LessLemming
Mitglied
- Beiträge
- 464
Heute möchte ich einen neuen Stein vorstellen, der es frisch bis in unsere Breitengrade geschafft hat.
Es handelt sich um den Sigma Select II 13.000 des japanischen Herstellers Sigma.
Die Sigma Steine werden vertrieben als solche, deren Bindung durch Vitrifikation zustande kommt.
Vitrifikation, im deutschsprachigen Raum Verglasung genannt, bezeichnet hier die Sinterung der Schleifsteinrohstoffe zu einem festen Schleifkörper.
Das Resultat ist eine Struktur aus festem, amorphem Glas mit definierten Eigenschaften, um das Schleifkorn zu binden. Der Sigma Select II wird als "vitrified bond" bezeichnet,
es handelt sich also um einen keramisch gebundenen Schleifstein. Bei dessen Herstellung werden pulverförmige Schärfkörper in einer Mischung mit weiteren bewährten Materialien
(Bindemittel wie Ton oder Feldspat, Füll- und Hilfsstoffe usw.) in einem Sinterprozess mit bis zu 1.000 °C gebrannt. Bei der Abkühlung bildet das Bindemittel eine Matrix aus Glas,
welche die Schärfkörper mit definierten Eigenschaften festhält. Steine einer solchen Machart bezeichnet man grundsätzlich als keramisch gebunden, das Bindemittel ist Ton oder Felspat.
Das offensichtlichste Merkmal des Sigma Select II 13.000 ist seine Birnenhaut. Er sieht fast aus wie ein seltener Nashiji-Nakayama. Die Birnenhaut ist natürlich auf die Optik beschränkt,
und hat keinen Einfluss auf das Schärfen, oder das Feedback des Steines. Der Stein fühlt sich relativ leicht an, ist aber nicht besonders porös. Das bedeutet der Stein muss nicht gewässert werden
und kann einfach vor dem Schärfen mit Wasser bespritzt werden. Er ist nicht durstig. Direkt aus der Box war der Stein schön plan und auch die Oberfläche sah verhältnismäßig sauber aus.
Aus Gewohnheit wurde er trotzdem mal abgerichtet. Mit dem DMT 325 und 600 zum Abschluss hat sich das als sehr einfache Aufgabe herausgestellt. Das Abrichten ging schnell. Später wird sich herausstellen,
dass der Stein ein Mittelding in Sachen Härte ist; deutlich härter als Naniwa, aber nicht so hart wie Shapton. Die Bedeutung des Begriffes hart setze ich hier gleich mit der Gefahr in den Stein hinein zu schneiden,
nicht der tatsächlichen Härte eines Steines nach einer Prüfmethode. In die Naniwa kann man sehr leicht hinein schneiden, sie fühlen sich auch weich an. Die Shaptons fühlen sich für manchen hart wie Glas an
und bieten wenig Feedback. Der Sigma 13.000 ist nicht glashart, aber es besteht auch keine erhöhte Gefahr in den Stein zu schneiden.
Zu Beginn meines Erfahrungsberichtes möchte ich den Stein wegen seiner enormen Feinheit von 13.000 (welchen Standard Sigma verwendet weiß ich leider nicht) an Rasiermesser testen. Die Messer waren perfekt poliert,
entweder auf Industrie-Standard Lapping Film von 3M bis zur perfekten Politur mit dem 1µm Diamant-Film, oder kamen vom Naniwa Superstone 10.000, welcher ebenfalls eine perfekte Politur geliefert hat.
Der Grundschliff erfolgte in einem Bestimmten Winkel, sodass die Kratzspuren alle in die gleiche Richtung verliefen. Nach der Politur im Endschritt waren unter dem Mikroskop keine nennenswerten
Kratzspuren bei 40-120-facher Vergrößerung zu erkennen.
Die Abfolge der verwendeten 3M Filme für dieses Messer war:
5µm SiC, 3µm Al2O3, 1µm Al2O3, und 1µm Diamant.
Weitere Bilder derselben Politur in einem anderen Winkel und mit anderem Lichteinfall erbrachten immer wieder das gleiche hervorragende Ergebnis.
Bei einer Vergrößerung von circa 40x waren keine Kratzer erkennbar.
Die Vergrößerung von circa 120x zeigte ebenfalls einen sehr homogenen Spiegel. Auf dem Bild sind ein paar Schlieren vom Tuch zu erkennen, jedoch keine Kratzer. Die Schneide erscheint sehr unregelmäßig auf dem Foto. Dieser Eindruck täuscht! Der Lichteinfall erzeugt eine Art Halo, eine Lichterscheinung an der Schneidkante. Die verwendete Kamera war nicht in der Lage diesen abzubilden und hat stattdessen dieses Lichtgewirr aufgezeichnet.
Man wird mir vertrauen müssen dass die Schneide sehr glatt war. Mit diesen Ausgangsbedingungen bin ich mit demselben Messer, in diesem Fall einem antiken, sehr hohlen 7/8 aus Italien,
welches mir mit seinen Eigenschaften auf den Steinen und bei der Rasur genau bekannt ist, auf den Sigma Select II 13.000.
Der Stein zeigt bei den kleinen Messern mit ihrer kurzen Facette einen sehr simplen Charakter. Der Stein ist weder übermäßig sanft, noch fühlt er sich hart, oder besonders aggressiv an. Dennoch macht sich hin und wieder ein Gefühl von Körnigkeit bemerkbar, obwohl der Stein perfekt abgerichtet ist. Mit den Fingern lassen sich keine Körnchen o.ä. ertasten, das Schärfwasser ist sauber und der Stein nicht zugesetzt. Schon nach wenigen Schüben zeigte sich auf der Facette ein deutliches Kratzmuster in der neuen Schärfrichtung. Unter der Lupe mit 10-facher Vergrößerung präsentiert sich mal eine sehr schöne Politur und mal ein helles Kratzmuster mit feinen weißen Linien, je nach Winkel des Lichteinfalls. Das Mikroskop hat ein eindeutiges Kratzmuster gezeigt, mit unregelmäßig tiefen Kratzspuren.
Hier bitte ich zu beachten dass der Fokus, soweit möglich, auf der Facette liegt und nicht auf der Schneide. Daher sieht diese hier furchtbar aus. Auf späteren Fotos der gleichen Schneide sieht man dass sie gar nicht so schlecht ist.
Weitere Bilder derselben Politur mit unterschiedlichen Lichteinfällen
Unter 120-facher Vergrößerung sah es manchmal so aus, als würde jeder tiefere Kratzer zu einem Microausbruch führen. Die Kamera konnte diesen Umstand leider nicht einfangen. Um sicher zu gehen, dass der Stein auch 100%igen Kontakt mit der Schneide hat, habe ich die Anzahl der Lagen Isoliertape von 1 auf 2 erhöht und eine kleine Mikrofase angelegt.
Diese Bilder mit 120x Vergrößerung sind so aufgenommen, dass man nicht direkt auf die Facette schaut. Das Messer ist in einem Winkel von 30-45° nach oben, zur Kamera hin geneigt um eine bessere Sicht auf die Schneide zu bekommen. Auch wenn die Schneidkante rein optisch einen Rückschritt vom perfekten 1µm Diamant Modul gemacht hat, scheint alles noch im Rahmen zu sein. Erfahrungsgemäß ist eine Vergrößerung von 120-fach selbst für Rasiermesser sehr viel. Manch ein Messer das hier nicht so gut erscheint, rasiert dennoch tadellos. Der Haartest klappte auf 0.5-1cm tadellos, ohne Pling und ohne tanzen. Eventuell einen Tacken aggressiv.
Hier zum Vergleich ein anderes Messer vom Shapton Glasstone 16.000. Auch hier ist die Vergrößerung ca. 120x.
Das Verwendete Messer war jetzt ein 5/8 mit einer deutlich kleineren Facette. Daher die unterschiedlichen Größenverhältnisse.
Das Kratzmuster ist homogener und weniger Tief. Dafür erzeugte der Shapton 16.000 im Test vereinzelt sichtbare Kratzer. Mit dem nackten Auge ist die Politur des Shapton 16.000 überlegen,
aber auch hier zeigen sich unter der Lupe helle Kratzer. Die Schneide sah bei beiden Messern vergleichbar gut aus. Natürlich werden hier Birnen mit Äpfel verglichen, daher diesen Vergleich
mit dem Shapton 16k nicht auf die Waagschale legen. Der Hintergrund ist, dass mich die Schärfleistung, sowie der Haartest und die Politur, nicht jedoch das Feedback, an den Shapton 16k erinnert hat.
Nach einem kurzen Ledern auf Tony Millers „smooth cotton“ (unbehandeltes Baumwoll-Leinen) sowie dem Tony Miller Notovan Pferdeleder ging es zur Proberasur mit dem Messer vom Sigma 13k.
Die Rasur stellte sich auch ohne das Abziehen auf einem feinen Pastenriemen als unproblematisch heraus. Die Rasur verlief so, wie es der Haartest bereits versprochen hat:
ein wenig aggressiv aber gründlich. Gleiches gilt für Rasuren vom Shapton Glasstone 16.000, sowie dem Shapton Professional 12.000.
Bei solch feinen Abschlusssteinen ist die Rasur auch ohne das Pasten möglich.
Neben den feinen Rasiermessern gibt es noch ein zweites Anwendungsgebiet für diesen Stein- die Kochmesser. Zuvor habe ich das Testexemplar bis auf den Suehiro 8.000.
Die Facette erschien in manchem Winkel perfekt, bei ungünstigem Lichteinfall sah man deutlich feine weiße Linien. Das Feedback des Sigma bei Kochmessern ist hervorragend.
Der Stein fühlt sich keineswegs dicht und glatt an, so wie es beispielsweise beim Shapton Pro 12k und Shapton GS 16k der Fall ist. Er fühlt sich aber auch nicht so weich an, wie ein Naniwa Superstone 10k.
Auch das körnige Gefühl wie bei den Rasiermessern bleibt völlig aus. Der Stein erscheint hier sehr sanft aber deutlich im Abtrag. Schon nach wenigen Schüben erschien mein rostfreies Santoku mit einer
hervorragenden Facette ausgestattet! Eine Untersuchung unter der 10x Lupe und verschiedenen Lichteinfällen war sehr viel versprechend. Nur im richtigen Winkel mit starkem Lichteinfall war ein hauchfeines
Kratzmuster zu erkennen. Deutlich feiner als dies des Suehiro 8.000. Dem nackten Auge präsentiert sich ein ganz sagenhafter Spiegel, dunkel und tief wie flüssiges Quecksilber.
Im Vergleich zum Naniwa Superstone 8.000 und 10.000 gar nicht so übel.
Bild: Justinus Samurai, günstiges Testexemplar mit rostfreiem Stahl. Die Politur ist im rechten Licht dunkel und perfekt, nur mit extrem viel Mühe lassen sich mit dem bloßen Auge Kratzer erkennen.
Die Superstones hinterlassen für Gewöhnlich den perfekten Spiegel, ohne jede Spur von Kratzer. Allerdings verzichten einige Schärfer auf den Gebrauch der Superstones bei größeren Werkzeugen,
wegen der Gefahr des Zusetztens und der deutlichen Weichheit der Steine. Der Sigma Select II 13.000 hat mit diesen „Problemen“ weitaus weniger zu kämpfen.
Der Sigma erweckt den Eindruck er sei kein einfacher Polierer, sondern ein Stein mit Abtragsleistung, der einfach nur besonders fein abträgt. Das entstammt natürlich meiner subjektiven Einschätzung.
Ein zweites Testobjekt war ein Tosa Hocho Bunkaboocho mit 3 Lagen und Aogami als Schneidlage. Zuvor war es auf dem 1µm lapping film zufrieden stellend poliert. Ich habe die Facette vor geraumer Zeit etwas vergrößert,
aber die stark polierende Wirkung der Lapping Filme hat den Übergang der weichen Außenlagen zur Schneidlage unsichtbar gemacht. Als ich das Messer über den Sigma 13.000 geschoben habe, bekam ich schnell die Politur,
wie sie oben bereits erwähnt war. Allerdings wurden die weichen Außenlagen deutlich wolkiger, während die Schneidlage einen sehr guten Glanz bekommen hat.
Die Abtragsleistung an diesem harten Stahl erschien mir deutlich geringer, aber immer noch völlig ausreichend für das Finish. Beide Messer haben wie üblich noch eine Mikrofase bekommen und wurden getestet.
Bild: Tosa Bunkaboocho, dreilagig mit Aogami Schneidlage. Ebenfalls eine ganz hervorragende Politur.
Bild: Gleiches Messer, anderer Winkel
Die Schneide war in beiden Fällen extrem glatt und rattenscharf. Die Armhaare sind in alle Richtungen auch oberhalb der Haut geflogen. Sogar ein Haartest war problemlos Möglich.
Zeitungspapier wurde im Druckschnitt sehr sauber und sehr geräuscharm geschnitten. Diese glatte Schneide ist freilich nicht Jedermanns Sache,
aber wer sich für einen Stein im Bereich 13.000 entscheidet, der weiß das natürlich.
Der Sigma Select II 13.000 ist ein vergleichsweise mittelharter bis harter Abschlussstein, der bei den getesteten Rasiermessern ein ungewöhnliches Feedback gezeigt hat, jedoch zu akzeptablen Resultaten geführt hat.
Der Haartest ist vom Stein weg möglich und die Rasur auch, jedoch würde eine solche Schneide noch von einem Pastenriemen profitieren. Die Körnungsangabe 13.000 erfolgt leider ohne Verweis auf ein entsprechendes System
und ist nicht ohne weiteres mit derer von Shapton und Naniwa zu vergleichen, da jeder dieser Hersteller ein anderes Korngrößensystem verwendet. Die Politur ist für Rasiermesser nicht perfekt.
Die Politur ist aber erfahrungsgemäß kein Garant für eine gute Rasur, und umgekehrt. Für Kochmesser und Werkzeuge eignet sich der Sigma 13k ganz hervorragend, da er nicht zu weich ist und die
Abtragsleistung auch bei härteren Stählen noch gut zu sein scheint. Die erzeugbare Politur ist für Kochmesser auf einem sehr hohen Niveau. Für das nackte Auge und auch für die 10x Lupe
(mehr Werkzeug zur Begutachtung der Schneide eines Kochmessers ist ohnehin sinnlos) erscheint die Facette tadellos
Ich hoffe dieser Erfahrungsbericht hat euch gefallen. Vergesst beim Lesen nicht, dass es sich um einen Erfahrungs-Bericht handelt.
Ich habe hier wiedergegeben was ich mit meinen Möglichkeiten feststellen konnte. Das heißt nicht dass jemand anderes nicht zu einem anderen Ergebnis kommt
Ich danke allen, die mir beim Erstellen dieses Berichtes geholfen haben!
Hier gibt es den Bericht als PDF zum Download
Es handelt sich um den Sigma Select II 13.000 des japanischen Herstellers Sigma.
Die Sigma Steine werden vertrieben als solche, deren Bindung durch Vitrifikation zustande kommt.
Vitrifikation, im deutschsprachigen Raum Verglasung genannt, bezeichnet hier die Sinterung der Schleifsteinrohstoffe zu einem festen Schleifkörper.
Das Resultat ist eine Struktur aus festem, amorphem Glas mit definierten Eigenschaften, um das Schleifkorn zu binden. Der Sigma Select II wird als "vitrified bond" bezeichnet,
es handelt sich also um einen keramisch gebundenen Schleifstein. Bei dessen Herstellung werden pulverförmige Schärfkörper in einer Mischung mit weiteren bewährten Materialien
(Bindemittel wie Ton oder Feldspat, Füll- und Hilfsstoffe usw.) in einem Sinterprozess mit bis zu 1.000 °C gebrannt. Bei der Abkühlung bildet das Bindemittel eine Matrix aus Glas,
welche die Schärfkörper mit definierten Eigenschaften festhält. Steine einer solchen Machart bezeichnet man grundsätzlich als keramisch gebunden, das Bindemittel ist Ton oder Felspat.
Das offensichtlichste Merkmal des Sigma Select II 13.000 ist seine Birnenhaut. Er sieht fast aus wie ein seltener Nashiji-Nakayama. Die Birnenhaut ist natürlich auf die Optik beschränkt,
und hat keinen Einfluss auf das Schärfen, oder das Feedback des Steines. Der Stein fühlt sich relativ leicht an, ist aber nicht besonders porös. Das bedeutet der Stein muss nicht gewässert werden
und kann einfach vor dem Schärfen mit Wasser bespritzt werden. Er ist nicht durstig. Direkt aus der Box war der Stein schön plan und auch die Oberfläche sah verhältnismäßig sauber aus.
Aus Gewohnheit wurde er trotzdem mal abgerichtet. Mit dem DMT 325 und 600 zum Abschluss hat sich das als sehr einfache Aufgabe herausgestellt. Das Abrichten ging schnell. Später wird sich herausstellen,
dass der Stein ein Mittelding in Sachen Härte ist; deutlich härter als Naniwa, aber nicht so hart wie Shapton. Die Bedeutung des Begriffes hart setze ich hier gleich mit der Gefahr in den Stein hinein zu schneiden,
nicht der tatsächlichen Härte eines Steines nach einer Prüfmethode. In die Naniwa kann man sehr leicht hinein schneiden, sie fühlen sich auch weich an. Die Shaptons fühlen sich für manchen hart wie Glas an
und bieten wenig Feedback. Der Sigma 13.000 ist nicht glashart, aber es besteht auch keine erhöhte Gefahr in den Stein zu schneiden.
Zu Beginn meines Erfahrungsberichtes möchte ich den Stein wegen seiner enormen Feinheit von 13.000 (welchen Standard Sigma verwendet weiß ich leider nicht) an Rasiermesser testen. Die Messer waren perfekt poliert,
entweder auf Industrie-Standard Lapping Film von 3M bis zur perfekten Politur mit dem 1µm Diamant-Film, oder kamen vom Naniwa Superstone 10.000, welcher ebenfalls eine perfekte Politur geliefert hat.
Der Grundschliff erfolgte in einem Bestimmten Winkel, sodass die Kratzspuren alle in die gleiche Richtung verliefen. Nach der Politur im Endschritt waren unter dem Mikroskop keine nennenswerten
Kratzspuren bei 40-120-facher Vergrößerung zu erkennen.
Die Abfolge der verwendeten 3M Filme für dieses Messer war:
5µm SiC, 3µm Al2O3, 1µm Al2O3, und 1µm Diamant.
Weitere Bilder derselben Politur in einem anderen Winkel und mit anderem Lichteinfall erbrachten immer wieder das gleiche hervorragende Ergebnis.
Bei einer Vergrößerung von circa 40x waren keine Kratzer erkennbar.
Die Vergrößerung von circa 120x zeigte ebenfalls einen sehr homogenen Spiegel. Auf dem Bild sind ein paar Schlieren vom Tuch zu erkennen, jedoch keine Kratzer. Die Schneide erscheint sehr unregelmäßig auf dem Foto. Dieser Eindruck täuscht! Der Lichteinfall erzeugt eine Art Halo, eine Lichterscheinung an der Schneidkante. Die verwendete Kamera war nicht in der Lage diesen abzubilden und hat stattdessen dieses Lichtgewirr aufgezeichnet.
Man wird mir vertrauen müssen dass die Schneide sehr glatt war. Mit diesen Ausgangsbedingungen bin ich mit demselben Messer, in diesem Fall einem antiken, sehr hohlen 7/8 aus Italien,
welches mir mit seinen Eigenschaften auf den Steinen und bei der Rasur genau bekannt ist, auf den Sigma Select II 13.000.
Der Stein zeigt bei den kleinen Messern mit ihrer kurzen Facette einen sehr simplen Charakter. Der Stein ist weder übermäßig sanft, noch fühlt er sich hart, oder besonders aggressiv an. Dennoch macht sich hin und wieder ein Gefühl von Körnigkeit bemerkbar, obwohl der Stein perfekt abgerichtet ist. Mit den Fingern lassen sich keine Körnchen o.ä. ertasten, das Schärfwasser ist sauber und der Stein nicht zugesetzt. Schon nach wenigen Schüben zeigte sich auf der Facette ein deutliches Kratzmuster in der neuen Schärfrichtung. Unter der Lupe mit 10-facher Vergrößerung präsentiert sich mal eine sehr schöne Politur und mal ein helles Kratzmuster mit feinen weißen Linien, je nach Winkel des Lichteinfalls. Das Mikroskop hat ein eindeutiges Kratzmuster gezeigt, mit unregelmäßig tiefen Kratzspuren.
Hier bitte ich zu beachten dass der Fokus, soweit möglich, auf der Facette liegt und nicht auf der Schneide. Daher sieht diese hier furchtbar aus. Auf späteren Fotos der gleichen Schneide sieht man dass sie gar nicht so schlecht ist.
Weitere Bilder derselben Politur mit unterschiedlichen Lichteinfällen
Unter 120-facher Vergrößerung sah es manchmal so aus, als würde jeder tiefere Kratzer zu einem Microausbruch führen. Die Kamera konnte diesen Umstand leider nicht einfangen. Um sicher zu gehen, dass der Stein auch 100%igen Kontakt mit der Schneide hat, habe ich die Anzahl der Lagen Isoliertape von 1 auf 2 erhöht und eine kleine Mikrofase angelegt.
Diese Bilder mit 120x Vergrößerung sind so aufgenommen, dass man nicht direkt auf die Facette schaut. Das Messer ist in einem Winkel von 30-45° nach oben, zur Kamera hin geneigt um eine bessere Sicht auf die Schneide zu bekommen. Auch wenn die Schneidkante rein optisch einen Rückschritt vom perfekten 1µm Diamant Modul gemacht hat, scheint alles noch im Rahmen zu sein. Erfahrungsgemäß ist eine Vergrößerung von 120-fach selbst für Rasiermesser sehr viel. Manch ein Messer das hier nicht so gut erscheint, rasiert dennoch tadellos. Der Haartest klappte auf 0.5-1cm tadellos, ohne Pling und ohne tanzen. Eventuell einen Tacken aggressiv.
Hier zum Vergleich ein anderes Messer vom Shapton Glasstone 16.000. Auch hier ist die Vergrößerung ca. 120x.
Das Verwendete Messer war jetzt ein 5/8 mit einer deutlich kleineren Facette. Daher die unterschiedlichen Größenverhältnisse.
Das Kratzmuster ist homogener und weniger Tief. Dafür erzeugte der Shapton 16.000 im Test vereinzelt sichtbare Kratzer. Mit dem nackten Auge ist die Politur des Shapton 16.000 überlegen,
aber auch hier zeigen sich unter der Lupe helle Kratzer. Die Schneide sah bei beiden Messern vergleichbar gut aus. Natürlich werden hier Birnen mit Äpfel verglichen, daher diesen Vergleich
mit dem Shapton 16k nicht auf die Waagschale legen. Der Hintergrund ist, dass mich die Schärfleistung, sowie der Haartest und die Politur, nicht jedoch das Feedback, an den Shapton 16k erinnert hat.
Nach einem kurzen Ledern auf Tony Millers „smooth cotton“ (unbehandeltes Baumwoll-Leinen) sowie dem Tony Miller Notovan Pferdeleder ging es zur Proberasur mit dem Messer vom Sigma 13k.
Die Rasur stellte sich auch ohne das Abziehen auf einem feinen Pastenriemen als unproblematisch heraus. Die Rasur verlief so, wie es der Haartest bereits versprochen hat:
ein wenig aggressiv aber gründlich. Gleiches gilt für Rasuren vom Shapton Glasstone 16.000, sowie dem Shapton Professional 12.000.
Bei solch feinen Abschlusssteinen ist die Rasur auch ohne das Pasten möglich.
Neben den feinen Rasiermessern gibt es noch ein zweites Anwendungsgebiet für diesen Stein- die Kochmesser. Zuvor habe ich das Testexemplar bis auf den Suehiro 8.000.
Die Facette erschien in manchem Winkel perfekt, bei ungünstigem Lichteinfall sah man deutlich feine weiße Linien. Das Feedback des Sigma bei Kochmessern ist hervorragend.
Der Stein fühlt sich keineswegs dicht und glatt an, so wie es beispielsweise beim Shapton Pro 12k und Shapton GS 16k der Fall ist. Er fühlt sich aber auch nicht so weich an, wie ein Naniwa Superstone 10k.
Auch das körnige Gefühl wie bei den Rasiermessern bleibt völlig aus. Der Stein erscheint hier sehr sanft aber deutlich im Abtrag. Schon nach wenigen Schüben erschien mein rostfreies Santoku mit einer
hervorragenden Facette ausgestattet! Eine Untersuchung unter der 10x Lupe und verschiedenen Lichteinfällen war sehr viel versprechend. Nur im richtigen Winkel mit starkem Lichteinfall war ein hauchfeines
Kratzmuster zu erkennen. Deutlich feiner als dies des Suehiro 8.000. Dem nackten Auge präsentiert sich ein ganz sagenhafter Spiegel, dunkel und tief wie flüssiges Quecksilber.
Im Vergleich zum Naniwa Superstone 8.000 und 10.000 gar nicht so übel.
Bild: Justinus Samurai, günstiges Testexemplar mit rostfreiem Stahl. Die Politur ist im rechten Licht dunkel und perfekt, nur mit extrem viel Mühe lassen sich mit dem bloßen Auge Kratzer erkennen.
Die Superstones hinterlassen für Gewöhnlich den perfekten Spiegel, ohne jede Spur von Kratzer. Allerdings verzichten einige Schärfer auf den Gebrauch der Superstones bei größeren Werkzeugen,
wegen der Gefahr des Zusetztens und der deutlichen Weichheit der Steine. Der Sigma Select II 13.000 hat mit diesen „Problemen“ weitaus weniger zu kämpfen.
Der Sigma erweckt den Eindruck er sei kein einfacher Polierer, sondern ein Stein mit Abtragsleistung, der einfach nur besonders fein abträgt. Das entstammt natürlich meiner subjektiven Einschätzung.
Ein zweites Testobjekt war ein Tosa Hocho Bunkaboocho mit 3 Lagen und Aogami als Schneidlage. Zuvor war es auf dem 1µm lapping film zufrieden stellend poliert. Ich habe die Facette vor geraumer Zeit etwas vergrößert,
aber die stark polierende Wirkung der Lapping Filme hat den Übergang der weichen Außenlagen zur Schneidlage unsichtbar gemacht. Als ich das Messer über den Sigma 13.000 geschoben habe, bekam ich schnell die Politur,
wie sie oben bereits erwähnt war. Allerdings wurden die weichen Außenlagen deutlich wolkiger, während die Schneidlage einen sehr guten Glanz bekommen hat.
Die Abtragsleistung an diesem harten Stahl erschien mir deutlich geringer, aber immer noch völlig ausreichend für das Finish. Beide Messer haben wie üblich noch eine Mikrofase bekommen und wurden getestet.
Bild: Tosa Bunkaboocho, dreilagig mit Aogami Schneidlage. Ebenfalls eine ganz hervorragende Politur.
Bild: Gleiches Messer, anderer Winkel
Die Schneide war in beiden Fällen extrem glatt und rattenscharf. Die Armhaare sind in alle Richtungen auch oberhalb der Haut geflogen. Sogar ein Haartest war problemlos Möglich.
Zeitungspapier wurde im Druckschnitt sehr sauber und sehr geräuscharm geschnitten. Diese glatte Schneide ist freilich nicht Jedermanns Sache,
aber wer sich für einen Stein im Bereich 13.000 entscheidet, der weiß das natürlich.
Der Sigma Select II 13.000 ist ein vergleichsweise mittelharter bis harter Abschlussstein, der bei den getesteten Rasiermessern ein ungewöhnliches Feedback gezeigt hat, jedoch zu akzeptablen Resultaten geführt hat.
Der Haartest ist vom Stein weg möglich und die Rasur auch, jedoch würde eine solche Schneide noch von einem Pastenriemen profitieren. Die Körnungsangabe 13.000 erfolgt leider ohne Verweis auf ein entsprechendes System
und ist nicht ohne weiteres mit derer von Shapton und Naniwa zu vergleichen, da jeder dieser Hersteller ein anderes Korngrößensystem verwendet. Die Politur ist für Rasiermesser nicht perfekt.
Die Politur ist aber erfahrungsgemäß kein Garant für eine gute Rasur, und umgekehrt. Für Kochmesser und Werkzeuge eignet sich der Sigma 13k ganz hervorragend, da er nicht zu weich ist und die
Abtragsleistung auch bei härteren Stählen noch gut zu sein scheint. Die erzeugbare Politur ist für Kochmesser auf einem sehr hohen Niveau. Für das nackte Auge und auch für die 10x Lupe
(mehr Werkzeug zur Begutachtung der Schneide eines Kochmessers ist ohnehin sinnlos) erscheint die Facette tadellos
Ich hoffe dieser Erfahrungsbericht hat euch gefallen. Vergesst beim Lesen nicht, dass es sich um einen Erfahrungs-Bericht handelt.
Ich habe hier wiedergegeben was ich mit meinen Möglichkeiten feststellen konnte. Das heißt nicht dass jemand anderes nicht zu einem anderen Ergebnis kommt
Ich danke allen, die mir beim Erstellen dieses Berichtes geholfen haben!
Hier gibt es den Bericht als PDF zum Download