Servus,
die Vorstellung von Headshrinker hat mir das Messer schmackhaft gemacht. Ich hab ein wenig die Website von Matthias durchgeschmöckert und mir sein Portfolio in Ruhe zu Gemüte geführt. Letzten Endes habe ich mich für einen leicht abgewandelten Utility Hunter II entschieden. Eben nach dem hier vorgestellten Messer, mit Hechtklinge und einer ausgeprägten Spitze. Die Stahlfrage war mit dem 80CrV2/1.2235 ohnehin zufriedenstellend beantwortet.
Erstmal ein noch ein paar Bilder weil's so schön ist.
Nach wenigen Wochen Wartezeit ist das Messer nun seit ein paar Tagen bei mir. Ich kann Headshrinker’s Aussage, „er mag es gar nicht mehr aus der Hand legen“ gut nachvollziehen, er liegt auch wirklich gut in selbiger und bei dem Verhältnis Klinge zu Griff wohl in fast allen Handgrößen.
Da das Wochenende in meiner Gegend ein Sauwetter begleitet hat, habe ich mich das ganze Wochenende lange dem Hunter gewidmet. Nach ausgiebiger Prüfung mit freiem Auge, habe ich auch dort genau hingeschaut, wo man üblicherweise nur die Fingerkuppe zur Prüfung anlegt. Unter dem Mikroskop zeigte sich eine, über weite Strecken der Schneide recht sauber geschliffenen Facette. Ich vermute mal am Bandschleifer geschliffen und dann noch mit feinem Band gefinisht, da die Facette selbst ballig abgezogen war, das schließt einen Stein erstmal aus und Leder mit Paste verrundet nur die Schneidenspitze nicht aber die ganze Fasenbreite. An zwei oder drei Stellen waren noch tiefe Schnitte von grobem Korn zu sehen und ein paar eingebrochene Stellen an der Schneidenspitze. Die Schärfe war nicht übel, in Zeitungspapier ist es aber nicht wirklich glatt durchgegangen.
Originalschliff:
Das ist keine Kritik am Schliff, sondern einfach eine Bestandaufnahme der Schneide an meinem Messer. Bis auf eine handverlesene Zahl an Messermacher, wird von mir jeden Schneide kontrolliert und frisch geschärft um jedwede „Defektschicht“ zu entfernen und frischen Stahl nach meiner Methode scharf zu machen.
Hier die "kleinen" Defekte:
Ich habe einen Schleifwinkel von 19° gewählt um nach dem ersten Grundschliff und weiteres scharfhalten durch wetzen, die sich bildende, sägeraue Schneidensspitze mit einer Mikrofase von 20°-21° zu glätten. Das braucht dann immer nur ein paar Züge mit einem feinen Stein zur Schneidenpflege mit so wenig Abtrag wie möglich:
Nach dem Umschleifen habe ich Mikrobilder gemacht, die im Vergleich schön den Unterschied zwischen meinem und den Originalschliff zeigen. Die von mir gesetzte V-Fase ist jetzt eine solide Basis, der ich einiges an Belastung anvertraue und zutraue.
Hier der frische Grundschliff:
Man kann das Messer auch ballig abziehen, oder mit Keramikstab und Leder oder was auch immer bei Laune halten. Jeder soll so machen wie er es für richtig hält, der 80CrV2/1.2235 lässt sich wunderbar leicht nachschärfen.
Natürlich habe ich auch die Klinge vermessen, am Ricasso sind’s 0.65mm und bis zur Spitze hin 0,50mm. Das sind jetzt keine Spitzenwerte für einen leichten Schnitt, aber für eine Messer dieser Gattung geht das völlig in Ordnung. Die Geometrie der Klinge ist symmetrisch geschliffen, mit der Rundung zur Spitze gab es keine Überraschung, die Facette ist weitgehend gleichmäßig breit geblieben. Die Spitze ermöglicht ein bröselarmes Teilen einer Trockenzigarre, was auch einer der kleinen Testprozedere ist, durch das jedes meiner neue Messer durch muss.
Tag darauf habe ich für fünf Köpfe einen Brunch vorbereitet, also jede Menge Rohkost, Obst, Nüsse, Brot usw. geschnitten. Die Klinge ist ja patiniert/brüniert ( was genau weiß ich nicht ) und hat optisch nur an der frischen Schneide und ganz leicht im vorderen Drittel der Klinge reagiert ( Zugschnitt, mit der dünneren Spitze, was sonst ). Der typische Geruch, wenn die verschiedene Säuren am Stahl reagieren war auszumachen. Nach einer guten Stunde Schnippelei war ich fertig und hab mir bewiesen, dass man damit auch Essen vorbereiten und eine zünftige Brotzeit halten kann, wenn es auch nicht die Domäne von dem Messer ist.
Alles an feinen Kratzern die durchs schleifen an den Flanken entstanden sind und die blanke Schneide sind jetzt patiniert und maskiert und fügen sich jetzt wieder in das Gesamtbild ein.
Am Sonntag Nachmittag habe ich noch ein paar Rundhölzer angespitzt und danach die Klinge zur Prüfung durch Zeitungspapier gezogen. Wie man sieht schneidet das noch fein, aber eine besonders lange anhaltenden Schärfe erwarte ich von dem Stahl natürlich nicht. Ich werde zum scharfhalten wetzen und man schauen wie schnell die Schneidenspitze dann rauer wird und zerfranst, so dass sie in der Zeitungsseite zu rupfen beginnt. Geht mir das mit der aufgerauten Schneidenspitze zu schnell, oder braucht‘s gleich vom Fleck weg häufige Intervalle, dann frische ich auf Steinen auf. Bis zum Ende des Sommers werde ich wissen, was der Schneide am besten bekommt.
Video
Zum Design und zur Verarbeitung bin ich ganz bei Headshrinker, das satte Gefühl in der Hand, das kluge Design vom Ricasso, dass ein Abgleiten in die Schneide verhindert, fast wie ein Schmalkropf, ist schon gut gemacht. Es gibt keine Kanten, alles sauber verschliffen und der Karamellton von den Griffschalen trifft mich in Kombination mit der grauen und immer bunter werdenden Klinge mitten ins Herz. Die dazugehörige Scheide ist mehr als nur eine Beigabe, man sieht und spürt, dass Matthias auch Lederarbeiten kann.
Ich bin rundum zufrieden mit meinem neuen Begleiter und wir werden sobald die Temperaturen wieder zweistellig werden, viel im Umland unterwegs sein.
Gruß, güNef