Spannungsarmglühen Eigenspannungen

Azkaenion

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Hallo Leute!
nachdem ihr hier so super bei den Hausaufgaben geholfen habt möchte ich mich erstmal ganz extrem bei euch bedanken. Vor allem für euren super, mega netten Umgangston.
Wir wollen nächstes jahr zusammen einen Beidhänder schmieden.
Das ist der eigentliche Grund warum ich hier im Forum angemeldet bin.
Bilder gibt es dann natürlich.

Aber ich hätte tatsächlich noch eine Frage.
Überall liest man vom Spannungsarmglühen.
Jetzt habe ich mich mit einem Wärmebehandler unterhalten und der meinte, dass würde nichts garantieren!
Nehmen wir das Beispiel der Statue.
Seine Aussagen:
Man müsste so eine Statue so konstruieren das erst gar kein Verzug entsteht.
Sprich wen ich so was segmentiere (Vollmaterial CNC gefräst) und ich schweiße an den Torso dann Kopf, Arme und Beine an.
Von mir aus mit dem Elektronenstrahlschweißen weil das sehr tief geht und nicht so viel Verzug hat.
Danach müsste man Lösungsglühen und Abschrecken, damit man keine gefügeveränderungen hat.
So. .
Da das ganze so massiv ist, geht das vermutlich alles ohne Verzug und da alles rein statisch belastet wird, jucken die Statue die Spannungen NULL.

Jetzt kommt aber der Punkt. . .
Wenn sich dabei etwas verzieht, dann muss man etwas Aufmaß drauf stehen lassen und es nach dem verzug dann fertig fräsen.
Am besten nochmal abgeschwächt Spannungsarmglühen (bin halt Edelstahl Fan also niedrige Temp. damit sich kein Chromkarbid bildet).

So. . .
Jetzt hat sich ja aber was verzogen. . .
Die Aussage ist, dass auch wenn man etwas nur herum liegen lässt immer ein Spannungsabbau erfolgt. Das heißt nicht das es Verzug gibt, aber über Diffusion in der Legierung werden Spannungen abgebaut.
ist ja auch logisch.
Selbst unter einer rein elastischen Belastunge kriechen Metalle im Laufe der zeit.
Ein Materialphysiker meinte das eine Statue in 1000 Jahren irgendwoe zwischen ein paar Nanometern und 1 Mikrometer gekrochen sein wird.
Das ist halt der Spannungsabbau.

Die Aussage vom Wärmebehandler ist, dass wenn man etwas hatte mit verzug und es dann Spannungsarm geglüht hat, es sein kann, dass es sich Monate später wieder verzieht, weil so dermaßen viele Spannungen im Material sind. Vielleicht reißt es auch nach 30 Jahren, weil die ganzen Spannungen an Stellen gewandert sind, die dann eine Schwachstelle darstellen.

Und jetzt kommt es. . .

Dieser sehr späte Verzug würde aber in der Regel dünnere Stellen betreffen.
Also z.b. die Finger einer Statue. Die würden sich dann minimalst verziehen.
Nicht so das man es sieht oder messen könnte, aber dem wäre so.

Aber bei so dicken Stellen wie den Armen oder Beinen wäre das nicht der Fall.
Ich wollte mit ihm dann darüber sprechen und ihn bitten mir das zu erklären, aber er hat dann ein paar sehr dumme und arrogante Antworten gegeben und wie teuer seine Zeit doch wäre und ob er hier am Almosen verteilen ist. . .

Also was haltet ihr von der Aussage?

Was mich stutzig macht.

Sagen wir es hätte sich wirklich mal das Bein verzogen.
Warum soll sich dann das Bein 50 Jahre später nicht nochmal verziehen, eben nur an einer dünneren Stelle?
 
bei den Eigenspannungen sind drei Arten zu unterscheiden, nämlich die 1., 2. und 3. Art. Letztere kompensieren sich innerhalb kleinster Bereiche, die Eigenspannungen 2. Art über mikroskopische Teilbereiche eines Werkstücks, und die Eigenspannungen erster Art über entsprechend große Bereiche des Werkstücks. Konzentrieren wir uns auf letztere, da die zu makroskopischen Formänderungen führen können, wenn man das Werkstück in seiner Temperatur ändert oder Volumen spanend abträgt.

Das Spannungsarmglühen führt dazu, dass sich Spannungen oberhalb der unter Temperatureinfluß aktuellen Streckgrenze abbauen bis genau auf diese sog. Warmstreckgrenze. Dabei kann sich das Werkstück verziehen.

Spant man Volumen ab, können weitere Formänderungen die Folge sein. Nach dem Spannungsarmglühen entsprechend weniger. Usw.
Plastische Verformung baut ebenfalls (Zug)Eigenspannungen wirksam ab.

Bei Turbinenwellen macht an das so, dass man sie unter Wärmeeinfluß rotiert, und durch die Erniedrigung der Streckgrenze in Kombination mit der Verformung durch den Durchhang werden die Eigenspannungen kleiner.

Prinzipiell kriegt man die Eigenspannungen so gut wie nicht mehr weg, wenn auch ihr Formänderungsvermögen immer kleiner wird, je kleiner das Volumen wird. Letztlich handelt es sich ja um gespeicherte plastische Formänderungsarbeit, die sich halt normalerweise nicht äußert, da die lokal vorhandenen Eigenspannungen im Gleichgewicht mit dem Restkörper stehen.

Die Frage ist, ab wo die Sache tolerabel wird, und ab wo es akademisch wird.

Kriechen etc. muß man hinnehmen, man kann die Kriechneigung durch Grobkornbildung reduzieren.
Bei groben Körnern, eine solche Glühung setzt hohe Temperaturen voraus, reduziert die Eigenspannungen 2. Art ganz erheblich.
Wie bei Medizin und Gift letztlich eine Frage der Dosis.

Und ja, auch ein spannungsfreiglühen ist keine Gewähr. Hat man sich einmal Eigenspannungen eingefangen, kann man die bis auf die Warmstreckgrenze erniedrigen, oder man muß nennenswert Volumen entfernen (soweit zu den Spannungen der 1. Art).
Alles andere ist noch aufwändiger.

Gruß
h
 
So wie ich es verstanden habe, gibt es in jeder Legierung / Bauteil Eigenspannungen. Nur machen diese normalerweise kein Problem. Wenn man dann aus einem großen Block ein Teil heraus fräst, erzeugt das Fräsen zum einen Spannungen aber zum anderen ist es ja auch so, dass beim Fräsen der Querschnitt erheblich verkleinert wird. Sprich Spannungen welche die ganze Zeit kein Problem waren, sind für den verkleinerten Materialquerschnitt auf einmal zu groß und es gibt Verzug.
Auch beim abschrecken in Wasser nach dem Lösungsglühen gibt es Eigenspannungen.
Bei hoch dynamisch belasteten Bauteile sind Eigenspannungen ein Problem, bzw. können ein Problem werden, weil diese durch die dynamische Belastung dann wandern können.
Bei einer Statue die nur herum steht ist das völlig egal.

Nur eines verstehe ich hierbei nicht.
Scheinbar geht man davon aus, dass sich recht massive Teile nicht verziehen mit der Zeit durch wandernde Spannungen.
Aber dünnere Teile wie die Finger schon.
Wobei scheinbar auch nicht viel.
Mir wurde das so erklärt, dass die sich nach Monaten oder von mir aus zwei Jahren nochmal um ein paar Mikrometer bewegen, also nichts was man irgendwie sehen kann.

Aber warum nicht die Beine oder Arme?

Das bei so etwas massivem wie einer Metall Statue durch wandern von Spannungen nach 500 Jahren irgendwie plötzlich ein Riss entsteht kann ich mir absolut nicht vorstellen.
Wenn ich so was bauen lassen würde was vermutlich Millionen kosten würde, dann würde ich auch alles überprüfen lassen.
So mit Röntgen - und Ultraschallprüfung und natürlich auch die Schweißnähte.
 
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