Review aus fünf Blickwinkeln: Sirou Kamo-to Migaki Nakiri 165mm

Gabriel

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Review aus fünf Blickwinkeln:

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Sirou Kamo-to Migaki-Nakiri 165mm

Bei dem ersten Messer, welches ich diesen Monat im Zuge unserer Zirkelreviews vorstellen möchte, handelt es sich um das Sirou Kamo-to Migaki-Nakiri 165mm.

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Daten und Fakten
Klingenlänge: 165 mm
Gesamtlänge: 304 mm
Klingenhöhe am Kehl: 45 mm
3-Lagenkonstruktion mit Schneidlage aus: Yasuki-Aogami 2 @ 63-65 HRC (je nach Quelle)
Schliff: beidseitig
Griffmaterial: Ho-Holz, oktagonal mit Büffelhornzwinge
Gewicht: 116 g

Erster Eindruck / Verarbeitung & Finish

Zugegeben, ich war schon immer neugierig, wie sich Sirou Kamo’s Messer im Einsatz verhalten. Ich hatte zwar schon ein zu diesem Nakiri hier analoges Santoku zur Ansicht in der Hand (wobei ich mich damals dann zugunsten des Tontenkan Premium Santokus entschieden hab, was ich auch nicht bereue) und konnte ein anderes auch schon ganz kurz mal testen. Ein Messer aber über längere Zeit richtig zu benutzen bietet einem doch eine etwas andere Perspektive.

Mein erster Eindruck war ehrlich gesagt gemischt aber durchaus positiv. Was mir zuerst auffiel war das relativ raue Finish des Klingenspiegels. Das muss für den Preis besser gehen dachte ich mir! Außerdem schien mir der Anschliff in der Nähe der Spitze etwas ungleichmäßig ausgeführt – wobei das Messer ja nicht neu ist, da müsste man ein Ladenneues Exemplar mal vergleichen um hier eine belastbare Aussage treffen zu können. Positiv fielen der haptische Eindruck des Wa-Griffs sowie die sehr schön gemusterte Büffelhornzwinge (leider mit einem kleinen fühlbaren Übergang zum Griffholz) und der gut gearbeitete Kehl auf. Insgesamt würde ich die Verarbeitung als gut bewerten, das Messer erlaubt sich keine groben Schnitzer meiner Meinung nach. Allerdings gibt es in dem Preisbereich auch noch deutlich schöner verarbeitete Messer, da könnte Sirou Kamo meiner Meinung nach noch etwas nachlegen, insbesondere beim Finish des Klingenspiegels sowie dem Übergang zur Hornzwinge bei diesem spezifischen Modell. Dies war schon „damals“ einer der entscheidenden Punkte, mich gegen das Kamo und für das Tontenkan zu entscheiden.

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Erste Benutzung und Klingengeometrie

Nachdem das Zakuri-Petty beim Gurkenschnitt in der Katsuramuki-Technik letzten Monat regelrecht versagt hat, konnte ich erfreut feststellen, dass sich das Kamo Nakiri hier sehr gut schlägt. Zum einen kommt hier die flach ausgeführte Schneide natürlich der Sache zu Gute. Zum anderen zeigen sich hier auch erste Anzeichen einer guten Geometrie.

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In dem linken Bild der Vergleich mit dem Hiromoto AS Gyuto 240mm (links) und auf dem rechten Bild der Vergleich mit dem Masamoto KS Sujihiki (links).


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Die Messwerte sowie die Fotos zeigen es schon. Die Geometrie des Kamo Nakiris ist (insbesondere für ein dreilagiges Messer) gut. Ich würde es jedoch keinesfalls als Laser bezeichnen. Den von mir im Vergleich mit anderen Messern durchgeführten Möhrentest absolviert das Kamo lediglich mit Knacken der Möhre. Dass es auch noch etwas besser geht bei vergleichbarer Bauart und Stahlwahl zeigt z.B. das Konosuke Fujiyama Blue #2 Gyuto. Insbesondere nahe der Schneide zeigt sich doch die Qualität des Kamo Nakiris. Mit Werten von teils unter 0,3mm hinter der Wate kann man dem Kamo definitiv keine geringe Schneidfreude nachsagen.


Klingenrückenstärke im Vergleich mit dem Aoki Warikomi Spiegel Santoku in Shirogami 1 und 19,5 cm

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Schnitthaltigkeit und Reaktivität

Das Messer kam mit nur einer äußerst gering ausgeprägten Patina und guter Gebrauchsschärfe bei mir an. Durch eine glückliche Fügung befindet sich testweise bei mir momentan auch ein japanischer Naturstein (ein Awasedo Ohira Toishi aus Kyoto mit einer Körnung ca. im Bereich 8000-12.000). Mit Diesem konnte die Schärfe des Kamo’s schnell und einfach auf ein Aogami 2-typisch hohes Niveau gebracht werden. In der gesamten Zeit der Benutzung (ausschließlich für mittelhartes bis weiches Gemüse und ausschließlich auf einem Kirschholzbrett… schätze insgesamt auf ca. 8 Portionen/Woche) wurde das Messer noch einmal auf dem Awasedo abgezogen. Die Standzeit würde ich demnach als Aogami-typisch gut bezeichnen. Einen positiven Einfluss der höheren Härte gegenüber des Konosukes in Aogami 2 bzgl. der Standzeit konnte ich jedoch nicht feststellen.

Probleme mit Ausbrüchen gab es ebenfalls nicht!

Da das Messer ohne ausgeprägte Patina bei mir ankam zeigte sich natürlich in den ersten Benutzungen erwartungsgemäß eine gewisse Reaktivität. Insgesamt würde ich die Reaktivität als sehr gering für ein Messer aus diesen Materialien einschätzen. Während die Schneidlage aus Aogami 2 eine schön gleichmäßige bläuliche Patina entwickelte, zeigen die Flanken lediglich eine ganz leichte partielle Patina.

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Beim Schleifen zu Ende der Testphase (auf Chosera 1000, King Awasedo 6000 und Finish auf Awasedo Ohira Toishi) zeigte das Kamo ebenfalls ein gutmütiges Verhalten und nahm schnell eine hohe Schärfe an.

Die Klingenform

Viele in unseren Reihen arbeiten gerne mit Nakiris. Mich persönlich hat diese Messerform aufgrund der eingeschränkten Schneidtechnik sowie der fehlenden Spitze nie sonderlich überzeugt. Ich dachte immer: „…wenn ich ein Nakiri verwende brauch ich ja zwingend noch ein zweites Messer mit Spitze“. Und ich muss sagen, dass es aus meiner persönlichen Erfahrung auch so war. Auf der einen Seite lassen sich viele Gemüse gut auch ohne Spitze mit einer flachen Klinge verteilen, für einige Anwendungen musste ich dann doch auf ein zweites zusätzliches Messer zurückgreifen, welches ich z.B. bei Verwendung eines Gyutos nicht gebraucht hätte.
Trotzdem hat das Arbeiten mit dem Messer Spaß gemacht. Insbesondere beim Gemüse „choppen“ war mein Eindruck eher, dass ein Nakiri dieser Größe bei dieser spezifischen Schneidtechnik und ergänzt durch ein Petty, Sujihiki ... selbst ein guter Ersatz für ein (sagen wir mal) 240mm-langes Gyuto sein kann. Ich schätze, dieser Eindruck ergibt sich aus der Länge des flachen Klingenbereichs. Für Leute, die sich mit größeren Klingen nicht wohl fühlen oder den Platz nicht haben und in dieser Schneidtechnik arbeiten, IMHO also durchaus eine gute Alternative!


Patina im Vergleich mit dem Aoki Warikomi Spiegel Santoku bei vergleichbarer Benutzung:

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Fazit

Das Kamo-to Nakiri hat mir gefallen. Die Verarbeitung könnte schöner sein in manchen vorwiegend ästhetischen Aspekten und Details (hier könnte man aber auch durchaus selbst Abhilfe schaffen). Die Geometrie ist ebenfalls nicht die eines Lasers und wird von manch anderen Messer abgehängt. Nichtsdestotrotz macht das Arbeiten mit dem Messer einfach Spaß und der Stahl lässt eigentlich keine Wünsche offen. Ich werde über kurz oder lang denke ich ein Nakiri meiner Sammlung hinzufügen… ;)
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen!


Gruß, Gabriel
 
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Sirou Kamo Nakiri 165mm

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.



Sirou Kamo ist ein fester Name, der gerne dann fällt, wenn es darum geht, wer das schärfste und dünnste japanische Messer herstellt. Ich hatte schon ein paar mal Kamos in der Hand, habe mich aber sehr über die Gelegenheit gefreut, mal eines längere Zeit benutzen zu können. Es stellt sich raus, dass ich aber wohl das Santoku auch werde testen müssen…

Verarbeitung:
Wie ich das von Kamo gewohnt bin, ist das Messer schön – aber nicht perfekt. Der Übergang zwischen Griff und Zwinge ist leicht ausgefranst, die Stirnseite des Griffes ist nicht schön versäubert. Kehl und Rücken sind zwar geschliffen, aber etwas nachlässig. Der Schliff der Klinge ist relativ grob und nicht gleichmäßig, dazu gleich mehr.





Klinge und Stahl:

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Sirou Kamo stellt die Messer seiner Standardserien aus industriellem Walzlaminat aus Eisen mit Schneidlage aus Blaupapierstahl (Aogami) her. Dieser ist recht hoch gehärtet. Die Klinge ist hinter der Schneide sehr dünn, nimmt dann aber schnell an Dicke zu; dieses Profil ist typisch für Kamo-Messer, der Dickensprung ist aber bei den Santokus und Kenyos, die ich in der Hand hatte, deutlich weniger ausgeprägt gewesen. Die Wärmebehandlung scheint sehr ordentlich, denn trotz der sehr dünnen Schneide gab es keine Ausbrüche. Die Standzeit der Schärfe war für Aogami eher im Mittelfeld, ich vermute, dass der Stahl nicht so hoch gehärtet ist, wie oft angegeben. Als erstaunlich ist das geringe Anlaufen des Stahls zu bezeichnen.

Da ich das Messer sowieso nachschärfen musste, habe ich die Schulter minimal zurückgesetzt und weil ich einen schönen Finisher gerade da hatte, mit Binzui, Aoto und Ohira Toishi ein Honbazuke-Finish angefangen. Dabei musste ich feststellen, dass die Schulter nicht sauber angeschliffen war, weshalb ich das Finish auch nicht zuende gebracht habe. Hinten und vorne sowieso in der Mitte zeigte sich ein Abdriften der Primärfase in die Tafel, auch zeigte die Primärfase eine leichte Unregelmäßigkeit in Form von Stellen, die von einem flächigen Schliff nicht erfasst wurden. Verzeihung an den Besitzer: Ich wollte die Schulter nicht so weit zurücksetzen, wie ich gemusst hätte, um einen sauberen Schliff anbringen zu können. Ich habe schon zig Naturstein-Finishes angebracht, das ist mir noch nicht passiert. Man muss also konstatieren, dass der Fabrikschliff nicht gleichmäßig war. Für den normalen Nutzer spielt dies aber eine untergeordnete Rolle.



Handhabung und Schneiden:
Da ich sehr gepannt auf die Performance des Messers war, habe ich es durch einen massiven Berg Gemüse gejagt: 10kg Zwiebeln, 10kg Kartoffeln, Berge von Sellerie, Karotten, Lauch und Kräutern musste das Kamo an einem Nachmittag schaffen. Dabei hat es sich wacker geschlagen. Man muss vor allem betonen, dass es sich mit dem Messer dank der gerundeten Spitze und dem gut in der Hand liegenden Griff sehr leicht arbeiten lässt, auch macht die anfangs extrem dünne Geometrie viele Aufgaben wunderbar. Insgesamt hätte ich aber doch nach der Hälfte der Zeit gerne wieder mein 1922 in die Hand genommen: Auch wenn der Wiegeschnitt mit dem Kamo möglich ist, so ist das Herder darauf besser eingestellt. Und die Geometrie meldet sich genau, wenn man über die Primärfase in den dicken Bereich der Klinge kommt, doch recht merklich mit größerem Aufwand. Da ich aber die Standfestigkeit ausloten wollte, habe ich nicht gewechselt. Am Ende war das Messer zwar nicht stumpf, die Schärfe hatte aber merklich nachgelassen. Für mein Gefühl war ein neuer Schliff nötig.

Fazit:

Das Kamo spaltet etwas mein Herz. Ich will es mögen, es ist so ein sympathisches Messer, mit dem sich teilweise so beschwingt arbeiten lässt. Es könnte wirklich gut sein, fällt aber an zu vielen Ecken etwas zu viel ab. Ich wäre gewillt, ihm all seine Fehler nachzusehen, wenn es nicht so schnell so dick würde. Genau das tun aber meines Wissens weder das Santoku noch das Kenyo von Kamo, sodass man nicht von dem Nakiri auf alles schließen sollte. Auch die leichte Schliffunregelmäßigkeit kann gut eine Ausnahme gewesen sein. Ich bin hochgespannt, mal ein Santoku oder Kenyo probezufahren, um den Namen wieder reinzuwaschen.

Anmerkung: Alle Messer werden kategorisch mit allen Schnittechniken (Wiegeschnitt, Druck/Zugschnitt und Wiegen) getestet. Als traditionelles japanisches Messer wurde hier das Hauptaugenmerkt auf Druck/Zugschnitt gelegt. Geschnitten wurde ausschließlich auf einem Birkenholzbrett.
 
Servus,

Review aus fünf Blickwinkeln:

Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Sirou Kamo-to Migaki-Nakiri 165mm

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Die beiden Vortester haben bereits exzellent die Stärken und Schwächen von diesem Nakiri ausgelotet, da bleibt mir nicht viel zu tun.

Ich beziehe mich in meiner kurzen Stellungnahme nur auf einen Vergleich mit einem Nakiri der Standardserie von Shinichi Watanabe, weil ich denke das passt gerade gut und die beiden Schmiede werden, wenn es um gute und vor allem traditionell hergestellte Messer geht, in einem Atemzug genannt.

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Die ewigen Fragen, wer liefert das schärfere Messer, welches mag dünner augeschliffen sein, bei welchem nimmt die Klingendicke rapide zu, wer von beiden hat die bessere Verarbeitung und das schönere Finish....

Das generelle beantworten dieser Fragen ist schlicht unmöglich, da beide viele unterschiedliche Serien fertigen, die sich zum Teil völlig voneinader unterscheiden. In Preis, Qualität, Schneidfähigkeit und Finish!

Als meine Frau das Kamo Nakiri zum ersten Mal erblickt hat, kam ein entzücktes „Jöö, das kenn ich noch gar nicht, wieso ist das so klein, ist das für mich?“

Tja, was soll man da sagen! :D

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Das dieses Nakiri beim Anblick von einem gut gewachsenen Krautkopf versucht vom Brett zu rutschen, sage ich nur flüsternd, ich möchte das Trauma Aufgrund der Kleinwüchsigkeit nicht noch fördern, also habe ich mich nur angemessener Gemüsen bedient. ;)
Schwatvogel hat dem Kamo ja einen neuen Schliff verpasst, der zumindest Funktionell gut gelungen ist! ;)

Mein Watanabe-Nakiri war und ist das schärfste Messer OOTB, das ich je bekommen habe, diese Schärfe habe ich bis Heute gut konserviert, da ich es eigenlich weniger nütze, als es ursprünglich gedacht war.

Kehlvergleich: links Watanabe, hier bekommt man schon einen Eindruck was ich mit "rustikale Verarbeitung" gemeint ist :mad: und rechts das Kamo. Das Watanabe ist auf Null ausgeschliffen!

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Hier nochmal der Kamo-Kehl, das ist schon recht ordentlich, ginge aber noch um einiges schöner:

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Weder von der Geometrie noch von der Schneidfreude und Schärfe nehmen sich die beiden Messer viel, obwohl ich in allen Belangen das Watanabe doch einen Tacken besser empfinde. Das liegt mit Sicherheit an der kompromisslos ausgeschliffenen Schneide mit dem Nachteil einer höheren Empfindlichkeit!

Die Möhre und der gemeine Apfel mussten als Schnittgut herhalten.

Von der Verarbeitung ist das Kamo schöner, obgleich auch nicht perfekt!
Das Watanabe ist wohlwollend gesagt, „rustikal und zweckmässig gebaut!

Kamo:

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Watanabe:

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Mir persönlich ist das Kamo etwas zu klein, als Nakiri ist es ohnehin bereits ein „spezialisiertes“ Messer, da muss dann die Größe schon perfekt auf meine Bedürfnisse zugeschnitten sein!

Was alle Kamo’s eint ist die exzellente Wärmebehandlung! Trotz hoch gehärteter Schneiden halten diese ausgezeichnet, über eine Tendenz zu Ausbrüchen ist nichts bekannt und auch alle Berichte hier im Forum beurteilen die Schneidkantenstabilität als besonders gut.

Auch bei meinem kurzen Einsatz konnte ich über keinerlei Probleme der Schneide klagen!

Dies kann ich vom Watanabe-Nakiri nicht behaupten, es mag an der sehr fein ausgeschliffenen Schneide liegen, die hat es mir schon mal umgelegt!

Wer eines dieser berühmt-berüchtigt dünnen Kamo’s möchte, liegt mit dem Nakiri nicht auf Kurs. Es schneidet sehr gut, auch oder vor allem im Druckschnitt, aber der Mund ist mir nicht vor Ergriffenheit offen stehen geblieben.

Sei’s drumm, das kleine Kamo-Nakiri macht innerhalb seiner Möglichkeiten eine gute Figur! Über das Klingenfinish kann ich kein Urteil abgeben, da diese Messer schon lange in Gebrauch ist und den durch das Honbazuke-Finish veränderten Klingenspiegel ich keine Vergleichsmöglichkeit mit dem Originalzustand habe.

Gruß, güNef
 
Sirou Kamo-to Migaki-Nakiri 165mm

Da eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.


Mein kleines Kamo-Nakiri ist seit ca. fünf Jahren in Gebrauch. Ich mag das Messer sehr gerne, obwohl ich in der Küche meistens lieber zu einem meiner Gyutos greife. Das Kamo hat ein eher begrenztes Einsatzgebiet bei mir, nämlich das Schneiden von Kohl und Gemüse Julienne.

Bei meinen Testkollegen stieß dieses Messer auf ein geteiltes Echo. Kritik wurde an der nicht perfekten Verarbeitung geübt, z.B. spürbarer Übergang zwischen Griffholz und Zwinge, nicht ganz sauber gearbeitet im Bereich der Erlbohrung, etwas ungleichmäßiger Anschliff und die oberhalb der Schneide zu schnell an Dicke zunehmende Klinge.

Positiv gesehen wurde die trotzdem sehr gute Schneidfähigkeit, sehr gute Schleifbarkeit, hohe erreichbare Schärfe, gute Schneidhaltigkeit, die überraschend geringe Reaktivität des Stahls sowie die gute Haptik des Griffes.

Hier folgt noch eine kurze eigene Einschätzung:


Verarbeitung

Die Verarbeitung des Kamo-Nakiris sehe ich nicht ganz so kritisch wie meine Kollegen. Natürlich sieht ein Messer im allgemeinen nach fünfjähriger Benutzung nicht mehr aus wie neu. Die Ausfransungen am Griffholz sowie der leicht fühlbare Übergang zwischen dem selben und der Zwinge sind im Laufe der Zeit entstanden. Der Bereich am Erlloch wirkte etwas unsauber, weil jemand dort nach dem Schleifen Schleifschlamm hinterlassen hatte. Wäre das Messer im Neuzustand nicht sehr gut gewesen, hätte ich es garantiert nicht gekauft.


Performance

Das Nakiri ist mir mittlerweile auch etwas zu klein; ein paar zusätzliche cm an Klingenlänge wären wünschenswert. Trotzdem lässt es sich sehr gut damit arbeiten. Die große Stärke des Messers sehe ich im Druckschnitt. Außerdem lässt sich der sehr hoch gehärtete Aogami extrem leicht schleifen. Ich glaube, in den fünf Jahren habe ich nur zweimal einen 1000er Stein benutzt und ansonsten die Schneide ausschließlich auf einem BBB und Pastenleder scharf gehalten.

Interessant finde ich die Erkenntnis, dass die Santokus von Kamo anscheinend wesentlich dünner ausgeschliffen sind als zumindest mein Nakiri und dass deren Performance entsprechend besser ist. Allerdings scheint beispielsweise güNefs Kamo-Santoku im Schneidenbereich leicht überreizt worden zu sein, so dass die Schneidkantenstabilität nicht mehr ausreichend für den normalen Kücheneinsatz ist.


Tuning

Schwatvogels gut gemeinter Versuch, die Schneidperformance des Kamos durch das Entfernen überschüssigen Materials oberhalb der Schneide zu verbessern, musste ja leider abgebrochen werden, da die Klingenflanken nicht genau in einer Flucht lagen. Somit konnte auf Schleifsteinen kein gleichmäßiger Schliff durchgeführt werden. Der unvollendete Schliff konnte aber so auch nicht bleiben, und so lag die naheliegende Lösung des Problems mal wieder in Stutensee.

Bei Jürgen Schanz erhielt das Kamo ein neues Klingendesign: die Flanken wurden komplett überschliffen, die tiefen Längsriefen im oberen Klingenbereich entfernt. Das Finish ist sehr fein – fast spiegelnd geworden. Dabei wurde die Klingengeometrie optimiert (ausgedünnt) und ganz leicht ballig auf fast null mit winziger Fase geschliffen. Dass das Ding nach einer solchen Schanz-Kur ziemlich gut schneidet (untertrieben gesagt!), daran werden wohl keine Zweifel bestehen.

Vor dem Besuch in Stutensee hatte ich selbst schon Hand angelegt und den Klingenrücken und Kehl abgerundet. Außerdem wurde der Bereich um das Erlloch wieder gereinigt und ein kleiner Rest von herausstehender Dichtmasse entfernt. Durch all diese Maßnahmen hat sich die ohnehin schon gute Haptik nochmals verbessert. Da ist nichts Kantiges mehr an dem Messer. Klingenrücken und Kehl fühlen sich schön glatt und angenehm an. Das Messer sieht rundherum gut und sauber verarbeitet aus. Und nicht zuletzt schneidet es deutlich leichter – vor allem durch die Möhre. Allerdings hat das Nakiri nun einen völlig anderen Charakter: es ist kein wirkliches Kamo mehr – aber es ist klasse!

So sah das Kamo OOTB aus:
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So schickte ich es zum Messerzirkel:
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So kam es wieder zurück:
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So sieht ein geschanztes Kamo aus:
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Gruß
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