Review aus fünf Blickwinkeln: Misono UX10 Gyuto

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Misono UX10 Gyuto 240 mm

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Da eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.


Fakten und Zahlen

Klinge: nicht näher bezeichneter Schwedenstahl, rostträge
Härte: 60 HRC
Klingendicke: 2,3 mm
Klingenlänge: 240 mm
Gesamtlänge: 382 mm
Gewicht: 228 g
Griff: Staminawood
Preis: 285 Euro

Das Misono UX10-Gyuto war in letzter Zeit im MF des öfteren im Gespräch. http://www.messerforum.net/showthre...X10-24er-Gyuto-382-extraordin%E4re-Millimeter! Dieses Messer genießt ein recht hohes Ansehen und so war ich gespannt darauf, es einmal selbst in die Hand zu nehmen. Da das schöne Teil mit 285 Euro nicht gerade als preiswert zu bezeichnen ist, ist der Respekt entsprechend und ebenso die Sorgfalt, mit der man das Eigentum anderer behandelt. Insofern hatte ich mir vorgenommen, mich beim Testen hauptsächlich auf die Verarbeitung und die Schneidfähigkeit zu konzentrieren, dagegen die Schneidhaltigkeit und Schärfbarkeit außen vor zu lassen. Letzteres kann man getrost dem Besitzer überlassen, der am ehesten in der Lage ist, hier durch einen Langzeittest zu konkreten Ergebnissen zu kommen.


Verarbeitung

Wenn man wie ich gewohnt ist, mit 18-21 cm langen Kingen zu hantieren, dann ist der erste Eindruck des 24er UX10 schon ziemlich beeindruckend. Das fängt bereits mit der Verpackung an. Da hat man eine riesige Schachtel von 44 cm Länge und 9 cm Breite vor sich, innen mit blauem Samt ausgelegt – ein edel wirkender Rahmen für das Messer.
Mit diesem Gyuto (228 g) hat man schon etwas in der Hand. Dagegen wirkt mein 18er Hiromoto fast wie ein Kinderspielzeug.

Von oben nach unten: Misono 240 mm, Ashi 210 mm, Hiromoto 180 mm
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Was als erstes ins Auge springt: der seidige Glanz des satinierten Klingenspiegels. Der verleiht dem ganzen Messer eine hochwertige Anmutung. Tolles Finish!

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Die Klinge ist komplett sauber gearbeitet, vom Rücken bis zum 70/30 Anschliff, von der Spitze bis zum Kehl. Ein winziger Kritikpunkt: der Kehl ist mir ein klein wenig zu scharfkantig. Das könnte nach stundenlangem Arbeiten irgendwann ungemütlich für den anliegenden Finger werden. Ansonsten ist die Verarbeitung in meinen Augen perfekt.
Das gilt genauso für Bolster und Griff: keine Spalten oder Überstände; alles sauber verarbeitet. Hier gibt es für mich wirklich nichts zu meckern.

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Performance

Da ich eigentlich ein Freund von nicht allzu großen Messern bin und großen Wert auf eine gute Handlichkeit lege, kann ich mir kaum vorstellen, mir selber einmal ein 24er Gyuto zuzulegen. Nun hatte ich zum ersten Mal die Gelegenheit ein solches zu testen. Ich muss sagen, dass ich mich erstaunlich schnell an das große Messer gewöhnt habe – hätte ich nicht gedacht. 228 g Gewicht sind schon eine Ansage, aber da das Messer sehr gut ausbalanciert ist – der Schwerpunkt liegt direkt am Übergang vom Bolster zur Klinge – nimmt man das hohe Gewicht gar nicht wirklich wahr. Der „mächtige“ Griff aus Holzlaminat liegt gut in der Hand, ich würde sagen perfekt für große Pranken.
Das Aussehen ist ja in jedem Fall Geschmacksache und das gilt auch für die Zwinge des UX10. Hier gehen die Meinungen auseinander. Ich muss sagen, mir gefallen sowohl Bolster als auch das komplette Messer recht gut. Die Form des Bolsters, welches zur Klinge hin immer schmaler wird, empfinde ich als sehr angenehm beim Pinchgrip.

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Der 70/30-Anschliff fühlt sich für mich übrigens nicht anders an als ein gewöhnlicher 50/50. Die Klingengeometrie kann man wohl als ausgewogen bezeichnen. So stelle ich als Hobbykoch mir ein perfektes Messer für den Profi vor. Die Klinge ist recht schlank, aber kein Laser. Die Schneide ist robust genug, auch schon mal leichte Unachtsamkeiten zu verzeihen, und trotzdem schneidet das Messer sehr gut. Ich habe verschiedenste Gemüsesorten geschnitten und alles wurde sehr gut bewältigt. Mein 21er Ashi Ginga geht allerdings spürbar leichter durch jedes Schnittgut. Für die Profiküche wäre wahrscheinlich trotzdem das UX10 die bessere Wahl.

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links Misono, rechts Ashi
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Fazit

Das Misono UX10 ist ein tolles Messer: hochwertig, sehr sauber verarbeitet, exzellentes Finish, gut ausbalanciert, ausgewogene Klingengeometrie mit robuster Schneide, gute Schneidfähigkeit. Für mich persönlich ist das 24er Gyuto zu groß und zu schwer; da würde ich das 21er vorziehen. Und vor allem wäre mir dieses Messer zu teuer. Natürlich verursacht jeder Arbeitsschritt Kosten und ein sorgfältiges Finish bis ins letzte Detail wird am Ende auch bezahlt werden müssen. Dennoch ist in meinen Augen das Preis-/Leistungsverhältnis ein bißchen aus dem Ruder gelaufen und der Preis für mich nicht ganz nachvollziehbar. Davon abgesehen könnte ich mir vorstellen, dass das UX10 sehr gut für die Verwendung in der Profiküche geeignet ist.

Gruß
Pflaster
 
Review aus fünf Blickwinkeln:

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Misono UX10 240mm Gyuto

Und nochmal reiht sich ein großer Name in die im Messerzirkel getesteten Exemplare ein. Insbesondere wer (schon seit längeren Jahren) auch oft in US-Küchenmesserforen unterwegs ist, dem ist das UX10 untertrieben gesagt ein Begriff. Wurde es doch wie zeitweise andere Messerreihen (z.B. das HiromotoAogami Super) doch ziemlich gehyped und von Vielen als das Nonplusultra der Yo-Gyutos für den Profieinsatz geadelt. Zusammen mit dem Konosuke, dem Aoki und dem Suisin IH stellt das UX10 wohl das kostenintensivste Messer mit Preisen jenseits der 250€ in unserem Vergleich dar. Nun frage ich mich wie bei anderen Messern dieser Preisklasse: Was bietet mir das UX10 - Hype oder realen Gegenwert?

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Optik, Verarbeitung & Finish

Ich persönlich mag eher Wa-Gyutos. Zum einen liegen mir die Griffe tendenziell besser in der Hand, zum anderen bin ich kein großer Freund der 3-Nieten-Kunststoffoptik. Das UX10 erstrahlt jedoch in absolut „cleaner“ schlichter Schönheit und versprüht extrem den Eindruck eines fast schon klinischen Profiwerkzeugs. Es verleitet einen (jedenfalls ging es mir so) nicht so sehr die „Handwerkskunst“ zu bewundern, wie andere Messer der Preisklasse es tun. Es ist einfach sauber… präzise…

Die leicht champagnerfarbende Zwinge gefällt mir dabei überraschend gut. Der Griff ist schlicht und ergreifend der beste Yo-Griff, welchen ich je in der Hand hatte – ausreichend voluminös, angenehm konturiert und nahezu perfekt verarbeitet.


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Das Klingenfinish ist ebenso sauber und mattiert. Der polierte Bereich direkt über der Schneidfase erzeugt ein besonders hochwertigen Eindruck.


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Makel hab ich an dem Messer vergeblich gesucht. Dennoch muss ich sagen, dass mir persönlich immer noch Wa-Gyutos mit Griffen aus „echtem Holz“ optisch und haptisch mehr Freude bereiten.


Klingengeometrie und -profil

Hier war ich in etwa darauf vorbereitet was mich erwartet… eine allroundtaugliche, gute Geometrie – kein Laser. Und letztendlich ist es auch genau das. Hier die schlichten Messwerte und die obligatorische Kehlaufnahme:


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Klar bin ich inzwischen schon leicht verwöhnt, jedoch muss ich sagen, dass ich persönlich schneidfreudigere Messer kenne und bevorzuge. Merkt man doch einen spürbar höheren Kraftaufwand beim Schneiden, als ich es sonst inzwischen gewohnt bin. Im direkten Vergleich mit Herder 1922 und Masakage Yuki, welche ich parallel getestet habe, erfordert das UX10 doch mehr Krafteinsatz auch bei hohem Schärfeniveau. Das Messer als „nicht-schneidfreudig“ zu bezeichnen wäre dennoch grob fahrlässig. Insgesamt zeigt sich die Geometrie wie erwartet – ausgeglichen und auch für härtere Aufgaben bereit (hier ein Vergleich mit dem 240mm Hiromoto AS Gyuto)


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Klingenprofil und –größe passten sehr gut in mein Beuteschema und ließen eigentlich kaum Wünsche offen. Ich fühlte mich für sämtliche Aufgaben gut gerüstet, ohne dass das Messer zu schwer oder unhandlich wurde. Dies ist vermutlich aber auch der hervorragenden Handlage und Balance des UX10 geschuldet.

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Schnitthaltigkeitund Schärfbarkeit

Härte und (inoffizielle) Stahlangaben ließen mich eine hohe Standzeit bei mittlerem Schärfeniveau und einer mittelmäßige Schleifbarkeit irgendwo zwischen VG10 und Papierstählen vermuten. Und im Endeffekt wurden genau diese Erwartungen auch getroffen. Das Messer kam mit guter Schärfe bei mir an. Da mir das Messer sehr den Eindruck von Solidität vermittelt hat, hab ich es gleich am zweiten Tag hergenommen und Rotkohl von 3 Kohlköpfen geschnitten (der stolze Besitzer möge es mir verzeihen) :D
Anschließend hatte die Schärfe spürbar nachgelassen. Das Messer ließ sich aber noch gut benutzen und konnte durch Abziehen auf dem Diamant (1µm)-Leder wieder auf anständige Schärfe gebracht werden. Sowohl Schnitthaltigkeit als auch Schärfbarkeit des Stahls würde ich jedoch deutlich unter dem SuisinInoxHonyaki einordnen, wenngleich auch besser als VG10.

Ein komplettes Nachschärfen war nicht nötig während der Testzeit und auch nicht erwünscht. Somit begüngte ich mich, dass Messer noch weitere ein zwei Male vorsichtig abzuziehen. Insgesamt würde ich das UX10 als pflegeleichtes und für ein rostfreies Messer leicht auf Schärfe zu haltendes Messer bezeichnen.


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Fazit

Also was ist nun mein Eindruck – bezahlt man den Hype oder bekommt einen reellen Gegenwert für den doch recht hohen Preis?
Was man auf jeden Fall bekommt, ist eine absolut makellose Verarbeitung und eine solide Materialwahl in Kombination mit guter Ergonomie und (wie ich mir vorstelle) hoher Tauglichkeit für professionelle Umgebungen. Und bekanntermaßen haben solche Aspekte durchaus ihren Preis. Ich werde deshalb jetzt nicht anfangen und sagen „für den Preis könnte man aber einen höherwertigen Stahl oder schöneres Griffmaterial erwarten“ – auch wenn das durchaus Gedanken sind, die mir zeitweise gekommen sind. Ich denke man bezahlt den Namen klar mit, aber eben auch das damit verbundene Knowhow und die Qualität. Vielleicht kann man ein wenig die Analogie zwischen einem Porsche 911er und einem Nissan GTR ziehen wenn klar ist, worauf ich hinaus will.
Also ja, ich halte den Preis (hierzulande) schon für etwas überhöht, aber ich bin durchaus der Meinung, dass man einen entsprechenden Gegenwert erhält! Für mich persönlich ist das Messer jedoch nichts, da ich der Meinung bin, dass es für ein vergleichbares Budget Messer gibt, die besser mein Verlangen nach schöner Handwerkskunst und hoher Performance im Sinne von Schärfe, Schärfbarkeit und Schneidfreude erfüllen – z.B. eben SuisinInoxHonyaki oder KonosukeFujiyama. Dafür ist mir das UX10 dann doch etwas zu „ausgeglichen“ und „kalt“ für meinen Geschmack. Als Profi-Gerät für Perfektionisten jedoch…


Gruß, Gabriel
 
Misono UX10 24cm Gyuto

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.




Das UX10 war lange Zeit ein mythisches Tier, das nie jemand in deutschen Landen auch nur zu Gesicht bekommen hatte. Aber: The times, they are a-changing. Hiroshi Horie vom japan-messer-shop hat das Messer inzwischen im Sortiment, das die oberste Kategorie in Misonos Sortiment bildet. Und glücklicherweise hat einer unserer sympathischen Wahnsinnigen ihn auch mit sehr viel Geld beworfen um sich in den Besitz eines solchen Messers zu setzen, sodass ich es jetzt ausgiebig auf der Hausstrecke testfahren konnte. Ich war sehr interessiert, wieviel Gegenwert das Einhorn für seinen doch recht ausartenden Preis (240€ für ein 21cm Gyuto, 285€ für das hier getestete 24cm-Messer) bietet. Zeit zum Anblasen.

Verarbeitung:
Wenn man annähernd drei frühlingsgrüne Scheine für ein Messer in den Wind streut, dann erwartet man Perfektion zu ernten, Punkt. Diesen Standard, muss ich leider konstatieren, erfüllt das UX10 nicht. Der Rücken ist nicht gerundet und die Kanten zu wenig gebrochen, der Kehl ist im Rohschliff mit noch deutlicheren Kanten. Ansonsten erlaubt es sich aber keine Schwächen: Die Klinge ist gerade, der Schliff relativ fein und dabei sauber und gleichmäßig. Der Griff mit angesetzter Neusilber-Zwinge ist spaltenfrei verarbeitet.







Klinge und Stahl:

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Der Stahl der Klinge ist geheim, Misono gibt uns lediglich die Information preis, dass er aus Schweden kommt. Wir dürfen ihn also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit im Portfolio von Sandvik suchen. Ab und an wird behauptet, es handle sich um 19C27 und das mag wohl sein. Es wird beschrieben, das Messer sei sehr schwer zu reprofilieren und hätte eine gute Standzeit, beides deutet eher auf den verschleißfestesten aller Messerstähle von Sandvik hin. Ich hatte das Messer nur einmal auf dem Stein, daher kann ich nur begrenzt dazu beitragen. Was ich weiß: Ich habe dem Messer am Anfang einen neuen Schliff verpasst und musste danach trotz häufigem Gebrauch nicht mehr nachschärfen, dabei schien die Schärfe aber auch nie so bissig, wie ich dies von Messern aus 13C26 - der zu diskutierenden Alternative - kenne. Mein akademischer Tipp wäre also durchaus 19C27. Warum reite ich darauf herum? 19C27 ist chronisch empfindlich bei der Einstellung der Wärmebehandlung auf die Schneidendicke und ich weiß nicht, wie er ein eventuelles nachträgliches Ausdünnen mit Misonos Wärmebehandlung verdauen würde. Ich persönlich wäre da vorsichtig. Nachdem ich jetzt alle vorher noch interessierten Leser in Grund und Boden gelangweilt habe, kommen wir wieder zu interessanteren Sachen. Nein, bevor jemand fragt: Nicht auf die Weise interessant, dass man sie normalen Leuten erzählen könnte. Aber für uns. Geometrie nämlich. Die Klinge des UX10 ist zwar keine Panzertür, aber dünn ist sie auch nicht. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das Messer hauptsächlich für Profis gedacht ist, nicht für Hobby-Köche, und genauso ist die Klinge auch ausgelegt: Dünn genug, dass sie kein Elend beim Schneiden über einen kommen lässt, aber so dick, dass sie den Alltag einer geschäftigen Küche mit langen, intensiven Schichten überlebt. Und dass sie das nicht kann, das ist ihr absolut nicht nachzusagen. Stehkraft hat die Schneide fraglos.






Schneiden und Handhabung:
Die Dinge, die man beim Lesen der vorigen beiden Abschnitte über das UX10 gelernt hat, lassen schon eine sehr präzise Ahnung zu, wie das UX10 sich in der Praxis schlägt. Es gibt leider keine Magie, die es zu mehr werden lässt, als der Summe seiner Teile: Das Messer liegt zwar sehr gut in der Hand und ist exzellent ausbalanciert und es zeigte sich auch erstaunlich agil für seine 24cm, der nicht gerundete Rücken lässt es aber bereits nach relativ kurzer Zeit unangenehm werden. Die auf Standfestigkeit getrimmte Geometrie tut für den verwöhnten Messer-Halodri ihr übriges, um nur moderate Begeisterung aufkommen zu lassen.

Fazit:
Das UX10 ist ein reines Profi-Messer, das in einem Haushalt fehl am Platze ist. Es kann Runde um Runde um den Platz drehen, während weite Teile der Konkurrenz schon dicke Backen macht und nachgeschärft werden muss. Man erkauft sich diese Standfestigkeit aber mit einer fühlbar kräftigeren Geometrie und einem nicht so endständig scharf werdenden Stahl, sodass die Tour auf der Bahn nicht die reine Freude ist. Außerdem hat man danach eine kräftige Blase am Finger. Diese Unachtsamkeit in der Verarbeitung hat für Profis schon eine deutliche praktische Relevanz. Ernüchterung kommt spätestens beim Preis auf. Für den Profi - mit nachträglich gerundetem Rücken - aber fraglos eine Überlegung wert.

Anmerkung: Alle Messer werden kategorisch mit allen Schnittechniken (Wiegeschnitt, Druck/Zugschnitt und Wiegen) getestet. Als modernes japanisches Messer wurde es gleichermaßen mit Wiegeschnitt als auch Druck/Zugschnitt getestet. Geschnitten wurde ausschließlich auf einem Birkenholzbrett.
 
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Servus,

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Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.


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Langsam wird es Zeit, diesen ersten Messerzirkel abzuschließen. Es bleibt bei 4 statt 5 Blickwinkel, da ein Teilnehmer abgesprungen ist. Jeder von den verbliebenen schließt mit einem Fazit zu seinen Messern ab.

Ich mache mit meinem Misono UX10 den Anfang. Die einzelnen Meinungen zu diesem exorbitanten Messer sind bekannt, mit einer völlig deckungsgleichen Meinung kann ich aber nicht abschliessen und werde das auch gleich erläutern.

Das UX10 ist schon sehr lange am Markt. Es war bei seinem Debüt heiß begehrt und hochgelobt. Damals wohl die Benchmark an der sich alle anderen abarbeiten mussten. Nur ist die Zeit seit damals nicht stehengeblieben, das Messer aber wird unverändert produziert! Es schneidet wie damals und da war es Spitzenklasse. Und das ist es auch heute noch, auch wenn die Konkurrenz in der Tat zugelegt hat.

Ein Kosten-Nutzen-Rechner wird an diesem Messer schnell vorbeigehen, der Preis ist, zumindest in Deutschland, exorbitant hoch und eigentlich bei aktueller Konkurrenz nicht mehr zu rechtfertigen. Wer über Rakuten und Eigenimport an ein solches Messer kommen will, kann schon günstiger ein Exemplar erwischen und damit wäre es aus Kostengründen wieder im Rennen.

Zu behaupten es sei ein reines Workhorse, ein Profiwerkzeug und ungeeignet für einen Privathaushalt, da lege ich ein Veto ein. Ein Profiwerkzeug lebt von überdurchschnittlicher Standzeit und Schneidkantenstabilität, dazu muss es einfach und effizient zu schärfen sein, einen bequemen Griff mit der richtigen Balance und Gewicht haben ,damit langes und ermüdungsfreies Arbeiten möglich wird. Und pflegeleicht sollte es auch noch sein. Diese Eigenschaften sind auch in vielen Privathaushalten willkommen und gerne gesehen, sag ich mal.

Alle diese Kriterien erfüllt das Misono UX10, berechtigte Kritik wurde laut, was die letzten Arbeitsschritte an Kehl und Klingenrücken betrifft. Der Kehl ist in der Tat roher als der Rest des Messers und verträgt etwas Schleifarbeit. Der Klingenrücken macht sich nur bei längeren Sessions am Brett unangenehm bemerkbar, im Heimgebrauch ist das gewiß weniger relevant als in der Großküche. Auch hier ist durchaus noch Verbesserungspotential, kann aber auch Serienstreuung sein, ein anderes Exemplar ist vielleicht am Rücken sauberer gebrochen.

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Alle anderen, für ein Messer dieser Klasse wichtigen Anlagen sind da. Das Finish vom Klingenspiegel, dann der markante Kropf aus Neusilber und ein makellos versäuberter Griff sind auf der Habenseite.

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Über die genaue Legierung des Stahls herrscht nach wie vor Unklarheit, er erreicht wohl nicht die hohe ausgereizte Schärfe eines Shirogami oder Aogami, ist aber in allen Disziplinen sehr weit vorne. Die max. erreichbare Schärfe hängt mehr vom Können und Equipment ab, als von der Legierung, pauschalieren würde ich da nicht.

Für den Hausgebrauch sollte vielleicht ein 210er Modell gewählt werden, da durch den großen und voluminösen Griff ein 240er schon ein ziemlich beeindruckendes Messer ist.

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Die wohl wichtigste Eigenschaft ist die Schneidfähigkeit und dazu kann ich nur sagen, dass von vielen Yo-Gyutos die als ausgewogene Allrounder bezeichnet werden und die ich persönlich kenne, das Misono eine der schnittigsten Performances abliefert. Ein Masamoto oder Hiromoto, und ein CarboNext sehe ich klar dahinter, mit einem Schanz Lucidus erreicht es ein Patt. Ein Kanetsugu ProM kocht irgendwie sein eigenes Süppchen, fällt aber bis auf die Schneidfreude auf allen Ebenen die zu einem Vergleich herangezogen werden könnten, ab. Für Berufsköche und auch für ambitionierte Hobbyköche ist es gewiss ein schönes Gefühl zu wissen, eines der besten Yo-Gyutos ever steckt in meinem Messerblock.

Kehlvergleich: Lucidus links/Misono rechts

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Eine private Meinung möchte ich mir noch gestatten:

Durch meine Obsession Klingen dünnschleifen zu lassen um das absolute max. an Schneidfreude bei Messer meiner Wahl rauszuholen, bin ich natürlich überreizt, was das Schnittgefühl an sich angeht und schnell enttäuscht von einem Messer, das andere aus den Latschen kippen lässt. Da es nicht nur mir so geht, sondern auch anderen Zirkelteilnehmer und Kochmesserfreaks, die mit solch ausgedünnten und dünnen Serienmessern Bekanntschaft gemacht haben, oder solche bereits über Jahre benutzen, kann das möglicherweise Einfluss auf die Beurteilung der Schneidfähigkeit genommen haben! Man muss dann ganz bei sich sein und bei einem Vergleich ganz klar splitten. Eine Hand, die Ein bis an das Machbare ausgedünntes Messer geführt hat, giert nach immer mehr und hat ein Elefantengedächtnis. Nicht alle Messer haben oder bedürfen Lasergeometrien, da Alleskönner und sind trotzdem eine Klasse für sich. Und dazu zählt für mich das Misono UX10. Ein legendärer Zehnkämpfer unter den großen Yo-Gyutos! :D

Der König ist tot, es lebe der König!

Wer die letzten rauen Stellen glättet, bekommt ein besonderes Messer!

PS: Sollte mich der Teufel reiten, lasse ich das Ding von Jürgen skelettieren und Kehl und Rücken runden....das ist dann die dunkle Seite der Macht! Verkriecht euch dann, ihr Serienlaser!!! :teuflisch


Ich danke allen Testern für ihren Bericht und die Sorgfalt im Umgang mit meinen Messern. Es wurden Kochmesser im Gesamtwert von rund 3000,- Euro quer über Zwei Länder verschickt! Das Vertrauen in alle beteiligten Personen wurde nicht enttäuscht. Das zeigt die Ernsthaftigkeit und Leidenschaft um und für unser aller Lieblingthema!
 
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