Review Böker Bronco

Simple Blades

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Hallo zusammen.

Seit einigen Monaten besitze ich ein Böker Bronco und dachte mir, dass ein kurzer Erfahrungsbericht hilfreich sein könnte, falls sich jemand das Messer anschaffen möchte.

Der Lieferumfang ist erwartungsgemäß überschaubar. Im hochwertig wirkenden Karton ist das Messer mit Bändern gesichert. Unter dem Messer ist die schwarze Köcherscheide samt Dangler und dem Feuerstahl von Light My Fire.

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Für den Anfang erstmal ein paar Daten, teils vom Hersteller, teils selbst nachgemessen.

• Gesamtlänge 232 mm
• Klingenlänge/-breite/-stärke 113/28/3,5 mm
• Grifflänge/-Breite/-dicke 119/31/20 mm
• Stärke der Klinge an der Schneide 0.85-0.95 mm

Das Gesamtgewicht liegt bei 265 g. Das Messer alleine wiegt 140 g, der Feuerstahl 40 g.

Schauen wir uns als erstes mal die Klinge ein bisschen genauer an.
Der Stahl ist CPM3V mit einer Härte von 61° HRC (+/-1 laut Hersteller) und einem Stonewashfinish. Die Klinge hat eine etwas gestreckte und dadurch sehr vielseitige Droppointform, bei der die Klingenspitze etwa auf 1/4 der Klingenhöhe liegt. Die Klinge hat einen Flachschliff über 2/3 ihrer Höhe, was den Schneideigenschaften entgegenkommt, aber trotzdem viel Stabilität bietet. Der Klingenrücken ist auf rund 2/3 ab der Spitze längs geschliffen und hat an dieser Stelle eine scharfe 90°-Kante. Damit kann man z. B. feine Holzspäne als Zunder schaben, nach dem Schnitzen die Holzoberfläche ziemlich gleichmäßig glätten oder mit einem Feuerstahl Funken schlagen. Der Klingenschliff ab Werk war rasierscharf, aber der Schneidenwinkel für meinen Geschmack etwas zu steil. Das war aber in ein paar Minuten behoben. Jetzt hat die Schneide 2x25°, was trotz einer besseren Schnittleistung für die allermeisten feinen wie groben Arbeiten immer noch stabil genug sein dürfte.

Nun zum Griff.
Das Messer hat einen Flacherl, auf den der Griff aus TPE aufgebracht wurde. Ähnlich Kraton, allerdings etwas härter und damit auch abriebfester. Das Rillenmuster gibt zusätzlich Halt, ohne irgendwo unangenehm zu drücken. Auch die Reinigung ist unproblematisch. Durch die Form und das Material ist der Griff sicher zu fassen, egal ob das Messer nass oder trocken ist. In einigen Bewertungen wird bemängelt, dass der Griff zu wenig Volumen hätte. Er ist etwas flach gehalten, aber auch mit Handachuhgröße 10,5 ist das Messer bei allen bisher angefallenen Arbeiten bequem zu führen. Zumindest nach meiner Einschätzung ist die Griffdicke kein Problem. Durch die ausreichend große Fangriemenöse können gut auch dickere Bänder oder Paracord gezogen werden, wenn man das Messer während der Benutzung zusätzlich sichern möchte. Das etwa 5-6 mm überstehende Ende des Erls lässt sich wie der Klingenrücken zum Schaben oder Schlagen benutzen, beispielsweise um Nüsse zu knacken, aber auch das Öffnen von Kronkorken funktioniert damit tadellos. Was gut wäre, wären zusätzliche Farben für den Griff, z. B. ein dezentes sandbraun oder Moosgrün für allgemeine Anwendungen und Rot oder Orange für Jäger, Bushcrafter, oder auch Rettungsdienste oder Katastrophenschutz, bei denen es auf eine gute Sichtbarkeit ankommt.

Als nächstes ist die Scheide dran.
Es ist eine gut angepasste Köcherscheide aus schwarzem Leder, die an Gürtel bis zu 8 cm Breite passt. Zusätzlich ist an der Schlaufe ein D-Ring angebracht, durch den in Verbindung mit einem abnehmbaren Dangler mit Druckknopf tiefer und beweglicher getragen werden kann. Der Dangler ist etwas enger als die feste Gürtelschlaufe, aber auch hier reicht es noch locker für Gürtel bis 6 cm. Wer z.B. viel im Auto sitzt, wird diese Trageweise wahrscheinlich vorziehen, da das Messer so nirgends drückt. Wird der Dangler nicht benutzt, kann man das Teil durch die Gürtelschlaufe einmal quer um die Scheide legen und schließen. Ich weiß nicht, ob das beabsichtigt war, aber es passt wie die Faust auf's Auge. Die seitlich angebrachte Feuerstahlaufnahme hält den mitgelieferten Feuerstahl im Neuzustand verlässlich fest, was sich aber durch Abnutzung des Feuerstahls früher oder später ändern dürfte. Da hilft es, einfach das untere Ende der Aufnahme mit einem gut geschärften Messer um etwa 5-10 mm zu kürzen, damit man den Feuerstahl mit etwas Flexcord zusätzlich sichern kann. Ist einfach und schnell gemacht und funktioniert zuverlässig. Wer eine schlanker Scheide will und den Feuerstahl anderweitig transportieren kann, kann die Aufnahme auch komplett abtrennen. Das sollte man sich vorher allerdings gut überlegen, da das logischerweise nicht rückgängig gemacht werden kann. Eins sollte man bei dieser Scheide beachten. Ist die Klinge gut geschärft, neigt die Spitze dazu sich ins Leder zu graben, wenn das Messer nicht gerade eingeführt wird. Bei zu viel Druck kommt die Spitze dann irgendwann auf der anderen Seite wieder heraus. Daher wäre es wünschenswert, ab Werk die Innenseite der Scheide etwas zu glätten und der Haltbarkeit wegen dickeres Leder zu verwenden. Auch am Niet der Gürtelschlaufe kann man mit der Klinge hängen bleiben, was auf Dauer die Schneide abstumpfen kann. Nach meiner Einschätzung könnte man auf diesen Niet gerne verzichten. Die Naht der Gürtelschlaufe ist auch so stabil genug.

Noch ein paar Worte zum Feuerstahl von Light My Fire. Die Größe passt gut, wenn man gelegentlich Feuer machen will. Der Griff reicht im Grunde aus um den Stahl zu halten, aber mit etwas Paracord geht es deutlich bequemer. Vor allem mit feuchten Händen kann einem der Stahl bei Gebrauch sonst leicht aus der Hand rutschen.

Den Einsatzbereich dieses Messers sehe ich ziemlich breit gefächert. Von EDC über die Jagd, Survival oder Bushcraft bis hin zum taktischen Einsatz bei Militär oder Polizei dürfte das Bronco (möglicherweise mit kleineren Einschränkungen) für alles verwendbar sein. Hauptsächlich die Scheide und die blanke Klinge begrenzen hier ein bisschen die Möglichkeiten, was aber mit einer separat beschafften Kydexscheide leicht behoben werden kann. Wer Reflektionen vermeiden will, muss schon kreativer werden. Böker bietet für die kleineren Broncovarianten eine Kydexscheide und teils auch dunkel beschichtete Klingen an, was für das größere Modell sicher auch eine gute Alternative sein könnte. Vielleicht kommt da ja noch was von Böker, aber es gibt ja Möglichkeiten, eine individuelle Scheide machen zu lassen. Beschichtungen oder andere Oberflächenbehandlungen zum Mattieren oder Abdunkeln der Klinge sind auch machbar, aber wahrscheinlich nicht ganz so einfach.

Mein Fazit...
Ein solides, handliches und praxisorientiertes Messer für viele verschiedene Einsatzbereiche zu einem fairen Preis. Würden jetzt noch meine weiter oben beschriebenen Änderungen, bzw. Alternativen umgesetzt, hätte dieses Messer nach meiner Einschätzung definitiv das Zeug zum Klassiker, wie beispielsweise das Gerber Gator oder das Buck 110, die auch schon sehr lange auf dem Markt sind und in der Zwischenzeit weitere Varianten hervorgebracht haben. Für die, die ein praktisches, solides und pflegeleichte Fixed aus gutem Material mit moderater Größe suchen, kann ich das Bronco echt empfehlen.
 
Danke für den Bericht, hatte das auf der IWA auch schon in der Hand, und wäre ich nicht schon glücklich vergeben wäre das (oder vielmehr die kleinere Variante) ein ganz klarer Kandidat für die Hüfte...
 
Danke für Deine umfassende Betrachtung👏🏼👏🏼👏🏼
Ich kann Deine Einschätzung vollumfänglich unterstreichen.
Böker hatte nach dem Release des Bronco hier im Forum einen Passaround initiiert- ich hatte u.a. auch die Möglichkeit das Messer zu testen.
Die Testberichte sind irgendwo in den Tiefen des Archivs hier.

Gruß Excalibur
 
Was gut wäre, wären zusätzliche Farben für den Griff, z. B. ein dezentes sandbraun oder Moosgrün für allgemeine Anwendungen und Rot oder Orange für Jäger, Bushcrafter, oder auch Rettungsdienste oder Katastrophenschutz, bei denen es auf eine gute Sichtbarkeit ankommt.
Da lässt sich ja dank der guten Öse durch einen Lanyard in der entsprechende Farbe, (oder Farben), ggf. sogar mit Glow zum Glück auch viel machen ...
 
Da lässt sich ja dank der guten Öse durch einen Lanyard in der entsprechende Farbe, (oder Farben), ggf. sogar mit Glow zum Glück auch viel machen ...
Stimmt schon. Der Griff hat aber in jedem Fall eine größere Oberfläche als ein Lanyard und dürfte (abgesehen von GITD-Lanyards in der Dunkelheit) dementsprechend besser zu sehen sein.
 
Nur aus Neugier:
@SimplyBlades: Könntest Du mal bei Deinem Exemplar die Dicke der Schneide hinter der Fase messen und zwar vorne an der Spitze?
Grund für meine Bitte ist folgender: Bei dem Exemplar im Passaround weiland (https://messerforum.net/threads/passaround-boeker-bronco-erfahrungsbericht-outdoor-und-bushcraft-messer.145855/) war die Spitze sehr robust ausgeführt mit 0,9-1,0 mm hinter der Fase. Dieses Messer war noch aus dem ersten Batch, deines ist aus dem 2. (überarbeiteten) Batch (erkenntlich an der anderen Beschriftung). Von diesem 2. Batch kursieren auf youtube mehrere Videos, bei denen irgendwelche Leute die Spitze abgebrochen haben. Natürlich kriegt man alles kaputt, wenn man es darauf anlegt, aber ich kann mir dennoch nur schwer vorstellen, wie man das bei der fetten Spitze des 1. Batches schaffen sollte. Daher ist meine Vermutung, dass beim 2. Batch die Spitze feiner ausgeschliffen wurde (was ich begrüßen würde;)).

Mit bestem Dank im Voraus,
Owain
 
Last edited:
Super, herzlichen Dank!(y) Dann hat sich das also nicht grundlegend geändert.
 
Ich finde das Messer insgesamt recht robust. Wer es mit etwas Vernunft benutzt und es nicht gerade darauf anlegt die Klinge zu beschädigen, dürfte sie normalerweise kaum an ihre Grenzen bringen. Ich hab mit dem Messer auch schon einiges geschnitzt und kann sagen, dass die Spitze mit einer gut geschärften Schneide und etwas Übung auch sehr feine Arbeiten erlaubt.
 
Genau diesen Eindruck hatte ich von dem Messer auch immer.
Für meinen Geschmack ist es sogar noch etwas zu robust ausgeschliffen, insbesondere an der Spitze. Wenn man es darauf anlegt, dann kriegt man natürlich alles kaputt😁.
Ein Video, in dem die Spitze abgebrochen wurde, ist von einem amerikanischen Kanal namens „Gideons tactical“. Im selben Video beschwert der Videomacher sich, das Messer würde schlecht schneiden, weil die Sekundärfase zu schmal sei.…😳
Insofern sollte man seine Expertise vielleicht auch nicht überbewerten.😆
 
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