Gabriel
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Takeda Stainless Aogami Super Gyuto 210mm
Die Messer von Takeda Hamono haben einen fast schon legendären Ruf. Legendär aufgrund ihrer guten Wärmebehandlung des Aogami Super Stahls. Legendär auch darum, weil es scheinbar einen erheblichen Wandel des Schliffs gab vor einigen Jahren. In US-Foren gern als „Old-Grind“ beworbene Takedas wiesen einen recht hohen und flachen Anschliff auf, zusammen mit der dünnen Klingengeometrie resultierend in einer (angeblich) extrem hohen Schneidfähigkeit. Bei neueren Takedas (angeblich weil der verantwortliche Mitarbeiter gewechselt hat) ist der Anschliff deutlich niedriger angesetzt. Neuere Takedas haben deshalb den Ruf erst nach dem Ausdünnen wirklich ihr Potenzial ausspielen zu können.
Das vorliegende Messer eines Mitforumiten ist ein neueres Takeda Aogami Super Gyuto 210mm mit rostfreien Flanken.
Erster Eindruck und Finish
Das Messer hat irgendwie Charme… ich kann nicht genau erklären was es ist. Nüchtern betrachtet ist es ein Messer mit sehr dünner leichter Klinge mit Kurouchi Finish, niedrigem Anschliff und hoher Klinge sowie einem recht schmalen oktagonalem Wa-Griff mit einem Griff aus Rosewood mit schwarzer Pakkaholz-Zwinge.
Der Charakter des Messers ist naturgemäß etwas rustikal, aber die Verarbeitung ist durchaus ordentlich gemacht, auch wenn die Kanten jetzt nicht sauber verrundet sind etc. …aber das würde mich bei einem Messer der Bauart auch wundern. Abgesehen von einem Punkt, auf den ich später eingehe, gibt es da nicht viel zu meckern. Das Kurouchifinish selbst kurz gesagt gut gemacht und gehört wohl zu den für mich ästhetisch ansprechendsten Kurouchi Finishs, die ich kenne.
Klingengeometrie und -profil
Die Klinge ist dünn, sehr dünn… und wir zum Rücken kaum dicker. In der Mitte liegen gerade mal 1,85 mm Klingenstärke an. Von einer so dünnen Klinge bei einem (recht hohen) Gyuto erwartet man natürlich zuerst eine fulminante Schneidfähigkeit. Leider zeigt sich, dass Takeda seinen in letzter Zeit zweifelhaften Ruf nicht umsonst genießt. Wie auf dem Kehlshot gut zu sehen ist, ist der Anschliff mit ca. 6,5-8 mm Höhe sehr niedrig angesetzt, was im Vergleich mit anderen Messern mit Kurouchi Finish (Takeda links, TF Denka rechts) besonders deutlich wird.
Dadurch bildet sich regelrecht ein keilartiger Widerstand. Die geringe Klingenstärke darüber bewirkt dann leider auch keine bessere Schneidfähigkeit. Insbesondere bei hartem Schnittgut macht sich das sehr stark bemerkbar. Laut KKF wurde das schon öfter bei Takeda Hamono angesprochen und nach deren Aussage besteht da scheinbar kein Handlungsbedarf. Das kann man jetzt sehen wie man will, meiner Meinung nach wird einiges an Potenzial verschenkt dadurch.
Positiv daran ist ein recht guter Food Release, man könnte es auch eher als „Food Separation“ bezeichnen. Die Klinge verjüngt sich nach vorne hin moderat. Die Spitze (drittes Bild) könnte etwas dünner sein für meinen Geschmack.
Kehlvergleich mit TF Denka 210 Gyuto
Vergleich mit TF Denka 210 Gyuto (links)
Klingendicke (in mm; Kehl – Klingenmitte – 5 cm vor Spitze – 1 cm vor Spitze)
Wate (1 mm): 0,15 – 0,15 – 0,1 – 0,12
5 mm Klingenhöhe: 0,8 – 0,83 – 0,85 – 0,7
10 mm Klingenhöhe: 1,35 – 1,4 – 1,2 – 1,1
20 mm Klingenhöhe: entfällt, da Klinge in ca. 8-10 mm Höhe von der Schneide am stärksten ist
Klingenrücken: 2,2 – 1,85 – 1,2 – 1,15
Das Profil hat mehr mit einem großen Santoku zu tun als mit einem Gyuto. Hinten gibt es einen ausgeprägten flachen Bereich, nach vorne hin verläuft die Schneide mit leichtem Bauch etwas nach oben. Das Takeda eignet sich demnach gut zum Choppen, Wiegeschnitt ist durchaus auch möglich, aber durch die Klingenlänge und die niedrige Spitze nicht wirklich ideal… geht aber. Zugschnitt geht recht flott von der Hand. Zügigen Druckschnitt kann man mit dem Originalschliff (s.u.) ziemlich vergessen.
Griff
Wie schon gesagt ist der Griff ordentlich gemacht. Der Übergang zwischen Holz und Zwinge ist sauber ausgeführt. Von den Materialien (Rosewood/ Pakkaholzzwinge) definitiv nichts Besonderes… dabei ist der oktagonale Griff durchschnittlich hoch und ein wenig schmal… das kann man natürlich mögen oder nicht.
Was mich persönlich etwas stört- aber eigentlich keine Verarbeitungsschwäche sondern wohl eine bewusste Entscheidung darstellt – ist die große Menge Epoxy mit welchem die Vorderkante des Griffs versiegelt wurde. Prinzipiell kann das natürlich praktisch sein, mich würde es ehrlich gesagt stören.
Standzeit und Schärfbarkeit
Das noch sehr neue Messer kam mit (ganz leicht benutztem) Originalschliff bei mir an. Der Schliff geht dabei komplett auf null. Das resultiert natürlich in einer sehr feinen und scharfen Schneide und bringt potenziell Probleme bei der Stabilität mit sich. Und tatsächlich zeigt sich ein recht unangenehmes Verhalten auf dem Brett insofern, dass sich das Takeda schon bei niedrigem Druck quasi in mein Stirnholzbrett frisst. Beim (knochenfreien) Arbeiten mit Fleisch und Fisch und wenig Brettkontakt ist das natürlich eher kein Problem und hier zeigt sich ganz klar die Stärke eines solchen Anschliffs in einem sehr sauberen und effektiven Schnitt.
Jedoch zeigen sich trotz vorsichtiger Gangart schon nach kurzer Zeit eine ganze Reihe kleiner Ausbrüche, was sich natürlich auch in der Standzeit widerspiegelt. Der Anschliff einer feinen Mikrofase brachte hier erhebliche Abhilfe, ohne wirklich große Einbußen in der Schärfe. Ich habe eine solche Fase mit JNS 1200 – JNS Red Aoto – Ohiro Shiro Renge Suita angebracht in einem moderaten Winkel von ca. 30-32°. Der Stahl (bei der geringen Stärke an der Stelle nicht verwunderlich) ließ sich sehr leicht schärfen und sehr leicht auf sehr hohe Schärfe bringen. Sowohl das Gefühl auf dem Brett als auch die Stabilität wurde dadurch deutlich erhöht. Zum Abschluss ging das Messer dann nochmal auf den Suita, bevor es wieder zurück zum Besitzer durfte. Die Standzeit habe ich in diesem Zustand nicht mehr testen können.
Fazit
Einerseits mag ich das Takeda, da es irgendwie Charme hat und ästhetisch wirkt, dazu noch der gute Klingenstahl. Auf der Gegenseite stehen natürlich der Preis, die Griffabdichtung und die Tatsache, dass man IMHO ein neueres Takeda quasi erstmal ausdünnen muss an der Wate, um sein Potenzial auch nur annähernd ausnutzen zu können. Ist man dazu bereit… und diverse Aussagen scheinen das zu bestätigen… bekommt man mit dem Takeda wohl einen astreinen Laser. Aus erster Hand beurteilen kann ich das leider nicht.
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen, hat mir Spaß gemacht das Messer!
Gruß, Gabriel
Die Messer von Takeda Hamono haben einen fast schon legendären Ruf. Legendär aufgrund ihrer guten Wärmebehandlung des Aogami Super Stahls. Legendär auch darum, weil es scheinbar einen erheblichen Wandel des Schliffs gab vor einigen Jahren. In US-Foren gern als „Old-Grind“ beworbene Takedas wiesen einen recht hohen und flachen Anschliff auf, zusammen mit der dünnen Klingengeometrie resultierend in einer (angeblich) extrem hohen Schneidfähigkeit. Bei neueren Takedas (angeblich weil der verantwortliche Mitarbeiter gewechselt hat) ist der Anschliff deutlich niedriger angesetzt. Neuere Takedas haben deshalb den Ruf erst nach dem Ausdünnen wirklich ihr Potenzial ausspielen zu können.
Das vorliegende Messer eines Mitforumiten ist ein neueres Takeda Aogami Super Gyuto 210mm mit rostfreien Flanken.
Erster Eindruck und Finish
Das Messer hat irgendwie Charme… ich kann nicht genau erklären was es ist. Nüchtern betrachtet ist es ein Messer mit sehr dünner leichter Klinge mit Kurouchi Finish, niedrigem Anschliff und hoher Klinge sowie einem recht schmalen oktagonalem Wa-Griff mit einem Griff aus Rosewood mit schwarzer Pakkaholz-Zwinge.
Der Charakter des Messers ist naturgemäß etwas rustikal, aber die Verarbeitung ist durchaus ordentlich gemacht, auch wenn die Kanten jetzt nicht sauber verrundet sind etc. …aber das würde mich bei einem Messer der Bauart auch wundern. Abgesehen von einem Punkt, auf den ich später eingehe, gibt es da nicht viel zu meckern. Das Kurouchifinish selbst kurz gesagt gut gemacht und gehört wohl zu den für mich ästhetisch ansprechendsten Kurouchi Finishs, die ich kenne.
Klingengeometrie und -profil
Die Klinge ist dünn, sehr dünn… und wir zum Rücken kaum dicker. In der Mitte liegen gerade mal 1,85 mm Klingenstärke an. Von einer so dünnen Klinge bei einem (recht hohen) Gyuto erwartet man natürlich zuerst eine fulminante Schneidfähigkeit. Leider zeigt sich, dass Takeda seinen in letzter Zeit zweifelhaften Ruf nicht umsonst genießt. Wie auf dem Kehlshot gut zu sehen ist, ist der Anschliff mit ca. 6,5-8 mm Höhe sehr niedrig angesetzt, was im Vergleich mit anderen Messern mit Kurouchi Finish (Takeda links, TF Denka rechts) besonders deutlich wird.
Dadurch bildet sich regelrecht ein keilartiger Widerstand. Die geringe Klingenstärke darüber bewirkt dann leider auch keine bessere Schneidfähigkeit. Insbesondere bei hartem Schnittgut macht sich das sehr stark bemerkbar. Laut KKF wurde das schon öfter bei Takeda Hamono angesprochen und nach deren Aussage besteht da scheinbar kein Handlungsbedarf. Das kann man jetzt sehen wie man will, meiner Meinung nach wird einiges an Potenzial verschenkt dadurch.
Positiv daran ist ein recht guter Food Release, man könnte es auch eher als „Food Separation“ bezeichnen. Die Klinge verjüngt sich nach vorne hin moderat. Die Spitze (drittes Bild) könnte etwas dünner sein für meinen Geschmack.
Kehlvergleich mit TF Denka 210 Gyuto
Vergleich mit TF Denka 210 Gyuto (links)
Klingendicke (in mm; Kehl – Klingenmitte – 5 cm vor Spitze – 1 cm vor Spitze)
Wate (1 mm): 0,15 – 0,15 – 0,1 – 0,12
5 mm Klingenhöhe: 0,8 – 0,83 – 0,85 – 0,7
10 mm Klingenhöhe: 1,35 – 1,4 – 1,2 – 1,1
20 mm Klingenhöhe: entfällt, da Klinge in ca. 8-10 mm Höhe von der Schneide am stärksten ist
Klingenrücken: 2,2 – 1,85 – 1,2 – 1,15
Das Profil hat mehr mit einem großen Santoku zu tun als mit einem Gyuto. Hinten gibt es einen ausgeprägten flachen Bereich, nach vorne hin verläuft die Schneide mit leichtem Bauch etwas nach oben. Das Takeda eignet sich demnach gut zum Choppen, Wiegeschnitt ist durchaus auch möglich, aber durch die Klingenlänge und die niedrige Spitze nicht wirklich ideal… geht aber. Zugschnitt geht recht flott von der Hand. Zügigen Druckschnitt kann man mit dem Originalschliff (s.u.) ziemlich vergessen.
Griff
Wie schon gesagt ist der Griff ordentlich gemacht. Der Übergang zwischen Holz und Zwinge ist sauber ausgeführt. Von den Materialien (Rosewood/ Pakkaholzzwinge) definitiv nichts Besonderes… dabei ist der oktagonale Griff durchschnittlich hoch und ein wenig schmal… das kann man natürlich mögen oder nicht.
Was mich persönlich etwas stört- aber eigentlich keine Verarbeitungsschwäche sondern wohl eine bewusste Entscheidung darstellt – ist die große Menge Epoxy mit welchem die Vorderkante des Griffs versiegelt wurde. Prinzipiell kann das natürlich praktisch sein, mich würde es ehrlich gesagt stören.
Standzeit und Schärfbarkeit
Das noch sehr neue Messer kam mit (ganz leicht benutztem) Originalschliff bei mir an. Der Schliff geht dabei komplett auf null. Das resultiert natürlich in einer sehr feinen und scharfen Schneide und bringt potenziell Probleme bei der Stabilität mit sich. Und tatsächlich zeigt sich ein recht unangenehmes Verhalten auf dem Brett insofern, dass sich das Takeda schon bei niedrigem Druck quasi in mein Stirnholzbrett frisst. Beim (knochenfreien) Arbeiten mit Fleisch und Fisch und wenig Brettkontakt ist das natürlich eher kein Problem und hier zeigt sich ganz klar die Stärke eines solchen Anschliffs in einem sehr sauberen und effektiven Schnitt.
Jedoch zeigen sich trotz vorsichtiger Gangart schon nach kurzer Zeit eine ganze Reihe kleiner Ausbrüche, was sich natürlich auch in der Standzeit widerspiegelt. Der Anschliff einer feinen Mikrofase brachte hier erhebliche Abhilfe, ohne wirklich große Einbußen in der Schärfe. Ich habe eine solche Fase mit JNS 1200 – JNS Red Aoto – Ohiro Shiro Renge Suita angebracht in einem moderaten Winkel von ca. 30-32°. Der Stahl (bei der geringen Stärke an der Stelle nicht verwunderlich) ließ sich sehr leicht schärfen und sehr leicht auf sehr hohe Schärfe bringen. Sowohl das Gefühl auf dem Brett als auch die Stabilität wurde dadurch deutlich erhöht. Zum Abschluss ging das Messer dann nochmal auf den Suita, bevor es wieder zurück zum Besitzer durfte. Die Standzeit habe ich in diesem Zustand nicht mehr testen können.
Fazit
Einerseits mag ich das Takeda, da es irgendwie Charme hat und ästhetisch wirkt, dazu noch der gute Klingenstahl. Auf der Gegenseite stehen natürlich der Preis, die Griffabdichtung und die Tatsache, dass man IMHO ein neueres Takeda quasi erstmal ausdünnen muss an der Wate, um sein Potenzial auch nur annähernd ausnutzen zu können. Ist man dazu bereit… und diverse Aussagen scheinen das zu bestätigen… bekommt man mit dem Takeda wohl einen astreinen Laser. Aus erster Hand beurteilen kann ich das leider nicht.
Zum Abschluss: vielen Dank fürs Testen dürfen, hat mir Spaß gemacht das Messer!
Gruß, Gabriel