Schwatvogel
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Suisin Inox Honyaki Gyuto 24cm
(Bilder zum Vergrößern anklicken)
Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.
Fraglos das Sahnestück der drei Messer, die ich in der ersten Runde zum Testen bekommen habe, ist das Inox Honyaki der Firma Suisin aus Sakai. Bekannt geworden sind sie als eine der ersten japanischen Firmen, die bei ihren Messern konsequent rostträge Stähle eingesetzt hat, wobei bereits sehr früh auf schwedische Stähle von Sandvik gesetzt wurde. Entsprechend große Erfahrung ist auch mit diesen Stählen vorhanden. Das alleine ist allerdings noch nicht der Grund, warum ich wie ein Kind auf und ab gehüpft bin als das Paket mit den Messern bei mir eingetroffen ist. Fachleute haben das Inox Honyaki schon als das beste rostträge Messer am Markt bezeichnet, unter anderem, aber nicht nur Jon Broida von Japanese Knife Imports, den ich als einen der versiertesten Fachleute in der westlichen Welt ansehe. Man verzeihe mir also bitte auch den überschwänglichen Bilderregen. Also: Frisch, Gesellen, seid zur Hand!
Verarbeitung:
Die Verarbeitung erfüllt hohe Erwartungen: Kehl und Rücken sind sauberst ausgearbeitet und poliert, das klassische französische Profil ist stimmig. Der Klingenschliff ist absolut gleichmäßig. Der Griff ist ohne Fehler, alle Passungen sind präzise und hervorragend versäubert. Da ich hier nicht zum jubilieren bezahlt werde, will ich mal auf hohem Niveau kritisieren: Das Finish könnte durchaus eine Nummer feiner sein, das Griffmaterial - japanische Eibe - sieht in meinen Augen zu sehr wie Fichte und damit nicht besonders edel aus und das verwandte Hornmaterial ist so durchgehend dunkel und die Oberfläche so geschlossen abpoliert, dass ich lieber noch mal nachgeschaut hab, ob es sich wirklich um Horn handelt oder ob es nicht doch Plastik ist. Nein, doch .. ist Horn.
Klinge und Stahl:
Die Klinge des Inox Honyaki ist aus rostträgem schwedischem Sandvik 19C27 gemacht. "Toll!", wird sich der durchschnittliche Mensch denken, "Ist das .. gut oder ist das schlecht?.." Die kurze Antwort ist: Ja.
19C27 ist ein Stahl für Papier- und Faserschnittklingen, den der Hersteller selbst wie folgt beschreibt:
Und tatsächlich: Die sehr dünne und fast auf null geschliffene Klinge verhält sich genauso, wie es verheißen ward: Sie ist zwar ein kleines bisschen weniger bissig scharf als beispielsweise ein Ashi Ginga Wa aus Schwedenstahl (aller Vermutung nach ein gutmütigerer Sandvik-Stahl, z.B. 13C26), zeigt aber eine außergewöhnlich hohe Standzeit, besonders für diese sehr dünne Geometrie und eine Härte von 60° HRC. Ich habe mit dem Messer wirklich enorm viel gearbeitet und konnte überhaupt keinen Rückgang der Schärfe feststellen. Das muss man erst mal nachmachen.
Handhabung und Schneiden:
Zwar ist der Balancepunkt des Inox mit 18mm hinter dem Kehl etwas weiter vorne, als er sein sollte - das wird man aber bei 24er Gyutos selten anders finden. Und da das Messer so unwahrscheinlich leicht ist, stört es auch im Alltag nicht die Bohne. Insgesamt arbeitet es sich wunderbar mit dem Suisin; die dünne Geometrie macht jedes Schneiden zu einem Genuss und dank der perfekten Wärmebehandlung muss man sich auch keinerlei Sorgen um Klingenausbrüche machen. Und die Standzeit dürfte für ein Messer dieses Härtebereichs und dünner Geometrie ziemlich einmalig sein, was natürlich ein zusätzlicher Anlass zur Freude ist.
Fazit:
Es ist immer schön, wenn eine Sache all das ist, was man von ihr erwartet hat. Das Suisin Inox Honyaki ist ein schlichtweg fantastisches Messer. Während mich nicht stört, dass das Klingenfinish etwas feiner sein könnte, gefällt mir das Griffholz und das Hornmaterial wirklich überhaupt nicht, auch wenn die Verarbeitung makellos ist. Suisin baut auf Wunsch einen Ebenholzgriff an, aber dafür darf man dann noch mal Geld drauf legen - was bei einem Preis von 310€ für das 21cm Gyuto langsam in Regionen vordringt, die man ohne tränenreiche Liquidierung geliebter Ferien-Immobilien nicht mehr bezahlen kann (siehe: *). Wenn ich mal Geld übrig habe, wird sich dieses Messer trotzdem bei mir finden. Die Klinge ist ein Höhepunkt der Messermacherkunst.
* Versand von Suisin nach Deutschland kostet 2500 Yen (im Moment: 18,35€), ein Ebenholzgriff mit heller Hornzwinge ist möglich und kostet 10400 Yen (76,20€). Auf alles und das Geld für das Messer (33600 Yen = 246,20€ für ein 21er Gyuto) kommt dann noch mal 8,5% Zoll und 19% MwSt.
Anmerkung: Alle Messer werden kategorisch mit allen Schnittechniken (Wiegeschnitt, Druck/Zugschnitt und Wiegen) getestet. Als modernes japanisches Messer wurde hier gleichermaßen viel mit Wiege- wie mit Druck/Zugschnitt gearbeitet. Geschnitten wurde ausschließlich auf einem Birkenholzbrett.
(Bilder zum Vergrößern anklicken)
Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.
Fraglos das Sahnestück der drei Messer, die ich in der ersten Runde zum Testen bekommen habe, ist das Inox Honyaki der Firma Suisin aus Sakai. Bekannt geworden sind sie als eine der ersten japanischen Firmen, die bei ihren Messern konsequent rostträge Stähle eingesetzt hat, wobei bereits sehr früh auf schwedische Stähle von Sandvik gesetzt wurde. Entsprechend große Erfahrung ist auch mit diesen Stählen vorhanden. Das alleine ist allerdings noch nicht der Grund, warum ich wie ein Kind auf und ab gehüpft bin als das Paket mit den Messern bei mir eingetroffen ist. Fachleute haben das Inox Honyaki schon als das beste rostträge Messer am Markt bezeichnet, unter anderem, aber nicht nur Jon Broida von Japanese Knife Imports, den ich als einen der versiertesten Fachleute in der westlichen Welt ansehe. Man verzeihe mir also bitte auch den überschwänglichen Bilderregen. Also: Frisch, Gesellen, seid zur Hand!
Verarbeitung:
Die Verarbeitung erfüllt hohe Erwartungen: Kehl und Rücken sind sauberst ausgearbeitet und poliert, das klassische französische Profil ist stimmig. Der Klingenschliff ist absolut gleichmäßig. Der Griff ist ohne Fehler, alle Passungen sind präzise und hervorragend versäubert. Da ich hier nicht zum jubilieren bezahlt werde, will ich mal auf hohem Niveau kritisieren: Das Finish könnte durchaus eine Nummer feiner sein, das Griffmaterial - japanische Eibe - sieht in meinen Augen zu sehr wie Fichte und damit nicht besonders edel aus und das verwandte Hornmaterial ist so durchgehend dunkel und die Oberfläche so geschlossen abpoliert, dass ich lieber noch mal nachgeschaut hab, ob es sich wirklich um Horn handelt oder ob es nicht doch Plastik ist. Nein, doch .. ist Horn.
Klinge und Stahl:
Die Klinge des Inox Honyaki ist aus rostträgem schwedischem Sandvik 19C27 gemacht. "Toll!", wird sich der durchschnittliche Mensch denken, "Ist das .. gut oder ist das schlecht?.." Die kurze Antwort ist: Ja.
19C27 ist ein Stahl für Papier- und Faserschnittklingen, den der Hersteller selbst wie folgt beschreibt:
Zu deutsch:Sandvik schrieb:The coarse carbide grades excel at wear resistance but do not allow keen edge angles and have limited edge stability, due to the sacrifice of toughness related to the coarse microstructure.
Klingt jetzt gelinde gesagt nicht nach der ersten Wahl für Messer. Und tatsächlich haben sich auch schon einige Firmen an diesem Stahl versucht und ziemlich verhoben. Aber wie gesagt: Suisin ist nicht irgend ein Klaus, der Nachts allein im Wald ein bisschen Stahl zum Härten in einen Tümpel wirft. Wir erinnern uns - die Herren haben Erfahrung.Sandvik schrieb:Die groben Karbide haben eine überragende Verschleißfestigkeit, erlauben aber keine schmalen Schneidenwinkel und haben eine begrenzte Schneidenstabilität, da zugunsten der groben Mikrostruktur Zähigkeit geopfert werden muss.
Und tatsächlich: Die sehr dünne und fast auf null geschliffene Klinge verhält sich genauso, wie es verheißen ward: Sie ist zwar ein kleines bisschen weniger bissig scharf als beispielsweise ein Ashi Ginga Wa aus Schwedenstahl (aller Vermutung nach ein gutmütigerer Sandvik-Stahl, z.B. 13C26), zeigt aber eine außergewöhnlich hohe Standzeit, besonders für diese sehr dünne Geometrie und eine Härte von 60° HRC. Ich habe mit dem Messer wirklich enorm viel gearbeitet und konnte überhaupt keinen Rückgang der Schärfe feststellen. Das muss man erst mal nachmachen.
Handhabung und Schneiden:
Zwar ist der Balancepunkt des Inox mit 18mm hinter dem Kehl etwas weiter vorne, als er sein sollte - das wird man aber bei 24er Gyutos selten anders finden. Und da das Messer so unwahrscheinlich leicht ist, stört es auch im Alltag nicht die Bohne. Insgesamt arbeitet es sich wunderbar mit dem Suisin; die dünne Geometrie macht jedes Schneiden zu einem Genuss und dank der perfekten Wärmebehandlung muss man sich auch keinerlei Sorgen um Klingenausbrüche machen. Und die Standzeit dürfte für ein Messer dieses Härtebereichs und dünner Geometrie ziemlich einmalig sein, was natürlich ein zusätzlicher Anlass zur Freude ist.
Fazit:
Es ist immer schön, wenn eine Sache all das ist, was man von ihr erwartet hat. Das Suisin Inox Honyaki ist ein schlichtweg fantastisches Messer. Während mich nicht stört, dass das Klingenfinish etwas feiner sein könnte, gefällt mir das Griffholz und das Hornmaterial wirklich überhaupt nicht, auch wenn die Verarbeitung makellos ist. Suisin baut auf Wunsch einen Ebenholzgriff an, aber dafür darf man dann noch mal Geld drauf legen - was bei einem Preis von 310€ für das 21cm Gyuto langsam in Regionen vordringt, die man ohne tränenreiche Liquidierung geliebter Ferien-Immobilien nicht mehr bezahlen kann (siehe: *). Wenn ich mal Geld übrig habe, wird sich dieses Messer trotzdem bei mir finden. Die Klinge ist ein Höhepunkt der Messermacherkunst.
* Versand von Suisin nach Deutschland kostet 2500 Yen (im Moment: 18,35€), ein Ebenholzgriff mit heller Hornzwinge ist möglich und kostet 10400 Yen (76,20€). Auf alles und das Geld für das Messer (33600 Yen = 246,20€ für ein 21er Gyuto) kommt dann noch mal 8,5% Zoll und 19% MwSt.
Anmerkung: Alle Messer werden kategorisch mit allen Schnittechniken (Wiegeschnitt, Druck/Zugschnitt und Wiegen) getestet. Als modernes japanisches Messer wurde hier gleichermaßen viel mit Wiege- wie mit Druck/Zugschnitt gearbeitet. Geschnitten wurde ausschließlich auf einem Birkenholzbrett.
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