Review: Filson Rugged Twill Briefcase

Thehunt

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Die Filson Rugged Twill Briefcase ist eine extrem robuste, schön gemachte Alltagstasche, die vor allem mit Charakter und Langlebigkeit punktet – aber bei Komfort, Organisation und Preis Abstriche macht.
Wer ein „Buy it for life“-Teil mit Heritage-Vibe sucht und Minimalismus mag, wird sie sicher lieben, wer viele Fächer, Polsterung und hohen Tragekomfort erwartet, eher nicht.


Material und Verarbeitung
Das gewachste Rugged Twill fühlt sich sehr dicht und „wertig“ an, wirkt selbst am Anfang nicht steif und entwickelt im Laufe de Zeit eine Patina, die Kratzer und Gebrauchsspuren eher schöner als „abgenutzt“ aussehen lässt.
Bei meiner ist es lange noch nicht soweit, alte Filson im Bekanntenkreis sind aber wahre Schmuckstücke, wenn man´s mag.

Die Leder-Griffe und -Riemen sind anfangs recht fest und mitunter etwas störrisch, werden aber mit der Zeit geschmeidiger, dunkler und passen optisch perfekt zum Twill.

Messing-Hardware und Reißverschluss vermitteln das Gefühl, dass man die Tasche eher vererbt als jemals kaputt trägt; nichts daran fühlt sich „billig“ oder wackelig an. Wer den Reißverschluss gefertigt hat; keine Ahnung, er ist "Filson"-gebrandet.

Alltag und Tragekomfort
Für den Arbeitsweg mit 13"–15" Laptop (2 x 14 Zoll sind locker drin), Notizbuch, Ladekabeln und ein paar Kleinteilen und flacher Trinkflasche funktioniert die Tasche sehr gut, solange man kein dick gepolstertes Tech-Case erwartet.

Die Ledergriffe sehen fantastisch aus, sind aber deutlich weniger komfortabel als weich gepolsterte Neopren- oder Nylon-Griffe moderner Business-Taschen, besonders bei mehr Gewicht oder längeren Wegen.
Der Schulterriemen aus Leder trägt sich okay, aber nie „vergisst man, dass man eine Tasche trägt“ – wer maximalen Komfort möchte, wird das als klaren Nachteil empfinden.
Das kauft man aber bei Ledertaschen meiner Meinung nach bewusst ein, geht mir mit meinen Cravar-Taschen auch so.

Organisation und Funktion
Außen sind die großen Staufächer praktisch für Magazine, iPad, Dokumente oder eine sehr dünne Jacke/Schal/Handschuhe, bleiben aber unverschlossen und offen – ideal für schnellen Zugriff, weniger ideal für sehr kleine Dinge oder im Gedränge.

Innen gibt es ein paar Unterteilungen und kleinere Taschen, aber keine durchdachte Tech-Organisation mit gepolstertem Laptopfach, Stifteschlaufen oder Reißverschlussfächern für Kleinkram.
Muss man mögen, bzw. sich vorm Kauf bewusst sein.
Wer gerne „alles hat seinen Platz“ und z. B. Kabel, Maus, Dongles, Schlüssel, etc. getrennt verstaut, wird merken, dass die Tasche eher zu einem reduzierten Setup zwingt (was aus Gewichtsgründen ja nicht das Schlechteste ist...).

Optik und „Vibe“
OK, cooler geht´s kaum. Optisch wirkt der Briefcase sehr klassisch, fast schon „old school“ – eher Field Jacket und Boots als Sneaker und Techwear; genau dieser Look ist aber sein stärkstes Argument.

Im Büro, Café oder auf Reisen fällt er auf eine leise, selbstbewusste Art auf (besonders in Grau/Schwarz) – weniger „Tech-Bag“, mehr „Vintage-Equipment“, was bei vielen beruflichen Umfeldern sehr gut ankommt.
Indiana Jones lässt grüßen.

Mit zunehmender Patina sieht das Teil immer besser aus: das Twill wird weicher, das Leder dunkler, und der Gesamteindruck kippt von „neue Canvas-Tasche“ zu „Lieblingsstück mit Geschichte“.

Preis-Leistungs-Eindruck
Mit rund 500 Euro gehört der Rugged Twill Briefcase ganz klar in die Premium-Liga und konkurriert preislich mit Luxus- und Designer-Bags, nicht mit Standard-Bürotaschen.

Der Preis ist für mich auf keinen Fall gerechtfertigt, selbst wenn man ihn als langfristige Anschaffung betrachtet. Zwar haben wir hier extrem haltbare Materialien, zeitloses Design und das Gefühl, ein Produkt zu besitzen, das nicht in zwei Jahren „alt“ aussieht, aber bei Fertigung in einem europäischen Niedriglohnland...? Listenpreis? Nein, danke...

Wer primär Funktion, Polsterung und Features fürs Geld will, findet in moderneren (und oft wesentliche günstigeren) Briefcases mehr „Bag fürs Geld“ – hier bezahlt man bewusst für den Coolness-Faktor, das hippe "Prenzlauer Berg" Image, weniger für Handwerk, Materialsprache und die ganze Heritage-Story dahinter.

Würd ich sie (zum Schnapperpreis) wieder kaufen?
Vermutlich nicht, sie ist schon echt ein Hingucker, aber einmal reicht.
 
Hi @Thehunt,


ein wirklich schöner Bericht zu einem Thema, das mich in letzter Zeit ebenfalls sehr beschäftigt. Die Marke Filson hatte ich zunächst erst durch @pebe s Beiträge auf dem Radar, bin dann aber recht schnell und ziemlich tief in diesen Kaninchenbau eingestiegen.


Angefangen hat alles mit einem Mackinaw Cruiser zum Listenpreis – und ab diesem Moment war es um mich geschehen. Eine meiner besseren Anschaffungen der letzten Jahre. Diese Erfahrung hat meine Neugier geweckt, und inzwischen sind einige weitere Teile dazugekommen.


Ich habe mich daraufhin lange und ausführlich mit der Materie beschäftigt und mich letztlich gegen ein französisches Bleu de Chauffe Briefcase entschieden, da sich auf dem Zweitmarkt eine ausgesprochen günstige Gelegenheit ergeben hat: ein nahezu neuwertiges „Made in USA“ Filson Briefcase aus 2016, mit den EDC-tauglichen Utility-Fächern, in Top-Zustand – für etwas mehr als die Hälfte des aktuellen Listenpreises.


Zugegeben, am Anfang etwas gewöhnungsbedürftig, aber die Stärken dieser genialen Tasche erschließen sich schnell. Mittlerweile ist sie für mich ein echtes Grail Piece.


Auf der Filson EU Website wird das Briefcase aktuell in mindestens drei Varianten angeboten – Made in Romania, Made in Italy und Made in USA (letzteres allerdings ausverkauft, nur Warteliste). Zudem fehlen bei einigen Modellen die EDC-/Utility-Fächer vollständig, und Filson schraubt an der ein oder anderen Stelle offenbar auch an der Qualität – leider nicht in die richtige Richtung.


Das ist aus meiner Sicht eine sehr negative Entwicklung. Filson hat die Preise in den letzten Jahren massiv erhöht und die Produktion vieler Signature-Produkte ins Ausland verlagert. Das europäische Ausland ist in Bezug auf Arbeitsbedingungen und faire Entlohnung sicher noch am ehesten zu verschmerzen – dennoch zeigt sich hier deutlich, dass Filson längst kein Familienbetrieb mit Tradition mehr ist, sondern ein Private-Equity-Investment. Die weniger schöne Fratze des Kapitalismus.


Trotzdem behält Filson für mich seinen Reiz, weil es den Jagdinstinkt geweckt hat, gezielt nach älteren „Made in USA“-Produkten zu suchen – und dabei bin ich inzwischen mehrfach fündig geworden. Zum Briefcase kam eine farblich passende Small Duffle Bag hinzu, ebenfalls älteren Jahrgangs. Außerdem ein Filson Travel Bag – beide neuwertig und selbstverständlich Made in USA – sowie diverse Kleidungsstücke.


Der absolute Hauptgewinn war allerdings ein Crewneck Sweater in Navy für deutlich unter 100 €. Ich vermute stark, dass der oder die Verkäufer:in nicht wusste, was da angeboten wurde.


Mein Fazit aus dieser Reise in die Filson-Welt: Second Hand und Made in USA überzeugt mich voll und ganz. Made outside USA zu Mondpreisen hingegen eher nicht – auch wenn diese Preise heute vermutlich einen Großteil der US-Lohnkosten ausgleichen. Ich befürchte, dass echte US-Made-Produkte sonst noch deutlich teurer wären.


Ein weiterer Pluspunkt für Filson ist die gute Wiederverkaufbarkeit – sorgfältigen Umgang vorausgesetzt. Wobei es auch Second-Hand-Angebote gibt, bei denen man sich fragt, was die Verkäufer geraucht haben: Ware in absolut grässlichem Zustand, aber zu stolzen Preisen angeboten.

Mein Ausflug in die Filson-Welt ist fürs Erste beendet – leider bin ich dadurch auf die kleine Firma Weatherwool gestoßen … und naja, ihr kennt das sicher.. :censored:
 
Zum Umhängen ist mir dieses Format zu steif, für‘s Tragen am Griff würde ich die Variante mit Außentaschen bevorzugen.

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Die Belstaff läßt sich nur mit Gurt tragen, bleibt dafür schmal, wenn nix Großes drin ist. Und. Zombie erprobt. 😁

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grüsse, pebe
 
"I´m Legend" lässt grüßen :)
Wenns flach sein soll, nehm ich meine uralte Fjällräven-Tasche, die hat seit knapp 20 Jahren so ziemlich alles mitgemacht...
Muss ich mal wieder raussuchen.
 
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