Schnellarbeitsstahl 1.3343 Plus - Pulvermetallurgische Variante M2/DMo5 ---war: Sekundärhärtemaximum Nr. 2, diesmal richtig!

herbert

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Sekundärhärtemaximum Nr. 2, diesmal richtig!



Vor einiger Zeit hatten Taperedtang und ich den Ringversuch mit D2 aufgelegt, mit guter Resonanz.

Das war hier: Vergleich D2 (Böhler K 110) in zwei Wärmebehandlungszuständen - ein Ringversuch (https://messerforum.net/threads/vergleich-d2-boehler-k-110-in-zwei-waermebehandlungszustaenden-ein-ringversuch.143297/post-1124038)

Was blieb, war natürlich die Frage, ob denn eine eindeutige Aussage möglich war, welche der beiden Wärmebehandlungen die bessere sei, die im Sekundärhärtemaximum (SHM) angelassene Variante, oder die klassisch angelassene.

Die Schneidexperimente im Ringversuch gaben eigentlich keine eindeutige und signifikante Aussage her, aber nun ist der D2 auch nicht der prädestinierte SHM-Stahl.

Und so kamen erste Untersuchungen an einem Schnellarbeitsstahl, dem klassischen S 6-5-2 bzw. M2 oder auch 1.3343 ins Spiel. Ich hatte hier Messer ohne Härten (https://messerforum.net/threads/messer-ohne-haerten.138750/) mal ein Messer vorgestellt, das aus einem Sägeblatt aus diesem Werkstoff hergestellt worden war, und war eigentlich ganz zufrieden (der 1.3343 wird eigentlich immer im SHM angelassen).

Wir haben natürlich noch im Ohr, dass wir Karbidmonster etc. im Interesse einer geschlossenen Schneide meiden sollten, aber einige hier im Forum wissen doch die Schnitthaltigkeit und aggressive Schärfe von eben solchen Stählen (wie D2, der ja recht beliebt ist) zu schätzen, vor allem auch aber nicht nur bei jagdlichen Anwendungen.

So haben wir dann die reine Lehre mal verlassen, und uns um Schnellarbeitsstähle gekümmert.

Die stets vorhandenen Zeiligkeiten des Gefüges haben uns nicht so sehr gefallen (wenn ich „uns“ schreibe, so sind das Taperedtang, xtorsten und ich).

Da wurden wir auf ein Video
ab ca. 141,aufmerksam, in dem Herr Dr. Wilzer von Dörrenberg Edelstahl einen pulvermetallurgischen Schnellstahl 1.3343, den sogenannten 1.3343 PLUS, vorstellte. Die Gefügebilder zeigten einheitliches Korn ohne Zeiligkeit der Karbidanordnungen, und so haben wir dann Kontakt aufgenommen und ein Reststück von ca. 9 kg in den Abmessungen 35x140x200 mm erworben.


Was können wir erwarten? Unten sieht man die Anlasskurven von 1.2379 und 1.3343 PLUS im Vergleich, diese Kurven sind den Datenblättern der Firma Dörrenberg entnommen und hier zusammengestellt.

vergleich-anlasskurven-3343-plus-und-normal-jpg.276461


Unten habe ich die Werte für den hier interessierenden Bereich der Sekundärhärte einmal vergleichend in ein Diagramm eingetragen für unterschiedliche Härtetemperaturen im Bereich zwischen 400°C und 600°C.

anlasskurven-shm-bereich-jpg.276462



Die Werte sind aus den Kurven der Datenblätter zu diesen Stählen abgelesen und aufgetragen, was natürlich zu gewissen Ungenauigkeiten führt. Aber die Trends sind gut ablesbar:

  • 1.3343 (PLUS) zeigt gegenüber 1.2379 deutlich stärkere Maximalhärten
  • Die erforderlichen Härtetemperaturen liegen deutlich höher für den 1.3343
  • Erst bei Temperaturen von 1180°C spielt der 1.3343 seine Vorzüge voll aus
  • Diese erforderlichen hohen Härtetemperaturen dürften mit „normaler“ Ausrüstung kaum zu machen sein.
Nicht gerade billig, der Stahl. Und technologisch herausfordernd. Und Dörrenberg konnte nur 10 mm dicke Scheiben abschneiden. Ein weiteres Problem für den Messerbau Aber wir haben jetzt erstmal den Stahl. 9 kg. Zeit für das versprochene Indianerfreudengeheul.

Also haben wir eine Firma gesucht, die sich zutraute, 3 mm dicke Scheiben abzuschneiden.

Der Inhaber meinte, die Bandsäge würde verlaufen und die Scheiben könnten ungleichmäßig werden. Dieses könne man vermeiden, indem man Wasserstrahlschneiden einsetzt. Ist teurer, etwas Faktor 2. Aber wir haben dem zugestimmt.

Unten ist ein Bild des Rohblocks zu sehen, sowie einige der aufgeschnittenen Streifen.


img_2664-jpeg.276466
der-block-jpg.276465




Inzwischen gibt es ja (mindestens) 2 Messer aus dem Stahl:

Universalmesser 1.3343 PLUS und grün/braunes Leinenmicarta (https://messerforum.net/threads/universalmesser-1-3343-plus-und-gruen-braunes-leinenmicarta.146509/#post-1141958)

zwei Neue Messer von Taperedtang (https://messerforum.net/threads/zwei-neue-messer-von-taperedtang.146444/#post-1141202)

und was die Gefügeausbildung angeht, so habe ich in dem unten angeführten Buch zwei Bilder gefunden, die den Vergleich eines pulvermetallurgisch hergestellten 1.3343 mit einem im Blockguß hergestellten zeigt:
gefuege-pm-und-klassisch-jpg.276467



Das habe ich in dem oben angeführten Thread schon einmal gezeigt.

Unten noch ein Bild, das die Gefügeausbildung nach Härten und Anlassen eines solchen Stahls (allerdings nicht pulvermetallurgisch hergestellt) in Abhängigkeit von der Härtetemperatur zeigt:


gefuege-aus-werkstoffkunde-stahl-jpg.276470

Das Bild oben ist ebenfalls dem Buch "Werkstoffkunde Stahl", Zitat siehe oben, entnommen.

Wenn wir einen Blick auf die Zähigkeit des 1.3343 werfen, siehe Bild unten, so sehen wir, dass im SHM ein Anstieg der Bruchbiegearbeit von um die 5 J auf ca. 10 J vorliegt, und für den Stahl noch plastische Biegearbeit gemessen worden:

zaehigkeit-jpg.276469


Soweit zu den grundsätzlichen Überlegungen.

Wir haben uns entschlossen, aufgrund der hohen Härtetemperaturen und auch kontrollierten hohen Anlasstemperaturen die Härterei von Fachleuten (Fa. Dörrenberg) vornehmen zu lassen, da wir auch wegen der dünnen Geometrie mit der Gefahr des Verzugs rechneten.

Wir wollten mehr als 64 HRC haben, und man hat uns eine 4 malige Anlassbehandlung vorgeschlagen.

Die genauen Parameter hat man uns nicht mitgeteilt, die Härtewerte haben gestimmt, zwischen 64 und 66 HRC haben wir selbst bestimmt (seit geraumer Zeit habe ich eine Rockwellzwinge sowie zwei Kalibrierplatten für Bereiche um 50 HRC und 61,6 HRC (Nachkommastelle wegen der Mittelung).

Die Klingen kamen in der Tat so gut wie ohne Verzug zurück. Unten im Bild sind es die Klingen 3 und 4, die beiden oberen sind aus „normalem“ 1.3343, die die gleiche Wärmebehandlung erfahren haben. Im Wesentlichen liegen deren Härten auch in dem geforderten Bereich. Die Werkstoffherstellung hat also keinen nachweisbaren Einfluß auf die erreichbare Härte.


klingen-nach-der-wb-von-doerrenberg-jpeg.276468



Gefügeaufnahmen haben wir keine gemacht. Wäre schön gewesen, aber das ist auch eine Sache des Preises, und wir vertrauen da mal auf die Angaben der Fa. Dörrenberg, was dieses angeht.

Jetzt haben wir also zwei Messer aus 1.3343 PLUS und eines aus 1.3343, die wir in der Praxis vergleichen können, da sie gleiche Klingengeometrie aufweisen.

Das zweite Messer von oben ist durch Matthias in mein schnuckeliges Kleinmatrosenmesser verwandelt worden.

Es sind von den insgesamt ca. 40 Streifen noch ca. 30 in Umlauf, vielleicht sieht man demnächst noch weitere Messer daraus.

Frage: wer hat noch Messer aus Schnellarbeitsstahl, pulvermetallurgisch oder nicht?



Über die Erfahrungen beim Bearbeiten und Schärfen hat Matthias ja schon in den oben verlinkten Threads berichtet.

Jetzt sind alle mal zur Diskussion eingeladen.
 
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So, ich steige hier jetzt auch einmal ein - die Frage war ja, wer noch ein Messer hat aus dem Material.

Ich habe vor jetzt einiger Zeit ebenfalls aus einem Kreissägeblatt (wenn DMo5 drauf steht, ist es 1.3343!) ein Messerchen gebaut aus dem Zeug:

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Es ist dann zu meinem Sohn in den Kücheneinsatz gegangen und gestern hatte ich die Möglichkeit, mir eine Rückmeldung dazu einzuholen.

Aber kurz noch vorneweg: das Messer ist im harten Zudatnd aus dem Kreissägeblatt gebaut. Also am Band mit Cubitron und dann am Rotary-Platen feiner geschliffen. Nur ganz zum Schluss dann Handfinish mit Diapaste.
.....das Finishen ist schon deutlich zermürbend. Es gibt wirklich schöneres ;)
Weiter bemerkenswert: trotz der hohen Härte und einer recht dünnen Spitze gab es von der Zähigkeit keine Sorge bei mir - Klinge durchbiegen seitlich oder aus einem Meter in Holz fallen lassen klappt ohne Bedenken. Das ist sehr belastbares Material!

Was die Rückmeldung aus dem täglichen Arbeitsküchenalltag angeht: gutes Messer an sich, aber eindeutig recht schnell eine offene Schneide bildend (was nun nicht seine Vorliebe für dieses spezielle Messer ist - 14c28n gefällt ihm für feine Schneiden besser). Also in der Nicht-PM-Variante in die Richtung, die man von den karbidreicheren Stählen kennt.

Ich hatte bei ersten, kurzen Schnippeltests einen ähnlichen Eindruck. Richtig gut scharf bekommt man den Stahl aber (bei mir mit Diamant - mein Sohn ohne Probleme mit Shapton Steinen).

Jetzt geht es in die zweite Runde (ein eher unkonventionelles Jagdmesser). Wieder aus dem Kreissägeblatt, aber ich werde noch einmal im Ofen die Klinge anlassen und so etwas Härte rausnehmen. Vlt. verändert sich da vom Verschleißverhalten noch etwas.
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Dieses Mal habe ich nach dem Band das Überschleifen auf einer 150er Atoma-Dia-Platte gemacht per Hand - nachdem ich am Rotary-Platen nicht gut zurecht gekommen bin und einige Macken produziert hatte. Nach rund zwei Stunden (eine pro Seite) sieht die ballige Zustellung ganz in Ordnung aus fürs Erste ;)

.....ein Petty-Rohling aus dem 1.3343+ ist auch noch ausgeschnitten - da erhoffe ich mir auf jeden Fall eine merkliche Veränderung, was die Neigung zu Chipping angeht.

Gibt es sonst keine Erfahrungen mit M2 hier?

Viele Grüße,
Torsten
 
Es gibt viele Erfahrungen.

Z.B. einige Klingen, die rosten "müssen" machen das sehr ungerne warum auch immer.

Mit harten Klingen um 62-65 HRc kann man problemlos Holz hacken.

Schneidhaltigkeit ist sehr gut, viel besser bei PM- Varianten.

Ohne Bandschleifer lohnt es sich die Klingen ausschleifen auf jeden Fall. Besonders mit einem Schleifsystem- man kann damit nicht schummeln. Nur wirds kaum jemand machen...
 
es ist ja jetzt alles schon eine Weile her, und inzwischen hat sich doch so einiges ergeben. Wir (Moridin, XTorsten, Taperedtang und ich (auf der theoretischen Seite)) haben nun einige Erfahrungen mit dem 1.3343 Plus gesammelt, zum einen, was die Bearbeitung der Klinge angeht, zum anderen, was die Wärmebehandlung angeht.
Und bald werden auch einige weitere Messer im Umlauf sein.

Alex (Moridin) und Matthias (Taperedtang) haben unterschiedliche Wärmebehandlungen durchgeführt mit dem Ziel, einen Weg zu finden, wie man das auch selber hinkriegt. Für die Klingen haben wir seinerzeit bei Dörrenberg ja den Mindestauftragswert bezahlen müssen, und das war schon ein nettes Sümmchen, wenn auch der Erfolg sehr gut war, Härten stimmten, kein Verzug, etc.).

Die Härteversuche wurden alle in Folie gemacht, und es wurden Streifen aus dem Werkstoff genommen, die in regelmäßigen Abständen eingesägt waren, so dass man nach jedem Schritt ein Stück abbrechen konnte und Härten sowie Bruchflächen untersuchen konnte. Das war alles ziemlich aufwändig, ich meine, das sollten die beiden Wärmebehandler selbst kommentieren, die haben sich da richtig ins Zeug gelegt.
An jedem Stück wurden die Härten bestimmt, und es wurden die Bruchflächen fotografiert.

Wir haben dazu einen Bericht abgefasst, in dem alles dargestellt ist, die Bilder der Bruchproben kommen noch.

Was bleibt zu tun?
Schön wären Gefügeaufnahmen an allen Stücken, aber das sind 10 Proben, und das läppert sich.
Sehr schön wären Bestimmungen des Restaustenitgehältes, am besten mit Röntgenstreuung, hab ich aber leider nicht im Zugriff, schade. Die Proben hätte ich noch, aber niemand, der die Untersuchung für nicht so viel Geld machen könnte/würde.

Aber ok, die erzeugten Ergebnisse sind dennoch aussagekräftig und interessant, Praxistests kommen dann im Laufe der Zeit nach. Mein Messer hatte bislang nur Küchendienst, das ist für diesen Stahl keine allzugroße Herausforderung. Wir werden sehen.

auf jeden Fall gibt es zwei Möglichkeiten der Wärmebehandlung im Sekundärhärtemaximum mit befriedigenden Ergebnisse, so dass man mit relativ normaler Ausrüstung einen solchen Stahl härten kann.

Unten ist der Bericht als pdf beigefügt, Alex und Matthias haben mir erlaubt, die Parameter zu veröffentlichen. so hat halt jeder, der mag, was davon.
 

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  • Prüfbericht Härtemessungen 3343 plus.pdf
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Der 1.3343 und seine pulvermetallurgische Variante, der 1.3343 PLUS sind in jeder Hinsicht interessante Stähle. Wie die meisten Stähle, die nach der Wärmebehandlung eine Härte von +/- 65° HRc aufweisen, ist die Bearbeitung sehr anspruchsvoll. Das Schleifen und das Finishen ist eine Qual. Das bezieht sich allerdings nur auf den gehärteten Stahl, weichgeglüht ist der Unterschied bzgl. der Bearbeitung zu anderen Stählen nicht sehr groß.

Die Wärmebehandlung ist sehr zeitintensiv, da für gute Ergebnisse ein viermaliges Anlassen von je 2 h erforderlich ist. Die Test-Wärmebehandlungen von Moridin und mir hat Herbert ja dokumentiert, ich habe jetzt ein 1.3343 PLUS Jagdmesser mit den gleichen Parametern wärmebehandelt (das Messer werde ich zu gegebener Zeit noch vorstellen). Die Ergebnisse der Wärmebehandlung entsprechen weitestgehend denen der Test-Wärmebehandlung. Nach dem Härten bei 1180° C und viermaligem Anlassen bei 540° C hat Herbert eine Härte von 65° HRc gemessen. Ein, wie ich finde, solides Ergebnis.

Die Klinge war an der Spitze leicht verzogen, ich habe nach dem Abschrecken die nur noch gut handwarme Klinge im Schraubstock gerichtet indem ich die Klingenspitze entgegen des Verzugs relativ stark gebogen habe. Bei dünnen Klingengeometrien in Verbindung mit hohen Temperaturen ist Verzug oftmals ein Problem. Trotz der 65° HRc ist die Spitze nicht abgebrochen, was für die gute Zähigkeit des Stahls spricht. Vom Verzug ist jetzt kaum noch etwas zu erkennen.

Eine weitere Herausforderung bei Härtetemperaturen in der Nähe von 1200° C, ist der Einsatz der Härtefolie. Bei hoher Temperatur in Verbindung mit einer langen Haltezeit neigt die Härtefolie dazu sich mit der Klinge zu verbinden. Ich konnte sie mit einigem Kraftaufwand aber wieder rückstandsfrei abziehen. Bei einer Klinge aus 1.2695 ( 1160° C Haltezeit 15 min. 65° HRc) ergab sich eine punktuelle Verschweißung (2 mm), die sich aber glücklicherweise mit dem Bandschleifer wieder leicht entfernen ließ. Ob sich Aufwand und Leistung beim 1.3343 PLUS rechnet, muss noch im Detail geprüft werden. xtorsten testet derzeit ein Universalmesser aus 1.3343 PLUS von mir im praktischen Gebrauch, er wird sich hierzu sicherlich auch noch zu Wort melden.

Gruß
Matthias
 
Ich hab vor kurzen eine Klinge aus S390 geschärft, die vor Kurzem gemacht wurde. Nix von extreme Schärfe, unendliche Ausbrüche schon beim Schärfen. Da habe ich mich an alte Zeiten so um Jahr 1990 erinnert, wo noch kaum jemand PM-Stahl ordentlich bearbeiten konnte.

Wer s macht, der erreicht aber früher oder später gute Ergebnisse, viel Erfolg 🙂👍
 
Sehr schön übersichtliche und strukturierte Darstellung/ Zusammenfassung der bisherigen Versuche und Erfahungen Herbert und Matthias- vielen Dank!

Ganz besonders spannend finde ich die Veränderung beim dritten Anlassvorgang bei 1180°C Härtetemp. Hier wäre ich davon ausgegangen, dass das bereits beim ersten bzw. zweiten Anlassvorgang passiert.
Restaustenitbestimmung sowie Aufnahmen fände ich ebenfalls klasse, aber das ganze wird schnell sehr kostspielig....
Naja, auf jeden Fall liegt ja die Vermutung nahe durch den sprunghaften Anstieg der Härte, dass hier durch die Ausscheidung von Sonderkarbid Restaustenit abgebaut wird und neuer Martensit in den entsprechenden Bereichen gebildet wird - folgt man der These, danmn ist man mit 4 oder besser soagr 5 Mal anlassen dabei, um keinen unangelassenen Martensit im Gefüge zu haben. Heftiger Aufwand, oder?

Die Behandlung bei rund 1100° sieht dabei gar nicht schlecht aus auf den ersten Blick. Hier scheint man mit 2-3 mal Anlassen hinzukommen und die erreichbare Härte liegt auch im grünen Bereich.

So oder so: ein tolles und interessantes Material. Ein Messer aus dem Material ist ja z.Zt. hier bei mir zum Testen. Es ist zumindest schon einmal wunderbar schön fein scharf. Es ging heute durch eine Bundeswehrplane durch wie Butter;)

Viele Grüße,
Torsten
 
Zuletzt bearbeitet:
Ja der Stahl ist in der Tat sehr interessant. Ich kann Matthias Einschätzungen nur bestätigen. In weichgeglühtem Zustand lässt sich das Material gut beareiten. In gehärtetem Zustand ist gerade das Finishen von Hand eine Arbeit für jemanden, der Vater und Mutter erschlagen hat. Auch bei dem Härteprotokoll mit 1100°C ist die Bearbeitung, trotz geringerer Härte, kein Vergnügen. Ich bin gerade dabei 2 Klingen aus 3343+ und eine aus konventionellem 3343 zu Finishen. Dann wird die Härte bestimmt und danach müssen die Messer sich in der Praxis beweisen.
 
Guten Abend zusammen,

Ruhig ist es hier - sehr ruhig!
.....soooo wenig Interesse an diesem seltenen (und wie ich inzwischen finde: tollem) Material?

Derweil habe ich aus dem 'normalen' DMo5 aka 1.3343 ein weiteres Messer nach Wunsch gemacht (daher auch die verrundete Spitze - als spezielle Vorliebe eines Jägers):
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Und hier mit Scheide:
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....dies nur so als Prolog, denn eigentlich geht's um was anderes - nämlich das zweite Messer auf dem Bild - einen 'echten Taperedtang' aus 1.3343 PLUS -> das PM-Zeug!

Matthias hat mir dankswerterweise sein Universalmesser zum Testen geschickt und ich konnte es zwei, drei Runden malträtieren. Also das hier:
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Nochmal kurz einige ausgewählte Daten dazu:
Effektive Schneide: 82mm
Dicke am Ricasso/ Rücken: 2,5mm
Schneidendicke über der Wate: 0,3mm
Härte: 64,5 HRC
Und so sieht das Teil von der Griffkontur und gegen die Schneide aus:

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Ein wirklich sehr hübsches Ding, sehr angenehme Handlage und die ganze Klinge eher schlank von der Geometrie im Vergleich zu vielen Serienfixed.
Die Klinge ist aber absolut steif und da verwindet sich oder flext nichts. Man hat nicht das Gefühl, eine fragile Klinge in der Hand zu haben, sondern ein absolut alltagstaugliches Arbeitsmesser.
Eigentlich fragt man sich, warum andere Messer mehr Stärke am Rücken benötigen.

Matthias schrieb mir, die Klinge sei nicht mehr superscharf, aber hätte noch eine gute Gebrauchsschärfe - was auch so stimmte (fein abgezogen und geschlossene Schneide, aber nicht mehr ganz bissig scharf).

Ich habe dann für einen definierten Ausgangszustand mit Lansky eine Schneide im Bereich 35-40° angelegt. Zwar zum Schluss mit 0,5my Diapaste abgezogen, aber vorher nicht feinstens durchgeschliffen. Man bekommt dann eine gut bissige, aber nicht völlig fein geschlossene Schneide - genau das richtige für meine Testzwecke - das Aufbrechen, aus der Decke schlagen und Zerwirken von Wild. Da ist etwas Rauigkeit nicht verkehrt (und nicht falsch verstehen, das Messer lässt die Haare vom Arm poppen und Papier trennt sich auch willig quer zur Faser).
Das sieht dann unterm Mikroskop bei 60-fach in etwa so aus (die vorderste Kante sieht rau und hell aus - das ist aber dem Lichteinfall geschuldet. In erster Linie taugt das für den vorher-nachher- Vergleich und man sieht auch, ob man irgendwo Mikroscharten drinhat):
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Und dann ging es auch los mit einem ersten Rehbock, der sich in einem Weidezaun verfangen hatte und so leider sein Ableben gefunden hatte - also Hundefutter werden sollte.

Das ganze ging mit dem Messe tadellos und ich war sehr neugierig, wie sich das Messer nach dem Knochenkontakt mit Rippennaht am Brustkorb und vor allem dem Auftrennen des Schlosses (des Beckenknochens - was ich eigentlich keinem Messer antue, sondern der Schere überlasse. Matthias hatte aber explizit geschrieben, dass ich das Messer nicht schonen solle und gerne auch das Schloss damit öffnen), Abtrennen des Kopfes usw. macht.
Langer Rede kurzer Sinn: das Messer rasierte im Anschluss nicht mehr (aber ein paar Haare konnte man sich schon noch vom Arm kratzen), hatte eine absolut brauchbare Rest-/ Gebrauchsschärfe für's Weiterarbeiten und erstaunlicherweise trotz der enormen Härte keinerlei Ausbrüche an der Schneidkante:
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....und war in 5min per Stroppen auf 2500er Papier mit 1my-Diapaste und anschließendem Leder mit 0,5er Paste wieder fast auf Ausgangsniveau.
Das ist eine sehr gute Leistung in meinen Augen
Das selbe Spiel dann erneut zwei Tage später mit einem weiteren Rehbock.

Zu guter Letzt haben wir das dann noch an einem Wildschweinfrischling getestet und mein Jagdfreund durfte das Messer probieren. Auch hier sauber bis zum Ende ohne Probleme machbar trotz des Drecks in der Schwarte. Resümee des Kollegen: tolles Messer, guter Stahl und fast schon zu scharf für die Arbeit - wenn man nicht aufpasst und etwas falsch schneidet, hat man ein Loch in die Schwarte geschnitten. O-Ton: "Geiles Teil!"

Fazit zu dem Messer/ dem Material aus meiner Sicht: sehr überzeugende Leistung. Feine Schneiden sind möglich, Schärfbarkeit ist absolut in Ordnung, Schnitthaltigkeit/ Zähigkeit lässt nicht zu wünschen übrig und auch ein Anlaufen war nicht zu bemerken.
Nur in der Verarbeitung muss man vom Aufwand wohl eine deutliche Schippe drauflegen....

Und noch ein letztes Foto zu dem guten Stück, bevor es dann mit bestem Dank an Matthias zurückgeht:

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Viele Grüße,
Torsten
 
Vielen Dank, Torsten, für den Praxistest mit dem 1.3343 PLUS Universalmesser und für die tolle Kydexscheide, die Du für das Messer gebaut hast. Ich freue mich sehr, dass sich das Messer auch im jagdlichen Einsatz bewährt hat.

Gruß
Matthias
 
Beim Aufräumen sind mir noch zwei Probestücke zur Wärmebehandlung in die Hände gefallen. Matthias hatte damals die Anlasstemperaturen 1100°C und 1150°C nicht mehr durchgeführt, aber die vorbereiteten Streifen (mit Sägeschnitten, siehe Bericht als pdf Anhang zu thread no. 7) in Härteschutzfolie eingeschlagen.
Diese stünden nun bereit, falls jemand das Experiment machen möchte. Ich würde dann die Härten bestimmen, und die Ergebnisse würden wir dann gemeinsam hier vorstellen.
Für jede WB lobe ich noch einen Streifen von dem Stahl aus (jede WB meint: bei einer Temperatur, also für eins von den unten im Bild gezeigten Paketen).
Wer will?
Gruß
Herbert

weitere versuche.jpeg
 
Na ja, wir hätten dann 4 Austenitisierungstemperaturen und jeweils 4 Anlassbehandlungen und zugehörige Härtewerte. Aus dem Streifen lässt sich dann ein Messer mit optimierter WB machen…,.
 
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