Spannungsarmglühen in der Feldesse

Schmiedeglut

Mitglied
Beiträge
839
Hallo Allerseits! Nachdem ich nun schon einige Erfahrungen sammeln konnte und mein erstes Messer geschmiedet habe was auch halbwegs als Messer durchgeht habe ich nun noch 2 Fragen die mir den Schlaf rauben :D

1. Meine Messer neigen dazu sich beim Härten (wenn ich die Klinge in Wasser oder Öl eintauche) zu verziehen.
Ich denke ich muss den Stahl irgendwie spannungsarm glühen bevor ich ihn auf Härtetemparatur bringe. Mein Problem ist... wie bekomme ich das in einer kleinen und alten Feldesse hin ? Ich bekomme es nicht hin eine konstante Temparatur über mehrere Minuten zu halten damit der Stahl dunkelrot entspannen kann.

Gibt es hierfür vielleicht einen Trick der mit meinen einfachen Mitteln machbar ist ?

2. Ich möchte meine ersten Feuerschweissversuche starten, schnalle aber noch nicht so richtig wie, wann und wo ich das Borax aufbringen muss.

Könnte mir jemand mal ganz kleinlich genau aufschreiben wie die Schritte sind zum feuerschweissen und wann und besonders wo ich den Borax auftragen muss !?!?! Muss der Borax nur von aussen an das Paket, oder auch zwischen die einzelnen Lagen gleichmässig verteilt werden ?



So... ich hoffe dass Ihr mir weiterhelfen könnt und harre der Dinge einfach mal aus :super:

danke im Voraus und liebe Grüße

Xzenon
 
Richtiges Spannungsarmglühen wird knapp unter der Weichglühtemperatur vorgenommen. 650 Grad wären ein Anhaltspunkt. Korrekt vorgenommen setzt es eine gewisse Zeitdauer voraus- das kann man alles im Stahlschlüssel nachlesen.
Das korrekte Verfahren läßt sich in der Feldschmiede mangels genauer Kontrollmöglichkeiten nicht ausführen. Man kann aber dem gewünschten Ergebnis durchaus nahekommen.
Ich könnte mir, wenn nur einfache Hilfsmittel zur Verfügung stehen, folgende Vorgehensweise vorstellen:
1. Nach dem letzten Schmiedevorgang wird in Öl abgeschreckt und das Öl sofort über der Flamme abgebrannt. Dann kann die Klinge erneut auf Dunkelrot erhitzt und in Asche oder noch besser im langsam ausgehenden Schmiedefeuer mit Holzkohle zum Erkalten abgelegt werden.
2. Danach wird geschliffen oder gefeilt bis die Klinge in etwa der Endform entspricht.
3. Jetzt erhält die Klinge einen Schutzmantel gegen das Verzundern- kommerzielle Schutzpaste oder Pampe aus Lehm, Holzkohlenstaub und Asche und wird in einem Holzkohlenfeuer ohne Luftzufuhr - Gartengrill genügt- nochmals auf Dunkelrot erhitzt und langsam abkühlen lassen.
4. Anschließend kann gehärtet werden. Das ist hier schon eingehend beschrieben worden- unbedingt in Öl.
Zur zweiten Frage: Das Flußmittel beim Feuerschweißen hat den Zweck, die Oxydbildung zwischen den Schichten zu verhindern und-wichtiger- entstandene Oxyde zu lösen, sodaß sie mit dem Flußmittel verflüssigt aus der Schweißnaht ausgetrieben werden können. Im Prinzip kommt es darauf an, daß das Flußmittel bei Schweißtemperatur dort ist, wo die Oxyde entfernt werden sollen. Das erreicht man am sichersten, wenn man es zu einem Zeitpunkt aufbringt, in dem es am Werkstück haftet und dort aufbringt, wo es wirken soll- also zwischen den Schichten. Markus Balbach hat seine Vorgehensweise vor einiger Zeit beschrieben. So oder ähnlich muß man es machen.
Besser als alle theoretischen Erklärungen ist es, einem der es kann zuzusehen. Beachtet man die grundlegenden Techniken, stimmt das Feuer und passen die Werkstoffe, so ist eine Feuerschweißung keine Hexerei. Ich habe einfache Schweißungen eigentlich jedem, der einen Hammer halten kann, in einer halben Stunde beigebracht.
MfG U. Gerfin
 
Danke für die schnelle Antwort!

2 Fragen zu Deiner Antwort hab ich jetzt aber noch :

1. Wenn ich nach dem Schmieden das glühende Werkstück in Öl abkühle, dann härte ich doch schon. Oder meinst Du ich soll das Werkstück in das Öl abschrecken, nachdem es aufgehört hat zu glühen ? Soll ich es nur kurz eintauchen, oder soll es komplett erkalten dass ich es anfassen kann ?

Wozu ist dieser Schritt denn gut ? Was passiert genau mit dem Stahl dabei ?

2. Wenn ich die Klinge dann im Lehmmantel auf einen normalen Grill lege, reicht das denn von der Hitze her aus ? Ich dachte ein Grill wird nur ca. 400Grad "warm" ? Soll ich es in der Glut lassen bis sie am nächsten Morgen aus ist, weil woher weiss ich dass der Stahl rot glüht wenn er im Schutzmantel ist ?


Ich freue michs chon auf die Antwort und sag schonmal Danke !

Liebe Grüße

Xzenon
 
Das erste Härten- das hast Du richtig erkannt- dient der Kornverfeinerung. Beim Schmieden passiert es gerade weniger Geübten , daß Klingenteile recht heiß werden, ohne anschließend kräftig verformt zu werden. Das führt zu einem grobkörnigen Gefüge und unter Umständen zu Korngrenzenzementit. Wenn Du die Klinge nach dem letzten Schmiedevorgang härtest, wird das Gefüge umgekörnt und verfeinert- aus dem austenitischen Zustand mit dem gelösten Kohlenstoff bildet sich Martensit. Beim anschließenden Erwärmen werden Karbide zunächst äußerst fein ausgeschieden und beim Überschreiten von AC 1 wird der nach dem Ausscheiden der Karbide entstandene Ferrit wieder zu Austenit umgekörnt. Verhoeven empfiehlt sogar dreimaliges Härten, um auf ganz feines Korn zu kommen. Das ist bei Ölhärtung durchaus zu empfehlen, ist aber nicht notwendig, wenn man beim Schmieden alles richtig gemacht hat- siehe oben- ausreichende Verformung bei der richtigen Temperatur.
Das mit dem Grill hast Du mißverstanden. Die Klinge wird nicht auf den Grill, sondern in die sacht und ohne Gebläse glühende Holzkohle gelegt. Die Temperatur kannst Du an der Glühfarbe der Kohle erkennen. Lehmpampe verändert die Glühfarbe, deshalb richte Dich nach der Glutfarbe der Holzkohlen. Gut ist es auch, wenn Du die Klinge in ein passendes Eisenrohr steckst, dieses mit Zeitungspapier festzustopfst oder mit Holzkohlenpulver füllst. Das Rohr wird in die Glut gelegt und verteilt die Hitze recht gut. Es sollte mit der erlöschenden Kohle erkalten
MfG U. Gerfin
 
AHA !!! Da hab ich ja mal aus versehen was richtig gemacht :) Ich hab mein erstes (gelungenes) Messer http://www.messerforum.net/showthread.php?t=43433nämlich mehrfach gehärtet weil ich es immer wieder erwärmt habe um den Verzug nach dem Eintauchen in das Öl wieder rauszuklopfen! Ist doch richtig dass ich es hierzu nicht kalt, sondern warm gerichtet habe, oder ? :confused:

Ok zu Deiner Antwort nur damit ich es richtig verstanden habe...

Erhitzen führt zu groben Gefüge= schlecht
Grobes Gefüge = gelöster Kohlenstoff
gelöster Kohlenstoff = austensisch
austensisch = gut zum verformen aber schlecht als Endprodukt

Austensische, heisse, grobkörnige Klinge-->
- Verformung durch Schmieden führt zu feinem (gutem) Gefüge
- Härten (schnelles Abkühlen) führt auch zu einem feinem Gefüge


Das was ich noch nicht verstehe:

also ich nehmen die Klinge--> erhitzen auf Schmiedetemperatur --> umformen( Gefüge wird feiner) --> kurzes Abschrecken im Öl (Gefüge noch feiner) --> im (luftdichten?) Rohr in die Glut legen und entspannen lassen (Gefüge wird ein bischen schlechter) --> wieder erhitzen auf Härtetemperatur (gefüge wird wieder gröber)--> Härten in Öl (Gefüge wird schlagartig fein und bleibt dann so)

Ok... soweit klar, aber:

Was genau bedeutet AC1? Ist das die Schmiedetemperatur ?
Also sagen wir ich habe Schmiedetemperatur von 850 Grad und ich erhitze den Stahl nach den oben genannten Schritten jetzt noch 2 mal auf 600, richte kurz noch die beim vorherigen Härten verzogene Klinge und Härte wieder in Öl.
Entsteht beim Härten mehr feines Gefüge als vorher beim Erhitzen grobes ?
Könnte ich dann nicht einfach 10 mal Härten um die Klinge perfekt gerade zu bekommen und ein 100% perfektes Gefüge zu erhalten
?:confused:
Ich wittere da schon wieder einen Haken bei der Sache !?!?

Geht es bei der "Rohrmethode" um eine gleichmässige Erwärmung weshalb ich es mit Kohlepulver füllen soll, oder muss es irgendwie luftsicht sein ? Wenn Luftdicht, warum ?

Ist die Glühfarbe der Glut identisch mit der Glühfarbe des Stahls ? Also wenn die Glut orange ist, dann ist es zu heiss, sondern sie soll nur noch leicht rötlich glimmen ?


So.... ach du Kacke, sind das wieder viele Fragen! Ich wollte eigentlich nur einen ganz kurzen Text tippen :irre:

Danke im Voraus schonmal für die Geduld und die Antworten !!!!!

Gruß

Xzenon
 
Oh weh ! Da ist einiges schief gegangen !
Um die erforderlichen Schritte zur Fertigung einer guten Klinge wirklich zu verstehen, mußt Du Dir einige Grundkenntnisse aneignen. Als Lektüre kann ich Dir Herberts Erläuterungen zur Arbeit mit dem Stahlschlüssel empfehlen. Wenn Dein Englisch brauchbar ist, ist die Arbeit von Dr. Verhoeven - zu finden als pdf in den Seiten der IGDF- aber auch hier in einem früheren thread aufgeführt- dringend zu empfehlen. Er behandelt praktisch alle Fragen, die zum Verständnis der Behandlung schneidender Werkzeuge gehören-sowohl ausführlich wie auch gut verständlich. Zur Vertiefung ist dann für allgemeine Stahlfragen z.B. der alte Rapatz zu empfehlen und bezüglich Messerstählen Romans Buch.
Als Einstieg will ich hier ein paar Fragen ansprechen- ein eingehenderes Studium ersetzt das aber nicht.
Zunächst zur Begriffsklärung: Eisen als Grundelement des Stahls tritt in zwei Modifikationen auf. Die Struktur, die bei Raumtemperatur bis etwa 900 Grad auftritt, nennt man Ferrit. Sie ist kubisch raumzentriert. Das heißt, daß die Elementarzelle ein Würfel ist, auf dessen Ecken und in dessen Raummitte Eisenatome sitzen.
Bei einer Erhitzung auf über 900 Grad verändert sich diese Struktur. Die Atome sitzen jetzt auf den Würfelecken und in der Mitte der Außenflächen des Würfels. Diese Struktur nennt man Austenit.
Hat man es nicht mit reinem Eisen zu tun und Kohlenstoff ist beigemischt, so ergeben sich bedeutsame Änderungen. Im Ferrit ist der Kohlenstoff nicht löslich. Er verbindet sich daher mit Teilen des Eisens zu dem Eisenkarbid oder Zementit. In Gegenwart des Kohlenstoffs sinkt die Temperatur, bei der aus dem Ferrit Austenit entsteht. Einzelheiten sind dem Eisen-Kohlenstoffdiagramm zu entnehmen. Im Austenit ist der Kohlenstoff nun aber löslich. Man kann sich das vorstellen, wie sich Zuckerstückchen im Tee lösen. Der Kohlenstoff nimmt im Austenit einen Platz zwischen den Eisenatomen auf Zwischengitterplätzen ein. Die Temperatur, ab der sich der Ferrit in den Austenit umwandelt und bei der der Kohlenstoff anfängt, sich im Austenit zu lösen, nennt man AC 1 Temperatur. Ist Kohlenstoff im Austenit gelöst und die Struktur wird schnell abgekühlt, so wird der Kohlenstoff auf den Zwischengitterplätzen eingesperrt, verspannt seinerseits das Gitter und führt so zu der "Härteform" des Stahls, dem sogenannten Martensit.
Geht man nun zur nächsten Strukturebene des Eisens/Stahls über, so stellt man fest, daß eine kristalline Form vorliegt, die aus mehr oder minder großen Zusammenballungen der Elementarzellen besteht. Sind diese Zusammenballungen groß, spricht man von grobkörnigem Gefüge, sind sie klein, so ist das Gefüge feinkörnig. Da der Zusammenhalt innerhalb der einzelnen Körner größer ist, als an der Grenze zum Nachbarkorn, ergibt sich zwingend, daß feinkörnige Gefüge zäher und stärker sind als grobkörnige.
Beim Schmieden, das in der Regel über AC1 ausgeführt wird, wird das Korn zertrümmert und verfeinert. Bei großer Hitze und wenig Verformung saugen größere Körner die kleineren auf und das Gefüge wird immer grobkörniger und spröder. Deshalb ist es wichtig, beim Schmieden die richtige Temperatur einzuhalten und kräftig und gleichmäßig zu verformen, um ein feines Gefüge zu erzielen. Eine Verfeinerung und Homogenisierung des Gefüges kann man auch durch ein kräftiges Normalglühen oder mehrfaches mildes Härten erzielen.
Zu den konkreten Fragen: Die meisten müßtest Du jetzt schon selbst beantworten können.
AC 1 hat mit der Schmiedetemperatur nichts zu tun, diese liegt am Anfang deutlich höher, die Schmiedeendtemperatur kann um AC1 liegen.
Härten unter AC 1 geht nicht. Solange kein Kohlenstoff gelöst ist und auf Zwischengitterplätzen sitzt, kann er nicht eingesperrt werden und das Gitter nicht verspannen.
Richten sollte man am besten gar nicht, indem man durch vorherige korrekte Wärme- und Schmiedebehandlung Verzug vermeidet. Ist massives Richten erforderlich, muß die Wärmebehandlung erneut vollständig- und diesmal richtig- durchgeführt werden. Leichte Richtarbeiten sind bei ca. 100 Grad möglich. Bei Dreilagenstählen mit hohem Anteil weicher Schichten kann man brutal richten- auch bei Raumtemperatur.
Nochmal zur Klarstellung: Das waren einfache Grundinformationen zum Einstieg, sozusagen als Appetithäppchen.
MfG U. Gerfin
 
Klasse! Da kommt ja endlich etwas Licht in mein Dunkel! Ich glaube soweit habe ich das alles verstanden! Da mein Englisch leider nicht so gut ist und ich bei Herberts Erklärung vom Stahlschlüssel wohl erstmal viel Zeit brauche fürs Studium, hoffe ich Du beantwortest mir noch ein paar kleine Fragen zu dem Thema !?

Ich verstehe noch nicht warum Normalglühen oder sanftes Härten ein feineres Gefüge herstellt !?!?!

Normalglühen könnte ich mir so erklären, dass es die Körner einfach durch die lange andauernde Hitze wieder auflöst und sich alles in den Ausgangszustand zurückversetzt...
Aber wenn ich den Stahl erhitze und dann abschrecke wie beim Härten verändert das doch nichts am Gefüge !?!?! :confused: (auch wenn ich ihn nicht ganz abkühle)

Mensch... das beschäftigt mich jetzt !!! Jetzt kann ich wieder nicht schlafen heute Nacht (das mein ich sogar ernst:super: )

Ich hoffe Du hast noch etwas Geduld mit mir ! Deine Erklärungen sind echt klasse und helfen mir wirklich endlich zu verstehen was da im Stahl überhaupt passiert!

DANKE!

Xzenon
 
Ah ich denke ich hab die Lösung selbst gefunden!

Ich habe nach schlechter WB einn Teil Martensit und zwischen dem Martensit befindet sich aber noch ungenutztes Ferrit, welches beim Härten nicht als Martensit umgewandelt wurde.
Wenn ich jetzt die Temperatur auf AC1 erhöhe, dann Löst sich das Martensit nicht auf, aber das restliche Ferrit verwandelt sich zu Austensit welches nach dem Abschrecken wieder zu weiterem Martensit wird.

So erhöht sich jedes mal das Martensit, je öfter ich über AC1 gehe und erneut härte!

Ist das so richtig ?
 
Nein, so geht das auch nicht ! Martensit ist ein instabiles Gefüge-praktisch Ferrit mit Verspannung durch den Kohlenstoff. Mit dem Wiedererwärmen des Werkstoffs schon beim Anlassen kann ein Teil des Kohlenstoffs aus seiner "Zwangslage" entweichen. Da er in der umgebenden Struktur nicht löslich ist, verbindet er sich mit Eisen zu dem Karbid Fe 3 C oder Zementit. Diese Ausscheidung findet zunächst in sehr feiner Form statt, sodaß eine Verfeinerung der Karbide resultiert. Wenn mit steigender Temperatur der Wiedererwärmung aller Kohlenstoff ausgeschieden wäre, hätte man ein Gemisch aus Ferrit und Zementit. Dieses Gefüge nennt sich Perlit. Perlit entsteht auch bei der Abkühlung des Austenits und zwar umso feiner, je schneller die Abkühlung erfolgte. Bei noch schnellerer Abkühlung kann das Zwischenstufengefüge entstehen und bei noch schnellerer eben der Martensit.
Das Normalisieren hat daher eine verfeinernde Wirkung a) durch das Umkristallisieren von Ferrit zu Austenit und umgekehrt und b) durch die Verfeinerung der Karbide. Besonders wichtig ist dabei auch, daß durch diese Behandlung die der Zähigkeit sehr abträglichen Karbidnetzwerke fgalsch geschmiedeter übereutektoidischer Stähle beseitigt werden können.
MfG U. Gerfin
 
Hallo ihr Beiden,

Erlaubt mir eine kurze Einmischung. Eure Diskussion ist sehr interessant mitzulesen, ich studiere solange dies nun schon so geht, mein altes Fachkundebuch, um die gelernten Metallurgischen Kenntnisse aufzufrischen und um allen Erklärungen U.Gerfin`s folgen zu können.
An dieser Stelle also ebenfalls meine Hochachtung und meinen Dank an U.Gerfin.

Ich stelle mir dauernd vor wie es wäre , wenn man es schaffen würde die Chemischen, resp. die Physikalischen Abläufe Trickzeichnerisch darzustellen.? Sowas würde unglaublich viel Phantasie voraussetzen und noch mehr Fachwissen, welches U. Gerfin ja offensichtlich hat.
Also wer Zeichnet? Es würde nach der Bibel das meistverkaufte Buch;)
(jedenfalls hier im Forum)
Verzeiht die Unterbrechung

unsel
 
Also wenn Ihr mir das ganze genau erklärt dass ich nichts falsch darstelle, dann mache ich einen Videofilm daraus!

Im Gegensatz zum Schmieden kenne ich mich mit Videobearbeitung sehr sehr gut aus und bin da auf meinem Fachgebiet! *freutsichdasserauchmalwasgutkann*

Mal im Ernst.... so ein Film würde wirklich gut helfen! Ich ziehe zwar jetzt erstmal um, bin anschließend 3 Wochen auf Bali, aber ab August hätte ich Zeit dafür und würde den Film machen.

Das was viel schwieriger wird.... ich muss es bis dahin verstanden haben :D
 
Nehm dir die Ratschläge von Ulrich zu Herzen, besser kann man es nicht beschreiben. Eine kleine Anmerkung habe ich aber auch noch. Bei deiner ersten Beispielklinge hast du geschrieben „Blauer Papierstahl“. In diesen Dimensionen gibt es den aber nur als Laminat, also drei oder mehrlagig. Wenn du den ungleichmäßig ausschmiedest und die Klingenlage nach dem schleifen außer Mitte liegt ist ein Härteverzug meistens vorprogrammiert. Da kennt’er keinen Spaß, der Japaner. Andere Laminate übrigens auch nicht. ;)

Grüße
Martin
 
Ich hole dieses etwas ältere Thema an dieser Stelle mal wieder nach oben.

Auch ich hatte einige schlaflose Nächte wegen der Frage nach dem Spannungsarmglühen. Irgendwann ist mir folgende Konstruktion eingefallen:

Ich habe mir drei Porenbetonplatten besorgt. In eine habe ich mittig eine Aussparung ausgesägt, in die ein Stahlbarren hereinpasst. In den Stahlbarren habe ich dann einen Schlitz geflext, in den eine Messerklinge hochkant eingelegt werden kann. So sieht die Konstruktion aus.

dsc00241um.jpg


Die Idee, die dahinter steckt, ist folgende:

Der Barren wird in der Esse auf die gewünschte Glühtemperatur erhitzt. Das dauert natürlich bei dem dicken Ding etwas länger. Am besten heizt man ihn neben der normalen Schmiedearbeit schonmal vor, anstatt die Esse extra dafür aufzuheizen.
Glühfarbe und Magnettest helfen mir bei der Temperatureinschätzung. Noch exakter wäre natürlich ein entsprechendes Thermometer. Ich überschreite die Zieltemperatur etwas und lege den Barren in die Aussparung. Dann kommt eine Porenbetonplatte als Deckel drauf und verschließt die Aussparung mit dem heißen Barren.
Jetzt warte ich einige Zeit und kontrolliere ab und zu die Temperatur des Barrens in dem Porenbetonkasten. Sinn der Überschreitung ist es, den Porenbeton zu erwärmen, damit beim Beginn der Glühbehandlung kein plötzlicher Temperaturabfall entsteht.

Ist die Zieltemperatur erreicht, lege ich die Klinge in den Schlitz und bedecke sie sofort mit Holzkohlenstaub. Das soll eine Verzunderung oder Entkohlung verhindern. Dann kommt schnellstens der Deckel wieder auf den Kasten und wird möglichst Luftdicht verschlossen.
Jetzt kann die Klinge sich am Barren aufheizen und langsam abkühlen.
Ich werde demnächst testen, ob man mit dieser Methode die Klinge auf Härtetemperatur bringen kann, ohne sie selbst ins Schmiedefeuer halten zu müssen.


Nun meine Fragen an Euch: Was haltet ihr von der Konstruktion? Kann ich, abgesehen von dem späteren Härteergebnis (Verzug), noch anhand eines anderen Verfahrens erkennen, ob das Spannungsarmglühen erfolgreich war, um das Ergebnis zu bewerten?

Einfach ist die Methode jedenfalls und finanziell sehr überschaubar. Kosten: Keine 10 Euro für die Steine und die schleifscheibe. Der Stahlbarren lag einfach im Keller und man dürfte relativ einfach ähnliches auf dem Schrott finden.
 
Die Konstruktion ist gut, aber was willst Du mit Spannungsarmglühen?.

Wenn Du nach dem Schmieden ordentlich normalisierst und weichglühst, wirst Du mit Spannungen kein Problem haben. Spannungsarmglühen als Spezialbehandlung wird u n t e r der Weichglühtemperatur durchgeführt-also irgendwo um 600-650 Grad C. Es macht Sinn, wenn man ein ordentlich weichgeglühtes Stahlstück beim Schleifen partiell übermäßig erhitzt und mit Spannungen aufgeladen hat. Das kommt also am ehesten bei der stock removal- Technik und Schleifen mit stumpfem Band und hohem Druck in Betracht. Sonst ist dieser Schritt für so einfache Gebilde wie Messerklingen nicht nötig.
Die beim Erhitzen zum Härten auftretenden Wärmespannungen und die Umwandlungsspannungen kann man durch Spannungsarmglühen sowieso nicht beeinflussen.

Bei der Temperatur des Spannungsarmglühens ist mit Verzunderung oder Entkohlung nicht wirklich zu rechnen, da passiert bei normalen Zeiten nichts.

Wenn Du Deine Konstruktion mit etwas höherer Temperatur einsetzt, kannst Du sehr schön weichglühen. Ein Wasserrohr mit Holzkohle oder Papierschnipseln und einem Batzen Dreck vorn und hinten tut es aber auch und ist noch einfacher zu benutzen.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Hallo Xzenon,

ich hatte einst ziemliche Probleme mit dem Damastschmieden und habe auf dem harten Weg rausfinden müssen dass es am aufbringen des Borax gelegen hat. Deshalb hier einige Ratschläge.

Wenn Du mit Kohle oder Koks schmiedest haftet am Werkstück Staub der gerne verhindert dass das Borax zwischen die Lagen fliesst. Deshalb das Werkstück auf ca. 900 Grad erwärmen und dabei möglichst immer mit Kohle bedeckt halten wegen der Oxydbildung dann rausnehmen und die Verkrustungen mit einer Drahtbürste gut abbürsten, Borax drauf und fließen lassen. Werkstück über dem Feuer so hin und herkippen dass das flüssige Borax überall hinkommt und sauber zwischen die Lagen fliesst. Wenn das über dem Feuer passiert kannst Du im Anschluss gleich die andere Seite genauso bahandeln.

Dann mit Kohle bedecken und auf Schweisstemperatur bringen das Paket möglichst so drehen dass die Lagen Horizontal liegen und das Borax nicht wieder rausläuft, in der Kohleesse passiert das durch den Luftstrom nicht so leicht in der Gasesse ist das wichtiger.

Wenn Du das so machst brauchst Du auch kein Amoniumchlorid oder sonstige Tricks. Mir hatte man sogar empfohlen dass der Stahl bei polierter Oberfläche schon bei 950 Grad schweisst. Sorry U.Gerfin aber das war kein guter Rat.

Hoffe ich konnte Dir helfen.
Gruss schakaa
 
Zuletzt bearbeitet:
Und wieder einiges gelernt! Danke U. Gerfin!

Das eine erneute Entspannung nach dem Schleifen trotz Weichglühen noch erforderlich ist, erschien mir zwar unlogisch, ich hatte nur nirgends etwas gegenteiliges gelesen.

Wie ich schon angerissen hatte, geht es mir um die Wärmebehandlungen, bei denen ich längere Zeit erhitzen oder langsam abkühlen lassen muss. Ich trau mir ehrlich gesagt noch lange nicht zu, es in der Esse richtig zu machen, da ich noch sehr mit der Feuerführung kämpfe.
So ist es mir beim Weichglühen passiert (vor dem Bau), dass die Esse doch noch zu heiß war und ich zur Sicherheit das scharfe Normalisieren (nach der Anleitung von Günther) wiederholt habe.

Vielleicht ist das Gerät ja für jemand anderen hilfreich. Ich finde das Arbeiten damit recht bequem und es ist eine wirklich Preisgünstige Alternative.


Danke für die Rückmeldung oder neudeutsch: das Feedback!
 
Zu Beitrag 15
Da ist etwas durcheinander gegangen. Ich habe angeregt, den Bericht von Esser im "Archiv Eisenhüttenwesen" 1930/31 S.199-206 über die jeweils günstigen Schweißtemperaturen nachzulesen und als Ergebnis der Versuche dies Verfassers zitiert, daß je nach Oberfläche 970-1280 Grad C geeignet sind. Nachlesen muß man das schon selbst und dann für sich entscheiden, ob die dort geschilderten Vorgehensweisen für die eigne Arbeit brauchbar sind.

Verschweißen unter Erwärmung und Druck geht bei bestimmten Stählen sogar bei noch niedrigerer Temperatur: Prof Sherby hat mit seinen superplastischen Stählen Verschweißungen schon bei Temperaturen unter AC 1 (721 Grad C) erzielt.

Das ist aber nicht zur Nachahmung empfohlen-weder stehen uns Normalsterblichen die superplastischen Stähle zur Verfügung, noch haben wir Vorrichtungen, mit denen wir den zur Verschweißung bei diesen niedrigen Temperaturen erforderlichen Druck aufbringen können.

Freundliche Grüße

U. Gerfin
 
Interessant ist das ja schon aber ehrlich gesagt bin ich sehr froh dass es auch ohne polieren geht.:D

Gruss schakaa
 
Ich hol das alte Thema nochmal hoch, da ich heute die hier gegebenen Ratschläge teilweise umgesetzt habe, und mir dabei etwas ziemlich verwirrendes passiert ist:


Das Ergebnis schicke ich vorweg: Ein geradesesser von ca. 40cm Länge, geschmiedet aus einer Feile, ist zu einer Art Sichel geworden, hat sich also nach innen zur Schneide hin verzogen.

Das ganze ist beim weichglühen geschehen. Vorher habe ich zur Sicherheit mehrfach Normalisiert, zunächst an der Luft kühlend, später in Öl. Hierzu habe ich vor dem Kühlen die Klinge bis fast nicht magnetisch erwärmt.
Weder an der Luft noch im Öl ist größerer Verzug aufgetreten.

Danach habe ich die Klinge in einen gleichmäßigen Lehmmantel gepackt und mit dem Rücken nach unten in die ausbrennende Holzkohle gelegt. Als diese fast weggebrannt war, habe ich die Ziegel meines improvisierten Glühofens zusammengeschoben, um das Abkühlen der Klinge zu verlangsamen. Nach etwa 4-5 Stunden waren die Ziegel mit bloßen Händen berührbar und ich habe die Klinge herausgenommen.

Zusätzlich zu der oben erwähnten Krümmung hat es noch einen seitlichen Verzug gegeben, der aber nicht ansatzweise so stark ausfällt, wie der Längsverzug und deshalb nicht für diesen verantwortlich sein kann.

Schlimm ist das ganze nicht, zumal ich mit Verzug oder gar Bruch von vornherein gerechnet hatte, aber es würde mich interessieren, woher diese extreme Krümmung kommen kann. Vielleicht hat ja jemand eine Idee oder ähnliches schon erlebt?
 
Hallo Goderich, das ist wirklich sehr komisch. Beim Härten oder Normalisieren ist das bei so langen Klingen manchmal unumgänglich. Aber beim Weichglühen:irre: Könnte mir hochstens vorstellen, dass die Klinge vorn und hinten aufgelegen hat und sich durch das Eigengewicht durchgebogen hat. Aber du hast die Klinge ja in einen Lehmmantel eingepackt, also auch unwahrscheinlich. Hat der Mantel denn Risse bekommen?

Bin gespannt, was die Profis dazu sagen. Hier ist mir etwas ähnliches passiert, allerdings beim Härten. Beim Normalisieren und weichglühen war die Klinge noch nicht ausgeschliffen. Daher da kein Verzug...

Gruß Jannis
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück