Renneisen geschmiedet

Xerxes

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Hi Leute,

mein Kollege Timm und ich haben vor einiger Zeit ein paar Rennöfen gefahren. Hier und hier. Nun haben wir es endlich geschafft, einen Teil davon zu verschmieden. Die letzten drei Tage (Mittwoch, Donnerstag und Freitag) hatten wir die Gelegenheit, in der Schmiede von Alfred Bullermann zu arbeiten und seine Maschinen zu benutzen. Mittwoch und Donnerstag habe ich alleine gearbeitet und heute (Freitag) war auch Timm dabei. Zur Verfügung standen uns ein 35Kg Reiter, ein 50 Kg Reiter und eine 250t Schmiedepresse. Neben ein paar Damastpaketen stand bei uns die Verarbeitung unseres Renneisens auf dem Plan.

Trotz dieser, für unsere Verhältnisse großen Maschinen, haben wir relativ wenig geschafft. Das liegt daran, das wir beim Luppe schmieden das volle Potential der Maschinen nicht nuzten konnten. Anders als beim Damastschmieden dauert es eine ganze Weile, bis man überhaupt erst ein kompaktes und gut schmiedbares Paket hat. Ein zu harter Schlag in einem zu frühen Stadium und das ganze Paket bröselt auseinander.

Wir haben nicht so viel geschafft, wie wir gehofft hatten aber unsere Ausbeute ist trotzdem ganz ansehnlich.

Verarbeitet haben wir unterschiedliches Material aus verschiedenen Erzen, welches wir nach Reinheitsgerad (im Bezug auf Phosphor und Schwefel) und Kohlenstoffgehalt vorsortiert haben.

Nun der Reihe nach die Barren von links nach rechts:

1: Sehr reiner Stahl aus hämatitischen Erz mit ca. 0,45% Kohlenstoff und ca. 10x gefaltet. Das Material ist schon ziemlich homogen. Ca. 280 Gramm.

2: Gleicher Stahl ca. zwei mal gefaltet. Ca. 345 Gramm.

3: Gleicher Stahl ca. zwei Mal gefaltet. Ca. 785 Gramm.

4: Renneisen aus Raseneisenerz mit hohem Phosphorgehalt und niedrigem Kohlenstoffgehalt schon recht homogen, ca. 5x gefaltet. Ca. 545 Gramm

5: Ein ordentliches Stück Tamahagane von Achim Wirtz, welches wir gegen phosphorhaltiges Renneisen getauscht haben. Noch sehr inhomogen und nur ein mal gefaltet. Sehr rein und mit einem Kohlenstoffgehalt deutlich über 1,0%. Ca. 1185 Gramm.

Viel Spaß beim Gucken

Gruß Jannis
 

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Gut gemacht:super:
Ich kann gut nachempfinden was Ihr da geleistet habt.
Bin gespannt was daraus wird.
Gruss unsel
 
Hi Xerxes,
vielen Dank für's Zeigen. Es ist sehr interessant, die Pakete in den unterschiedlichen Zuständen zu sehen.

Grüße

Jörg
 
Hi Leute,

ja, es steckt wirklich mehr Arbeit darin als man auf den ersten Blick sieht. Nur mal zum Vergleich. Ich/wir haben drei volle Arbeitstage (von 08:00-17:00) gearbeitet. In der Zeit habe ich drei Damastpakete (jeweils ca. 700 Gramm) geschmiedet und zu Vierkantstäben mit 700mm Länge ausgeschmieet. Das hat mich knapp vier Stunden gekostet. Der Rest der Zeit ist für die paar Stücke draufgegangen;-)

Und es gibt noch eine interessante Beobachtung zu berichten. Beim Schmieden haben die versch. Eisensorten einen charakteristischen Geruch abgegeben. Das Eisen aus Raseneisenerz hat den bekannten Geruch nach faulen Eiern und Sumpf abgegeben. Unser Eisen aus dem Carajas Sinterfeed hingegen, hat sehr intensiv nach Maggikraut (Liebstöckel) gerochen. Achims Eisen war nahezu geruchslos.

Hat jemand hier sowas schon erlebt? Ne Idee, woher der Maggi-Geruch kommt? Alle Eisensorten wurden mit Holzkohle verhüttet...

Gruß Jannis
 
Ja ich hatte schon mal so eine Beobachtung beim Schmieden von Römischen Eisen gemacht, es stieg mir ein beissender Geruch in die Nase. Das Eisen stammte von einem Römischen Frachter welche in der Gegend von Arles auf der Rhone sank.

Ansonsten gibts diese unterschiedlichen Gerüche tatsächlich, ich habs nur noch nie Erwähnt .....weil ich mich nicht getraut hab:steirer:

Gruss unsel
 
Achims Eisen war nahezu geruchslos.

Tja, Pavel und ich haben beim Verhütten am Tatara japanische Disziplin und Zurückhaltung gewahrt und nicht immer in die Lufteinlässe gefurzt. Das war bei den römischen Arbeitssklaven auf Zwiebeldiät sicher anders. :D

Im Ernst, mit sehr großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um Verbindungen, die in den Schlacken gebunden sind und beim starken Erhitzen und insbesondere Austreiben der Schlacken abrauchen.

Ich glaube zudem, dass das mit den Gerüchen jeder kennt, der mal öfter mit neuem oder altem Renneisen gearbeitet hat. Vielleicht was für "Wetten Dass...?", die Herkunft von 10 Eisenstangen am Geruch erkennen? :D
 
.....Und es gibt noch eine interessante Beobachtung zu berichten. Beim Schmieden haben die versch. Eisensorten einen charakteristischen Geruch abgegeben.....Hat jemand hier so etwas schon erlebt?.....
Wo die Gerüche herkommen, weiß ich nicht, aber ein Puddeleisen, das mir Romain großzügig überlassen hat, riecht bei der Verarbeitung intensiv nach Knoblauch. (Nein, die Propanflasche war gut zugedreht).

Ich kann nur vermuten, dass es sich hier um Mercaptane handelt, die sich mit Metallen gut verbinden.

Gruß

sanjuro
 
Schöne Renneisensammlung!
Zu den Gerüchen: Im Gegensatz zu Industriestählen können im Renneisen ganz ansehliche Mengen von den Stahlschädlingen Schwefel, Phosphor und Arsen enthalten sein. Ich habe z.B. ein Eisen mit fast 1% As. Diese Elemente sind in der Chemie als große "Stinker" bekannt, da ihre Verbindungen sehr geruchsintensiv sind und gleichzeitig eine extrem niedrige Geruchsschwelle (im ppb-Bereich) haben. Vor allem sind das ihre Wasserstoffverbindungen wie z.B Schwefelwasserstoff, Phosphan und Arsin, die sich alle unter den Bedingungen des Schmiedefeuers bilden können. In allen Kohlen sind Wasserstoffverbindungen bzw. Wasser enthalten, die mit Kohlenmonoxid Wasserstoff bilden, woraus dann diese Verbindungen (und auch noch viele andere) gebildet werden.
So riecht z.B. Schwefelwasserstoff nach falulen Eiern, Phosphan (darin enthaltene höhere Verbindungen) nach Knoblauch oder auch faulen Fisch und Arsin nach Knoblauch, also alles was die gute Küche zu bieten hat.

Gruß

Mythbuster
 
Zuletzt bearbeitet:
.....Zu den Gerüchen: Im Gegensatz zu Industriestählen können im Renneisen ganz ansehliche Mengen von den Stahlschädlingen Schwefel, Phosphor und Arsen enthalten sein.......So riecht z.B. Schwefelwasserstoff nach faulen Eiern, Phosphan (darin enthaltene höhere Verbindungen) nach Knoblauch oder auch faulem Fisch und Arsin nach Knoblauch, also alles, was die gute Küche zu bieten hat......
Danke, Oliver, für die gewohnt kompetente Aufklärung!

Dennoch bleibt für mich die Frage offen, wodurch diese Elemente trotz Verhüttung mit 'sauberer' Holzkohle bei Renneisen in nennenswerten Mengen vom Erz ins Eisen gelangen. Wir hatten das Thema ja ausführlich erörtert, und wie es scheint, war Phosphor eines der Elemente, die unvermeidlich migrieren.

Wie es scheint, ist das bei Arsen auch so, aber woher kommt der Schwefel (wenn er nicht aus der Steinkohle kommt, die ja bei Puddeleisen mit im Prozess ist)?

Gruß

sanjuro
 
Die Frage nach dem Schwefel ist berechtigt, da die Holzkohle ja sehr schwefelarm ist und daher nicht als Schwefelquelle in Frage kommt. Manche Erze enthalten aber dennoch nicht unwesentliche Schwefelgehalte sei es als Sulfide oder Sulfate (die dann zu Sulfiden reduziert werden) und so findet der Schwefel unweigerlich seinen Weg in's Eisen. Da hilft auch ein vorheriges Rösten des Erzes im Kohlefeuer nicht, da hier die Bedingungen schon zu reduzierend sind um das Erz ausreichend schwefelfrei zu machen.

Gruß

MythBuster
 
Hi Leute,

vielen Dank für die ausführlichen Antworten. Da bleibt bei mir aber trotzdem noch folgende Frage offen. Unser Eisen mit dem intensiven Maggigeruch wurde mit Holzkohle aus sehr reinem Erz verhüttet. Das Erz hat folgende Zusammensetzung:

Fe0 > 90%
Fe (total) = 60,94%
SiO2 = 6,21%
Al2O3 = 1,32%
CaO = 1,55%
P = 0,027%
S = 0,003%

Woher also die für den Geruch verantwortlichen Phosphor- und Schwefelverbindungen? Wäre es evtl. möglich, dass die aus der Ofenwand kommen? Ich habe für den Ofen Lehm verwendet, welchen ich klassisch mit Quarzsand und trockenem Pferdemist gemagert habe.

Gruß Jannis
 
Moin,
ich mutmaße mal, dass Achim auf der richtigen Spur ist und dass die Gerüche primär den Schlackeeinschlüssen entsteigen. Auch bereits raffiniertes Renneisen dürfte davon noch genug haben um zu duften.
Also dürfte die Migration in den Stahl kaum eine Rolle spielen.

Gruß,
Timm
 
....Da bleibt bei mir aber trotzdem noch folgende Frage offen:.....Woher also die für den Geruch verantwortlichen Phosphor- und Schwefelverbindungen? Wäre es evtl. möglich, dass die aus der Ofenwand kommen? Ich habe für den Ofen Lehm verwendet, welchen ich klassisch mit Quarzsand und trockenem Pferdemist gemagert habe......
Das halte ich für sehr unwahrscheinlich, da diese Baustoffe - Pferdemist hin oder her - doch im Wesentlichen aus Quarz, Tonmineralien und Feldspäten bestehen. Beimischungen von Eisenoxid (und manchmal auch organische Pflanzenreste, falls der Lehm grau, grün oder blau ist) sind fast immer dabei, verursachen aber diese Probleme nicht.

Gruß

sanjuro
 
Spielt doch für den Geruch keine Rolle ob die Verursacher in der Schlacke oder dem Metall sind. Im Mist sind jedenfalls solche Stoffe enthalten. Verwende doch das nächste mal feines Stroh und vergleiche. Wäre doch auch für andere ein interessanter Indikator wenn man beim schmieden auf die Zusammensetzung des Materials schließen kann. Gerade bei Phosphor und Schwefel. Wenn man dann ganz ausschließen kann dass es nicht durch Ofenstoffe oder sonstigen Verunreinigungen in die Luppe geraten ist bleibt ja nur das Erz. Sind euch beim rösten auch schon solche Gerüche aufgefallen? Fauler Eiergeruch könnte ich mir in niedrigen Dosen ja vorstellen, aber Knoblauch?
 
Die Erzanalyse sagt hier leider recht wenig, da sie nur eine Stichprobe darstellt und es zu einer großen Anreicherung von Phosphor kommen kann. Besorg Dir mal eine Analyse vom Eisen, dann wissen wir mehr.
Ich hab z.B. eine Analyse von Unsel's gallorömischen Eisen, das hat zwar nur 0,2% As2O3 und trotzdem hat er die Nase gerümpft.
Über schlechte Gerüche beim Schmieden haben sich scheinbar auch schon früher Schmiede beschwert s. Hier.
Pferdemist ist bestimmt recht phosphathaltig und stellt natürlich auch eine mögliche Phosphor-Quelle dar, aber normalerweise spielt das Wandmaterial eine untergeordnete Rolle.
 
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