Review aus Fünf Blickwinkel: Kagayaki CarboNext dünngeschliffen 210mm Gyuto

güNef

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Kagayaki CarboNext dünngeschliffen 210mm Gyuto

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Über das Kagayaki CarboNext sind ja schon Romane geschrieben worden, ich schätze es ist eines der am häufigsten genannten und diskutierten Messer in diesem Jahr. Um nicht wieder von vorne zu beginnen, verweise ich mal auf die Reviews hier, hier und hier!

Ich habe die Möglichkeit genützt mein eigenes, originales CarboNext direkt mit dem ausgedünnten zu Vergleichen und ich bin wohl der Einzige der Zirkelrunde der diese Gelegenheit hat.

Von Oben nach Unten:

Takamura Migaki R2, CarboNext mit überschliffener Klinge, CarboNext im Originalzustand

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In diesem Review geht es nur um die Scheidfähigkeit die eine deutliche Steigerung zum Original zeigt, nach dem das Messer bei Jürgen Schanz zum ausdünnen war. Jürgen hat dem Wunsch des Besitzers genüge getan und dem CarboNext zu einer Schneidperformanz verholfen, die mit dem originalen Auslieferungszustand nicht mehr viel gemein hat.

Auf eine Auffälligkeit möchte ich noch hinweisen, mein Exemplar ist im Originalzustand bei Kehlvergleich das optisch dünnere Messer, hier gibt es wohl Unterschiede in der Fertigung. Das die dünngeschliffene Klinge dem Original trotzdem zeigt wo der Hammer hängt, liegt an der Art des Anschliffes, über die gesamte Klingenhöhe, leicht ballig auf praktisch Null ausgeschliffen.

Links Schanz-CarboNext/Rechts Original, praktisch aus diesem Blickwinkel kaum zu unterscheiden!

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Links Schanz-CarboNext/Rechts Original, aus dieser Perspektive erscheint das Original dünner, was auch zutrifft!

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Links Original/Rechts Schanz-CarboNext, der geänderte Anschliff und die fein ausgeschliffene Spitze ist deutlich zu sehen!

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Da beide Messer von der Geometrie her, zumindest auf den ersten Blick sehr ähnlich sind, konnte ich den „gefühlten“ Unterschied beim schneiden zunächst nicht ganz glauben und um sicher zu gehen, das ich keiner suggestiven Erwartungshaltung zu Gunsten des „ausgedünnten“ Messers unterliege hab ich wie folgt getestet:

Ich habe meinen Bericht von hier übernommen um einen eigenen Thread anzulegen, in dem nur das ausgedünnte Kagayaki CarboNext besprochen wird und es zu keinen Verwechslungen kommen kann!

Der Testablauf und das damit verbundene Ergebnis:

Ich habe folgendes Testmuster festgelegt, dass ich mir bei den „verblindeten Hörtests“ der Hifiszene als Anregung ausgeborgt und an den vorgesehenen Zweck angepasst habe.

Testobjekt sind zwei gleiche Messer, das Eine im Originalzustand, das Zweite mit verbesserter Geometrie, vor allem unmittelbar über der Schneide und geändertem Anschliff.

Links Original/Rechts Schanz-CarboNext

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Beide Messer wiegen praktisch gleich viel, und haben den gleichen Griff, es sind also haptisch keine Unterschiede festzumachen

Nach einer kurzem „Einschneidzeit“ mit beiden Messern abwechselnd um ein Gefühl für beide zu bekommen, ging’s dann los!

Ich habe einen Bekannten gebeten mir jeweils immer ein Messer in die Hand zu geben, wärend ich die Augen geschlossen habe und so nicht wusste welches der beiden Messer ich gerade nutze. Er half mir dann das Messer anzusetzten und ich führte immer langsam und bedächtig 6 Schnitte pro Messer aus, Testgemüse waren Karotten und vorher zurechtgeschnittener harter Kohlrabi und Selleriestücke, in praktische Quader, die ich auch verblindet, gefahrlos Schneiden konnte.

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Nach ein paar Versuchen habe ich dann abgebrochen, da das Ergebnis eindeutig zu Gunsten des ausgedünnten CarboNext ausfiel. Meine Trefferquote lag nach 6 Versuchen bei 100%.
Es schneidet deutlich erkennbar besser, der Bereich um die Klingenspitze zum parieren ist überhaupt sensationell, das filetieren einer Orange oder schälen eines Apfels ist ein Vergnügen. Die Klinge lässt sich exakt und unmittelbar unter der Schale führen.

Mir ist bewusst, dass dieses Testmuster nur bei zwei gleichen oder haptisch sehr ähnlichen Messern funktioniert, aber dadurch konnte ich ein paar testverfälschende Punkte ausschalten. Die Schwankungen in der Reife und somit Härte der Gemüse und die Selbstsuggestion, das dünnere Messer muss einfach besser schneiden. Der Faktor Mensch bleibt natürlich auch noch und mehrere Personen die Vergleichen wäre natürlich besser gewesen, aber ich fordere auch keine wissenschaftliche Akzeptanz ein.

Fazit:

Eine Klinge die praktisch auf Null ausgeschliffen und unmittelbar oberhalb der Schneide schön dünn ist, kann gar nicht anders als exzellent schneiden. Das ist ein Faktum!

Also keine „vermuteten“ Nuancen, die das Wissen um die ausgedünnte Klinge suggerieren könnte, sondern eine tatsächlich merkbare Steigerung in der Schnittleistung

Nur interessiert das 99% aller Anwender nicht, sonst würden nicht immer noch Kochmesser mir erbärmlicher Schneidfähigkeit ge-und verkauft werden. Die Handvoll Kochmesserfreaks die den Drang verspüren ein bereits sehr gutes Messer noch schneidfreudiger, schärfer und performanter machen zu lassen ,um den eigenen, in den Jahren der Erfahrung gewachsenen Ansprüchen gerecht zu werden, dienen als leuchtendes Beispiel, auf der Suche nach dem heiligen Kochmessergral. Das ist die eine Seite. Die andere zeigt auf, wenn man sich an ein paar zwingenden Eigenschaften, die ein Kochmesser mitbringen soll hält, dann kann eigentlich nicht viel schiefgehen.

Das CarboNext ist im Originalzustand ein ausgewogenes Kochmesser, das den überwiegenden Teil seiner Käufer zufriedenstellt.

Mit ausgedünnter, auf faktisch Null ausgeschliffener Klinge schneidet es aber eindeutig besser! Ob man sich mit der feinen Schneide sich jetzt ein mehr an Empfindlichkeit einkauft, lassen ich offen.. Alles eine Frage der Prioritäten. Diese Information wird der Besitzer bringen müssen.

Die Performance des Messers liegt gewiss über seinem Preis, allerdings ist das kein Alleinstellungsmerkmal vom CarboNext, auch bei anderen Messer von ähnlicher Geometrie und Stahlqualität ließe sich bei Bedarf ein mehr an Schneidfreude rausholen, ich denke da an mein sehr ausgewogenes Misono UX10, daraus könnte ein wahrhaft extrem fein schneidendes Werkzeug gemacht werden, wenn man das will und braucht, aber das ist eine andere Geschichte....

Gruß, güNef
 
Kagayaki CarboNext dünngeschliffen 210mm Gyuto


An dieser Stelle möchte ich mich aus einem zweiten Blickwinkel mit dem Kagayaki Carbonext 210 mm Gyuto beschäftigen und immer noch geht es um die von Jürgen Schanz nachträglich ausgedünnte Variante.


Verarbeitung

Was als erstes auffällt – ist zwar nichts von Bedeutung – aber der Griff hat nur zwei statt der üblichen drei Niete. Das erinnert mich an frühere Zeiten, wenn jemand zum Fußballtraining kam und hatte an seinen Schuhen statt der üblichen drei nur zwei Streifen. Das war gleichbedeutend mit minderer Qualität bzw. ein No-Name-Produkt. Wie gesagt, das war für mich die erste spontane Assoziation mit den zwei Nieten. :D

Zur Verarbeitung lässt sich sonst nicht viel wirklich Negatives feststellen. Der Kropf ist am Übergang zur Klinge hin schön abgerundet. Die Kanten am Kehl sollten sauberer gearbeitet und besser gebrochen sein; die sind vor allem rechtsseitig etwas rauh. Der Klingenrücken ist ok. Ich hätte ihn gleich abrunden lassen, wenn das Messer sowieso beim Schanz Jürgen war. An Erlober- und -unterseite finden sich winzige Gratreste und ein Pedant würde anmerken, dass die Griffschalen an der Unterseite nicht perfekt angepasst sind. Hier sind ganz kleine Überstände fühlbar.

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Das sind aber alles nur vernachlässigbare Kleinigkeiten, während man nach groben Mängeln vergeblich sucht. Wir müssen ja bei solchen Betrachtungen immer auch den Kaufpreis des Messers im Auge behalten, der zur Zeit bei umgerechnet rund 106 Euro liegt. Daran gemessen ist die Verarbeitung insgesamt völlig in Ordnung.

Im ersten Review aus unserer Reihe hat güNef in der Hauptsache einen Vergleich zwischen der Serien-Version sowie dem von Jürgen Schanz optimierten Carbonext abgeliefert. Mein Blickwinkel zielt im Folgenden auf einen Vergleich des getunten Carbonext mit meinem Ashi Ginga Gyuto. Hier zunächst eine Gegenüberstellung:

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Gleiches Klingenfinish - beide waren zu Besuch bei Jürgen Schanz


Vergleich Fakten und Zahlen (links Carbonext / rechts Ashi Ginga)

Klinge: nicht näher bezeichneter semirostträger Stahl / Sandvik 13C26, rostträge
Härte: 60 HRC / 59 HRC
Klingenlänge: 208 mm / 211 mm
Gesamtlänge: 325 mm / 334 mm
Gewicht: 158 g / 138 g
Griff: Pakkawood / dto
Preis: 106 Euro / 161 Euro


Performance

Ich muss gestehen, dass ich mich besonders darauf gefreut hatte, das überarbeitete Carbonext mal in die Finger zu bekommen. Natürlich haben Schwatvogel und güNef mich durch deren Berichte ziemlich neugierig gemacht und ich war gespannt darauf, das Carbonext dem „Platzhirsch“ in meiner Küche – dem Ashi – gegenüber zu stellen. Die beiden mussten sich für einige Tage das Revier teilen und hatten Gelegenheit, jeweils ihre eigenen Duftmarken zu setzen, während sie immer abwechselnd bei den jeweils zu erledigenden Schneidarbeiten eingesetzt wurden. Mal schauen, wie die Sache ausging.

Wenn man die beiden Gyutos nebeneinander hält, fällt als erstes auf, dass eines von beiden nur zwei Niete ... ach so, das hatten wir ja schon. :D Jedenfalls kann man sie dadurch gut unterscheiden, wenn man sie beim Arbeiten ständig hin und her wechselt.

Das Ashi ist 20 Gramm leichter und fühlt sich insgesamt etwas filigraner an als das Carbonext. Es ist 9 mm länger, wovon 6 mm auf den Griff entfallen. Das macht jedoch in der Praxis für mich keinen Unterschied. Man spürt trotzdem immer sofort, wenn man das Ashi in der Hand hält, aufgrund des niedrigeren Gewichtes und da dessen Klinge merklich dünner ist und der Klingenrücken abgerundet - Letzteres allerdings auch erst nach einem chirurgischen Eingriff durch Messerdoktor Schanz. Beide Messer sind gut ausbalanciert. Der Schwerpunkt liegt bei beiden genau am Anfang des Kropfes. Die Klinge des Ashi läuft etwas spitzer aus. Das Klingenprofil ist bei beiden praktisch identisch. Von der Klingengeometrie her scheint das Ashi im Vorteil zu sein, wie die Fotos zeigen.

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li. Carbo, re. Ashi

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li. Carbo, re. Ashi

Der Griff des Carbonext ist etwas kürzer:
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li. Carbo, re. Ashi

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oben Carbo, unten Ashi

Das Ashi hat die dünnere Klinge und einen gerundeten Rücken:
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li. Carbo, re. Ashi

Das Ashi scheint die bessere Klingengeometrie zu haben:
P1210867x.jpg
li. Carbo, re. Ashi

Praktisch identisches Klingenprofil:
P1210981x.jpg

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Aber Fotos sind das eine, die Praxis ist das andere – und dazu kommen wir jetzt.

Zunächst habe ich das Carbonext auf dem BBB nachgeschärft und übers Pastenleder gezogen. Die Schärfbarkeit ist hervorragend. Es entsteht sehr schnell ein fühlbarer Grat und nach dessen Entfernen eine prima Schärfe. Das Ashi wurde nicht extra nachgeschärft (Übermut des Platzhirsches!).

So machte ich mich an die Zubereitung einer Gemüsepfanne Julienne und schnitt mit beiden Messern immer abwechselnd Kartoffeln, Kohlrabi, Möhren, Fenchel und Zwiebeln. Es dauerte nicht lange und schon war der Platzhirsch ordentlich baden gegangen. Das Carbonext ging durch jedes Schnittgut um einiges leichter hindurch. Da war sie wieder – die Praxis! :staun:

Aber wie man weiß geben Platzhirsche nicht so leicht auf; und so wanderte das Ashi auch erstmal über den BBB und das Pastenleder, um sich daraufhin erneut dem Vergleich zu stellen. Nur der Neugierde halber gings zunächst zum Druckschnitt-Vergleich auf der Küchenwaage. Das Ashi schaffte die dicke knackige Möhre mit 1250 g Druck, das Carbonext brauchte 1300 g. Die Anzeige meiner neuen Küchenwaage ist aber leider ein bißchen zu „flippig“ und lässt sich dadurch nicht mehr so exakt ablesen wie meine frühere. Na egal. Also ging es weiter mit dem Hundegemüse. Für meine drei Sportler gab es diese Woche hauptsächlich Möhren zum Fleisch. ;)

Wieder hatte das Carbonext beim Möhrenschneiden die Nase vorn. Das hing aber zum Teil auch damit zusammen, dass die sehr frischen Möhrenscheiben viel fester am Ashi anhafteten, da dessen Klingenflanken von mir poliert worden waren. Diese Maßnahme war insofern sicherlich kontraproduktiv. Aber Tatsache ist auch, dass der Jürgen dem Carbonext eine ganz hervorragende Schneidengeometrie verpasst hat und diesem Messer zu einer exzellenten Schneidfähigkeit verholfen hat. Ich schließe mich also ausdrücklich dem Staunen von Schwatvogel und güNef an.
Das Scheiden eines festen Apfels in Scheiben ging etwas leichter mit dem Ashi; hier haftete das Schneidgut weniger an und machte ihm dadurch weniger zu schaffen. Beim Schneiden eines Kohlrabi waren beide Messer gleichauf, beim Knollensellerie das Carbonext vorn. Bei weicherem Gemüse wie Kartoffeln, Zucchini, Paprika und Lauch spürt man praktisch keinen Unterschied.

Am Ende würde ich sagen war das ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen den beiden, wobei insgesamt das getunte Carbonext etwas besser schneidet als das Ashi. Die Unterschiede sind nicht sehr groß, aber eindeutig spürbar. Das ist aus meiner Sicht schon bemerkenswert, gerade wenn man sich nochmal die Bilder der Klingengeometrien anschaut, die eher für eine Überlegenheit des Ashi zu sprechen scheinen. Aber güNefs Serien-Carbonext war es ja ähnlich ergangen; auch das hatte trotz dünnerer Geometrie keine Chance gegen den balligen Schanz-Schliff.

Noch eine Randbemerkung: auch mein Hiromoto AS mit Schanzoptimierung hat keine Chance gegen dieses Carbonext und bleibt auch hinter dem Ashi zurück.

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oben Carbo, unten Hiromoto

P1210936x.jpg
li. Carbo, re. Hiromoto

P1210925x.jpg
li. Carbo, re. Hiromoto

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li. Carbo, re. Hiromoto

Der Stahl des Carbonext wird ja übrigens als semirostträge bezeichnet. Ich konnte während der Verwendung kein Anlaufen der Klinge beobachten.


Fazit

Obwohl ich durch die Berichte von Schwatvogel und güNef vorgewarnt war, bin ich doch überrascht, dass das getunte Carbonext trotz dickerer Klinge etwas besser schneidet als mein Ashi. Hört sich aus biologischer Sicht verrückt an, aber der Platzhirsch musste Federn lassen.

Das Carbonext kostet serienmäßig zur Zeit rund 106 Euro, was wirklich sensationell günstig ist. Dafür erhält man keine perfekte, aber eine durchaus zufriedenstellende Verarbeitung ohne grobe Mängel. Der semirostträge Stahl scheint nicht leicht anzulaufen und falls es zu einer geringen Fleckenbildung kommen sollte, ließe sich das sicherlich sehr einfach z.B. mit Stahlfix classic beheben. Wer eine blanke Klinge wünscht muss sich diesbezüglich wohl keine allzu großen Sorgen machen. Auf jeden Fall lässt sich dieser Stahl sehr einfach schleifen. Da Schwatvogel ihm bereits eine hohe Schneidhaltigkeit bescheinigt hat, habe ich diese nicht erneut ausgetestet.

Nach der Überarbeitung der Klingengeometrie durch Jürgen Schanz ist das Carbonext in Sachen Schneidfähigkeit jedenfalls ganz weit vorne und hat mich wirklich beeindruckt. Für eine solche Maßnahme muss man inkl. Versandkosten rund 25 Euro veranschlagen. Durch diese Investition steigt das Gyuto aber auch gleich in eine andere Liga auf, was seine Leistungsfähigkeit angeht. Für insgesamt rund 130 Euro erhält man ein Kochmesser, das nicht mehr viele Wünsche offen lässt und das in dieser Preiskategorie praktisch konkurrenzlos ist.

Auf die Frage, ob ich mir ein Carbonext kaufen würde, ist meine Antwort trotzdem: Nein! Ich hatte noch nie Fußballschuhe mit zwei Streifen und ich will auch kein Messer mit zwei Nieten am Griff. :steirer:

Gruß
Pflaster
 
Review aus fünf Blickwinkeln:

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Hier mein Review zum JCK Carbonext 210mm Gyuto, ausgedünnt von Jürgen Schanz:


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Bedingt durch die starke Konkurrenz sowie einiger Aspekte, die sich im Folgenden zeigen werden, hat das Carbonext nicht sehr viel Aufmerksamkeit von mir erhalten. Hauptsächlich war ich auf die Stahleigenschaften dieses (ehemaligen) Preis-Leistungs-Tipps in der Kaufberatung sehr gespannt. Von der Verarbeitung konnte ich mir schon mehrfach ein Bild machen, von der Geometrie im Originalzustand auch. Ein Messer wirklich richtig zu benutzen und zuhause im Block zu haben eröffnet aber wie ich finde doch immer noch weitere Horizonte.


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Verarbeitung & Finish

Die Verarbeitung ist angesichts des Preises anständig wie ich finde. Zwar fand ich das Fujiwara FKM noch etwas sauberer verarbeitet vom Griff her – zumal diese 2 Nieten irgendwie eigenartig aussehen – aber insgesamt gibt es da eigentlich nichts zu meckern. Gut, ein paar kleine Grate am Griff sind spürbar aber das kenne ich auch von deutlich teureren Yo-Gyutos noch.


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Den Klingenschliff im Originalzustand werde ich hier natürlich nicht bewerten, da das vorliegende Messer intensiv von Jürgen Schanz überarbeitet wurde. Typisch Jürgen ist das Klingenfinish zwar in „Maschinenoptik“ aber sehr „clean“ und gut ausgeführt. So ein Finish würde man sich bei manchen Serienmessern wünschen!


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Durch den nachträglichen Dünnschliff ist natürlich das Kanji leider nur noch schwach erkennbar aber ich denke das ist ein geringer Preis für das was man gewinnt!


Klingengeometrie

Die Geometrie ist natürlich alles andere als Original. Insgesamt zeigen sind reinrassige Laserwerte. Das Messer ist ausgesprochen dünn an der Wate, so dass sich kaum eine sichtbare Schneidfase zeigt. Jedoch hat sich beim Schneiden für Möhren in der Vorweihnachtszeit schon gezeigt, was das meiner Meinung nach größte Problem des so ausgedünnten Carbonext’s ist… das Kleben. Meinem Empfinden nach klebt das Schnittgut an dem Messer mehr, als ich es von anderen Messern (auch anderen Lasern) her kenne. Ob das nun am Oberflächenfinish oder der Geometrie des Schliffs liegt ist mir nicht klar. Bei Möhren und Kartoffeln empfand ich es jedenfalls als sehr störend. Bei Paprika, Zwiebeln oder beim Filetieren von Orangen hat mich das nicht gestört.


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Klingenprofil

Das Klingenprofil ist nichts Ungewöhnliches für ein 210mm Gyuto und bietet Allroundtauglichkeiten. Natürlich hat sich das Klingenprofil durch den Dünnschliff leicht verändert. Geschadet hat das dem Profil jedoch nicht meiner Meinung nach.


Schnitthaltigkeit und Reaktivität

Auf den Stahl war ich sehr gespannt, da ich noch nie einem semi-rostträgen Stahl wirklich gearbeitet hab. Das Messer kam fast ohne Patina bei mir an. Stattdessen zeigten sich lediglich vereinzelte helle Flecken, die wie Kaltflecken aussahen. Der Stahl hat eine sehr gute Schärfbarkeit. Schon nach wenigen Zügen zeigte sich ein entsprechend deutlicher Grat. Auch vom Schleifgefühl her erinnerte mich der Stahl eher an einen rostenden Kohlenstoffstahl als an einen rostfreien Stahl. Hier war ich definitiv angenehm überrascht! Auch das Schärfeergebnis konnte sich sehen lassen!

Ich habe das Messer leider nicht genug benutzt, um treffende Aussagen über die Schnitthaltigkeit zu machen. Mein Eindruck war jedoch, dass der Stahl die Schärfe auf jeden Fall nicht deutlich schneller verliert als entsprechende Kohlenstoffstähle. Probleme mit Ausbrüchen gab es nicht. Aufgrund der dünnen Klinge habe ich das Messer aber auch ein wenig geschont.

Eine Patina bildete sich nicht wirklich. Auch waren an den Lebensmitteln keinerlei Reaktionsspuren erkennbar. Geruch stellte sich ebenfalls nicht ein. Nach einer längeren Session des Orangen-Filetierens waren auf der Klinge ein paar mehr der hellen Flecken erkennbar. Dieses Verhalten hat natürlich seine Vorteile im Vergleich zu richtig Patina-bildenden Stählen. Mich reizt persönlich rein optisch eine schöne Patina von Shirogami aber etwas mehr als diese leichten „Kalkflecken“ ;)


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Fazit

Insbesondere die Stahleigenschaften – aber auch die Verarbeitungsqualität – des Messers haben nicht enttäuscht. Hier wird IMHO für den aufgerufenen Preis viel geboten. Der Schanz’sche Dünnschliff macht das Messer zu einem echten Schneidteufel, der sich schon fast etwas fragil anfühlt, wodurch sich bei mir direkt etwas schonende Benutzung eingestellt hat. Einziger wirklicher Kritikpunkt für mich ist die Balance des Messers, die Klingen-lastiger sein könnte sowie das starke Kleben des Schnittguts an der Klinge.
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen!


Gruß, Gabriel
 
Als abschließende Zusammenfassung kann ich sagen, dass das CarboNext ein überdurchschnittlich gutes Messer für seinen Preis ist. In der normalen Variante hat es eine Geometrie im oberen Mittelfeld, die beispielsweise die Anforderungen vieler Profi-Köche genau trifft. Lässt man es ausdünnen, bekommt man ein Messer, das sich auch von der Spitze des Marktes nicht verstecken muss. Dreh- und Angelpunkt dieser Empfehlung ist der wirklich großartige Stahl des Messers, dessen hohe erreichbare Schärfe, gute Standzeit und leichte Nachschärfbarkeit das CarboNext in Verbindung mit der grundordentlichen Verarbeitung zu einem meiner Lieblingsmesser macht.
 
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