SC 145 - Korngrenzenzementit

MOME

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Hallo!

Ich schmiede Dreilagenklingen aus A. Wirtz SC 145 und Reineisen als Decklagen. Bei der Wärmebehandlung bin ich auf das Thema Grenzflächenzementit gestoßen.
Ich früheren Beiträgen wurde das Thema bereits behandelt.
U. Gerfin hat darin empfohlen, dass nach dem Schmieden ein Pendeln um AC1 und anschließendes Weichglühen erfolgen sollte, um die Voraussetzungen zu schaffen den Zementit aufzulösen. Dies erfolgt durch Erhitzen auf etwa 1000Grad und zügiges Abkühlen bzw. sanftes Härten. Danach sollte wieder um AC1 gependelt und weichgeglüht werden, um eventuelles Grobkornwachstum wieder zu eliminieren. Soweit ist alles für mich theoretisch nachvollziehbar.

Die Frage die sich für mich nun ergibt ist folgende:

Ich führe das Feuerschweissen und das Ausschmieden mit dem Handhammer durch, wodurch doch einige Hitzen notwendig sind. Wenn ich noch die oben aufgeführte Wärmebehandlung durchführe und auch noch davon ausgehe, dass ein gewisser Anteil des Kohlenstoffs ins Eisen diffundiert ist, gehe ich davon aus, dass im Schneidenbereich sowieso nur noch etwa 1% Kohlenstoff vorhanden sind. Dafür wäre allerdings auch ein gewöhnliches Normalisieren bei 780 Grad ausreichend womit sich alles wieder ad absurdum führt. Ich muss aufgrund des hohen Kohlenstoffgehalts eine Wärmebehandlung durchführen, welche wiederum zu einem geringeren Kohlenstoffgehalt führt. Was gewinnt man dabei???

Damit ergibt sich für mich auch die Frage, wie ein Stahl mit 1,4% Kohlenstoff überhaupt sinnvoll eingesetzt werden kann, da ich beim Härten bei 800Grad sowieso nicht mehr als 1% in Lösung bringe und somit nutzen kann.

Wäre für Eure Meinung dankbar.

Lg

MOME
 
Hallo Mome,

ich vermute die Aussage von U.Gerfin bezieht sich auf die WBH von einem Monostahl. (ein Zitat wäre hilfreich),
die erwähnte WBH sollte aber auch bei ca. 1% C keinen Schaden anrichten eher einen Nutzen.

Das Problem der "Abmagerung" im SC145 ließe sich vieleicht durch einen 5-Lagenaufbau lösen.
Zwischen Sc145 und Reineisen einen im y-Gebiet eingeängten schweißbaren CR,V,TI legierten Stahl mit ca.0,7-1% C.
Dieser Könnte evtl. als Puffer bzgl C-Gehalt dienen und die Diffussion bremsen.



Alle Angaben ohne Gewähr bin erst ein Jahr hier:D


mfg

edit: Dabei wären natürlich die endstehenden Kontraste anders
 
Vermutlich geht es um den Thread sc145 richtig normalisieren? Dort wird eine WB zur Lösung von bei Schweißtemperatur entstandenem Korngrenzenzementit bei SC145 diskutiert.

Ich muss aufgrund des hohen Kohlenstoffgehalts eine Wärmebehandlung durchführen, welche wiederum zu einem geringeren Kohlenstoffgehalt führt. Was gewinnt man dabei???

Betrachte die Geschichte doch einfach anders herum. Welche Eigenschaften sind gewünscht und mit welchen Materialien komme ich dem am nächsten?

Ansonsten soll reines Nickel die Kohlenstoffdiffusion stark vermindern, ich weiß aber nicht ob das als Zwischenlage praktikabel ist. Oder Du findest eine Schmiedewalze in Deiner Nähe. Damit wird bei ausreichend starker Umformung nicht so viel Korngrenzenzementit entstehen.


Damit ergibt sich für mich auch die Frage, wie ein Stahl mit 1,4% Kohlenstoff überhaupt sinnvoll eingesetzt werden kann, da ich beim Härten bei 800Grad sowieso nicht mehr als 1% in Lösung bringe und somit nutzen kann.

Ich habe das so verstanden, daß der nicht im Martensit gebundene Kohlenstoff nach dem Härten als feines Eisenkarbid die Schnitthaltigkeit verbessert.


Gruß Holger
 
Hallo!

Ich muss aufgrund des hohen Kohlenstoffgehalts eine Wärmebehandlung durchführen, welche wiederum zu einem geringeren Kohlenstoffgehalt führt. Was gewinnt man dabei???

Naja, du hast im Zweifelsfall immer noch mehr Kohlenstoff im Schneiden bereich, als wenn du mit einem Stahl mit weniger C anfängst… oder hab ich die Frage nicht kapiert?

Und das "überschüssige" C bildet eben Karbide, die schön hart sind und das Messer bleibt länger scharf – sonst bräuchte es Klingenstähle jenseits der 0,77% C ja nicht.

In dem Dokument von Verhoeven "Metallurgy for bladesmiths…(usw, den richtigne Namen müsste ich nochmal nachsehen)", das sowieso recht interessant ist (aber noch nur in Englisch), stehen Formeln drin, mit denen du die Kohlenstoffdiffusion ausrechnen könntest(also, natürlich nicht wirklich, weil keine kontrollierten Bedingungen usw., aber es hilft vielleicht als Annäherung).

Desweiteren bin ich mir nicht sicher – dazu müssen sich Berufenere äußern – inwiefern die C-Diffusion die gesamte Mittellage betrifft, oder ob nicht in erster Linie C aus den Randbereichen abwandert, während sich der C-Gehalt im Zentrum vergleichsweise wenig ändert. Und da es bei der Wärmebehandlung ja um den Bereich geht, musst du dich dann auf den konzentrieren.

Gruß,
hobbit
 
Danke für eure Antworten, aber wahrscheinlich habe ich meine Frage etwas unklar formuliert.

Wie ich es verstanden habe, ist es bei einem Kohlenstoffgehalt von 1,4%, welcher einer Schweissung unterzogen wurde notwendig zusätzliche Wärmebehandlungsschritte auszuführen, um Grenzflächenzementit aufzulösen. Diese zusätzlichen Behandlungen (pendeln um AC1, langsames Abkühlen und bei 1000 Grad "härten") belasten den Stahl thermisch über mehrere Stunden und ich nehme an, dass es dadurch auch zu einem merklichen C-Verlust kommt (habe leider keine Möglichkeit unter Schutzgas zu glühen)

Für mich stellt sich nun die Frage ob es damit überhaupt einen Vorteil gegenüber einen Stahl mit z.B. 1,1% C gibt bei dem ich diese zusätzlichen Schritte weglassen kann.

lg
 
Achsooo:)

Ich schätze, das hängt stark davon ab, was du nach dem Verschweißen mit dem Stahl machst. Wenn du ihn danach als Flachstahl weiterverarbeitest, musst du sowas vielleicht machen, auch wenn ich mir bei der "stundenlangen Belastung" nicht wirklich sicher bin… Wenn du ihn weiter umformst, verfeinerst du allein durch das Schmieden das Gefüge wieder.

Noch ein Zitat von Koraat aus dem oben verlinkten Thread:

Du hast völlig Recht, dass bei zu wenig Umformung unter Umständen Korngrenzzementit entsteht. Diesen kannst du mit "normalem" Normalisieren nicht mehr gänzlich auflösen. Es empfiehlt sich daher die Klinge als letzten Arbeitsschritt beim Schmieden hoch zu erhitzen um alles gänzlich in Lösung zu bringen und dann in Öl abzuschrecken. Die schnelle Abkühlung unterbindet ein Ausscheiden an den Korngrenzen.
Danach kannst du wie üblich normalisieren.

Stunden dauert das jedenfalls nicht. Entkohlung und C-Migration halten sich dementsprechend in Grenzen.

Un das mit dem Kohlenstoffverlust lässt sich, wie hier im Forum mehrfach erwähnt, verhindern, indem das Werkstück in ein Rohr mit Holzkohlenpulver gesteckt wird, welches an beiden Seiten mit Erde, Lehm oder sonstwas verschlossen wird.

Gruß,
hobbit
 
Zuletzt bearbeitet:
Da liegen wohl ein paar Mißverständnisse vor:

1. Pendeln um AC 1 (721 Grad C) i s t eine wirksame Weichglühbehandlung. Danach muß man nur noch langsam abkühlen und das Weichglühen ist beendet. Hätte man AC 1 überschritten, könnte beim anschließenden Abkühlen je nach Stahlzusammensetzung Härtungsgefüge oder feiner und feinster Perlit gebildet werden. Für die Kornstruktur wäre das günstig, für die Bearbeitbarkeit- die ja das eigentliche Ziel des Weichglühens ist- wäre das allerdings schädlich.
Wenn man aber von AC1 bis ca. 650 Grad langsam abkühlt, spielt die weitere Abkühlungsgeschwindigkeit (bei C-Stählen) keine große Rolle mehr.
Bleibt man beim Weichglühen ständig unter AC 1, kann sich beim Abkühlen nur Perlit bilden.

2. Beim Weichglühen ist die Gefahr der Entkohlung gering. Unter AC 1 ist der vorhandene Kohlenstoff als Karbid gebunden und kann sich nicht selbständig auf die Wanderschaft begeben. Was unter dem Zunder liegt, ist also in diesem Fall gesund. Beim Pendeln um AC1 wird die Temperatur der beginnenden Karbidlösung nur minutenweise überschritten. Auch da kann keine bedenkliche Entkohlung eintreten.

3. Normalglühen bezweckt die Kornverfeinerung und Homogenisierung. Kann man von einem ohnehin feinkörnigen Gefüge ausgehen, ist dieser Schritt nicht nötig.
Die Kornverfeinerung findet beim Normalisieren durch die Umwandlung Ferrit- Austenit-Ferrit(Matrix) und durch die Auflösung und erneute feine Ausscheidung der Karbide statt.
Der Vorgang des Normalisierens muß so zügig wie möglich durchgeführt werden, um dabei wieder einsetzendes Kornwachstum zu vermeiden.
Zeiten, in denen ein nennenswerter C-Verlust auftreten würde, kommen beim korrekt ausgeführten Normalisieren so kleiner, schnell erwärmter und durchgewärmter Gegenstände wie Messerklingen nicht vor.

4. Das Feuerschweißen wird so zügig wie möglich und bei möglichst niedriger Temperatur durchgeführt. Anschließend wird durchgreifend verformt.
Durch die hohe Temperatur kann es aber zu Kornvergröberung kommen. Wenn man das nicht durch kräftiges Verformen bis zu einer Endschmiedetemperatur von ca 750 Grad gleichmäßig beseitigen kann, ist Normalisieren erforderlich.

5. Korngrenzenzementit setzt voraus, daß man mehrere massive Fehler begangen hat. Der Stahl muß dafür längere Zeit oder deutlich überhitzt worden sein, sodaß sich ein grobes Matrixkorn ausbildet. Es muß weiter- was sich bei massiver Überhitzung aber notwendig ergibt- eine weitgehende oder sogar vollständige Karbidlösung eingetreten sein. Beim langsamen Abkühlen aus der Überhitzungstemperatur können sich die Karbide auf den Grenzen der groben Matrixkörner ablagern.
Bei so kleinen, schnell erwärmten und abgekühlten Werkstücken wie Messerklingen steht bei auch nur einigermaßen vernünftiger Schmiedebehandlung die Zeit für Grobkornbildung und Korngrenzenzementit nicht zur Verfügung.

Gut- gewiefte Stahlzerstörer bringen es fertig, so kleine Werkstücke zu verbrennen oder anzuschmelzen.

6. In einem gut geführten Schmiedefeuer gibt es eine relativ neutrale Zone, wo also weder auf- noch abgekohlt wird. In einem tiefen Feuer mit viel Hitze bei wenig Luft ist diese Zone groß genug, daß man darin arbeiten kann. Ich führe immer wieder gerne vor, daß ich in mein Feuer 10-Rundeisen -Baustahl hineinstecke, eine Pfeilspitze ausschmiede und diese anschließend voll härten kann, weil sie oberflächlich tief genug
a u f g e k o h l t ist.
Über den Versuch mit dem Falten von Blechen aus 1.1545 bis zu ca 15 Millionen Lagen ohne nennenswerten C-Verlust habe ich an anderer Stelle schon berichtet.

Zusammenfassend: Ein C- Verlust in der geschilderten Form ist beim Schmieden von Dreilagenklingen nicht zu befürchten, wenn man es nicht wirklich darauf anlegt.

Richtig ist, daß in der Berührungszone zwischen Schneidlage und aufgelegter Decklage eine C-Wanderung stattfindet.
Als Faustregel spricht man von einer C-Wanderung von einigen my in ca 30 sec. bei etwa 1000 Grad C-bei höheren Temperaturen geht es schneller- in der Schmelze blitzschnell- bei niedrigeren dauert es etwas länger. Formeln für die Geschwindigkeit der C-Wanderung könnte man für exakt bekannte Stahllegierungen unter Laborbedingungen aufstellen. Für die Praxis bringt das nichts.

Zeiten, in denen die Schneidlage bis auf den Kern abgekohlt wäre, treten mit Sicherheit nicht auf. Wer will, kann eine kleine Kontrollrechnung nach der oben genannten Faustformel vornehmen.
Man kann also bei einer gut gemachten Dreilagenklinge davon ausgehen, daß die Schneidlage im Übergang zur Decklage leicht abgekohlt ist, in der Mitte aber ihren ursprünglichen C-Gehalt noch hat.

Auch übereutektoidische C-Stähle (mehr als 0,77 % C) werden so gehärtet, als enthielten sie nur 0,7-0,8 % C. Das hat den einfachen Grund, daß sie beim Härten von höheren Temperaturen und weitgehenderer Karbidlösung nicht härter, sondern wegen des dann vermehrt auftretenden Restaustenits eher weicher würden.
Die bei der richtigen Härtetemperatur nicht gelösten Karbide vermehren aber als feine, harte Einschlüsse in der Matrix die Schneidhaltigkeit.
Bei der Wärmebehandlung haben Karbide außerdem die wohltuende Eigenschaft, das Kornwachstum der Matrix zu behindern.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
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