Shiro Kamo Migaki 240mm Gyuto Review

Danieru

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Nachdem ich das Messer nun etwas über einen Monat habe und mich gerade dazu durchringen konnte etwas niederzuschreiben, erlaube ich mir mal ein Urteil zu fällen. Es ist gut möglich das die folgende Review nicht ganz vollständig ist und ich sie im Lauf der Zeit noch polieren werde. Ebenso fehlen noch Fotos, die ich zu gegebener Zeit nachreichen werden :haemisch:.



Fit&Finish

Das F&F wird das Herz eines Finish-Enthusiasten vermutlich nicht höher schlagen lassen, bietet aber ansonsten wenig Anlass zu Kritik. Der Rücken ist, wenn auch nicht sehr fein, poliert und die Kanten gebrochen. Abgerundet sind sie allerdings nicht wirklich. Der Kehl ist genau wie der Rücken poliert und abgerundet. Der Griff lässt praktisch keine Kritik zu, er ist rundum gut verarbeitet. Das Erlloch ist ausgefüllt, die Masse steht in geringfügigem Kontrast zum Griff, was ich aber auch in gewisser Weise ansprechend finde. Schneide und Rücken scheinen beide gerade zu sein. Die Klingenflanken sind poliert und weisen bei genauerer Betrachtung ein Hairline Finish auf. Optisches Highlight sind die geprägten Kanji.

Bei der Griffform handelt es sich um eine ausgeprägte D-Form, die vermutlich für Linkshänder ungeeignet ist. Der Griff wirkt auf den ersten Blick voluminöser als er tatsächlich ist. In der Hand fühlt er sich vergleichsweise grazil an und sitzt sehr fest in den Fingermulden.

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Geometrie

Geometrisch ist das Messer klar als Laser einzuordnen. Die Rückenstärke geht von um die 2mm an der Ferse runter bis deutlich unter 1mm einen halben Zentimeter hinter der Spitze. Im Querschnitt ist die Klinge leicht ballig runter auf eine sehr feine Schneide ausgeschliffen. Die Schneide ist sehr leicht nagelgängig. Im Auslieferungszustand besitzt das Messer eine relativ feine, aber dennoch deutlich wahrnehmbare, Sekundärphase. Das Messer ist insbesondere im vorderen Drittel leicht flexibel, d.h. es lässt sich leicht biegen. In der Praxis macht sich dies nicht wirklich bemerkbar.

Ich habe kein Schnittgut bearbeitet, durch das die Klinge nicht mit geringem bis nicht vorhandenem Widerstand durchgeht. Dazu zählen: Zwiebeln, Möhren, Kartoffeln, Zucchini, Paprika, Äpfel und Chinakohl.Bei Möhren insbesondere macht sich die Lasergeometrie bemerkbar, die Klinge gleitet geräuschlos durch, egal wo und wie man die Möhre schneidet.

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Schnittgutfreisetzung

Wie bei Lasern üblich ist die Schnittgutfreisetzung nicht die große Stärke des Messers. Andererseits würde ich sie durchaus als ein wenig besser einstufen als beim Tadafusa Santoku. Zucchini bleiben gnadenlos am Klingenspiegel kleben, Möhren(-Planken) saugen sich regelrecht fest. Auch eine Patina ändert hieran nicht viel.

Standzeit & Schärfe

Die Standzeit des Stahls ist exzellent. Über einen Zeitraum von ca. 3 Wochen bin ich nur mit Wartung auf dem Leder (vor allem unbehandelt) ausgekommen. Dabei wurde ein sehr hohes Schärfeniveau eingehalten. Die erreichbare Schärfe ist ebenfalls sehr gut. Ein zwischenzeitlich durchgeführter Hanging Hair Test gelang, Zeitungspapier leistet der Schneide keinen Widerstand.

Insgesamt ist die Wärmebehandlung definitiv auf dem Niveau von Tadafusa, wenn nicht noch ein Quäntchen besser. Ein offensichtlicher gravierender Unterschied besteht nicht.

Bei meinem Exemplar erwies es sich letztlich als nötig einen Grundschliff anzubringen um das volle Potenzial des Messers zu erschöpfen. Die in meinem Erste Eindrücke Fred geschilderten Probleme ließen sich hierdurch beseitigen und das Messer verhält sich vollständig wie es von einem Laser zu erwarten ist.

Empfindlichkeit

Die Schneide scheint trotzt ihrer Nagelgängigkeit nicht übermäßig empfindlich zu sein. Sichtbare Ausbrüche waren nie zu beklagen. Das Zerlegen von ganzen Äpfeln, sowie das Schneiden ganzer Chillischoten (inkl. Kerne!) schien die Schneide ohne nennenswerten Schaden zu überstehen. Sie stumpfte lediglich ein wenig ab, was sich auf dem Leder schnell beheben ließ. Den ein oder anderen Ausrutscher, Verwackler, Verkanter o.ä. ertrug das Messer auch klaglos. Extreme Belastungstests ala Crosschop habe ich nicht ausgeführt.

Schärfbarkeit


Das Messer lässt sich sehr einfach schärfen, wie es bei einem korrekt behandelten Aogami zu erwarten ist.


Reaktivität

Die Reaktivität ist die große Schwäche des Messers. Initial ist sie extrem hoch, bei Kontakt mit säurehaltigem Schnittgut kommt es praktisch instantan zu Geruchsentwicklung und Schnittgutverfärbung. Geschmacklich habe ich diese allerersten Schnitte nicht getestet. Längerfristig nimmt die Reaktivität durch Patinabildung etwas ab. So kann man auch mal eine halbe bis ganze Zwiebel niedriger bis mittlerer Größe Würfeln, ohne ständig abzuwischen.

Sowieso sind in erster Linie Zwiebeln kritisch. Mit Paprika, Tomaten oder auch Äpfeln verträgt sich das Messer vergleichsweise deutlich besser. Zucchini, Möhren, Knoblauch u.ä. sind praktisch gänzlich unkritisch. Abgewischt habe ich hier eigentlich nur um die Schnittgutfreisetzung zu verbessern.

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Fazit

Ein insgesamt sehr guter Carbon-Wa-Laser mit gutem Preisleistungsverhältnis. Der klar auf Rechtshänder ausgelegte Griff, sowie die hohe Reaktivität der Eisenflanken erlauben es leider nicht das Messer als vollständigen Ashi-Ersatz zu kredenzen. Die Reaktivität und die extrem dünn ausgeschliffene Schneide dürften auch gegen einen Einsatz in der professionellen Gastronomie sprechen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr ausführliches und genaues Review, danke.

Interessant für mich ist, das Shirou Kamo anscheinend über die Serien hinweg die prinzipiellen Eigenschaften der Messer beibehält.

Ich habe u.a. ein Kiritsuke 270 mm aus der Damastlaminat-Serie von ihm und praktische jede deiner Beobachtungen trifft auch auf dieses Messer zu. Es zeigte allerdings im Auslieferungszustand schon reinrassiges Laser-Verhalten,

Was ich gewöhnungsbedürftig finde, ist die Flexibilität der Klinge, die du ja auch bei deinem Messer hast. Praktisch stört das nicht, aber es irritiert mich bei so einem großen Messer doch immer wieder etwas.

Die Grenzen meines Kamos waren eindeutig ein großer Weißkohl. Hier steckte das Messer schnell fest, es fehlte wohl etwas die Spaltwirkung einer dickeren Klinge.
 
Interessant. Ich bin persönlich nicht so der Weißkohl Esser... Aber wenn Rotkohl in ner ähnlichen Liga spielt könnte ich den evtl. mal versuchen bei Gelegenheit.
 
Moin,

vielen Dank für das (noch unbebilderte :steirer:...) aber dennoch auch so schon sehr informative Review :super:

Neulich aufgrund der Äußerung in einem Kaufberatungsthread, die dieses Kamo als Laser klassifiziert, war ich sehr gespannt, deshalb freu ich mich umso mehr auf ein entsprechenden Kehlshot, vielleicht im Vergleich zu einem anderen dünnausgeschliffenen Messer was zur Verfügung steht? :)

Worüber ich noch gestolpert bin:

Schnittgutfreisetzung

Wie bei Lasern üblich ist die Schnittgutfreisetzung nicht die große Stärke des Messers. Andererseits würde ich sie durchaus als ein wenig besser einstufen als beim Tadafusa Santoku. Zucchini bleiben gnadenlos am Klingenspiegel kleben, Möhren(-Planken) saugen sich regelrecht fest. Auch eine Patina ändert hieran nicht viel.

Du meinst doch das Tadafusa Santoku mit den Nashiji-artigen rostfreien Außenlagen und Aogami2-Schneidlage oder? Da hatte ich den Food Release garnicht so als problematisch im Kopf (ist aber auch schon eine Weile her inzwischen...), jedenfalls nicht bei Schnittgut, was bis zum Nashiji-Finish reicht. Wäre aus meiner Perspektive demnach dann kein Spitzenwert aber auch nicht wirklich schlecht.

Die hohe Reaktivität der Eisenlagen ist hier schon viel eher ein Punkt, der mich persönlich vom Kauf abhalten würde.

So kann man auch mal eine halbe bis ganze Zwiebel niedriger bis mittlerer Größe Würfeln, ohne ständig abzuwischen.

:staun:

...mit einer halben bis ganzen Zwiebel komm ich in der Regel nicht aus und wenn sich da auch nach einer ordentlichen Arbeitspatina schon etwas tut (wenn das Messer nicht gerade frisch geschliffen ist), dann wäre das für mich ein K.O.-Kriterium, also wenn es zu Verfärbungen des Schnittguts und Geschmacksbeeinträchtigung kommt jedenfalls. Meinst du denn damit, dass sich die Zwiebeln nach wie vor verfärben und sich ein deutlicher Geruch einstellt oder wie macht sich die Reaktivität nach einer halben bis ganzen Zwiebel ohne abwischen bemerkbar?

Ein Bild der aktuellen Patina wäre da auch schön, vielen Dank:D


Gruß, Gabriel
 
Merkwürdig, entweder unser subjektives Empfinden unterscheidet sich so stark, oder unsere Messer haben unterschiedliche Außenlagen :irre:
Ich hab das Migaki Nakiri, etwa so lang wie du dein Gyuto, und habe bereits nach der 1. Woche im Gebrauch überhaupt keine Probleme mehr mit der Reaktivität.
Abgewaschen wird das Messer bei mir erst, wenn ich fertig bin mit dem Geschnippele, dazwischen auch kein Abwischen oder so..
 
...
Abgewaschen wird das Messer bei mir erst, wenn ich fertig bin mit dem Geschnippele, dazwischen auch kein Abwischen oder so..

Könnte natürlich daher kommen, dass sich bei dir ggf. eine inzwischen durchgängigere Arbeitspatina eingestellt hat. Häufiges Abwischen der Klinge etc. zögert diesen Prozess natürlich heraus...

Gruß, Gabriel
 
Bilder hinzugefügt.

Neulich aufgrund der Äußerung in einem Kaufberatungsthread, die dieses Kamo als Laser klassifiziert, war ich sehr gespannt, deshalb freu ich mich umso mehr auf ein entsprechenden Kehlshot, vielleicht im Vergleich zu einem anderen dünnausgeschliffenen Messer was zur Verfügung steht? :)

Ich könnte höchstens mein Tadafusa daneben halten, aber ob das so aussagekräftig ist...

...mit einer halben bis ganzen Zwiebel komm ich in der Regel nicht aus und wenn sich da auch nach einer ordentlichen Arbeitspatina schon etwas tut (wenn das Messer nicht gerade frisch geschliffen ist), dann wäre das für mich ein K.O.-Kriterium, also wenn es zu Verfärbungen des Schnittguts und Geschmacksbeeinträchtigung kommt jedenfalls. Meinst du denn damit, dass sich die Zwiebeln nach wie vor verfärben und sich ein deutlicher Geruch einstellt oder wie macht sich die Reaktivität nach einer halben bis ganzen Zwiebel ohne abwischen bemerkbar?
Ein Bild der aktuellen Patina wäre da auch schön, vielen Dank:D

Ich komme glücklicherweise meistens damit aus :glgl:. Und ja das Schnittgut, sprich die Zwiebel, verfärbt sich und es entsteht Geruch. Für Patina siehe OP, wobei man auch beachten muss das durch den Grundschliff auch einiges wieder runtergeschruppt worden ist.
 
Moin,

danke für die Bilder :super:

Der Kehl sieht wirklich super aus. Die Patina hätte ich mir jetzt ehrlich gesagt intensiver ausgeprägt vorgestellt. Also vielleicht fährt sich das im Laufe der Zeit noch ein und die Reaktivität nimmt ab.


Gruß, Gabriel
 
Servus,

Bilder hinzugefügt.
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danke, darauf habe ich gewartet und die Bilder machen deinen ausgezeichneten Bericht komplett! :super:

Also das Kamo-Migaki sieht über den Kehl geguckt sehr vielversprechend aus, was die Schneidfähigkeit betrifft. Hier zeigt Kamo wieder mal, das er zwischen einem Eden Kanso und meinem Kamo-To-Santoku jeden beliebigen Geometrieverlauf den er haben möchte aus dem Ärmel schüttelt. Diese Vielseitigkeit beeindruckt mich immer wieder.

Der genaue Zweck des Kupferringes (wohl um ein Spalten/Reißen der Zwinge beim Einbringen des Erl's zu unterbinden) würde mich interessieren. Da ich diese Methode nur bei den günstigeren Serien kennen, frage ich mich warum gerade bei diesen ein Arbeitsgang mehr?

Ich könnte höchstens mein Tadafusa daneben halten, aber ob das so aussagekräftig ist...

Bitte mach das mal.

"Zitat von Gabriel

Du meinst doch das Tadafusa Santoku mit den Nashiji-artigen rostfreien Außenlagen und Aogami2-Schneidlage oder? Da hatte ich den Food Release garnicht so als problematisch im Kopf (ist aber auch schon eine Weile her inzwischen...), jedenfalls nicht bei Schnittgut, was bis zum Nashiji-Finish reicht. Wäre aus meiner Perspektive demnach dann kein Spitzenwert aber auch nicht wirklich schlecht.

Ich hab vor ein paar Tagen mal einen kleinen Test gemacht:

Rohe und geschälte Kartoffel im Ganzen die im Wasser schwimmen, habe ich geviertelt. Zuerst mit meinem Schanz Gyuto, das war extrem schwierig, die nassen und stärkehaltigen Kartoffel haben sich an den Klingenflanken tatsächlich festgesaugt, dass ich sie kaum abstreifen konnte.

Mein Tadafusa SAN hat die nassen Erdäpfel geteilt wie Moses das Meer. Die sind zum Teil am Brett liegengeblieben. So deutlich habe ich "food release" noch nie vernommen. Es kommt also in der Tat darauf an, was man schneidet! ;)

Gruß, güNef
 
S
Der genaue Zweck des Kupferringes (wohl um ein Spalten/Reißen der Zwinge beim Einbringen des Erl's zu unterbinden) würde mich interessieren. Da ich diese Methode nur bei den günstigeren Serien kennen, frage ich mich warum gerade bei diesen ein Arbeitsgang mehr?
...

vielleicht hängt es mit dem Material der Zwinge zusammen? Bei den höherpreisigeren Serien kommt ja vorwiegend Büffelhorn zum Einsatz statt Pakkaholz.
Nur eine Idee...


Gruß, Gabriel
 
Ok ich versuch mal bei Zeiten einen Kehlvergleich zu machen. Was das Foodrelease von Tadafusa angeht: Meiner Erfahrung nach schlägt sich das Tadafusa etwas schlechter bei Kartoffeln, insbesondere bei nicht nassen und dünnen Scheiben. Ansonsten verhält es sich relativ ähnlich bei Zucchini und Möhren. Ich arbeite aber auch nicht mit sehr großen Kartoffeln, wo sich die shinogi und das Finish evtl. positiv auf die Schnittgutfreisetzung auswirken könnten. Zudem sah ich mich ja gewzungen mein Tadafusa auszudünnen, wodurch beide natürlich noch weiter nach oben gerutscht sind.
 
So hier der gewünschte Kehlvergleich mit dem Tadafusa:
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Man muss dazu allerdings sagen, dass ich wie im Review Thread des Tadafusa erwähnt, ein paar Ausbrüche rausschleifen musste. Andererseits hab ich danach auch die eine oder andere Stunde auf groben Schleifsteinen damit verbracht das Messer wieder etwas auszudünnen. Die Schneide des Tadafusa ist nagelgängig. Vor dem Foto habe ich mit dem Tadafusa einen Apfel zerlegt. Der Unterschied zum Kamo ist gelinde gesagt drastisch.
 
Servus,

danke für der Vergleich! :super:

nun, dass Kamo Migaki ist schon ein sehr dünn ausgeschliffenes Messer! Ist schon das Tadafusa SAN (mein Exemplar) ein sehr schneidfähiges Messer, dass auch alle Zirkelteilnehmer doch ein wenig überrascht festgestellt haben.

Das Kamo Migaki zeigt jetzt nochmal einen sofort sichtbaren Vorsprung! :staun:

Ich denke von der Schneidfähigkeit her braucht ein Kamo Migaki-Besitzer auf keine anderen "Laser" mehr zu schielen! ;)

Gruß, güNef
 
Kein Problem, dein Tadfusa schien aber auf dem Kehlfoto auch geometrisch besser unterwegs zu sein als mein Exemplar, das habe ich ja auch damals schon angemerkt. Es ist natürlich fraglich wie viel davon auch auf (eventuelle) Inkompetenz meinerseits beim Scharten ausschleifen zu schieben ist. Ich kann zumindest mit Sicherheit sagen, das ich den Spitzenbereich dank schlechter Technik etwas überschliffen habe, weshalb ich auch einen leicht bauchigeren Verlauf habe. Ich denke das Tadafusa wird in unbestimmter Zukunft mal seinen Weg in die Hände von Onkel Schanz finden ;). Mein Schnitterlebnis habe ich dank des Kamo jetzt auf jeden Fall auch, ein Laser Gyuto wird auf absehbare Zeit nicht mehr seinen Weg zu mir finden. Da gibt es sinnvollere Möglichkeiten meine Kollektion auszubauen :steirer:.
 
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