Die Grundbegriffe sind vielfach und immer wieder erörtert worden.
Ich bin da in der Zwickmühle: Wiederhole ich die Begriffserklärungen ständig, denken die einen, ich halte sie für blöd, erkläre ich sie nicht, sagen die anderen, warum redet der Chinesisch mit uns ?
Die Begriffe sind in jedem Fachbuch ausführlich erklärt und da erfährt man auch, daß das nicht Phantasienamen sind, die sich boshafte Menschen ausgedacht haben, um ihre Ausführungen für normale Menschen unverständlich zu machen. Ich gebe zu, bei den Terminologien verschiedener Wissenschaften hat man manchmal schon das Gefühl, daß das der eigentliche Grund ist.
Bei den einfachen Grundbegriffen der Stahlkunde ist das aber nicht der Fall- da sind die Begriffsbestimmungen klar und haben eine klare und wichtige Bedeutung.
Ich greife hier also ein paar der wichtigsten heraus, ohne Anspruch auf Vollständigkeit und erkläre sie, so einfach es geht:
Dabei ist zu beachten, daß das uneingeschränkt nur für reine C-Stähle gilt.
Ferrit ist die Grundstruktur des reinen Eisens bei Raumtemperatur und bis zu einer bestimmten Temperatur-bitte selbst im Eisen-Kohlenstoffdiagramm nachlesen !. Sie ist kubisch raumzentriert, weich, dehnbar und für Werkzeuge nicht zu brauchen. Diese Struktur kann Kohlenstoff nur in ganz geringem Umfang lösen. Ist also Kohlenstoff im Eisen in nennenswerten Mengen vorhanden, so bildet er mit einem Teil des Eisens das Karbid Fe 3 C oder Zementit.
Dieses Karbid liegt im Ferrit wie ein Steinchen im Beton.
Das Gemisch von Ferrit und Zementit nennt man Perlit, wegen seines perlmuttartigen Glanzes im Bruchgefüge.
Zeigt ein Stahl neben dem Ferrit Perlit, bedeutet das, daß nicht genügend C vorhanden ist, um den gesamten Stahl als perlitisch erscheinen zu lassen-man nennt ihn untereutektoidisch. (C-Gehalt unter 0,78 %)
Ist der Stahl so zusammengesetzt, daß im Gefügebild ausschließlich Perlit auftritt, nennt man ihn eutektoidisch. Bei reinen C-Stählen liegt der eutektoidische Punkt bei 0,78 % C (um das eine oder andere Zehntel streiten die Gelehrten immer wieder mal-die Größenordnung stimmt aber). Mit anderen Elementen legierte Stähle haben einen niedrigeren E. Punkt, diese Elemente wirken also so, als sei mehr C-im Stahl-Ausnahme Kobalt.
Tritt neben dem Perlit zusätzlich Zementit auf, so nennt man die Stähle übereutektoidisch.
Bei reinem C-Stählen tritt ab einem C-Gehalt von ca. 2% ein weiterer Gefügebestandteil auf, nämlich Ledeburit.
Bei höher legierten Stählen kann der Ledeburit bereits bei viel niedrigeren C-Gehalten auftreten. Schnellarbeitsstähle mit 0,8 % C sind bereits ledeburitisch.
Das sagt uns zu den Eigenschaften noch nicht viel. Auch im ungehärteten Zustand wird die Härte und Festigkeit durch wachsenden C-Gehalt erhöht, das ist aber eine technisch nicht genutzte Mischhärte aus dem weichen Ferrit und den härteren Karbiden.
Interessant wird die Sache bei der Erwärmung auf AC1 und darüber:
Aus dem reinem Ferrit entsteht Austenit, kubisch flächenzentriert und in der Lage bis ca. 2 % C (bei reinen C-Stählen) zu lösen.
Der Kohlenstoff wird im Austenit auf Zwischengitterplätzen gelöst und kann durch mehr oder weniger schnelle Abkühlung dort eingesperrt werden. Er verspannt das Gefüge und es entsteht das Härtegefüge Martensit.
Bei geringem C-Gehalt istdie Verspannung nicht besonders groß und die Härte ist deshalb nur mäßig.
Untereutektoidische Stähle sind daher erst in der Nähe des Eutektikums voll hart-0,6-0,7 % reichen aber schon für eine Martensithärte von ca. 65 HRC.
Da der gesamte C-Gehalt gelöst werden kann, enthalten sie nach dem Härten keine freien Karbide.
Da diese härter sind als die martensitische Matrix erhöhen sie aber die Verschleißfestigkeit.
Eutektoidische Stähle erreichen die volle Martensithärte von ca 67 HRC, sind richtig behandelt recht zäh und einigermaßen schnitthaltig.
Übereutektoidische Stähle enthalten nach dem Härten noch freie Karbide. Da diese aber bei der Wärme- und Schmiedebehandlung gelöst werden können und sich in feiner Form ausscheiden, können sie verfeinert werden und stören die Zähigkeit wenig, tragen aber zur Schnitthaltigkeit bei.
Bei Ledeburitstählen treten dagegen Primärkarbide auf, die durch Wärmebehandlungen unter dem Schmelzpunkt nicht gelöst werden können, also auch nicht verfeinert werden können.
Sie können beim intensiven Schmieden zertrümmert werden und die Trümmer werden in Verformungsrichtung mitgeschleppt. Es entstehen also Karbidzeilen, oft auch noch mit kleinen Rißschwänzchen.
Diese harten Karbide erhöhen die Verschleißfestigkeit weiter, die sonstigen mechanischen Eigenschaften werden eher ungünstig beeinflusst.
Bei jeder Anpreisung von PM-Stählen wird das einem geradezu unter die Nase gerieben: Ein herkömmlich hergestellter Ledeburitstahl mit Karbidzeilen wird dem schön homogenen PM- Material gegenübergestellt.
Die in Zeilen gestreckten Karbidtrümmer beeinflussen die Festigkeitseigenschaften ganz erheblich. Sie wirken als Sollbruchstellen- besser als Kerben, es soll ja eigentlich nichts brechen- und zwar logischerweise bei Querbeanspruchung stark, bei Längsbeanspruchung kaum.
Diese unterschiedlichen Eigenschaften in Längs und Querrichtung nennt man Anisotropie- wörtlich übersetzt eben "Nichtgleichheit".
Das ist nur ein ganz grober Überblick. Man kann es vollständiger und besser bei Rapatz, Houdremont und Haufe nachlesen und bei vielen anderen.
Durch die Beschränkung auf das Allerwesentlichste können natürlich Sonderfragen nicht behandelt werden- Genau da hängen sich die Leute, die nicht zum wievielten Male gelangweilt werden wollen, aber auf:
Anisotropie ok-was ist aber mit den kreuzgewalzten Materialien ?-
Ja, was wohl ?- da wird eben nicht einfach nur in die Länge gestreckt und die Anisotropie wird gemildert. Noch besser ist abwechselndes Strecken und Stauchen-was zur Erzeugung der Regulitqualitäten bei den Chromschnittstählen geführt hat.
Zum konkreten Fall: Das Messer hat in diesem Zustand sicher nicht die optimalen Eigenschaften, die aus dem Stahl herauszuholen wären.
Schlecht ist es deshalb noch lange nicht, es wird allenfalls auf Seitdruck etwas empfindlicher reagieren. Handelt es sich um Karbidzeilen, so wäre eine erneute vollständige Wärmebehandlung zu empfehlen, handelt es sich um Verunreinigungen, so muß man den Zustand wohl hinnehmen, da sie nicht beseitigt werden können.
Freundliche Grüße
U. Gerfin