Ich habe Frage 2 als Fortsetzung der Frage 1 behandelt.
So war es nicht gemeint und ich bin vielleicht etwas zu boshaft gewesen.
Deshalb will ich eine ernsthafte Beantwortung der Frage 2, soweit es möglich ist, versuchen.
Die einzelnen Schritte der Herstellung eines hochwertigen Schwerts müssen nicht nacheinander ablaufen. Vieles kann parallel gemacht werden, am einfachsten auch arbeitsteilig.
Im folgenden gebe ich nur meine Vorstellung von der ungefähren Dauer der einzelnen Arbeitsvorgänge an.
1. Die Materialbeschaffung
Bezieht der Schmied vorgefertigtes Material, so muß er es nur noch auf Brauchbarkeit prüfen.
In einer gut eingerichteten Werkstatt könnte ein Schleifstein vorhanden sein, der bei entsprechender Größe auch bei Handantrieb oder-besser- mit der Fußwippe eine Umfangsgeschwindigkeit erreicht, bei der man Schleiffunken beobachten kann.
Danach könnte der Schmied den C-Gehalt des Materials abschätzen. Andernfalls bliebe die in meinem ersten Beitrag genannte Bruchprobe.
Muß er das Material selbst herstellen, so ergäben sich folgende Verfahrensschritte:
a) Aufsuchen einer brauchbaren Lagerstätte von Erz.
Gibt es ordentliche Erzlagerstätten und der Schmied kennt sie, kann er sich in kurzer Zeit ein paar Schubkarren holen.
Kennt er sie nicht, muß er sie suchen. Wenn er nicht weiß, wonach er suchen muß, dauert die Suche ewig.
Kann er geeignete Erze erkennen, und gibt es welche in der Gegend, geht es schneller.
b) Aufbereiten des Erzes durch Pochen, um es in Größen zu bringen, bei denen das Rennfeuer wirksam werden kann. Ein Klumpen hat in Relation zur Masse eine geringe Oberfläche, auf die das C-Gas im Feuer einwirken kann.
Vor dem Pochen könnte auch noch Rösten angesagt sein, um Feuchtigkeit zu entfernen.
c) Reduzieren des Erzes
Dazu braucht der Meister erst mal Holzkohle in nicht zu knappen Mengen.
Wenn er die selbst brennen will, ist er schon mal ein paar Tage bis Wochen beschäftigt.
Der Einfachheit halber bezieht er die von seinem örtlichen Köhler.
Danach muß er einen funktionierenden Rennofen bauen.
Wenn er weiß, wie das geht, braucht er dafür einen halben Tag, vorausgesetzt, Blasebalg, Düsen und das Ofenmaterial-Lehm, Weidenzweige, Stroh oder was auch immer sind vorhanden.
Der Betrieb des Rennfeuers mit dem Trockenbrennen, Anfeuern und abwechselndem Beschicken mit Holzkohle und Erz braucht sicher einen vollen Arbeitstag.
-Man stelle sich diesen Schritt auch bitte nicht zu einfach vor- Ich habe riesige Rennfeuer gesehen, die mit zwei 5 m langen Blasebälgen betrieben wurden-mit feinstem norwegischem Erz- und deren Resultat nach zwei Tagen Betrieb ein Stückchen brauchbares Eisen, so groß wie ein kleiner Finger war-.
Unser Meister kann es besser und erzielt nach einem Tag Arbeit am Rennfeuer eine Luppe von 10 kg-herzlichen Glückwunsch, das ist besser, als zu erwarten war.
d) Verdichten und Reinigen der Luppe
Die Luppe aus dem Rennfeuer ist mit Hohlräumen und Schlacken- und Holzkohleeinschlüssen durchsetzt.
Sie muß erst mal vorsichtig zusammengedrückt werden, damit sie genügend kompakt für das eigentliche Schmieden wird.
Ist sie schmiedebereit, sollte sie in handliche Stücke zerteilt werden, die mit dem Handhammer gut bearbeitet werden können.
Je nach Reinheit der Luppe und nach persönlichem Streben nach Perfektion sollten die einzelnen Teile mindestens 5 mal, besser öfter, gefaltet und verschweißt werden.
e) Die so hergestellten Eisenstücke sind nun einigermaßen homogen.
Je nach der Führung des Rennfeuers sind sie weitgehend unlegiert und enthalten kaum Kohlenstoff- das ist der häufigste Fall.
Gute Rennfeuerleute können den C-Gehalt durch die Feuerführung in gewissem Rahmen steuern.
Es gibt nun wieder zwei Möglichkeiten:
aa) Der Meister hat einen insgesamt c-armen Stahl erzeugt.
Das prüft er wieder mit Bruch- und Biegeprobe und kommt zum Ergebnis, einen Teil aufkohlen zu müssen.
Das kann man einigermaßen roh und schlecht steuerbar machen, indem man die aufzukohlenden Stücke in der Reduktionszone des Schmiedefeuers bis fast auf Schmelztemperatur erhitzt. Sie nehmen dann recht schnell C auf, jedenfalls oberflächlich.
Das Aufkohlen kann auch professionell in geeigneten Tonbehältern gemacht werden, in denen das Eisen mit Holzkohle, gegebenenfalls Knochen- und Lederkohle dicht umhüllt wird.
Die Behälter werden luftdicht verschlossen und lange Zeit hoch erhitzt.
In der Zeit, als man dieses Verfahren industriell in großem Umfang einsetzte, dauerte das Erhitzen auf ca 1150 Grad C ca. 1 Woche, eine Woche wurde auf Temperatur gehalten und eine Woche wurde abgekühlt. Das Ergebnis war ein Stahl mit ca. 1,5 % C.
Bei kleinen Massen geht das Aufheizen und Abkühlen natürlich schneller- die Haltezeit auf Temperatur ist aber kaum zu verkürzen.
Ist unser Meister nicht inzwischen verhungert, so kann er nach dem Ende des Aufkohlens eine Reihe von Stäben aus dem Ofen holen, die hoch c-haltig sind.
2.) Das Damastpaket.
a) Das Schweißen.
Die aufgekohlten Stäbe und eine entsprechende Menge weiche werden abwechselnd gestapelt und im Feuer verschweißt.
Je nach gewünschtem Muster sollte die Lagenzahl zwischen 11 und 25 liegen.
Das Verschweißen selbst ist bei dem gut schweißenden Werkstoff weniger problematisch, als man gemeinhin denkt.
Da man aber eine ganze Menge Stahl braucht- eher mehr als 6 kg- sollte man einen sehr guten Vorschläger haben-besser eigentlich eine ganze Mannschaft, die eingespielt ist und sich abwechseln kann.
10 Stunden Vorschlagen- das schafft kein Mensch.
b) Das Strecken des Pakets
Dieser Vorgang ist arbeitsaufwändiger als das Schweißen. Am schnellsten geht es wohl, wenn abwechselnd mit gewölbtem Setzhammer und Vorschlaghammer und dann mit flachem Vorschlaghammer gearbeitet wird.
Rechnen wir dafür bei einer Zweiermannschaft einen Tag Arbeit bis zur Erschöpfung.
c) Das Zerteilen des Pakets und die Torsion
Ein Hiebschwert aus einem tordierten Stab wird vielleicht heute als Wandhänger genmacht. Für einen Einsatz im Kampf ist es ungeeignet-vergl. meinen ersten Beitrag.
Die Torsion ist mit einem brauchbaren Schraubstock und einer gut greifenden Zange schnell gemacht. Sie muß sehr eng sein, damit das gewünschte Muster beim Ausschmieden nicht zu sehr in die Länge gezogen und verzerrt wird.
Günstig ist es, nicht einen Torsionsstab zu machen, sondern mehrere, die miteinander verschweißt werden. Dadurch wird die Bruchanfälligkeit der Torsion gemildert.
3.) Das Herstellen des eigentlichen Klingencorpus.
Soll eine brauchbare Waffe entstehen, so muß der Torsionsstab in irgendeiner Weise gestützt werden.
Hierfür gibt es mehrere Vorgehensweisen:
Er kann z.B.gespalten und umgeklappt werden. Die Spaltteile werden dann mit der Innenseite nach außen auf einen gesunden Kern aus weichem Damast oder Raffinierstahl geschweißt. Ihre Bruchanfälligkeit ist dann durch den Kern und das gegenläufige Gefüge auf der andern Seite gemildert. Zwingend erforderlich wäre aber dann noch eine umlaufende Schneidleiste aus geignetem Damast oder Raffinierstahl, die mit dem Kern verschweißt werden müßte.
Mit allen erforderlichen Vorbereitungen rechnen wir dafür noch mal einen Tag.
Statt des Spaltens und Umklappens kann man auch die Torsionsstäbe nochmals auf sich selber falten und schweißen. Dadurch bleibt bei dem Abschleifen noch genug Material übrig.
Man könnte auch den Torsionsstab so dick nehmen, daß nach dem Schleifen bis auf´s Muster noch genügend Material bleibt.
Schneidleiste oder Stahlkern sind aber immer erforderlich.
Über die verschiedenen Möglichkeiten des Klingenaufbaus geben Untersuchungen der Nydam-Schwerter Aufklärung.
4.) Formschmieden nahe Endmaß.
Das ist sicher sinnvoll, um zuviel Schleifarbeit zu vermeiden. Da man besonders vorsichtig sein muß, weil schwere Schmiedefehler jetzt schwieriger zu bereinigen sind- 1 Tag.
5.) Schleifen.
Soll das der arme Schmied auch selbst erledigen ?
Wenn er einen mit Wasserkraft getriebenen großen Stein hat, könnte die gröbste Schleifarbeit in ein, zwei Tagen erledigt sein.
6.) Härten
Mit einem hinreichend langen Feuer kann man die Klinge recht schnell auf Temperatur bringen.
Abgelöscht wird in einem entsprechend langen Trog.
Da es sich um sehr reinen umwandlungsfreudigen Stahl handelt. ist Wasserhärtung zulässig, am besten in weichem, angewärmtem Wasser. Der erfahrene Meister wird die Klinge auch noch gerade zischwarm aus dem Härtemedium ziehen und alsbald anlassen.
Das geht alles recht schnell. Mit den entsprechenden Vorbereitungen sollte ein halber Tag genügen.
Optimal wäre natürlich die Härtung im frischen, körperwarmen Urin rothaariger Knaben oder im Fett eines übergewichtigen Zeitgenossen.
Stehen diese Hilfsmittel zur Verfügung ?.
7.) Endschliff und Polierschliff
Mit geeignetem Schleifmittel-großer, schnelllaufender Wasserstein- geht das Schleifen auf Endform und Schärfen recht schnell-ein Tag sollte genügen.
Ohne die erforderlichen Hilfsmittel geht es in ein, zwei Monaten auch. Man muß nur immer feste auf einem nicht zu groben Sandstein reiben.
Mit der Endpolitur kann man sich beliebige Zeit beschäftigen. Die Wochen vergehen da wie im Fluge.
8.) Das Ätzen
Mit geeigneten Ätzmedien (Eisen-3-Chlorid, Schwefelsäure, Salzsäure, Zitronensäure) geht das in wenigen Sekunden. Welche Mittel unser Meister zur Verfügung hat, weiß ich nicht. Er wird sich mit einfachen Fruchtsäuren behelfen müssen. Vieleicht kennt er den Ätzvorgang gar nicht und das Muster zeigt sich überraschend beim Anschnitt der Hochzeitstorte der Prinzessin ?. Schwarzwälder Kirsch ätzt sehr schön.
9.) Der Handschutz und der Knauf sind -sollen sie rein funktionell bleiben- schnell gemacht. Sollen sie Schmuckstücke sein, kann man die erforderliche Zeit auch wieder nur nach Wochen schätzen.
10.) Die Scheide und das Wehrgehänge
Auch hier gilt das zu 9.) Gesagte.
Das sind natürlich alles nur grobe Schätzungen, die diesmal von qualifizierter Arbeit ausgehen und unterstellen, daß bei keinem Verfahrensschritt ein Fehler unterläuft, der möglicherweise dazu zwingen würde, alles von vorne zu machen.
Freundliche Grüße
U. Gerfin