Slipjoint - Klassiker aus Italien

pitter

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Weils so schön zur aktuellen Slipjoint Diskussion passt.

Das schönere :D hab ich mir letzen Monat aus dem Urlaub mitgebracht. Ist eine etwas aufgebrezelte Version eines klassischen Messers aus Kalabrien, kein wirkliches Slipjoint, die Rückenfeder drückt auf die Klinge. Aber natürlich hats keinen Lock. Und keinen Anschlag beim Schliessen, also immer schön langsam, sonst knallt die Schneide auf die Feder.

Griff aus Horn, Klingenachse verschraubt (üblicherweise vernietet), a bisserl Fileworks, aufgebrezelt eben, aber immer noch eine sehr einfache Bauweise.

Das andere - ich glaub ich habs schonmal gezeigt - ist *das* klassische Hitenmesser aus Sardinien, nennt sich resolza, handmade im "Solingen Sardiniens", in Pattada. Klingen auch einfach vernietet, die Messing"backen" dienen als Anschlag, keine Feder, kein Lock. Horngriff.

Von der Verarbeitung ist gerade letztes an den hier üblichen Messermacher Standards gemessen eine Katastrophe :irre: Die Nieten am Griff sind nicht bündig poliert, eine Niete als Achse ist auch nicht der Hit, ein bisserl rumgewickeltes Blech als Klingenanschlag wird nicht für den Einstieg in die DMG reichen :D Klingengang regelt man mit dem Hammer. :lach:
Andererseits gibts die Dinger samt Pattada Zuschlag für deutlich unter 100EUR. Echt Handmade.

Das Calabrese ist deutlich besser verarbeitet, die Konstruktion ist genauso simpel, aber keine Schlampereien. Preis auch um die 100EUR, aber mehr oder weniger industriell gefertigt. Wobei der Anteil an Handarbeit noch sehr hoch ist.

Stahl bei beiden natürlich hochwertiger Rostfreier Chirurgenstahl :D , was genau steht nicht dabei, weiss keiner und interessiert auch niemanden. Und *das* war halt wieder so ne Sache, die mir aufgefallen ist, und warum ich diesen Text schreibe.

Ich war zwei Wochen da drunten, alle, die ich getroffen habe, hatten sowas wie das Resolza in der Tasche. Mehr oder weniger waren das alle Hirten oder haben sonstwas mit Fleisch und Wurst zu tun (und mit Wein und Käse, hehehe). Mit den Teilen wird den ganzen Tag auf dem bauerhhof gearbeitetn geschnitten, gehebelt, gegessen. Und Schafe geschlachtet, Ziegen geschlachtet, Wildschwein ausgenommen und gegessen. Weder scheidet sich da jemand die Finger ab, weil die Messer keine Lock haben, nch braucht man CPM irgendwas, nur weil die Viecher nicht vorm ausnehmen durchgebürstet werden, noch braucht man 4mm Klingen, weil die Klingen andauernd brechen würden. Wackelt mal die Klinge, haut man mit dem Hammer auf den Niet, ists sie stumpf, rödelt man eben über nen Wetzstein. Ohne Winkelangabe ;) Funktioniert alles, ohne grosses Tamtam. Und warum?
Weil die Klinge so dünn ist :irre: Ich hatte ein S30V Schnickschnackmesser mit tactical dicker Klinge dabei und war gearscht. Da kann ich schleifen was ich will, das Horngriffmesser schnitt einfach besser. Wie Roman eben sagt, die Geometrie machts.

Egal wie, ich will einfache Messer nicht schönreden, aber als Stadtmensch und Kartonschneider und Messerpolierer mal wieder mitzubekommen, wies da draussen aussieht, nivelliert manches. Und über manche Diskussionen kann man nur noch lachen.
Und - Messer in diesem Stil sind allemal eine Empfehlung für den, ders individuellen will, aber nicht gleich jenseits der 500EUR ausgeben möchte.

Grüße
Pitter
 

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Nochwas, falls jemand nach Italien fährt und sowas kaufen will - kauft nicht auf den Märkten. Die Messer dort sind wesentlich billiger, so um die 20-30EUR, aber zumindest die, die ich gesehen habe, waren nicht original.

Grüße
Pitter
 
Danke,

schöne Messer, insbesondere das mit dem Horngriff ist echt ne wucht. Muß wohl doch mal nach Italien in den Urlaub fahren. :lechz:

Nur versteh ich nicht, wie das zweite Messer funktioniert - wird die aufgeklappte Kling von der vorderen Messingbacke und das zugeklappte von der hintern gehalten - so richtig mit scharfe Kling auf Messingbacke? :confused:

Take Care
 
wunderschön, genau mein Geschmack!
hier was ähnliches aus Spanien
navaja.jpg

Leider kein Kohlenstoffstahl, aber fuer 440er sehr schnitthaltig, die Klinge ist ebenfalls nur gute 2mm dick.
Schau Dir die Navajas aus dem 19. Jahundert an, sehr gross (offen >50cm), dünne Klingen und ein simpler Backlock (gab auch welche OHNE jeglichen Verschluss). Das waren reine Kampfmesser, damit wurde gegen die mit Säbeln bewaffneten Franzosen unter Napoleon gekämpft - und mit Erfolg...
Den Spaniern waren garantiert Begriffe wie "whiteknuckle test" oder "spinewhack test" unbekannt :D Aber der tägliche gebrauch zeigte, es funktioniert!
Sicherlich, heutzutage muss man immer darauf gefasst sein, dass man einen Panzer aufhebeln muss, oder der Griff vom Blut rutschig wird.........
ich bleibe lieber bei den klassikern :D
 
Ritchie schrieb:
Nur versteh ich nicht, wie das zweite Messer funktioniert - wird die aufgeklappte Kling von der vorderen Messingbacke und das zugeklappte von der hintern gehalten - so richtig mit scharfe Kling auf Messingbacke?

Gehalten wird da gar nix, gehalten wird die Klinge, egal ob offen oder zu, nur durch die Reibung am Horngriff. Wenn Die Klinge zu ist, liegt die Schneide auf dem Stahlspacer auf, ja, genau wie bei den traditionellen Laguiole.
Wenn man die Klinge hoch genug härtet, und man sie nicht draufknallt, passiert da auch wenig. Ist halt so.
"Modernere" Kontruktionen bauen bei der Rückenfeder einen Anschlag für die Klingenwurzel ein, die schlägt dann nicht mehr am Rücken an. Hab ich bei nem Laguiole, aber originool ist das eben nicht.

Grüße
Peter
 
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