schnitte erforderlich.
Wir können also davon ausgehen, daß das Puukko bis zu der hier zum Tragen kommenden Einschnitt-Tiefe von bis zu etwa 1,5 Zentimeter seinen oben bereits ausgeführten Geometrievorteil überzeugend ausspielt. Auch liegt der Griff bei dem starken Druck erheblich schonender in der Hand und die direkt dahinter verfügbare Schneide ist sehr hilfreich.
Das Entstehen eines finnischen Tommi-Puukkos in all seinen Facetten einschließlich kritischer Reflektion im Dialog mit dem Macher - ein überaus großes und lehrreiches Vergnügen!!! Was das Puukko selbst angeht? Ein geniales Messer! Ich schwanke zwischen tiefer Zuneigung und Obsession …
Rat King - Boll Custom Tommi Puukko
1.2552 aka 80WCrV8: C: 0.75-0.85 Si: 0.40-0.60 Mn: 0.30-0.50 Cr: 1.00-1.20 W: 1.80-2.10 V: 0.25-0.35
Fixed
Gesamtlänge: 174 mm (195 mm mit Scheide)
Klingenlänge: 85 mm (88 mm scharf entlang der Schneidfase gemessen)
Klingenhöhe: 20,5 mm max., 19 mm in der Klingenmitte
Klinge: 3,5 mm 1.2552 aka 80WCrV8, 59-60 HRC, kein Ricasso, keine Schleifkerbe, Stock removal
Der leicht ballige Anschliff beginnt auf etwa 3/4 der Klingenhöhe. In der Klingenmitte sehen wir die maximale Stärke von 3,4 mm in der Höhe von 15 mm. Darüber verjüngt sich die Klinge deutlich auf 1,1 mm am Klingenrücken. Sie ist leicht ballig runter auf 0,25 mm ausgeschliffen und geht von dort in einer winzigen Micro-Fase weiter ballig auf Null (im Auslieferungszustand ).
Der Gesamtschneidenwinkel beträgt 15 Grad …
Griff: 89 mm unstabilisierte, gewachste Lederscheiben (Faßgerbung) mit Kupfermonturen, vernietet
Griffdicke: Vorn - Mitte - hinten: 14 - 15,7 - 14,2 mm
Griffhöhe: Vorn - Mitte - hinten: 22 - 23,3 - 21,3 mm
Gewicht: 77 Gramm (mit Scheide 100 Gramm)
Deutlich hecklastig
Formstabile schwarz-rote Walklederscheide
Here we go ...
Die Jukebox mit den Finn-Rockern 22-Pistepirkko - „Rat King“
Aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
hatte mich mal intensiver umgeschaut. Nach Puukkos. Und festgestellt, daß das Angebot gegen unendlich geht. Konkrete Infos sind dagegen rar gesät. Was die Geschichte, den Sinn und Zweck und sowas in der Richtung angeht. 2016 ist von Anssi Ruusuvuori „Puukko“ in englischer Sprache erschienen, die leicht gekürzte deutsche Fassung ist mittlerweile auf dem Markt (Wieland).
Ein sehr lesenswerter Blog füllt seit fünf Jahren viele Lücken. Und es gibt klasse Messer - auch deren Fertigstellung - zu sehen. Man stößt auf Macher mit Rang und Namen - Roselli oder Pekka Tuominen. Nach dessen Design hatte ich mir letztens Spydercos Flash Batch Lil‘ Nilakka zugelegt …
Dann gibt es da noch Jukka Hankala, die Kainuun-Puukkos, Tapio Syrjälä, Mikko Inkeroinen, Pasi Hurttila, Seishi Oizumi - und Joonas Kallioniemi. Mal beispielsweise. Der ist btw auch Mitglied hier im Forum seit 2010. Macht sehr präzise Puukkos, wie ich das mal nennen will. Seit 2013 ist er nicht mehr zugegen gewesen. Jean-José Tritz nicht vergessen …
Das ist nur eine kleine Auswahl der zahlreichen Protagonisten. Aber deren Messer haben mir besonders gut gefallen. Was denn nu?? Kainnuunn zum Anfang mal antesten, bei Tuominen oder Hankala mal anfragen. Ich konnte mich nicht wirklich entscheiden.
Ich hab' dann mal bei Daniel angefragt :glee:: „Mal was ganz Anderes. Ich habe kein Puukko. Das, was mir am besten gefällt, ist das im Anhang von Master Blade Smith Jukka Hankala aus Finnland - ein Tommi-Puukko. Bevor ich ihn frage, frage ich Dich: Kannst Du Dir vorstellen, mir sowas zu bauen - Wolframstahl, klassisch rhombische Klinge, Lederscheiben, Kupfer/Messing, schlichte dunkelbraune Lederscheide, vielleicht so 18-20 cm über alles. Mal so als Anhaltspunkt.“
Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, daß Daniel einsteigen würde. Umso größer meine Überraschung, als er - ganz im Gegenteil - sofort zugestimmt hat: „Jo, ....mit Puukkos hast Du bei mir eine Ader getroffen.....wie gesagt, seit meiner Kindheit liebe ich diese Messer.“ Es stellte sich zu meinem Erstaunen heraus, daß es sein erstes sein würde. Wir haben ausgiebig diskutiert. Über rhombisch, Material der Monturen, Leder, schlank ballige Geometrie, die Maße …
Am Ende waren wir uns einig …
„… Ledergriffe haben was, mir gefallen sie auch....sehen irgendwie abenteuerlich gefährlich aus und sind kaum kaputt zu bekommen …..
wenn ich mir das Messer mit dreckigem Stahl (Kupfer) als Monturen vorstelle, sieht die Welt schon viel rasanter aus......
ballig auf null ok , aber um mir hier zu helfen, würde ich die Klinge wesentlich lieber mit leicht balliger Sekundärfase versehen, ich bekommen leichter einen geraden Schnittverlauf auf die Klinge und gibt auch effizienter die akkuratere Spitze....so eine Winz-Fase ist ja auch schnell weggestroppt.
Rhombische Klinge ist auch kein Problem …
Flachoval ist in meinen Augen perfekt.“
Stahl der Wahl
Was den Stahl angeht, waren 2514 und C125 im Gespräch. Doch dann:
„… jetzt ist es nun mal so dass die Masse 180 x 20 x 3,5 mm einen ziemlich schmalen Streifen Stahl ergeben.....im Normalfall kommt so was in die Restekiste und ergibt irgendwann mal ein Stemmeisen.....oder sonst was .... ich hab mal ein paar Stemmeisen gemacht und es blieb ein Streifen übrig ...und den hab ich in die Restekiste getan und vergessen .... und beim Vorkramen seh ich dass der auf jeden Fall für so eine schmale, schlanke und kurze Puukkoklinge von 180mm GL langt....der Streifen miss 190 X 23 X 3,6...und es ist 2552! ....kurz und gut.... haste Bock auf den 2552....?....gooooiles Zeug! .... etwas weniger C als der 2442 aber gleich viel W......ist einer meiner liebsten Stähle ... ...ein Glücksfall und passt wie A… auf Eimer.....!...finde ich“
Da hab‘ ich nicht widersprechen wollen. Daniel hatte ihn mir schon vor längerer Zeit nahegelegt und ich hatte mir demzufolge von Thomas Froberg den Practical Dagger mit einer 2552-Klinge bauen lassen. DELIKAT !!!
1.2552 hält weniger lang die Schärfe als beispielsweise 1.2519, ist dafür aber zäher. Und darauf kommt es mir an!! Zum Vergleich hier einmal die Gegenüberstellung von 1.2552 und 1.2235, der neben z.B. Silberstahl 1.2210 von Puukko-Machern gern genutzt wird:
1.2552 aka 80WCrV8: C: 0.75-0.85 Si: 0.40-0.60 Mn: 0.30-0.50 Cr: 1.00-1.20 W: 1.80-2.10 V: 0.25-0.35
1.2235 aka 80CrV2: C:0,75-0,8 Cr:0,40-0,70 Si:0,25-0,40 Mn:0,30-0,50 V:0,15-0,25%
U.Gerfin meint:
„1.2552 hat allein an Chrom, Vanadium und Wolfram schon über 3 % Legierungselemente-Der Stahl ist also trotz seiner "nur " 0,8 % C deutlich übereutektoidisch und hat auch gehärtet neben der martensitischen Grundmasse freie Karbide-vermutlich die schon sehr harten Chrom-Wolfram-Vanadium-Mischkarbide. Das macht ihn schon recht anlaßbeständig- bei 300 Grad bleibt er noch auf 58 HRC( oder darüber).
1.2519 mit ähnlicher Grundlegierung liegt dagegen schon weit im übereutektoidischen Bereich. Die vielen harten Karbide machen ihn deutlich verschleißfester als Stahl 1.2552 aber auch schon etwas weniger zäh.“
„Man kann wohl sagen, daß kein Legierungsmetall für Werkzeuge so wertvoll ist wie das Wolfram; …“
F. Rapatz, Die Edelstähle 5. Auflage 1962, Seite 218
„Die für feinschneidige Werkzeuge besonders günstigen Legierungselemente sind: Kohlenstoff, Stickstoff, Chrom, Wolfram, Niob/Tantal (als Karbidbildner). ….. In jedem Fall ist Wolfram dem Vanadium vorzuziehen, da es bei gleicher Mengenzugabe wesentlich kleinere und besser verteilte Karbide fast gleicher Härte bildet.“
Roman Landes, Messerklingen und Stahl, 2. Auflage 2006, Seite 88
The Rat King …
Es stellte sich die Frage nach der Behandlung der Lederscheiben. Stabilisieren oder mit Bienenwachs imprägnieren. Stabilisieren würde wasserabweisend wirken, imprägnieren dafür handschmeichelnd. Ich habe mich für die angenehme Haptik entschieden. Und die ist überragend!
Das Jahre alte, durchgehend dunkelgraue - weil faßgegerbte - Leder sollte dem Messerchen in Kombination mit den schmuddeligen Kupfermonturen zu einem schön rotzig-rattigen Auftritt verhelfen: „...ein finish von den Docks wirds wohl werden.....man könnte den Griff noch nach Fisch stinken lassen, ....so richtig authentisch....und zum Schluss mit Kau-Tabak end-finishen ….“ …
Die Dinge fügten sich. Im Verlauf der Fertigstellung schlug Daniel dann der rhombische Querschnitt der Klinge schwer auf den Magen :distant:. Den dicksten Teil der Klinge Richtung Schneide zu verlegen, wurde ihm zunehmend suspekt. Von Verklemmen war die Rede: „ ...bin etwas ratlos und tendiere dazu diese Klinge von der Geometrie in Frage zu stellen ....“ Die Diskussion über Sinn und Zweck ging hin und her. Ich hatte das Gefühl, gleich landet der Rhombus in der Tonne !
Mir war schon klar, daß der kleine Zwuckel kein Slicer werden würde. Und daß eine Klinge gleicher maximaler Stärke mit hochgezogenem Anschliff eine Möhre sanfter „knacken“ würde. Aber ich wollte ja kein Küchenmesser. Ich wollte ein traditionelles finnisches Puukko. Ein Messerchen, das Generationen von Samen als Allrounder bei sich getragen haben. Schon aus reiner Neugierde …
Nach diversem Hin und Her dann: „.....ich hab heute noch einen Tick dünner ausgeschliffen, konnt ich mir nicht verkneifen.... ...ich ziehs jetzt durch...bin nämlich auch gespannt wies weitergeht .....“
Zwischenbemerkung: „....Mann, das ist ein echt kleines Messer,....!“
Am Ende - das nehmen wir hier mal vorweg - hat Daniel gleich ein zweites Puukko hinterhergeschoben. Mit Anschliff direkt vom Klingenrücken …
Wäre schön Jens, wenn Du das gelegentlich mal hier einstellen könntest. Zum Vergleich …
Das Tommi im Gebrauch …
Nach all den Diskussionen ums Verklemmen und den möglichen Sinn und Zweck einer rhombischen Klinge war mir mittlerweile annähernd schlecht, als das Messer seinen Weg nach Portugal antrat. Bis nach Good Old Germany ging es recht flott. Dann war der Wurm drin. 14 Tage über Madrid und Lissabon - dann konnte ich es in Empfang nehmen.
Mal auf die Schneide fassen. Scharf. Schon mal beruhigend! Papier schneiden. Dann Karton. Mehrfach gefaltet danach. Von Verklemmen nichts zu merken. Erst mal gut jetzt. Bissi stroppen kann ja nicht schaden. Wegen der Micro-Fase …
Am nächsten Tag dann Kork, Eukalyptus, Eukalyptusrinde. Scheibchenweise. Sowohl als auch kein Thema, kein Verklemmen. Verästelungen wegschlagen, Rinde abschälen, fotografieren …
Die Schärfe hatte etwas nachgelassen, war aber nach ein paar Zügen über Schleifleinen sofort wieder voll da. Apfel schälen. Wie mit meinem Küchenmesser. Apfel halbieren, vierteln. Es funktioniert, aber schön ist das nicht. Was zu erwarten war. Hier kann man von Verklemmen sprechen. Das Puukko tut sich erwartungsgemäß schwer.
Jetzt noch die Kerngehäuse rausnehmen. Und das ist die Überraschung schlechthin. Besser als mit meinem Herder 1922 Office oder dem Kneipchen. Bei den beiden kann es schon mal sein, daß beim Schnitt um die Kurve ein Stück vom Apfel wegbricht. Wenn er mürbe oder sehr knackig ist. Nicht so beim Puukko. Das Schnittbild ist nicht sonderlich attraktiv. Aber die Klinge macht elegant die Runde. Es geht spürbar leichter als mit den anderen beiden Messern.
Bei meinen Recherchen zum Puukko und seinen Eigenschaften war ich auf einen Beitrag gestoßen, der den entscheidenden Vorteil der rhombischen Klinge darin sah, daß man kleinere Radien damit schneiden kann als mit nicht rhombischen Klingen gleicher Höhe - z.B. Löffel aushöhlen. Kann man sich ja vorstellen. Und genau diese Eigenart kommt beim Kerngehäuse zum Tragen.
Man könnte jetzt den „Buckel“ oben noch wegstroppen :drunk:. Dann hätte man eine durchgehend konvexe flachovale Klinge - passend zum Griff. Wie bei den alten Küchenmessern von Herder …
Bei zig Versuchen kommt immer dasselbe raus. Keine Ausbrüche beim Rausschneiden des Kerngehäuses. Ich hab dann noch mal verglichen mit zwei anderen Messern - dem Fire Groover und dem Fischhautklapper. Alle drei Klingen halbieren, vierteln und zerkleinern Äpfel gleich unteroptimal. Das Rhombische macht sich hier im Vergleich nicht spürbar negativ bemerkbar.
Knoblauch stand noch auf dem Programm. Das geht erfreulich leicht von der Hand. Und macht im wesentlichen keinen Unterschied im Vergleich mit einem Küchenmesserchen. Hier kommt allerdings das nicht stabilisierte Leder ins Spiel. „Man könnte den Griff noch nach Fisch stinken lassen“, hatte Daniel gemeint. Oder nach Knoblauch. Was im Ergebnis heißt, daß die Karriere des Rattenkönigs nach diesen rein „wissenschaftlich“ orientierten Einsätzen in der Küche sein Ende nehmen wird …
Volles Rohr …
Für mich ein sehr guter Maßstab für die Beurteilung der Schneidleistung einer Klinge ist mittlerweile das Schneiden von Schilfrohr. Es gibt eine Menge Vergleichsmaterial, das ich zur Beurteilung heranziehen kann. Also rein ins Dickicht. Zum aktuellen Abgleich dabei der Fire Groover und Bark Rivers Ultra Lite Bushcrafter (ULB).
Bei einem zweiten Termin noch im Rucksack: SplinterS - das Scandi von MLL, Daniels Sündenbock, Seekuh und Walroßzahn von Thomas Froberg und der Fischhautklapper. Das Ergebnis im Vergleich zum Puukko sieht aus wie folgt. Alle - bis auf den ULB - gehen bei mehrfachen Versuchen gerade und sauber durch, unterscheiden sich lediglich im erforderlichem Kraftaufwand:
Fire Groover (konvex): geht etwas schwerer durch
ULB (konvexer Scandi): geht schwerer durch und hält nicht immer den vorgegebenen Winkel ein
SplinterS (klassischer Scandi): geht deutlich schwerer durch
Seekuh (flach mit balliger Fase): identisch
Walroßzahn (flach mit balliger Fase): identisch
Sündenbock (filigran konvex): geht etwas leichter durch
Fischhautklapper (konvex): identisch
Feine Schnitte in trockenes Holz - sowas wie Feathersticks - gehen leicht und im Ergebnis gut von der Hand. Hartes Holz hab ich noch herangezogen. Durchgetrockneten Eukalyptus und knüppelhartes, gedörrtes Pinienholz, das seit mehreren Jahren draußen in der Sonne liegt. Eine Stunde Rinde runter, Verästelungen weg, kleine Stückchen vorm Ende wegschneiden. Mit befriedigendem Ergebnis.
Hier empfiehlt es sich, den gesamten Griff mit der Hand zu umfassen und dann direkt vor dem Griff zu schneiden. Man hat eine exzellente Gewalt über die Schnitte. Und es schont den Daumen der linken Hand. 1,1 mm am Klingenrücken sind nicht gerade viel. Aber auch gelegentlichen Daumeneinsatz für den nötigen Nachdruck habe ich gut überstanden. Da ich häufig mit Holz arbeite, hat sich mittlerweile eine gewisse Immunität gegen diese Art Belastung eingestellt.
Das Puukko ist deutlich hecklastig, was sich im Handling sehr positiv auswirkt. Insgesamt hat man das Gefühl, ein sehr solides Messer in der Hand zu haben. Und reibt sich die Augen, wenn man es auf die Waage legt und die dann schlanke 77 Gramm anzeigt …
Daß das Tommi - auch im Vergleich mit den oben zitierten Messern - so gut abschneidet, führe ich auch darauf zurück, daß die Micro-Fase dank Stroppen mittlerweile Geschichte ist . Auch läßt sich der 2552 sehr schön sauscharf abziehen. Der Gesamtschneidenwinkel von 15 Grad und die 0,25 mm hinter der Wate tun ihr Übriges. Als besonders hilfreich habe ich die Tatsache empfunden, daß die scharfe Schneide direkt am Griff beginnt.
Anzumerken wäre hier noch folgende Besonderheit:
Um die Spitze nicht zu schwächen, hat Daniel die Linie der vollen Stärke der Klinge bis ganz nach vorn durchlaufen lassen. Bei anderen Puukkos ist das in der Regel nicht der Fall. Vielmehr ist der Anschliff dort stärker um die Spitze herum hochgezogen. Die Klingenstabilität nimmt bei ihnen daher zumeist schon mehr oder weniger deutlich vor der Spitze ab.
In einem weiteren Vergleich habe ich den Schwerpunkt auf die Handlage gelegt. Daß die Haptik durch die unstabilisierten Lederscheiben sehr angenehm ist, hatte ich ja eingangs schon erwähnt. Hier habe ich konkret vier Messer im ständigen Wechsel zur Hand genommen und kleine Schnipsel von einem Schilfrohr weggeschnitten.
Dem Puukko hierbei den Fire Groover, den Sündenbock und den Ultra Lite Bushcrafter gegenübergestellt. Gegen die Handlage aller drei Messer habe ich keinerlei Einwände. Ganz im Gegenteil. Besonders diejenige des ULB habe ich immer gelobt. Keine Schnörkel. Locker leichtes Drehen und Wenden in der Hand.
Nimmt man dagegen das Puukko zur Hand, glaubt man es nicht, was der schlicht flachovale Griff für ein Segen ist. Besser geht nicht. Der Griff verschmilzt mit der Hand. Und füllt sie durch die leicht bauchige Gestalt auch passend aus. Was zudem im Ergebnis - im Zusammenspiel mit den Lederscheiben - neben dem Wohlgefühl ein sicheres Handling gewährleistet.
Wie gesagt, das Messerchen ist klein. In meiner Hand reicht es für eine Vierfinger-Faust …
Zu guter Letzt …
Am Ende wollte ich es noch einmal wissen. Und habe mir zwei gut durchgetrocknete Eukalyptusknüppel der Stärke zwei Zentimeter gegriffen und das Puukko gegen den Fire Groover (2,7 mm Klingenstärke und gut 0,3 mm hinter der Wate) anschneiden lassen. Knüppel mit der Spitze auf eine Holzbank aufgesetzt und mit kräftigen, rundum schräg angesetzten Schnitten versucht, sie zu durchtrennen.
Ich habe es nicht glauben wollen. Aber das Puukko liegt hier mit überdeutlichem Vorsprung vorn. Mit dem Fire Groover habe ich mir einen abgequält. Es war vergleichsweise eine Tortur, in das Holz einzudringen. Bei weniger Kraftaufwand dringt das Tommi wesentlich tiefer ein. Es sind erheblich weniger Schnitte erforderlich.
Wir können also davon ausgehen, daß das Puukko bis zu der hier zum Tragen kommenden Einschnitt-Tiefe von bis zu etwa 1,5 Zentimeter seinen oben bereits ausgeführten Geometrievorteil überzeugend ausspielt. Auch liegt der Griff bei dem starken Druck erheblich schonender in der Hand und die direkt dahinter verfügbare Schneide ist sehr hilfreich.
Das Entstehen eines finnischen Tommi-Puukkos in all seinen Facetten einschließlich kritischer Reflektion im Dialog mit dem Macher - ein überaus großes und lehrreiches Vergnügen!!! Was das Puukko selbst angeht? Ein geniales Messer! Ich schwanke zwischen tiefer Zuneigung und Obsession …
Rat King - Boll Custom Tommi Puukko
1.2552 aka 80WCrV8: C: 0.75-0.85 Si: 0.40-0.60 Mn: 0.30-0.50 Cr: 1.00-1.20 W: 1.80-2.10 V: 0.25-0.35
Fixed
Gesamtlänge: 174 mm (195 mm mit Scheide)
Klingenlänge: 85 mm (88 mm scharf entlang der Schneidfase gemessen)
Klingenhöhe: 20,5 mm max., 19 mm in der Klingenmitte
Klinge: 3,5 mm 1.2552 aka 80WCrV8, 59-60 HRC, kein Ricasso, keine Schleifkerbe, Stock removal
Der leicht ballige Anschliff beginnt auf etwa 3/4 der Klingenhöhe. In der Klingenmitte sehen wir die maximale Stärke von 3,4 mm in der Höhe von 15 mm. Darüber verjüngt sich die Klinge deutlich auf 1,1 mm am Klingenrücken. Sie ist leicht ballig runter auf 0,25 mm ausgeschliffen und geht von dort in einer winzigen Micro-Fase weiter ballig auf Null (im Auslieferungszustand ).
Der Gesamtschneidenwinkel beträgt 15 Grad …
Griff: 89 mm unstabilisierte, gewachste Lederscheiben (Faßgerbung) mit Kupfermonturen, vernietet
Griffdicke: Vorn - Mitte - hinten: 14 - 15,7 - 14,2 mm
Griffhöhe: Vorn - Mitte - hinten: 22 - 23,3 - 21,3 mm
Gewicht: 77 Gramm (mit Scheide 100 Gramm)
Deutlich hecklastig
Formstabile schwarz-rote Walklederscheide
Here we go ...
Die Jukebox mit den Finn-Rockern 22-Pistepirkko - „Rat King“
Aus sunny Monte Gordo
R’n‘R
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