Schwarmwissen zu Laguiols gefragt

Abu

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Werte Kollegen,

Weiß jemand, ab wann etwa Ebenholz für Lag’s als Griffmaterial genommen wurde? Gibt es vllt Bilder in einschlägigen Büchern, aus denen man Rückschlüsse ziehen könnte? Darf ruhig um Jahrzehnte gehen. Das Buch „Legende Laguiole“ gibt leider nichts her.

Abu
 
in einschlägigen Büchern

Schwierig ...in dem Buch von Christian Lemasson wird erwähnt, dass mit der Belle Epoche besonders edle Materialien bei der Produktion von exklusiven Einzelstücken verarbeitet wurden, Materialien, die importiert wurden (z.B. Elfenbein), allerdings erwähnt er nicht explizit Ebenholz. Kann mir aber vorstellen, dass da schon im Auftrag exklusive Messer mit dem Griffmaterial entstanden sein könnten. Ansonsten wird bei den Schmieden in dem Buch nur heimisches Material, wie Horn und Bakelit und auch einmal Aluminium (fürs Militär) erwähnt, also eher Material, was ohne Import verfügbar war.
 
Servus,
auch im Buch 'Couteaux de France', ebenfalls von Christian Lemasson, in dem die französischen Regionalmesser
umfassend beschrieben werden, ist Ebenholz als Griffmaterial nie erwähnt. Ich würde mich @Dirks Meinung
anschließen, dass man früher auf Holzimporte verzichtet hat, und heimisches Material verwendete.
In meiner zweiten Heimat Kamerun ist übrigens der Export von Ebenholz ziemlich zurück gegangen, seit das
sogenannte Kamerun - Ebenholz 1998 auf der Roten Liste der gefährdeten Arten gelandet ist.
Rudi
 
Bon Jour,
vielleicht fragst Du mal Wolgang Lantelme von Passion France?
Er ist ein wirklicher Experte und hat bestimmt gute Quellen.

Gruß Excalibur
 
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Auf Eure Namen hatte ich gesetzt, wurde nicht enttäuscht, danke!

Die Belle Epoque hatte ich auch im Kopf mit den exotischen Materialien der Kolonien, nehme den Hinweis von @DirkWitten jetzt als Bestätigung.
Ja, W. Lantelme wüsste es, ich hätte ihn vorher fragen sollen. Geht im Grunde um ein Messer von ihm mit klassischem Horn aber rostfreiem Stahl im Vergleich gegen ein gleiches Modell von einem anderen mit Ebenholz und Carbonstahl. Mir geht es hier um die Frage der Authentizität, was für den Carbon spräche, soweit das Ebenholz zeitgenössisch war. Er baut ja mit Passion France ein äußerst authentisches Droit (!), bis auf den Stahl. Preis an den modernen Markt.

Spitzfindige „Probleme“, aber macht mir halt immer Spaß, den Dingen auf den Grund zu gehen.
Vielen Dank
Abu
 
Zuletzt bearbeitet:
Mir geht es hier um die Frage der Authentizität, was für den Carbon spräche, soweit das Ebenholz zeitgenössisch war. Er baut ja mit Passion France ein äußerst authentisches Droit (!), bis auf den Stahl.

Finde ich richtig gut, hast Du einen Quelle zu dem Modell?

Authentisch ist wirklich selten, klar, der Stahl ist halt Carbon gewesen, sehr lange auch selbst nach der Herstellung der ersten "rostträgen" Laguioles wurde von der Masse lieber das Modell aus Carbonstahl bevorzugt. Authentische, ursprüngliche Droit-Modelle haben nach meinem Empfinden keine Biene, die Mouches waren damals eher "blumig" (Belle Epoche) oder anders verziert soweit sie überhaupt Verzierungen hatten. Das ganze Thema mit den Griffmaterialien und den Droits ist in der Geschichte diffus beschrieben, im Buch "Das Laguiole Messer" von C.Lemasson wird beschrieben, dass die Produktion von den Droits um 1900 zunächst ihr Ende fand und Calmels "erfand" erst etwa um 1908 die "Biene" und ab wann dann die ersten Droits mit Biene hergestellt wurden ist eine Frage der nachfolgenden Designs und Schmieden. Ich persönlich steige da echt nicht so ganz durch wer was wann und wo produziert hat - es gibt auch Widersprüchliches in den vielen Texten dazu.
 
In seinem Buch 'Couteaux de France' (in französischer Sprache) beschreibt C. Lemasson den Werdegang des Laguiole
in dem Kapitel 'Les Couteaux de l'Aubrac'. Von seinem Vorgänger, dem Capujadou, geht es weiter zum Laguiole droit.
Das waren alles reine Bauernmesser für die Landbevölkerung, und völlig undekoriert. Von Biene und Guillochage keine Spur.
Es gab eine Version 'à lentille', die mit einer Verlängerung am Klingenrücken offen gehalten wurde.
Erst als die Bahnlinie nach Paris fertig wurde, und sich etliche Aubraciens dort hin aufmachten, um Cafés, Bars und Bistrots zu eröffnen,
wandelte sich das Bild um 1880. In seinem o.g. Buch nennt Lemasson das augenzwinkernd eine 'bistrocratie aubracienne',
die da entstand, die ersten Guillochagen wurden gefertigt, und zwischen 1850 - 60 brachte Calmels die ersten Yatagan - Klingen,
die wir heute kennen, auf den Markt. Ca. 1880 kam der Korkenzieher. Auf der Weltausstellung 1900 feierten die drei
Couteliers Mas, Calmels, und Pagès Goldmedaillen und Ehrendiplome. Um 1920 war das Laguiole endgültig das Messer der
wohlhabenden Bourgeoisie geworden, und hatte sich weit vom ehemaligen Bauernmesser entfernt. Die Luxusmesser der Zeit
hatten Elfenbein - Griffe, die einfacheren Versionen Hornspitzen- oder Holzgriffe.
Die Landwirte waren da längst, aus Kostengründen, zum preiswerten Opinel gewechselt.
 
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@DirkWitten
Ich nehme an, diese Veröffentlichung kennst du. Am Ende geht es um das Droit.
PassionFrance L A N T E L M E. MAUERSTRASSE DARMSTADT - PDF Free Download (https://docplayer.org/47240092-Passionfrance-l-a-n-t-e-l-m-e-mauerstrasse-darmstadt.html)

Legende und Realität der Lag’s zu trennen, ist auch nicht einfach. Darum musste erstmal ein Historiker mit Lemasson da ran, trotzdem wollen und werden Interessierte die Legenden nicht aufgeben. Müssen sie auch nicht, sind ja auch schön wie die vom „Weihnachtsmann“ - und ich mag sowas auch. Das zeigt ja das Kultische an den Lag’s.

Von meinem konkreten Messer in spe werde ich so oder so berichten.

Abu
 
@Rudi_57
Danke dir für die Ergänzungen. Das ist eben das Schöne am Schwarm dieses Forums! Mangels frz Sprachkenntnisse bleiben mir Deine Quellen leider verschlossen. Und je tiefer ich in die Sache einsteige, umso mehr packt es mich.

Abu
 
Ich nehme an, diese Veröffentlichung kennst du. Am Ende geht es um das Droit.

Nein, vielen Dank dafür, kannte ich noch nicht (y)

Übrigens ist das Dokument von PassionFrance inhaltlich in Auszügen wie meine bisher einzige Quelle, das Buch von Lemasson (ISBN 978-3938711682)
Die Zusammenarbeit "damals" von Lemasson, Cyril Ganivet und W. Lanthelme konnte man ja schon in der GEO Reportage "Die scharfen Klingen der Auvergne" (2012) bewundern.
 
Passt jetzt nicht ganz hier hin, aber trotzdem.
Der Gründer der Forge de Laguiole, Gérard Boissins, ist auch in Nontron nach seinem in
Laguiole bewährten Rezept vorgegangen. Auch in Nontron gab es nur noch Kleinstbetriebe,
die Messer quasi auf Zuruf gefertigt haben.
Er kaufte die Namensrechte verschiedener Schmiede, ließ sich vom Star - Architekten Philippe Starck
zwei super - moderne Fertigungshallen bauen. Eine ganz in Schwarz, eine in gebürstetem Aluminium.
Er belebte das Ganze als Coutellerie Nontronnaise. Heutige Nontrons tragen nur noch den Schriftzug 'Nontron',
keine Schmiede - Namen mehr. Auch darüber gibt es ein schönes Buch in französischer Sprache:
'Le Couteau de Nontron', von Bernard Givernaud, ISBN: 978 - 8129 - 2 - 677 - 8
Untertitel: 300 Jahre Messer
 
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Moin Abu,

anbei mit Erlaubnis die kurze Einschätzung von Wolfgang Lantelme zu der Frage nach Ebenholz als Griffmaterial:

"Gute Frage und im Detail wäre es eine lange Antwort. Hier kurz: Laguioles vor dem Krieg kenne ich nur in Horn (cachée oder partie pleine), Knochen und Elfenbein. Höchstens Buchsbaum ist denkbar. Andere Hölzer kommen erst nach dem Krieg zur Verwendung und Ebenholz als Edelholz, das auch im Möbelbau verwendet wurde, wäre zwar möglich, ich selbst kenne aber keine frühen Exemplare."

Gruß,

Nick
 
Hi Nick,
Danke für deine Hilfe und dass du W. L. offenbar direkt angeschrieben hast. Wäre noch gut zu wissen, von welchem Krieg er spricht, WW 1 oder Ww2. 😀 Aber jetzt nicht mehr nachfassen, ich gehe mal von WW1 aus - und ggf davor. Schon lustig, W.L. hat doch das Buch von Lemasson übersetzt und da finde ich zumindest Hinweise, dass Ebenholz wie Elfenbein für hochwertige (!) Messer eingesetzt wurde.
Ich denke, das macht auch Sinn, denn die Jagd und Sucht nach Exotischem aus den Kolonien war groß.

Gruß
Abu
 
Moin Abu,

ich habe derzeit einen sehr netten Kontakt zu Herrn Lantelme, daher war die Nachfrage kein Problem. Er sitzt derzeit an der Übersetzung des dritten Buches von Christian Lemasson, daher kann er sich momentan nicht selber aktiv im Forum beteiligen. Vielleicht bringt ja dieses Buch weiteres Licht ins Dunkle (wie passend :steirer:)

Gruß,

Nick
 
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