Richard A. Herder‘s Asian Slicer?

Abu

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Eine Klinge mit den Eigenschaften eines Küchenmessers, dazu Handschutz eines Fighters…. - worin liegt der Sinn?

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Als ich das Messer vor einigen Jahren erwarb, reizte mich die völlig ungewöhnliche, nach vorn abfallende Klingenform. Ich wollte sie eigentlich für einen Umbau verwenden. Es kam anders, aus gutem Grund.
Abgesehen von der Form weist die 16 cm lange, nur ca. 2,5mm starke Klinge alle Merkmale eines Slicers auf. Fein getapert, ebenso feiner Flachschliff bis zur Microfase. Das macht die Klinge flexibel wie ein Federstahl.

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Der Steckerl sitzt in einem Griff aus Hartholz, verziert mit Einlagen. Dazu besagter S-Guard, anscheinend Neusilber. Der Griff ab Guard ist nur 9,5 cm lang, nichts für raubeinige Pioniere des Westens. Ohne meine ethnologischen Kenntnisse zu überdehnen, deutet das eher auf feingliedrige Menschen Südostasiens.

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Die Bestätigung der Zielregion findet sich im „Anthony Carter“, der den Klingenstempel weitestgehend für Exporte von Messern nach SO-Asien vor 1914 (!!!) beschreibt.

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Damit ist ersichtlich, warum ich das Messer nicht zerlegt habe. Was mir nach wie vor fehlt, ist Kenntnis bzw. Sinnsuche für die Verwendung dieses ungewöhnlichen Slicers. Vllt. hat darüber jemand mehr Informationen.



Abu
 
Wäre es denkbar, dass Klinge und Griff nachträglich zusammengebastelt wurden? Das fransige Lederstück dazwischen könnte ein Indiz dafür sein - passt einfach nicht zu dem schön gearbeiteten Griff.
Oder: Das war Teil eines eleganten Vorlegebestecks im Hirschfänger-Stil und die Klinge wurde gekürzt??
 
Zuletzt bearbeitet:
@porcupine
Danke für deine Hinweise. An einen nachträglichen Umbau glaube ich eher nicht, da die etwas exotische Klinge mit dem verzierten Griff gut harmoniert. Der Umrüster hätte auf den Griff für ein Einzelstück auch erheblich Arbeit investieren müssen, was immerhin denkbar wäre.
Der Zustand des Leders dürfte dem Alter und der Nutzung geschuldet sein. Ich vermute, es ist so etwas wie ein Chappe / Rain Guard zum Scheidenmund, der vmtl mit Mundblech ausgeführt war. Ich hab so etwas auch an einem Marinedolch, stelle das Bild noch ein.

Abu
 
Ich hab schonmal versucht an diese Messerchen heran zu kommen, war nix aber hier sieht man mal wie die Klinge nackig aussieht.
 
@Hamurra-e
Danke dir, denn damit kommen wir der Sache schon sehr nahe. Die Form passt, Hersteller immerhin auch einer der großen Herder-„Familie“. Indonesischer Pisau (Messer)-Typ. Mal schauen, was sich noch findet.

Gruß
Abu
 
Hallo,

in dem Video werden ja Pisau Garpu gezeigt, also Gabelmesser. Pisau = Messer, Garpu = Gabel. Das leitet sich, wenn ich das richtig verstehe von dem F. Herder "Forkbrand" ab. Auf der Herderklinge in dem Video ist ja auch ne Gabel zu sehen. Gibst du Forkbrand bei youtube ein, kommen wieder unterschiedliche Messer oder Klingenformen mit dem Stempel.
Deine Klinge ist von der Herder-Familie aber offenbar kein Forkbrand. Oder die Gabel sieht bei dem R. Herder anders aus, als bei F. Herder.
Mehr kann ich leider auch nicht helfen
 
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Es sieht gut aus :D::

Bin ja nicht so der Vintage Fan, aber das Dingens iss klasse. Glückwunsch.

Pitter
Danke Pitter. Auf der Suche nach dem Sinn habe ich möglicherweise das Nächstliegende ignoriert: der optische Reiz - dem ich ja letztlich auch erlegen war.
Der stilistische Niedergang wird ja auch deutlich, wenn man sieht, was aktuell aus des feinen Klingen mit gewaltigen Griffen geworden ist (s. obige Links zu Pisau).

@yaammoo
Die beiden Firmen und Marken sind in der Tat unterschiedlich. Nur die Geschichte des Untergangs Solinger Manufakturen einigt sie doch. F. Herder ( Forkbrand) macht wohl noch was, aber diese speziellen Klingen habe ich über die Links hier im MF nur in Indonesien gefunden, auch merkwürdig.

Abu
 
Das ist das Problem Abu, die sind wahrscheinlich reine Importware. Manchmal hat man glück und findet etwas auf der Bucht. Hab ein schönes Messer von Pikas mit Messingrahmen und Holzeinlagen gefunden. Sehr dünn, Kohlenstoff und höllenscharf.
Was aber die Ähnlichkeit der Form von einem Hersteller zum anderen betrifft, das ist normal. Wenn man sich die alten Kataloge anschaut, oder auch was "Neues" von Hubertus, Puma und Linder z.B., dann findet man die selben Messerformen oft nur mit anderen Namen oder anderen Griffen. Oft genug sehen sie aber genau gleich aus.
Das gleiche hab ich auch bei alten englischen und anderen Herstellern bemerkt.
 
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Unser fleißig mitlesende US-Kollege Allen hat mir noch ein Bild aus dem Herderkatalog von ca. 1920 geschickt, das den identischen Griffaufbau Leder - Guard - Zwinge - Endkappe an einem Jagdmesser zeigt. Ich denke, die Metallteile sind sogar gleich, incl. so feiner Details wie den Pins zur seitlichen Befestigung der Endkappe.
Das Schutzleder vor dem Griff war sogar bei Lederscheiden üblich.

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Es ist immer wieder eine Freude, wie hier durch Kompetenz und Beiträge Know-how verdichtet und detektivische Arbeit ermöglicht wird.

Gruß
Abu
 
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