Spiegel-Online Artikel Damaszenerstahl

Hallo Dragon

Weiß nicht so recht, die Sache ist schon mindestens seit zwei Jahrzehnten abgehandelt. Sollte sie zumindest sein. Edit: Und vor ein paar Sekunden kam das Thema auch noch in einem meiner anderen Foren (Tempus Vivit) auf. Es zieht wirklich Kreise!
 
Last edited:
Hallo nochmal

Bevor Mißverständnisse entstehen:

Die Sache mit den "Nanoröhrchen" ist durchaus sehr interessant und tatsächlich neu, aber eben nicht im "mystischen" Zusammenhang und im Bezug auf Schneideigenschaften etc. Man sollte da wirklich das zuständige Institut direkt befragen.
 
Schlimm finde ich, dass sowas derart großen Anklang findet, obwohl es ganz offensichtlich, naja, nicht so doll ist. Ganz vorsichtig formuliert.
Und das sich keiner (edit: kaum einer) traut, das laut zu sagen.

Was hat das, mit sich trauen zu tun?
Die, die Ahnung haben, äussern sich doch hier entsprechend.
Und was sollen die kritisieren, die keine Fehler entdecken?
Die Resonanz liegt wohl eher in der Verbreitung und im Medium. Spiegel Online liest halt "jeder" zum Frühstück und der Artikel liest sich doch auch gut.
Portion Wissenschaft, Portion Mythos und Sage,...

Man sollte da wirklich das zuständige Institut direkt befragen.

Steht Dir doch auch frei. Auf die Emailadresse habe ich hingewiesen.
 
So Nanofäden.

Ich hab den Aufsatz von Herrn Kochmann vor 2 jahren über die Damaszenerstahlgesellschaft bekommen.

Nun da steht wirklich viel über Gefüge drin. Ich denke auch mal viel Richtiges.

UND?

Was fehlt?

Na ganz, einfach die Nachweise der besseren Eigenschaften bezogen auf Klingen oder Schneiden.

Ich such den Artikel jetzt schon den halben tag, daher bin ich noch vorsichtig was ich sage, denn das ist nur aus der Erinnerung.

Aber mal ganz einfach mal ein paar Fakten zusammentragen.

Die Wootzklingen bestehen aus übereutektoiden Stahl meist zw. 1,6 und 2,2%C mal ganz grob.

Heist haufenweise (wörtlich gemeint) ungelößte Karbide in der Grundmasse nach der WB. Muss auch so sein, denn sonst gits kein Muster.

Das Muster wird über recht komplzierte Glüh und Schmiedetechniken (Siehe Achim Wirtz) erstellt.

Dabei sind die Musterungen auf Kristallseigerungen zurückzuführen die durch eben diese thermischen und mechanischen Prozesse bestimmt wird.

Was man früher gemacht, hat ist ja auch noch eine Schmelze die kaum Reinigungsprozesse durchlief. Also Verfahren zum herausholen der Schlakestoffe und anderen Verunreinigungen diente.
Vielleicht ein wenig Kalk Zugabe.

Diese nichtmetallischen Einschlüsse die auch zum Teil recht groß sind (so etwa 1-10µm) bzw. auch in ihrer Menge variiren, sind also auch noch im Material mit geseigerter karbidstruktur vorhanden. (Da weis Achim sicher mehr als ich, wie's damit ausschaut)

Bekannt ist auch, dass Klingen aus Wootz kaum eine richtige Härtung hatten eher eine milde Form der vergütung.
Das kann man auch in Orginalen gut sehen, dass z.B. im Schneidenbereich eines Tulwar Säbels an den vorderen 10-15 cm der starken Krümmung eine Vergütungsliene sichtbar ist.

Darf er auch nur da haben, denn wenn der mit sagen wir mal 1,9%C voll gehärtet würde ist da mal alles spröd und bereit zum berchen.
Daher hat manns halt auch nur an dem beim Kampf wichtigsten Teil gemacht, der Rest war bestenfalls kalt gehämmert um nicht gleich zu verbiegen.

So dann fassen wir mal das kurz zusammen:

Jetzt haben wir einen superbrösligen Werkstoff, mit vielen und großen Karbiden oder kleinen Karbidwolken im µm_bereich von ca. 1µm-30µm. Dieser enthält unter Umständen auch noch Unreinheiten in beträchtlicher Zahl.
Ganz zu schweigen von den Vergütungsfehlern die noch so rumgeistern wir grobkorn.
Weils ja ein einfacher C stahl ist und nicht mit Mördermässig V oder W legiert ist um das Kornwachstum zu bremsen. dann Haben wir wegen der Vergütung auch noch ein wenig Korngrenzenzementit und weis der Geier noch was drin....

Und dann sind da auch noch Nanofäden....

Ehrlich es fällt mir recht schwer dran zu glauben, dass bei all den Riesenfehlstellen die in so einem Stahl einfach drin sind, ausgerechnet die kleisnten der sichtbaren Beteiligten, die Naos nun alles rausreissen, und gar erstaunliche Eigenschaften ergeben wie extemen Biegebruch und Schockbelastbarkeit, Schneidhaltigkeit usw.

Da lass ich mich aber auch gerne Überzeugen dass es was bringt.

nix für unguat:glgl:
 
Achim hat die Herstellung und die Eigenschaften des Kristallisationsdamasts oder "echten Damasts" schon mehrfach eingehend , klar und ohne Humbug beschrieben. Es gibt auch einen vorzüglichenArtikel in einer französischen Zeitschrift-könnte ich wieder heraussuchen- für mich war die Sache nicht so interessant. Danach zeigt Kristallisationsdamast seine Muster nur dann in schöner klarer Form, wenn er nicht gehärtet ist. Das ist auch logisch-wenn das Muster durch Karbidwolken entsteht, muß es sich abschwächen, wenn ein großer Teil der Karbide beim Härten gelöst wird. Das paßt zu den historischen Angaben zum Härten des Kristallisationsdamasts im kalten Luftstrahl, wo allenfalls die dünne Schneide genügend rasch abgeschreckt wird, um Härtungsgefüge zu bilden. Ebenso deckt sich das mit meinen Erfahrungen mit einem sehr schönen Wootzdamast, den Al Pendray mir geschenkt hatte und der das Kerk narduban Muster perfekt zeigte -(kerk narduban bedeutet soviel wie " die Leiter und die Rose" und galt als das vollendete Muster). Dieses Stück war nicht weich, sondern butterweich und nach vorsichtigem Härten verlor es sein Muster und zurück blieb eine schlierig graumelierte Struktur.
Als Fazit kann man festhalten: Kristallisationsdamast, wie wir ihn kennen, ist im Klingenkörper weich und schön und schneidet mit den vielen Karbidzähnchen oder auch mit der partiell gehärteten Schneide.
Härtet man ihn voll, dann kann ich mir gute mechanische Eigenschaften nicht vorstellen-siehe Romans Beitrag. -Es sei denn die Nanoröhrchen bewirken ein Wunder (???). Unterstellen wir mal, es gibt sie wirklich: sie müßten dann neben den ja auch vorhandenen, für die Musterbildung unerläßlichen Karbiden zusätzlich vorhanden sein. Wenn man einen Karbidanteil von ca. 30 % im Stahl hat-der ist einfach feststellbar und meßbar- woher soll dann der zusätzliche Kohlenstoffgehalt kommen ?
Was mich auch ein bißchen skeptisch macht, ist die Tatsache, daß vor gut 15 Jahren schon einmal im Osten Deutschlands über die überlegenen Eigenschaften des Wootzstahls spekuliert wurde, was man damals auf die Bildung der gerade aufgefundenen Fullerenstruktur (sog. Fußballmolekül des Kohlenstoffs) zurückführen wollte. Davon hat sich leider nichts bestätigt.
Was ich an solchen Artikeln gut finde, ist, daß sie Interesse wecken und Denkanstöße geben. Was ich schlecht finde, ist, daß sie ohne saubere Recherche gemacht werden. Wenn ich den Unfug von den überlegenen arabischen Waffen in den Kreuzzügen höre, kann ich mich schon ärgern. Das genaue Gegenteil ist wahr, wird aber aus einer gewissen Häme heraus gern anders dargestellt. Von den phantastischen Waffen müßte sich doch irgendein Stück erhalten haben, das man dann untersuchen könnte. Fakt ist, daß Prof. Tzschokke echte Kristallisationsdamastklingen untersucht hat und deren mechanische Eigenschaften waren ... Ich erinnere mich, daß Manfred Sachse die Ergebnisse mal in einem Aufsatz veröffentlicht hat.
Warten wir also mal ab, was sich da wirklich nachweisen läßt.
MfG U. Gerfin
 
Roman
Wenn das so ist, wenn Du eine Schneide mit groben Anschlüssen, entsprechenden Ausbrüchen z.B. unter Mikroskop gesehen hast, dann ist das eine Klinge von niedriger Qualität.
In dem Fall kann jeder deine Gefügeaufnahmen (1.3505 oder 1.2510) mit diesen Wootzaufnahmen vergleichen.

Man kann hier noch mal sagen: „Märchengemäß“:D muss Klingenmuster von einer guten Klinge anders aussehen. In dem Fall stimmen sowie Märchenteil als auch Gefüge nicht.

Eine fast IMHO ähnliche Klinge habe ich benutzt. Nach Macherwunsch habe ich die gebrochen.
Klingenmuster ist leider kaum zu sehen.

http://bilder-speicher.de/Marice624611.gratis-foto-hosting-page.html

Diese Klinge hat auch ein von Messerforummitglieder gesehen.
Er hat die als „für Messerbau ungeeignet“ bezeichnet.
 
Roman

Wenn von Dir untersuchte Wootzklinge (Schneide) unter Mikroskop z.B. grobe Einschlüsse und Entsprechende Ausbrüche zeigt, dann ist Qualität nicht besonders hoch.
Da gibt’s nichts zum Diskutieren und ein Wunder in dem Fall gibt auch nicht.
 
Kann es nicht sein, dass dem aufgeschlossenen Leser, der eigentlich keine Ahnung von Stahl, Damast usw. hat, mal der Mund offen stehen bleibt. Und einfach nur neues Interesse geweckt wird?

Inhaltlich und fachlich sollte ein Artikel natürlich "richtig" sein.

Dennoch neige auch ich, als "nur" Küchenmessernutzerin, auch dazu solche Artikel zu hinterfragen und mich bei Interesse weiter zu informieren.

Übrigens auch Stern online schreibt mit:http://www.stern.de/wissenschaft/natur/:Damaszener-Stahl-Die-Ritter-Nanotechnologie/576565.html

Schöne Grüße Juliette
 
Hallo
Ich bin relativ neu hier und nicht sicher ob ich überhaupt schonmal was gepostet habe, frage mich aber warum alle den Spiegel oder Stern Artikel diskutieren (also sozusagen einen Sekundärartikel) und nicht den Orginalartikel NATURE|Vol 444|16 November 2006 Seite 286 von Reibold et al.? Da sind doch auch einige weiterführende Zitate genannt.
Habe ihn gelesen, klingt auch erstmal plausibel, bin allerdings Biologe und kein Metallurge oder Schmied.
Gruß,
Marcus
 
Kann es nicht sein, dass dem aufgeschlossenen Leser, der eigentlich keine Ahnung von Stahl, Damast usw. hat, mal der Mund offen stehen bleibt. Und einfach nur neues Interesse geweckt wird?

Es ist einfach so, dass solche Artikel dazu führen, dass die halbgebildeten "Wunder Damast" Salmwafer wieder Futter für Ihre Jünger haben, und was von der geheimen Nanotechnologie erzählen können. Wundert mich, dass man nicht noch das Keyword Lotuseffekt eingebaut hat. Passt zwar überhaupt nicht zum Thema, ist für die "verwirre mich nicht mit Fakten" Fraktion aber auch vollkommen wurst.

Interesse hin oder her, die schlimmsten Artikel sind die halbwahren. Die ganz flaschen erkennt man wenigstens sofort ;) Und mir geht das halbgare Geseier langsam aber sicher gehörig auf den Senkel - sorry, hab wieder ein paar Fernsehberichte über Messer und Stahl hinter mir ;-)

Grüße
Pitter
 
Kann es nicht sein, dass dem aufgeschlossenen Leser, der eigentlich keine Ahnung von Stahl, Damast usw. hat, mal der Mund offen stehen bleibt. Und einfach nur neues Interesse geweckt wird?

Wenn's so wäre müssten ja nun die vom Interesse geweckten Massen das Messerforum stürmen... :glgl:
 
Das kannst garnicht vergelichen Dimm.

Das ist reisnster Stahl der da umgeschmolzen wird und nicht Roheisen/Rohstahl der aus Rennfeuern oder Erz herkommt.
 
Ich habe mir die Originalarbeit jetzt mal angesehen. Der Text ist nach einigem Hin und Her bei google unter der Bezeichnung Zeitschrift: Nature zu finden. Der Artikel enthält weitere Hinweise auf Arbeiten in dieser Richtung und es hat sich bestätigt, daß teilweise dieselbe Mannschaft am Werke ist, die auch schon das Fulleren in den Wootz hineingeheimnist hat.
Die Arbeit selbst ist aber wissenschaftlich sauber gemacht und durchaus ernst zu nehmen. Die reisserischen Angaben in den darauf fußenden Artikeln enthält sie, wie erwartet, nicht.
Ich will den wesentlichen Inhalt hier in Kurzform wiedergeben, da ich befürchte, mit dem Fachenglisch könnte mancher seine Schwierigkeiten haben.
Zunächst wird die Hypothese wiederholt, daß durch die Beimengung bestimmter Pflanzenstengel-cassia auriculata u.a.- und die Verwendung bestimmter Erze, die Beimengungen Seltener-Erde-Metallen enthalten, in den erschmolzenen Stählen katalysatorisch wirkende Elemente zurückbleiben. Diese Elemente werden nach der Vorstellung der Autoren durch zyklische Wärme- und Schmiedebehandlungen in Ebenen parallel zur Schmiederichtung angereichert. Dort bewirken sie die Bildung feinster Nanoröhrchen-wohl aus Graphit- und in deren Innern die Ausscheidung feinster Nanodrähte aus Zementit- also dem einfachen Eisenkarbid, sowie auch die Abscheidung gröberer Karbide.
In einem der zitierten Artikel von Reibold u. a. wird erörtert, daß sich diese Nanodrähte bei Anlassen bei 400 Grad auch nach 24 stunden noch nicht aufgelöst haben, während sie bei einer Weichglühbehandlung bei 800 Grad verschwinden.
An diese Befunde knüpft sich die Spekulation an, daß die vorzüglichen Eigenschaften des "echten Damasts" auf die Bildung dieser Nanoröhrchen und Drähte zurückzuführen sein könnten.
Die tatsächlichen Ergebnisse der Untersuchung sind bedenkenswert, die daran anknüpfenden Spekulationen bleiben "mit Vorsicht zu genießen". Bleiben wir bei den überlegenen Eigenschaften des "Kristallisationsdamasts"- darüber ist viel geschrieben worden, bei echten Untersuchungen haben sie sich bisher nie bestätigen lassen. (Vergl. hierzu etwa die Untersuchungen von Tzschokke).
Nanoröhrchen aus Graphit würden die Struktur nicht unbedingt positiv beeinflussen, Nanodrähtchen aus Zementit wären dagegen sicher sehr interessant. Es bleibt die von mir in meiner ersten Stellungnahme genannte Frage, wo die Nanoröhrchen und -drähtchen in geeigneter Zahl herkommen sollen, wenn der vorhandene Kohlenstoff in den Zementitclustern, die zur Musterbildung erforderlich sind und die man ohne weiteres messen kann, weitgehend aufgebraucht ist.
Was bleibt? Ein hoch interessanter Ansatz, von einem Durchbruch zur Herstellung technisch höchstrangiger "Kristallisationsdamaste" sind wir aber noch Meilen entfernt-wenn es überhaupt in diese Richtung gehen könnte. Ich wäre sehr gespannt zu erfahren, was Achim und Dr. Verhoeven zu der Sache sagen.
MfG U. Gerfin
 
Last edited:
....frage mich aber warum alle den Spiegel oder Stern Artikel diskutieren (also sozusagen einen Sekundärartikel) und nicht den Orginalartikel....

(A) Weil der Thread nun mal zum SPIEGEL Artikel eröffnet wurde.

(B) Weil ausser einer Handvoll Fachleute niemand jemals den Originalartikel lesen wird.

(C) Weil der horrende Schwachsinn den dieses sogenannte Nachrichtenmagazin da serviert wesentlich mehr schmerzt als die x-te wissenschaftliche Untersuchung zum Thema Damaststahl.
 
In der FAZ - ich gestehe, ich lese diese Zeitung regelmäßig - fand sich gestern in der Abteilung "Natur und Wissenschaft" eine deutlich weniger reißerische Zusammenfassung des Originalartikels (unter Angabe der Fundstelle: "Nature", Bd. 444, S.286). Soweit das mit meinem Halbwissen nachprüfbar ist, wird hier das Vorhandensein von Nanostrukturen im Klingenstahl in ein korrektes Licht gerückt.

Zitat (letzter Satz): "Inwieweit sowohl die mechanischen Eigenschaften (...) auf diesen Nanostrukturen beruhen, sollen nun weitere Untersuchungen zeigen."

So geht's auch...
 
Als ich den Artikel gelesen habe, rollten sich mir die Fußnägel hoch. Nicht wegen der Berichterstattung um die Nanoröhrchen, dazu kann ich kaum etwas beitragen. Aber die gesamten "Umgebungsbeschreibungen" strotzen nur vor offensichtlichen Fehlinformationen.

Ich habe den zuständigen Verfasser des Artikels im Spiegel, Herrn Markus Becker, angeschrieben und auf die offensichtlichen Fehler hingewiesen. Die Antwort ließ natürlich nicht lage auf sich warten. Selbstverständlich hat der immer unfehlbare Spiegel Recht und ich habe keine Ahnung. Da ich keine Lust habe, meine Zeit an solche "unfehlbare Allwissende" zu verschwenden, habe ich mir die Rückantwort gespart. Der Spiegel, den ich seit Jahrzehnten wöchentlich lese und immer für integer hielt, ist für mich erst mal gestorben.

Achim
 
mir schwirrt der kopf :)
so ganz uninteressant kann wootz jedenfalls nicht sein -
taucht z.b. im jüngsten Messermagazin ebenso wie bei Roselli als besonders edel auf.
lustig auch, dass der originalartikel in Nature den biologen eher als den metallurgen oder gar laien untergekommen ist.
aber die überhitzung der diskussion à la glaubenskrieg ist doch auch unnötig, oder?
 
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