Review aus fünf Blickwinkeln: TonTenKan Santoku

Schwatvogel

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TonTenKan Santoku Premium 180mm
(Bilder zur Vergrößerung anklicken)




Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.

Eine kleine Auswahl von TonTenKan-Messern gibt es schon ziemlich lange in Deutschland. Wie auch die Messer von Sirou Kamo werden sie meines Wissens nach von Herder Windmühle importiert und hier distributiert. Der Name kennzeichnet den Zusammenschluss dreier Schleifer aus der japanischen Klingenstadt Sakai, die alle den Meistertitel des traditionellen Handwerks (Dento-Kogei-shi), der in Japan ein sehr hohes Ansehen genießt. Ich hatte noch nie eines dieser Messer in der Hand gehabt, aber schon ein paar schlechte Worte darüber gehört - ergo brannte ich natürlich darauf, mir selbst ein Bild zu machen.

Verarbeitung:

Meine Referenz für Verarbeitungsqualität ist ein Aoki-Messer von Doi, das einzige Liebhaberstück, das ich mir erlaube. Ich war höchst überrascht, dass das TonTenKan diesem Standard wenig nachsteht. Rücken und Kehl sind sauberst gerundet und poliert, der Schliff der Klinge ist absolut gleichmäßig, das Profil stimmt genau. Die Übergangslinie (Hazakai) zwischen Flanken (Ji) und Schneidlage (Yakiba) ist schön herausgearbeitet. Der Griff aus traditionellem Graumagnolienholz (Ho) ist makellos, ebenso die Zwingenpassung. Überhaupt die Zwinge: Das Horn ist traumhaft und fehlerfrei. Auch die Einpassung der Klinge auf der Stirnseite des Griffes stimmt. Man könnte bemängeln, dass der Spalt für die Angel recht groß vorgeformt wurde und deswegen recht großzügig verfüllt werden musste, aber mal im Ernst - das ist Kritik auf allerhöchstem Niveau.





Stahl und Klinge:
Die Klinge wird aus einem fertigen Laminat aus Eisen und Shirogami 2 (Weißpapierstahl) gefertigt. Die Härteangaben der Händler variieren stark, es finden sich 61±1°, 62-63° und 64° HRC. Wenn ich aus meinem Eindruck und meiner Erfahrung sprechen sollte: Wahrscheinlich bewegen wir uns zwischen 63 und 64° HRC, wie es bei traditionellen japanischen Messern üblich ist. Die Standzeit der Klinge ist auf jeden Fall sehr ordentlich, Ausbrüche zeigten sich auch nicht. Und das bei einer wirklich dünnen Geometrie - wie die Bilder zeigen, ist die Klinge quasi auf null ausgeschliffen. Hier zeigt der Schleifer seine angepriesene Meisterschaft: Einer so harten Klinge eine dünne Geometrie zu geben, die trotzdem stabil ist und nicht ausbricht, das ist die wahre Kunst. Durch die sehr schmale Schneide ist das Auffrischen der Schärfe nach etwa vier Wochen Arbeit mit dem Messer auf einem Finisher eine sehr kurze und plaisierliche Angelegenheit. Reaktivität zeigt die Klinge übrigens überraschenderweise so gut wie gar nicht.

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Handhabung und Schneiden:

Wir haben einen guten Griff, eine nach dem Fertigungsziel für traditionelle Messer fast perfekt ausbalancierte Klinge und eine sehr schneidfreudige Geometrie - das zeigt sich. Das Arbeiten mit dem Messer geht sehr einfach von der Hand, auch stundenlange Schnibbel-Orgien machen einfach nur Spaß. Durch die für die Geometrie hohe Standzeit und die wenig ausbruchfreudige Klinge ist man dabei auch nicht zu Pausen oder Ärger gezwungen. Hervorzuheben ist weiter, dass sich das Messer sehr zugänglich anfühlt. Gerade sehr gut verarbeitete traditionelle Messer mit harter Schneidlage tendieren dazu, großen Respekt und eine gewisse Distanziertheit auszulösen. Das TonTenKan hat das wundersamerweise kaum, sodass man sehr schnell so damit arbeitet, als würde man es seit Ewigkeiten kennen.

Fazit:

Das TonTenKan hat mich überrascht. Es ist exzellent und wunderschön verarbeitet und hat eine dünne Geometrie, ohne dass die Standzeit darunter leidet oder es mit starkem Ausbrechen zu kämpfen hätte. Dieses Messer wird um 190€ gehandelt, was für das Gebotene absolut nicht zu teuer ist.

Wenn die günstigere Standard-Linie ähnlich gut geschliffen ist, müsste sie - seit es die günstige Linie von Aoki nicht mehr gibt - im Moment als die eine große Empfehlung in diesem Preissegment gelten. Man muss dort allerdings mit Shirogami 3, einem weniger guten Finish und einem kastanienförmigen Griff vorlieb nehmen. Ich wäre sehr interessiert, das Standard-Messer im Vergleich zu sehen.



Anmerkung: Alle Messer werden kategorisch mit allen Schnittechniken (Wiegeschnitt, Druck/Zugschnitt und Wiegen) getestet. Als traditionelles japanisches Messer wurde hier das Hauptaugenmerk auf Druck/Zugschnitt gelegt. Geschnitten wurde ausschließlich auf einem Birkenholzbrett.
 
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Servus,

TonTenKan Premium Santoku 180mm

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Eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, daher haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.


Man kann es als Vorteil oder Nachteil sehen, seinen Bericht zu verfassen, wenn davor Schwatvogel das Messer begutachtet hat. Entweder man begnügt sich mit dem Aufsammeln kleiner Informationsreste die er liegen gelassen hat und der Umfang des Berichtes wird dementsprechend klein oder man läuft Gefahr sich zu wiederholen oder belangloses zu Schwafeln.

Die Schmiede:

Der Zusammenschluss dreier Meister, Koichi Morimoto, Shinichiro Yamamoto und Shigehiro Kashara bildet Ton-Ten-Kan, also „Meister deren Hämmer zum Himmel erklingen“

Profil und Finish:

Man kann zwischen den Ausführungen Standard und Premium und mit oder ohne Honba-Zuke Abzug wählen. Die Einstiegspreise für ein Standard Santoku 180mm liegen bei ca 150,- Euro, die Premiumvariante bei über 200,- Euro.
Wir bewegen uns also bereits im gehobenen Preissegment, da darf man schon sicht-und fühlbare Qualität erwarten und wird bei dem mir vorliegendem Santoku auch nicht enttäuscht.

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Beim Finish gibt’s in der Tat nur das anzumerken, worauf Schwatvogel bereits hingewiesen hat, die Hornzwinge ist handverlesen, und der Griff traditionell langweilig, ein schönes Stück Ebenholz hätte feiner kontrastiert, aber das ist Geschmack!

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Hier ein Vergleich mit dem honigfarbenen Griff vom Suisin Inox:

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Zumindest visuell kann ich noch was beitragen und die Schlagzahl an Bildern erhöhen.

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Die nutzbare Schneidenlänge misst 165mm, die Klingenhöhe an der breitesten Stelle 41mm, Grifflänge 135mm, die Form Oktagonal (Achteckig) mit seidig glänzender Oberfläche, das Griffende (Tsukajiri) ist unbehandelt.
Die Gesamtlänge beträgt 316mm.
Die Klingenrückendicke unmittelbar nach der Zwinge beträgt 4mm und verjüngt sich kontinuierlich bis zur Klingenspitze

Das ermittelte Gewicht auf meiner Küchenwaage zeigte 132 Gramm

Geometrie:

Auch hier finde ich nichts dem zu wiedersprechen wäre, also zeige ich das das mal:

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Fazit:

Ein edles und handwerklich blitzsauber verarbeitetes Santoku der Oberklasse wo ich für mein sauer verdientes Geld einen angemessenen Gegenwert erhalte.

So soll das sein.

Gruß, güNef
 
Tontenkan Santoku

Da eine ungeschriebene Regel der Kaufberatung besagt, möglichst nur Empfehlungen zu Messern abzugeben, die man selber kennt, haben wir beschlossen, in unregelmäßigen Abständen untereinander Kochmesser zu verleihen, um nicht jedes Messer von Interesse kaufen zu müssen. Jetzt gibt es fünf Meinungen zu einem Messer, von Amateuren als auch von Profiköchen.


Wie wir bereits gelernt haben bedeutet TonTenKan sinngemaß: "Meister, deren Hämmer zum Himmel erklingen" – frei übersetzt nach Pflaster etwa „BimmBammBumm“. :D
Spaß beiseite - ein paar kurze Anmerkungen zum Santoku, welches in drei Versionen lieferbar ist: Standard, mit Honba Zuke-Schliff und Premium. Das wäre vielleicht eine gute Anregung auch für andere Hersteller, zusätzlich zu deren Standardmessern eine weitere höherpreisige Kategorie in Premiumqualität anzubieten. Dort könnten sich Kunden orientieren, die gesteigerten Wert auf eine besonders gute Verarbeitung legen (z.B. güNef):steirer:. Wäre doch schön, wenn man beispielsweise bei Herder für einen gewissen Aufpreis einen top verarbeiteten Griff bekommen könnte, wodurch einem das ewige Lotteriespiel „Glück oder Pech mit dem Griff“ erspart bliebe.


Verarbeitung

Hier habe ich nun das Premium-Santoku vorliegen, welches diese Bezeichnung durchaus verdient. Die Verarbeitung ist wirklich sehr gut und sauber – ein schönes Messer. Die Details wie einen polierten Klingenrücken oder sauber geschliffenen Kehl sucht man ja bei vielen auch hochpreisigen Messern vergeblich. Hier ist alles tadellos, sowohl der Griff mit schöner Büffelhornzwinge als auch die komplette Klinge – Premium-Qualität eben!:super:

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Performance

Ich bin kein großer Santoku-Fan, sondern bevorzuge die Gyutoform. Trotzdem ist es angenehm, mit dem Tontenkan zu arbeiten. Die Klingengeometrie ist sehr ausgewogen und keinesfalls schlecht, dennoch gibt es deutlich schneidfreudigere Messer. Mit dem Santoku habe ich verschiedenstes Obst und Gemüse geschnitten und alles gut bewältigt. Dabei kam mir die Schneide nicht sehr empfindlich vor. Insgesamt tut das Messer genau das, was man sich von solch einem traditionellen Santoku erwartet.

Hier möchte ich ein paar Vergleichsfotos von Konkurrenzprodukten beisteuern. Da wäre zum einen das Shigeki Santoku in 165 mm, Urushi-Griff mit Büffelhornzwinge, Aogami-Schneidlage mit Suminagashi-Außenlagen, 62 HRC, 179 Euro. Dieses ebenfalls sehr schöne Messer hatte ich mal zur Ansicht da, jedoch nicht damit geschnitten. Ein sehr gut verarbeitetes Santoku mit sehr feiner (überlegener) Klingengeometrie.

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Dazu noch das Azai Santoku in 165 mm, Aogami Super-Schneidlage mit Suminagashi-Außenlagen, sehr hoch gehärtet auf über 65 HRC, 170 Euro. Auch dieses Messer ist gut verarbeitet. Leider habe ich es zur Zeit nicht zum direkten Vergleich vorliegen. Seine Schneide ist auf jeden Fall deutlich empfindlicher als die des Tontenkan.

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Geometrie-Vergleich: von links: Shigeki, Tontenkan, Azai
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Beinahe ketzerisch, trotzdem Vergleich Tontenkan (links) mit Kai Wasabi Santoku:
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Fazit

Das Tontenkan Premium Santoku ist sehr gut verarbeitet, rundherum ausgewogen und sehr angenehm in der Handhabung. Mit der Schneidfreudigkeit eines Sirou Kamo Santokus wird es wohl nicht ganz mitkommen, dafür ist die Verarbeitungsqualität besser. Dieses Messer kann ich ohne Einschränkungen empfehlen, vor allem für Leute, die großen Wert auf eine tadellose Verarbeitung legen. Es war durchaus eine schöne Erfahrung, dieses Messer testen zu dürfen – vielen Dank dafür!

Gruß
Pflaster
 
Moin,

abschließend zu den Meinungen der schönen Reviews meiner Messerzirkel-Kollegen wollte ich auch noch ein paar Worte zu dem Tontenkan sagen. Prinzipiell kann ich eigentlich alles Gesagte so unterschreiben, ich habe jetzt keine Widersprüche gefunden in den Reviews die mir aufgefallen sind.

Einzig die Geometriewerte weichen etwas von dem ab was ich geschätzt hätte. Leider habe ich das Tontenkan nie vermessen, leicht nagelgängig war es meiner Beobachtung nach aber doch.

Letztlich mag ich das Tontenkan aufgrund seiner sauberen Verarbeitung und seiner hohen Schärfe. Wer das sucht, der ist hier an der richtigen Adresse.

Ich habe mein Tontenkan nach dem Messerzirkel an einen ziemlich perfektionistischen Arbeitskollegen verkauft, der auch ein wenig Messer-affin ist. Dieser ehrt es nun als sein Heiligtum in der Küche und ist außerordentlich zufrieden bisher. So erfreut es jedenfalls jemanden. Das ein Santoku sonst nur ein Schattendasein in meinem Block fristen würde dürfte die meisten ja nicht überraschen ;)

Dennoch würde ich jederzeit eine Kaufempfehlung für das schöne Messerchen aussprechen!

Gruß, Gabriel
 
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