Sinn und Unsinn von „701/07“
Die Initiative zur Ergänzung und Aktualisierung des deutschen Waffengesetzes, die von Berlins Innensenator Herrn Dr. Ehrhart Körting auf den Weg gebracht wurde, soll dazu führen, dass das Waffenrecht dahingehend verbessert wird die öffentlichen Sicherheit zu erhöhen.
Dieses Jahr wurden in Berlin mehrere Straftaten mit Messern begangen, bei denen mehrere Menschen verletzt oder gar getötet wurden. Außerdem gab es im Jahre 2006 25 Prozent mehr Vorfälle mit Jugendlichen, bei denen Stichwaffen eingesetzt wurden, als im Jahr zuvor. Das Problem mit jugendlichen Gewalttätern wächst also.
Die der Gesetzentwurfes sieht vor für Messer mit bestimmten Klingenformen, in Zukunft das führen (zugänglich bei sich tragen) zu verbieten.
Die im Entwurf angesprochenen Klingenformen werden im besten „Beamtendeutsch“ beschrieben und sind außerordentlich unkonkret.
Zitat:
„
„2.1.5
mit feststehender oder feststellbarer Klinge, die eine der folgenden Klingenformen
aufweist
2.1.5.1
symmetrisch zur Spitze verlaufende Klinge mit beidseitigem durchgehenden oder
bereichsweisen Schliff (Dolchform),
2.1.5.2
einschneidige Klinge, bei der die Rückenlinie konkav zur konvex verlaufenden
Schneidelinie in die Klingenspitze übergeht (Bowieform),
2.1.5.3
einschneidige Klinge, bei der Schneide- und/oder Rückenlinie winklig in die
Klingenspitze übergehen (Tantoform),
2.1.5.4
einschneidige Klinge, bei der die zumindest in diesem Bereich ge- oder angeschliffene Rückenlinie konvex zur ebenfalls konvex verlaufenden Schneidelinie in die Klingenspitze übergeht (Spearpointform),
“
Wenn sie den Inhalt des Zitates nicht gleich ganz verstanden haben trösten sie sich, das geht jedem so der sich nicht intensiv mit dem Waffenrecht befasst. Selbst viele Polizisten wären nicht in der Lage anhand dieses Zitates eine Klingenform eindeutig zuzuordnen.
Als ein weiteres Kriterium sieht der Entwurf die Länge der Messerklinge vor.
Feststehende Messer mit einer Klingenlänge über 12 Zentimetern und Spitz zulaufender Klinge über mehr als 24% sollen ebenso eingeschränkt werden wie Klappmesser deren Klinge feststellbar ist. Letztere sollen sogar nur bis 8,5 cm Klingenlänge geführt werden dürfen.
Außerdem sollen alle Klappmesser die einhändig feststellbar sind nicht mehr geführt werden dürfen.
Im folgenden zeigen wir ihnen Messer die vom Entwurf betroffen sein würden.
Bilder
Alle diese Messer lassen sich als Waffe verwenden, aber sie werden in der Praxis in der Regel
für einfache Schneidaufgaben, zum Hacken, zum Auftrennen von Paketen etc, zum Schälen eines Apfels oder dem Zerteilen einer Pizza verwendet, sie erfüllen also in erster Linie die Funktion eines Werkzeugs!
Bewertung des grundsätzlichen Ansatzes
Die zentrale Idee des Entwurfes ist die Annahme, dass jemand, der ein Messer mit bestimmten Klingenformen, oder Klingenlängen (unterschieden in feststellbare Klappmesser und Feststehenden Messern) mit sich führt, damit in der Regel das Ziel verfolgt einen Menschen zu töten oder zu verletzen.
Messer haben in den Augen der Verfasser anscheinend nur diesen Zweck, die Unschuldsvermutung scheint keine Bedeutung in der Vorlage zu haben, noch scheinen sachliche Argumente notwendig zu sein um die Kriterien zu begründen.
Die konkrete Anwendung von Messern wird außer Acht gelassen. Die Tatsache, dass die tatsächliche Gefährlichkeit eines Gegenstandes nicht in seiner Ausgestaltung liegt, sondern in seiner Anwendung, wird in keiner Weise gewürdigt. Von der Vorlage wären die Mehrzahl der Freizeitmesser in Deutschland betroffen. Diese Messer werden von Millionen von gesetzestreuen Bürgern verwendet um im Wald ein Stockchen zu schnitzen oder einen Apfel zu schälen.
Selbstständig Feststellbare Klingen bei Taschenmessern sind heutzutage Standart, daher die absoluten Mehrzahl von Taschenmessern weist dieses Merkmal zur Sicherheit des Benutzers, auf.
Wenn wie gefordert, das Führen all dieser Messer verboten wird (vorgeschlagener §42) macht sich automatisch jeder der ein solches Messer in der Öffentlichkeit in der Hand hält strafbar! Daher auch Mitbürger die gerade ein Messer mit mehr als 12cm Klingenlänge verwenden um z.B. Ein Brot zu teilen. Zugriffsbereites Führen schließt nämlich definitiv das Verwenden eines Messers ein, da ein Messer hierzu quasi im Zugriff ist.
Man erkennt wie unausgegoren der Gesetzesvorschlag ist der sich in Großen Teilen an Schusswaffen orientiert, Messer sind nun mal aber keine Waffen.
Die Kriterien der Initiative sind insgesamt in ihrer Begründung nicht einheitlich, sondern willkürlich gewählt. Alleine die verschiedenen Maßangaben für fest stehende Messer und Feststellbare Taschenmesser sind in keiner Weise objektiv begründbar. Warum sollen feststehende Messer länger sein dürfen als Klappmesser oder umgekehrt.
Weiterhin wird ignoriert, dass Straftäter sich nicht von der Einstufung eines Gegenstandes als Waffe von einer Straftat abbringen lassen. Es ist ausgesprochen unwahrscheinlich das Straftäter sich, weil eine Klingenform als Waffe eingestuft wurde, von einer Straftat abhalten lassen.
Selbstverständlich sind Messer als Waffen verwendbar, aber das gilt nicht nur für Messer mit diesen Kriterien sondern für jedes Messer, ja sogar für jeden stabilen Schraubenzieher.
Daraus ein Umfassendes Verbots und Regelungsbedürfnis abzuleiten erscheint übertrieben und nicht zielführend.
Soviel zur Kritik am Ansatz der Vorlage. Weitere Kritikpunkte sind Umsetzbarkeit, Praktikabilität, Wirkung und entstehende Kosten.
Sollte die Vorlage Erfolg haben und umgesetzt werden, wie soll sie dann in der Umsetzung für Sicherheit sorgen?
Dies ist nur durch Kontrollen der Polizei möglich.
Der Geschäftsführer der Berliner GdP, Klaus Eisenreich, meinte zu Körtings Vorschlag: „Die Polizei ist personell so zusammengespart worden, dass die Kollegen für solche Aktionen überhaupt keine Zeit haben.
Daher das Gesetz kann praktisch nicht umgesetzt werden.
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Art und Weise wie Steuergelder verschwendet werden sollen.
Der Entwurf sieht vor, mit enormen Aufwand für die Verwaltung, besondere Ausnahmegenehmigungen für überprüfte Bürger zuzulassen. Als Vorlage soll hierzu die Regelungen für Schusswaffen also „Waffenscheine“ welche zu beantragen wären dienen.
Sie haben richtig gelesen, es sollen Ausnahmegenehmigungen erteilt werden, die natürlich geprüft werden müssen. Vorlage für das Prüfungsverfahren soll die Handhabung im Bereich der Schussfeuerwaffen sein. Daher der Antragsteller legt sein Bedürfnis dar, wird polizeilich auf Zuverlässigkeit überprüft und erhält ein Dokument das er dann immer bei sich tragen muss wenn er ein „böses“ Messer führt.
Abgesehen von der damit praktischen Gleichstellung von bestimmten Messern mit Schusswaffen, die ja wohl vollkommen überzogen ist, wird also ein erheblicher Verwaltungsaufwand erzeugt.
Wie Herr Dr. Ehrhart Körting sich die Praktische Umsetzung vorstellt und was dabei für Kosten entstehen, würden wir gerne erfahren.
Wie steht es mit den Folgen für die Wirtschaft?
Wie bereits erwähnt, stellt die einhändige Bedienbarkeit von Taschen- bzw. Einhandmessern den derzeitigen Standard dar, vergleichbar etwa mit der Häufigkeit von Klimaanlagen bei deutschen Automobilen. Bei einer Einstufung als Waffen würde daher sofort ein Großteil der in Deutschland erhältlichen Messer für den Kunden uninteressant. Wer kauft schon ein Messer, das nur in der Vitrine liegt?
Konkret bedeutet dies, dass der Markt für diese Messer zusammenbrechen würde, deutsche Hersteller wie Böker und der Einzelhandel stünden vor enormen finanziellen Schwierigkeiten, wenn nicht gar vor der Insolvenz.
Wie passt die Initiative im Zusammenhang mit anderen aktuellen Rechtsänderungen ?
Das Waffengesetz wurde in diesem Jahr bereit bezüglich der Regelung von Messern geändert! ( so genannte „Hamburger Initiative“)
Herr Dr. Ehrhart Körting hat diese Änderung des Waffengesetzes bisher nicht umgesetzt.
Daher fordern wir alle Entscheidungsträger auf die Vorlage abzulehnen. Es wurde aufgezeigt das sie:
- Nicht Zielführend ist, also keinen Effekt haben wird. Weder ein regelmäßiger Vollzug ist möglich, noch ist berücksichtigt das sich Straftäter um derartige Regelungen entweder nicht scheren oder aber auf andere „Waffen“ umsteigen.
- Teuer ist, da ein erheblicher Verwaltungsaufwand erzeugt werden würde. Die Vorlage Spielt dies herunter.
- Unklar und willkürlich ist, da bestimmte Messer ohne ein objektives Kriterium eingeschränkt werden sollen andere genauso gefährliche Gegenstände in keiner weise berührt werden würden
- Unkonkret ist: Die Folgen für den Handel wurden in keiner Weise objektiv bewertet, die Vorlage spielt die wirtschaftlichen Folgen herunter.
- Unüberlegt: Das Verbot des Führens von bestimmten Messern schließt deren Gebrauch in der Öffentlichkeit ein, daher könnten all diese Messer nicht mehr in der Öffentlichkeit verwendet werden. Diese Einschränkung ist erheblich.