Review: Kagayaki CarboNext Gyuto

Schwatvogel

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Eines der am häufigsten diskutierten und auch empfohlenen Messer der letzten Zeit ist das unglücklich benannte CarboNext von der JCK-Hausmarke Kagayaki. Die Serie zeichnet sich durch einen semi-rostfreien Stahl aus. Die Idee ist, den geringen Pflegeaufwand und die überlegene Zähigkeit von rostträgen Stählen mit der einfachen Schärfbarkeit und hohen Endschärfe von Carbonstählen zu kombinieren. Dazu gilt das Messer als gut verarbeitet und ist dabei auch noch erstaunlich preiswert. Ich musste also ausversehen eines kaufen. Jetzt die große Frage: Hält es, was es uns verheißt?



Die Verarbeitung des Messers macht zufrieden. Der Griff ist sauber und spaltenfrei verarbeitet, Kropf und Angel sind fehlerfrei angesetzt. Der Griff des Messers ist für meine Begriffe vergleichsweise klein, ich kann aber noch problemlos damit arbeiten. Ich habe sehr große Hände, für die allermeisten Leute dürfte dies also kein Problem darstellen. Am Klingenschliff gibt es nicht viel zu mäkeln. Er ist nicht hundertprozentig gleichmäßig, aber im Rahmen weit teurerer Messer. Die Kanten am Rücken und Kehl sind nicht gebrochen, der Kehl ist relativ grob geschliffen. Bei einem Messer dieser Preisklasse ist mir das aber völlig wurscht, zumal es praktisch keine Konsequenz hat. Kann man innerhalb von zwei Minuten selbst korrigieren. Der Schliff, mit dem das Messer ausgeliefert wurde (ES-Option wurde nicht gewählt), ist dagegen einfach nur ausgezeichnet: Ich würde es als 2:1-Anschliff für Rechtshänder klassifizieren, der auf jeden Fall fein gefinisht (ich würde auf #4000 tippen) wurde. Es war eine Zeit lang ein Manko der Kagayaki-Messer, dass sie in der Tradition japanischer Messerhersteller den Erstschliff dem Händler oder Kunden überlassen haben – für westliche Kundschaft ohne große Schleiferfahrung ein Nachteil. Darüber braucht man sich jetzt keinerlei Gedanken mehr zu machen: Volle Punktzahl hier. Linkshänder sollten sich vor der Bestellung bei JCK melden, ein umgekehrter Anschliff ist kein Problem.



Deutlich wichtiger ist aber noch die Geometrie; sie bestimmt, wie leicht sich Dinge schneiden lassen, die nicht nachgiebig sind. Ich habe die Klinge ausgemessen, für Anschauungszwecke neben dem als sehr dünn geltenden Ashi Ginga (Review steht noch aus) fotographiert und mit dem Messer einen großen Haufen Zwiebeln, Karotten und Tomaten geschnitten, sowie ein ganzes Rinderherz pariert. Dabei habe ich immer mal wieder das Ashi und mein Herder Nakiri zum Vergleich genommen. Man kann auf dem Bild weiter unten ersehen, dass die Geometrie nicht verkehrt ist, ein dickes Messer ist das Kagayaki nicht. In der Tabelle sieht es sogar auf den ersten Blick so aus, als stünde es dem Ashi in nichts nach. Tatsächlich muss man aber bedenken, dass das Ashi Ginga ein 24cm-Gyuto ist und daher eine deutlich breitere Klinge hat als das 21cm Kagayaki. Insgesamt ist die Dickenzunahme des JCK also über eine kürzere Strecke, das Messer damit dicker. Und das zeigt sich auch in der Praxis. Wo man Zwiebeln und Tomaten vor Freude jubilierend zersäbelt, zeigt sich bei dem ewigen Problemgemüse Karotte, dass es eben doch noch etwas dünner ginge. Hier sind das Ashi und das Herder fühlbar etwas besser. Insgesamt ist die Geometrie des JCK aber trotzdem als gut zu werten, alle anderen Aufgaben erledigte das Messer mit Bravour.


Links JCK CarboNext, rechts Ashi Ginga

geometrien.jpg


Auch nach einem langen Tag Schnibbelei, bei der ich das Kagayaki ganz normal behandelt habe und keinesfalls extra vorsichtig, ist die Schärfe unverändert hoch, die Schneide zeigt keine Ausbrüche. Auf Grund des exzellenten Werksschliffs habe ich das Messer noch nicht auf dem Stein gehabt, zu dem Nachschleifen kann ich also nichts sagen. Die Auslieferungsschärfe lag etwas unter der meines kürzlich geschliffenen Ashis, aber nicht viel. Es etliche Minuten in Zwiebelsaft liegen zu lassen, hat keine sichtbaren Oxidationsspuren an der Klinge hinterlassen, die Rostresistenz kann also als erstaunlich hoch bezeichnet werden.

Fazit: Das 21er CarboNext Gyuto ist im Moment für 98,40€ inkl. Versand und MwSt zu haben und war nach gerade mal vier Werktagen nach der Bestellung in Japan bei mir. Für das Geld bekommt man ein gut verarbeitetes Messer aus einem Stahl, den man auf Basis seiner erreichbaren Schärfe, Rostträgheit und Schnitthaltigkeit nur empfehlen kann. Der Werksschliff ist ausgezeichnet, die Geometrie liegt im oberen Mittelfeld. Ich halte das Messer damit für eine exzellente Empfehlung in seinem Preisbereich. Die Alternative wäre in meinen Augen das Herder 1922, das eine bessere Geometrie bietet, dafür aber weniger schnitthaltig ist. Weiterhin lebt man bei der Bestellung eines Herders immer mit der Gefahr eines schlecht verarbeiteten Griffes.

 
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Sehr schön!
Endlich kommt das Messer hier mal "praktisch" an.
Leider oder Gott sei dank habe ich echt schon genügend hier liegen, als dass ich jetzt in Versuchung kommen könnte.
Höchstens mein 25er Burgvogel, das Messer fürs grobe und zum Kräuter hacken hätte das Recht auf einen leichteren Nachfolger...
Eine Frage bleibt,wie eigentlich bei fast allen Reviews zu dem Thema:
Welche Mengen an Gemüse sind denn da so exakt unter die Schneide gekommen?
Für mich als Koch ist der Euphorielevel nach 10 niedlichen Möhrchen wahrscheinlich geringer als wie beim fleissigen Hausmann.

Hast du gut geschrieben!
 
Sehr gute Review, deren Eindrücke ich nur bestätigen kann. Der ausführliche Vergleich der Geometrien dürfte den größten Erklärungsbedarf beseitigen. Dass man beim Carbonext keinen Laser erwarten darf, war wohl klar. Als solcher ist das Messer auch nicht gedacht. Für einen Allrounder ist die Geometrie meiner Meinung nach aber über alle Zweifel erhaben.
 
Moin,

danke dir für das schöne und ausführliche Review :super:
Bietet einen super Einblick und lässt jetzt aus meiner Perspektive jedenfalls eigentlich kaum fragen offen außer vielleicht das Verhalten "auf dem Stein".

Drei Nieten wären mir aus optischen Gründen zwar lieber, aber das sind Details..

Gruß, Gabriel
 
Eine Frage bleibt,wie eigentlich bei fast allen Reviews zu dem Thema:
Welche Mengen an Gemüse sind denn da so exakt unter die Schneide gekommen?
Für mich als Koch ist der Euphorielevel nach 10 niedlichen Möhrchen wahrscheinlich geringer als wie beim fleissigen Hausmann.
Zwei Sack Zwiebeln, zwei Packungen Karotten, zwei Kilo Tomaten und ein Rinderherz. Klar, das sind hauswirtschaftliche Mengen, kein Profiniveau .. Ist aber auch so schon schwierig, alles sinnvoll zu verarbeiten. :p
 
Sehr schönes Review. Leider fehlt der für meine Begriffe aussagekräftigste Wert, nämlich die Dicke der Klinge unmittelbar hinter der Wate/Schneidfacette. Sind die beiden Japaner eigentlich nagelgängig?
 
Dieser "aussagekräftigster Wert" ist tatsächlich der am wenigsten aussagekräftige von allen. Ersten werden drei Leute drei ziemlich unterschiedliche Werte messen; und zweitens hängt er völlig von dem Winkel des Anschliffs ab. Das Kagayaki würde zum Beispiel furchtbar versagen, weil es einen deutlichen asymetrischen Anschliff hat, der auf der rechten Messerseite ziemlich hoch zieht. In diesem Sinne macht ein steilerer Anschliff diesen Wert bei jedem Messer schlechter, ein asymetrischer Anschliff versaut ihn vollends.
Das Ashi ist deutlich nagelgängig, das JCK tut es ein bisschen; beide vorne mehr als hinten.
 
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Meine eigene Waage ist Müll, daher die vom JCK angegebenen Maße:

japanesechefsknife.com schrieb:
Cutting edge length: 210mm
Total Length: 330mm
Blade Thickness: 2.2mm
Blade Width: 43mm
Handle Length:113mm
Total Weight: 159g
 
"Ersten werden drei Leute drei ziemlich unterschiedliche Werte messen" Bei den anderen Werten die du angegeben hast, ist das nicht der Fall? Wenn drei Leute messen, macht man eben einen Durchschnitt. Wenn noch mehr messen, wie beim Eiskunstlaufen, wird der höchste und tiefste Wert gestrichen, der Rest wird gemittelt. Aber eigentlich würde ich auch dem Wert trauen, den du alleine ermittelst.
"und zweitens hängt er völlig von dem Winkel des Anschliffs ab." Gut. Den asymmetrischen Anschliff hatte ich nicht bedacht. Aber wie hoch geht der? Schätzungsweise 2 mm? Dann mess doch nach diesen 2mm und das bei allen drei Messern. Dann wäre es m.E. gerecht.
 
Servus,

ich hänge mich hier mal dran um meine Wahrnehmung zu schildern, die mich zu Beginn verunsichert hat, die ich jetzt aber als gefestigt bezeichne.

Was mir aufgefallen ist und ich mit der Lupe nachgeprüft habe (Messdaten folgen noch nach),mein CarboNext im Originalzustand ist Stellenweise dünner ausgeschliffen als das ausgedünnte, was den Schluss aufzwingt, das die Klingen mit ziemlichen Schwankungen in der Dicke ausgeliefert werden. Das es beim Gewicht ja unterschiedliche Werte gibt haben wir schon bemerkt, vielleicht liegt das ja gar nicht an den einzelnen Waagen sondern an den Messern. Ich habe mich bemüht das auf den Bildern festzuhalten und man sieht es auch, das in der Tat dünner erscheinende Messer ist das rechte, meines im Originalzustand!

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Was das ganze jetzt noch reizvoller macht, das ausgedünnte und vermeintlich „dickere“ CarboNext hat die klar besser Schneidleistung. Die leicht konvex auf praktisch Null ausgeschliffene Schneide ist nicht zu biegen. Was sagt uns das bei diesen beiden, bereits nahezu perfekten geometrischen Zonen an einer Klinge!?

Hier an diesem Bild sieht man es schön: links Original/rechts Schanzschliff

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Wenn eine schon geometrisch begünstigte Klinge und zwar oberhalb der Schneide mit ihrer Originalschliff bis an das Ende der Schneidfase, also am obersten Punkt eingedrungen ist, muss ein „Sprung“ unmittelbar über der Schneide genommen werden, theoretisch eine „Kante“ (ich überzeichne das jetzt mal um es klar zu machen) und das muss der spürbare Nachteil des Originalschliffes sein, (eventuell pusht auch der asymmetrische Anschliff der Originalschneide den Effekt).
So unglaublich das klingen mag, wir sind hier bei wenigen 1/10 mm, eine andere Erklärung habe ich nicht. Bei dem ausgedünnten Schanzschliff dringt die Klinge ein und zieht ohne den Hauch eines Widerstandes durch sich selber in das Schnittgut.

Hier ist mir wieder das Kanetsugu ProM in den Sinn gekommen. Pflaster hat diese Schneidfreude, einer Kombination aus dünner Klinge und balligem Anschliff klar erkannt und ganz vorne gereiht!

Da ich bei zwei so ähnlich dünnen Klingen einen solch spürbaren Effekt kaum glauben konnte, der eigentlich nur noch vom Anschliff abweicht, da meines im Serienzustand schon schön dünn ist, habe ich folgendes probiert:

Ich habe folgendes Testmuster festgelegt, dass ich mir bei den „verblindeten Hörtest’s“ der Hifiszene als Anregung ausgeborgt und an den vorgesehenen Zweck angepasst habe.

Testobjekt sind zwei gleiche Messer, das Eine im Originalzustand, das Zweite mit verbesserter Geometrie, vor allem unmittelbar über der Schneide und geändertem Anschliff.

Beide Messer wiegen praktisch gleich viel, und haben den gleichen Griff, es sind also haptisch keine Unterschiede festzumachen

Nach einer kurzem „Einschneidzeit“ mit beiden Messern abwechselnd um ein Gefühl für beide zu bekommen, ging’s dann los!

Ich habe einen Bekannten gebeten mir jeweils immer ein Messer in die Hand zu geben, wären ich die Augen geschlossen habe uns so nicht wusste welches der beiden Messer ich gerade nutze. Er half mir dann das Messer anzusetzten und ich führte immer langsam und bedächtig 6 Schnitte pro Messer aus, Testgemüse waren Karotten und vorher zurechtgeschnittener harter Kohlrabi und Selleriestücke, in praktische Quader, die ich auch verblindet, gefahrlos Schneiden konnte.

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Nach ein paar Versuchen habe ich dann abgebrochen, da das Ergebnis eindeutig zu Gunsten des ausgedünnten CarboNext ausfiel. Meine Trefferquote lag nach 6 Versuchen bei 100%.
Es schneidet deutlich erkennbar besser, der Bereich um die Klingenspitze zum parieren ist überhaupt sensationell, das filetieren einer Orange oder schälen eines Apfels ist ein Vergnügen. Die Klinge lässt sich exakt und unmittelbar unter der Schale führen.

Mir ist bewusst, dass dieses Testmuster nur bei zwei gleichen oder haptisch sehr ähnlichen Messern funktioniert, aber dadurch konnte ich ein paar testverfälschende Punkte ausschalten. Die Schwankungen in der Reife und somit Härte der Gemüse und die Selbstsuggestion, das dünnere Messer muss einfach besser schneiden. Der Faktor Mensch bleibt natürlich auch noch und mehrere Personen die Vergleichen wäre natürlich besser gewesen, aber ich fordere auch keine wissenschaftliche Akzeptanz ein.

Das diese Spielerei natürlich für normale Kochmessernutzer grotesk bis schwachsinnig wirken muss, liegt auf der Hand, aber hier ist die Küchenmesserecke im MF, wo sich Leute herumtreiben, die dutzende von Küchenmessern ihr eigen nennen.:D

Diese Handvoll vitaler Narren darf sich angesprochen fühlen, der Rest mag mir bitte mein tun nachsehen!:steirer:

Fazit:

Eine Klinge die praktisch auf Null ausgeschliffen und unmittelbar oberhalb der Schneide schön dünn ist, kann gar nicht anders als exzellent schneiden. Das ist ein Faktum!

Also keine „vermuteten“ Nuancen, die das Wissen um die ausgedünnte Klinge suggerieren könnte, sondern eine tatsächlich merkbare Steigerung in der Schnittleistung

Nur interessiert das 99% aller Anwender nicht, sonst würden nicht immer noch Kochmesser mir erbärmlicher Schneidfähigkeit ge-und verkauft werden. Die Handvoll Kochmesserfreaks die den Drang verspüren ein bereits sehr gutes Messer noch schneidfreudiger, schärfer und performanter machen zu lassen ,um den eigenen, in den Jahren der Erfahrung gewachsenen Ansprüchen gerecht zu werden, dienen als leuchtendes Beispiel, auf der Suche nach dem heiligen Kochmessergral. :irre: Das ist die eine Seite. Die andere zeigt auf, wenn man sich an ein paar zwingenden Eigenschaften, die ein Kochmesser mitbringen soll hält, dann kann eigentlich nicht viel schiefgehen.

Das CarboNext ist im Originalzustand ein ausgewogenes Kochmesser, das den überwiegenden Teil seiner Käufer zufriedenstellt.

Mit ausgedünnter, auf faktisch Null ausgeschliffener Klinge schneidet es aber eindeutig besser! Ob man sich mit der feinen Schneide sich jetzt ein mehr an Empfindlichkeit einkauft, lassen ich offen.. Alles eine Frage der Prioritäten. Diese Information wird der Besitzer bringen müssen.

Die Performance des Messers liegt gewiss über seinem Preis, allerdings ist das kein Alleinstellungsmerkmal vom CarboNext, auch bei anderen Messer von ähnlicher Geometrie und Stahlqualität ließe sich bei Bedarf ein mehr an Schneidfreude rausholen, ich denke da an mein sehr ausgewogenes Misono UX10, daraus könnte ein wahrhaft extrem fein schneidendes Werkzeug gemacht werden, wenn man das will und braucht, aber das ist eine andere Geschichte....

Gruß, güNef
 
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muss ein „Sprung“ unmittelbar über der Schneide genommen werden, theoretisch eine „Kante“
Mit "Kante" meinst du wahrscheinlich den Knick zwischen Schneidfase und Klingenblatt. Der Knick selbst kann aber eigentlich nicht dafür verantwortlich sein, dass das Messer schwerer schneidet. Verantwortlich ist der höhere Winkel der Schneidfase im Vergleich zum Winkel der Klingenflanken, und die längere Schneidfase im Vergleich zum balligen Anschliff. Nach der Schneidphase wird der Winkel kleiner, d.h. die Kraft muss sich nach der Schneidfase reduzieren. Beim balligen Ausschliff wird der Schneidfasenwinkel schnell kleiner, gleichzeitig gehen die Winkel von Schneidfase und Klingenflanke in einander über, was die Gleiteigenschaften verbessert.

Hauptsächlich heißt das doch, dass der japanische Anschliff, die Schneidfase in punkto Performance nicht optimal ist. Die Frage ist, warum die Japaner das dann machen. Ich vermute entweder, wegen des leichteren Schärfens auf dem Stein oder wegen der besseren Standzeit.
 
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Servus,

Mit "Kante" meinst du wahrscheinlich den Knick zwischen Schneidfase und Klingenblatt.

genau so ist es!

Der Knick selbst kann aber eigentlich nicht dafür verantwortlich sein, dass das Messer schwerer schneidet. Verantwortlich ist der höhere Winkel der Schneidfase im Vergleich zum Winkel der Klingenflanken, und die längere Schneidfase im Vergleich zum balligen Anschliff. Nach der Schneidphase wird der Winkel kleiner, d.h. die Kraft muss sich nach der Schneidfase reduzieren.

Mag sein das es der höhere Winkel der Schneidfase und deren Länge oder die Asymmetrie der beiden Fasen ist und nicht der Übergang zwischen Schneidfase und Klingenblatt. Im Ergebnis ist es die Schneidfreude betreffend von Nachteil!

Hauptsächlich heißt das doch, dass der japanische Anschliff, die Schneidfase in punkto Performance nicht optimal ist. Die Frage ist, warum die Japaner das dann machen. Ich vermute entweder, wegen des leichteren Schärfens auf dem Stein oder wegen der besseren Standzeit.

Gute Frage? Ich denke auch der Anschliff ist ein überlegter Kompromiss aus Haltbarkeit, Schärfbarkeit, Einsatzzweck, Reklamationsrisiko.......

Da sind ja auch ganze Zubehörindustrien an den Markt gekoppelt, ballige Schneiden brauchen keinen Wasserstein mehr.

Gruß, güNef
 
Interessante Diskussion :super:. Es deckt sich auch mit meinen Erfahrungen, dass "auf null" geschliffene Klingen sehr gute Schnittleistungen liefern, auch wenn die Klingen an sich nicht besonders dünn sind.

Hauptsächlich heißt das doch, dass der japanische Anschliff, die Schneidfase in punkto Performance nicht optimal ist. Die Frage ist, warum die Japaner das dann machen. Ich vermute entweder, wegen des leichteren Schärfens auf dem Stein oder wegen der besseren Standzeit.

Dazu muss ich sagen, dass in diesem Test gar kein Messer mit "japanischem Schliff" verwendet wurde :acne:, zumindest nicht, was meiner Vorstellung nach einem japanischen Schliff entspricht :) : ein Flachschliff auf null (ein- oder beidseitig).

Das Standard CarboNext hat einen hohen Flachschliff mit verhältnismäßig breiter Fase. Es wundert mich nicht, dass es gegen das etwas dickere, aber ballig auf null geschliffene Messer keine Chance hat.

Ich habe ein dünnes (2 mm) Miyabi Gyuto, dass gegen ein doppelt so dickes (4 mm) Güde mit Schanz'schen balligem Schliff auf null abstinkt ;). Mein Bunkabocho hingegen, das am Rücken ebenfalls sehr stark (ca. 3,5 mm), aber "japanisch" flach auf null geschliffen ist, steckt beide in die Tasche.

Ich glaube also "je dünner auf null, desto besser", zumindest für die Schnittleistung. Es wird dadurch natürlich auch empfindlicher...

LG
Jörg
 
Mit dem japanischen ANschliff im Unterschied zum japanischen Schliff, meinte ich die Ausführung der Schneidfase, die bei japanischen Yobocho oft asymmetrisch ausgeführt ist. Die Stärke des Rückens (1,5-4mm) spielt nur eine geringe Rolle. Sie kommt eigentlich nur dann zum Tragen, wenn man dicke, feste Gemüse ganz durchschneidet. Beim Kürbis würde man den Unterschied merken. Da dieser Vorteil aber nur selten zum Tragen kommt, fällt das nicht so auf. Entscheidend ist tatsächlich, wie die ersten 6mm nach der Schneide ausgeführt sind. Soll jetzt aber nicht heißen, dass der Rest vernachlässigbar ist.
 
Servus,

Die Stärke des Rückens (1,5-4mm) spielt nur eine geringe Rolle. Sie kommt eigentlich nur dann zum Tragen, wenn man dicke, feste Gemüse ganz durchschneidet. Beim Kürbis würde man den Unterschied merken. Da dieser Vorteil aber nur selten zum Tragen kommt, fällt das nicht so auf. Entscheidend ist tatsächlich, wie die ersten 6mm nach der Schneide ausgeführt sind. Soll jetzt aber nicht heißen, dass der Rest vernachlässigbar ist.

das trifft den Punkt und erfasst den Kern um den es eigentlich geht! Ich sehe das genau so. Die vollendete, komplette Geometrie ohne Kompromiss in der Schneidfreude beginnt am Schneidenstumpf und endet am Klingenrücken! Mein Takamura Migaki R2 mit 1,6mm Rückenstärke und sehr fein ausgeschliffener Schneide von hoher Schärfe ist meine aktuelle Reverenz, vor allem was das Durchschneiden betrifft!

Hingegen mein Nakiri von Watanabe, das ausgedünnte CarboNext oder auch das Takamura geben sich beim Würfeln oder Stifte schneiden von Gemüsen sehr ähnlich, trotz unterschiedlich starker Klingen, da alle drei unmittelbar oberhalb der Schneide extrem dünn sind. Die Höhe und Dicke der Klinge ist hier nicht relevant. Wobei das ausgeschliffene CarboNext wirklich extrem gut schneidet.

Gruß, güNef
 
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@güNef

Augen zu und durch oder Blind Date mit zwei Küchenmessern. So wird mir dieser Küchenmesser-Wahrheitsfindungs-Check-Up in Erinnerung bleiben. Eine ähnliche Erfahrung - im Ergebnis, nicht in der Durchführung wohlgemerkt - habe ich mit meinen Foldern gemacht. Das mit Abstand schneidfreudigste Taschenmesser in meiner Sammlung ist Little Wing von Eckhard Schmoll. Mit 2,7 mm SB1, flach ausgeschliffen - leicht ballig auf Null - stellt es alles Andere, was mir an Foldern zur Verfügung steht, in den Schatten. Auch das Centofante Memory mit dünnerer VG-10-Klinge (2,3 mm Flachschliff).

Der Begeisterung wegen habe ich Jürgen Schanz vor einiger Zeit gebeten, mir ein etwas größeres Taschenmesser mit Klinge aus SB1 anzufertigen. Es ist noch in Arbeit. Vorgabe war unter anderem eine für die Messergröße relativ dünne Klinge von etwa 2,8 mm, ebenfalls dünn ausgeschliffen, leicht ballig auf Null. In der Antwort-Mail meinte Jürgen, ich zitiere: „Ja, hab verstanden - du möchtest schneiden“ :D

Vielen Dank für diese wieder mal sehr gelungene „Aufführung“, die neues Licht ins Dunkel der Zusammenhänge gebracht hat

Gruß R’n‘R
 
Servus,

Vorgabe war unter anderem eine für die Messergröße relativ dünne Klinge von etwa 2,8 mm, ebenfalls dünn ausgeschliffen, leicht ballig auf Null. In der Antwort-Mail meinte Jürgen, ich zitiere: „Ja, hab verstanden - du möchtest schneiden“

für Folder oder Fixed gibt es ja noch genügend alternative, besitzerspezifische Anwendungsmöglichkeiten, ausser schneiden (natürlich nicht für dich, das ist bekannt)!:D

Bei einem Kochmesser sehe ich die Fähigkeit zu schneiden zweckgebunden und nicht verhandelbar! Erst mit einem geeigneten Kochmesser erlebt man "schneiden" in all seinen Nuancen, Abstufungen und Qualitätsunterschieden mit einer Klinge die nur auf eine einzige Eigenschaft abzielt, nämlich Lebensmittel zu zerteilen und sonst nichts!:teuflisch

Das ist jetzt schön dick und fett aufgetragen, aber "schneiden" mit all meinen Foldern und Fixed kommt nicht mal im Ansatz an das Vergnügen, mit dem oben besprochenen CarboNext eine Orange zu filetieren, das ist schneiden! :haemisch: Und ums schneiden geht's in dieser Ecke des MF doch in erster Linie, was wieder zurück zu dem oben genannten Zitat führt mit der Erkenntnis, das ihr beide am rechten Weg seit, wie ich zustimmend feststellen darf.:D

Gruß, güNef
 
Mit dem - Folder-mässig gesehen - rechten Weg meinst Du den in Richtung Caly 3.5 Superblue, wie ich vermute :D. Aber zum Thema Kochmesser, hat eigentlich keins Deiner selbigen einen 50/50-Choil?? :glgl: ....

Gruß R'n'R
 
Servus,

Mit dem - Folder-mässig gesehen - rechten Weg meinst Du den in Richtung Caly 3.5 Superblue, wie ich vermute :

aber Nein, falsche Interpretation, hier geht's ums schneiden und nicht ums schärfen! :D SB1, 2,8mm dünn ausgeschliffen, leicht ballig auf Null ist der rechte Weg und ihr beide = der Macher und Du.;)

Nicht Johnny!;)

Gruß, güNef
 
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