Review aus fünf Blickwinkeln: Schanz Carbon Petty

güNef

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Servus,

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.


Schanz Carbon Petty

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Ich verwende eigentlich nur Gyutos und Schälmesser. Nakiri und Santoku nach Laune. Das Schanz Petty war das erste seiner Art das ich ausprobiert habe, für kleines Obst und Gemüse.

Ich brauche ein Petty in der Regel nicht wirklich und sollte ich einmal einen Apfel oder eine Banane von Hand in ein Joghurt oder Müsli schneiden, dann mach ich das auf diese Art eigentlich immer nur wenn ich unterwegs bin und dann übernimmt ein kleines Fixed oder mein AS-Caly diese Aufgabe.

Zum Putzen von Pilzen oder ausschneiden von braunen Stellen und ähnlichem verwende ich die kleinen Messerchen, die Claudia (Messerkontor) immer als Beigabe in ihre Pakete legt, so habe ich eigentlich keinen Bedarf für ein Petty.;)

Ich habe testweise Knoblauch feinst zerteilt und bin mit meinen Knöcheln nicht störend mit dem Brett kolidiert, möglich das auch meine feingliedrigen Finger ihren Teil dazu beigetragen haben.

Dementsprechend wenig Erfahrung und Kenntnis habe ich im Umgang damit und vor allem beim Einschätzen der Brauchbarkeit einzelner Hersteller.

Dies überlasse ich den nächsten Testern, die solche Messer auch wirklich täglich verwenden, schätzen, brauchen und nützen.

Ich beschränke mich mal auf das Messer selbst und hier sind keine langen Reden und Lobeshymnen nötig. Wir alle Messer, die ich bis jetzt von Jürgen in Händen hatte oder gesehen habe ist auch das Petty akurat gefertigt.

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Hier die Specs (Messerkontor):

Klingenlänge: 12cm
Klingenrückenbreite: 2,18mm-1,70mm-0,3mm
Klingenhöhe: 2,8cm-2,36cm
Gesamtlänge: 23,5cm
Gewicht: 88g



Eine bläuliche Patina war an der Klinge, also habe ich die Carbonstahl-Serie zum testen bekommen. Als ich ein paar Daten abgleichen wollte, hab ich gesehen, dass die rostfähige Serie entweder aus dem Programm vom Messerkontor genommen wurde oder aktuell nicht lagernd ist! Was beim Schanz-Petty sofort auffällt ist die tolle Haptik vom Griff. Er ist nahezu perfekt konturiert, mit geschlossenen Augen in der Hand könnte man glauben ein weit größeres Messer zu halten, als es tatsächlich ist.

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Die Messergriffe bei Schanz sind wirklich eine Klasse für sich. Das Wüsteneisenholz überzeugt mich aber optisch nicht wirklich, obwohl es zu den edelsten Hölzern zählt. Durch häufiges nutzen und reinigen ist das Holz ein wenig stumpf und glanzlos geworden. Es mag für manche vielleicht wie Frevel klingen, aber ich bevorzuge hier Micarta oder G10 als Griffmaterial.

Hier mit einem 210mm Gyuto der Lucidus-Serie um die Größenverhältnisse darzustellen.

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Das Finish ist wie gewohnt, alles perfekt verrundet und auspoliert, nix zu mäkeln!

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Der Preis ist gehoben, um den finanziellen Gegenwert bekommt man schon ein sehr gutes, großes Kochmesser, also ist das Schanz eindeutig was für Pettyliebhaber die solchen Messern viel abgewinnen können.

Gruß, güNef
 
Schanz Carbon Petty


Hier möchte ich ein kurzes Review über das Carbon Petty von Jürgen Schanz aus einem zweiten Blickwinkel anfügen. Wie güNef bin auch ich im Küchenalltag kein Petty-Nutzer. Ich arbeite eigentlich nur noch mit Gyutos zwischen 180 und 210 mm Klingenlänge, die so handlich sind, dass ich damit auch kleinere „Fitzel-Arbeiten“ ausführen kann. Wenn ich mal ein kleines Messer brauche, dann greife ich meistens eher zu einem Victorinox-Kneipchen. So fristet auch mein altes Hattori-Petty sein Dasein seit längerem quasi nur noch als Verzierung an meinem Messerblock. Aber für einen kleinen Vergleich mit dem Schanz durfte es nochmal antreten.

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Verarbeitung

Hier kann ich mich kurz fassen und auf das von güNef Geschriebene verweisen. Das Schanz-Petty ist perfekt verarbeitet. Auch ich bedaure ein wenig, dass die Wüsteneisenholzgriffschalen nicht diesen feurigen Glanz aufweisen, wie man ihn typischerweise von dieser Holzart kennt. Vielleicht könnte man durch erneutes Polieren und Ölen das schöne Holz nochmal besser zur Geltung bringen. Eigentlich ist dieses edle Holz ein bißchen zu schade für den täglichen Einsatz in der Küche.
Auch das Hattori-Petty war fast perfekt verarbeitet, als ich es vor fast 8 Jahren kaufte; es hat leider ein wenig unter meinen frühen Schleif-Eskapaden zu leiden gehabt. Der Klingenrücken ist zwar nicht gerundet, aber die Kanten sind gebrochen. Der Kehl ist etwas scharfkantig, wie man es bei japanischen Messern häufig findet, jedoch glatt geschliffen. Die Griffschalen sind sauber angepasst. Die Damasttapete hatte ein phantastisches Finish und ich weiß noch, dass das Messer OOTB sehr sehr scharf war.

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Vergleich Fakten und Zahlen (links Hattori / rechts Schanz)

Klinge: Schneidlage VG10 / Carbonstahl
Härte: 60 HRC / ? HRC
Klingenlänge (Schneide): 132 mm / 128 mm
Gesamtlänge: 236 mm / 238 mm
Gewicht: 80 g / 92 g
Griff: Pakkawood / Wüsteneisenholz
Preis: ca. 105 Euro / 159 Euro (rostfreie Variante!)


Performance

Der Griff des Schanz ist recht voluminös für ein so kleines Messer, liegt dadurch allerdings sehr gut in der Hand und sieht dabei auch noch einigermaßen harmonisch aus. Eleganter wirkt dagegen der Griff des Hattori, den ich auch sehr mag. Wer Hände wie Klodeckel hat, wird auf jeden Fall mit dem Schanz besser bedient sein. Beide Messer sind natürlich sehr handlich.

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Was ich gar nicht mag an relativ kleinen Messern, ist die hintere scharfe Ecke der Klinge, an welcher man sich sehr leicht schneidet. Mein Hattori-Petty ist das Messer, mit welchem ich mich mit großem Abstand am häufigsten geschnitten habe, und zwar immer in Finger der Messer führenden Hand :mad:. Deshalb habe ich irgendwann die scharfe Ecke rund geschliffen.

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Beim Schanz-Petty verläuft der Kehl ein wenig vom Griff weg nach vorne und gefährdet dadurch die Finger am Griff etwas weniger.

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Zum Schneiden: die Klinge des Schanz ist deutlich dünner und läuft vor allem zur Spitze hin sehr dünn aus. Sie ist etwas schneidfreudiger als die des Hattori – aber nicht so viel wie man glauben mag, wenn man sich die Fotos der Klingengeometrie anschaut. Hier scheint das Hattori absolut auf verlorenem Posten. Aber es ist zur Schneide hin ebenfalls sehr fein ausgeschliffen und schneidet kaum schlechter als das Schanz. Ausprobiert habe ich das an verschiedenem Obst und Gemüse.

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Fazit

Wie gesagt – ich komme ganz gut ohne Petty aus. Wer diese Messerform verwenden will, der wird an einem Schanz-Petty sicherlich seine Freude haben, vor allem wenn der Abschluss seiner Arme aus großen Pranken besteht. Hinderungsgründe für einen Kauf könnten ein nicht allzu gut gefülltes Bankkonto sowie eine der Messersucht gegenüber intolerant eingestellte Ehefrau sein :haemisch:, denn das kleine Schanzi ist nicht gerade als preiswert zu bezeichnen.
Alle Leser, die Damasttapeten nicht mögen, bitte mal kurz die Augen schließen ... – ich finde das Hattori schöner – ... ok, Augen wieder aufmachen... :lach:

Gruß
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Review aus fünf Blickwinkeln:

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Mein Review zum Schanz Lucidus Petty in 1.3505 und Wüsteneisenholz fällt eher kurz aus. Zum einen wurde ja eigentlich schon alles Wichtige zu dem Messer gesagt, zum anderen benutze ich Pettys und Messer dieser Größenordnung durchaus gerne, jedoch eher für Putz- Schäl- und Tournierarbeiten. Den Hauptteil der Arbeit bekommen eher größere Messer ab. Ich möchte mich demnach an dieser Stelle darauf konzentrieren, das hier gezeigte Petty mit meinem (schätzungsweise) vergleichbar alten Schanz Lucidus Petty in SB1 mit G10/Glowacryl-Griffschalen zu vergleichen. Das Messer ist bei mir seit inzwischen 2,5 Jahren viel und gerne im Einsatz (z.B. als bevorzugtes Messer meiner Freundin) und hat schon einiges mitgemacht (die kleinen runden Flecken sind übrigens Regentropfen).


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Die Verarbeitung des Pettys ist Schanz-typisch auf sehr hohem Niveau. Fast alle Kanten sind sauber gerundet. Seine Lebenszeit sieht man dem Messer so gut wie gar nicht an. Die Griffschalen wirken zwar etwas lebloser als die Wüsteneisenholzgriffschalen an dem Schanz Lucidus meiner Mutter oder meinem Schanz Viper aber da wird denke ich schon etwas Öl Abhilfe schaffen können. Die Klingengeometrie entspricht weitgehend meinem eigenen Schanz Petty, die Profile scheinen leicht abzuweichen und bieten IMHO für ein Petty hervorragende Eigenschaften. Es verfügt über eine ausreichend feine Spitze, genug Klingenhöhe damit man es auch für Arbeiten auf dem Brett einsetzen kann und eine Klingenstärke, die einen guten Kompromiss zwischen Schneidfreude und Steifigkeit darstellt.


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Die Klingengeometrie entspricht dabei weitgehend der meines SB1-Petty. Beim der Griffgestaltung fangen jedoch die Unterschiede an. Wie man auf folgenden Bildern erkennen kann, sind die Holzgriffschalen des Petty wesentlich dicker ausgeführt. Sie wirken dadurch im direkten Vergleich etwas klobiger auch wenn beide Messer IMHO hervorragend in der Hand liegen. Die Griffschalen des SB1-Pettys mit Holzgriffs meiner Mutter und dieses Pettys sind übrigens nahezu identisch!


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Im Vergleich zur G10-Version sind die Griffschalen an der Klinge deutlich weiter runtergezogen. Meiner Meinung nach einer der Schwachpunkte meines G10-Pettys, nämlich der mangelnde Freiraum beim Schärfen, wird hierbei noch verstärkt. Da das Problem mir bekannt war, habe ich natürlich beim Schärfen sehr aufgepasst. Aufgrund der folgenden Detailaufnahme erkennbar ist aber durchaus, dass ich anscheinend nicht der Einzige mit diesem Problem bin.


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Mit dem 1.3505 („Kugellager“)-Stahl bin ich dank meiner beiden Koraats vertraut. Er bietet meiner Meinung nach hervorragende Eigenschaften und einen guten Kompromiss aus Schärfbarkeit und Standzeit, wenn er in ersterem Punkt Shirogami doch deutlich unterlegen ist. Ich weiß nicht genau ob es an der Wärmebehandlung des Stahls liegt oder daran, dass das Schanz Petty etwas dicker an der Wate ist als meine Koraats aber gefühlt lassen sich meine Koraats deutlich schneller auf deutlich bissigere Schärfen bringen. Da war ich vom Schanz etwas enttäuscht. Da meine Koraats von Haus aus mit Kaffee passiviert sind, wollte ich mir hier doch mal ein Bild von der Reaktivität des Stahls machen.


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Wie der Zufall wollte, hatte ich grad ein Dutzend Orangen und zwei Limetten für Früchtesalat zu filetieren. Auch wenn mir das Petty dafür fast etwas klein ist (und ich lieber das erneut mit dem Carbonext Gyuto gemacht hätte) war ich doch neugierig und habe die Arbeit mit dem Schanz erledigt. Dabei zeigte sich zunächst keine sonderliche Reaktivität. Nach Ende der Session musste ich jedoch feststellen, dass auch das Schanz ein paar Patina-Flecken entwickelt hat. Dennoch würde ich die Reaktivität des Stahls als außerordentlich gering einschätzen.


Fazit

Ich mag die Schanz Lucidus-Pettys sehr. Zwar sind sie nicht die idealen Schälmesser und für die „echte“ Arbeit sind sie oft zu klein. Für andere Rüstarbeiten wie das Herausschneiden des Strunks einer gehäuteten Tomate, das Schneiden einer Avocado in der Schale oder der wirklich feinen kleinen Schneidarbeiten sind sie hervorragend geeignet und liegen dabei gut in der Hand und sind haptisch als auch optisch sehr ansprechend.
Kleiner Wehrmutstropfen für mich ist die IMHO zu weit heruntergezogene Griffschale am Übergang zur Klinge, die mich etwas beim Schärfen stört und die meiner Meinung nach nicht ganz ausgereizten Eigenschaften des Stahls. Ansonsten aber ein sehr empfehlenswertes Messer – sowohl in SB1 als auch in 1.3505!

Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen!


Gruß, Gabriel
 
Zusammenfassend ist das Schanz-Petty eines der besten Pettys, das ich je in der Hand hatte. Stahl, Wärmebehandlung, Schliff und Verarbeitung liegen auf einem sehr hohen Niveau. Würde ich es empfehlen? Nur für ausgemachte Liebhaber des kurzen Zubereitungsmessers. Denn in der Praxis setze ich fast ausschließlich mein viel günstigeres Herder K1 ein, da es beispielsweise für Schälaufgaben besser geeignet ist, ohne dabei in anderen Feldern groß zurückzustehen. Das Schanz fristet daher bei mir ein Dasein als Gästemesser für jene Leute, die sich nicht zur Arbeit mit einem großen Kochmesser bewegen lassen. Schade eigentlich, das hat es nicht verdient.
 
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