Spielmesser ca. 1880

cut

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Begriffsbezeichnungen von Messern sind hier im Messerforum bereits mehrfach geklärt worden.

Bei einer Recherche bin ich in einer Veröffentlichung aus den 1880er Jahren auf diese Werbung eines Solinger Messerherstellers gestoßen, die mich vor ein Rätsel stellt:



Was könnte sich hinter dem Begriff „Spielmesser“ verbergen?

Google konnte mir (verständlicherweise) nicht annähernd helfen, die unter diesem Begriff abgebildeten Messer entsprechen wohl kaum Modellen, die die historische Werbung anpreist.

Google zeigt unterr dem Begriff Spielmesser
• Kindermesser aus Holz
• Butterflymesser mit abgerundeter Klingenspitze ("Trainingsmesser")

Wer kann mit Ideen oder Informationen weiterhelfen?

Grüße
cut
 
Hallo cut,

Ich würde ja gerne meinen ganzen Ehrgeiz daransetzen etwas ausfindig zu machen, was Du noch nicht weißt. Dürfte aber vergeblich enden :staun:

Einziger Hinweis: die US-Freunde mal wegen Kind antriggern.


Gruß
Abu
 
HiHi

Die Auktion ist doch ne Anregung! Wenn man dann sucht, findet man nicht nur "game knife", sondern auch "game fork". Alles ziemlich "artifiziell" wirkend, ausgehendes 19. JH. Also in einem historischen Bildarchiv nachgeschlagen und rumgespielt. Treffer bei: cutlery set for game

https://www.akg-images.de/CS.aspx?V...W=1189&RH=563&POPUPPN=1&POPUPIID=2UMDHUPWGV45

Besteck aus dem 16. Jahrhundert aus einem Museum in Mailand, das als "for game" verschlagwortet ist. Und zwei dieser Garnituren mit Bildern.

Vielleicht helfen die bei Kennern weiter?

Grüße,
Stefan
 
Zuletzt bearbeitet:
HiHi

Die Auktion ist doch ne Anregung! Wenn man dann sucht, findet man nicht nur "game knife", sondern auch "game fork". ...
Treffer bei: cutlery set for game

https://www.akg-images.de/CS.aspx?V...W=1189&RH=563&POPUPPN=1&POPUPIID=2UMDHUPWGV45

Besteck aus dem 16. Jahrhundert aus einem Museum in Mailand, das als "for game" verschlagwortet ist. Und zwei dieser Garnituren mit Bildern.

Vielleicht helfen die bei Kennern weiter?

Grüße,
Stefan

Hallo Stefan,

Besten Dank für Deine Info.

Allerdings übersiehst du möglicherweise, dass der englischsprachige Begriff "game" mehrere unterschiedliche Bedeutungen hat.

Und dieser Unkenntnis ist offenbar auch der Initiator der von rock'n roll verlinkten Auktion mit der Beschreibung "Solingen - - Schneidset + 6 passende Spielmesser - Edelstahl & geschnitzter Hirsch" zum Opfer geworden.

In Zusammenhang mit Besteck ist "game" offensichtlich mit dem deutschen Wort "Wild" oder "Wildbret" (Wildfleisch) zu übersetzen .... und wohl kaum mit "Spiel":

Game Knife - Wildbretmesser - und wohl kaum Spielmesser
Game Fork - Wildbretgabel - und wohl kaum Spielgabel

Grüße
cut
 
Zuletzt bearbeitet:
Guten Morgen!

Sehr spannend, vor allem Dein letzter Beitrag Cut, war das, was mir sofort durch den Kopf ging: Kann es sich nicht doch auch um einen Übersetzungsfehler handeln, der aus dem jagdlichen "game" ein Spielmesser werden ließ? Das Wort "Spiel" taucht hierzulande jagdlich ja auch auf, im Federspiel zum Beispiel. In die Richtung passen würde auch der explizite Hinweis der Werbung auf die Etuis, die für mich auch nicht unbedingt zu einem Spielzeugmesser passen würden.

Viel Spekulation und wenig Fakten, aber vielleicht können da historisch bewanderte Jägersleute zur Erhellung beitragen.

Gruß,

Nick
 
Hallo

Bei Begriffen aus dem 19ten Jahrhundert und früher sehe ich immer gerne im Wörterbuch der Gebrüder Grimm nach ;)

Das Wort Spielmesser findet sich da nicht.... aber natürlich eine sehr amüsant zu lesende Erklärung zu all den Bedeutungen des Wortes "Spiel".

Wer selber schmökern möchte, sei der Blick in die digital zur verfügung gestellten Ausgabe zu empfehlen: http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=Vernetzung&lemid=GS34541#XGS34541

Da findet sich dann: "e) von gegenständen, die der mensch in bewegung setzt: die unbändigen leidenschaften des volks, gleich soviel strampfenden roszen, mit dem weichen spiele des zügels zu zwingen. Schiller 3, 85 (Fiesko 3, 2). so gewöhnlich von maschinen und maschinentheilen, spiel der räder, einer feder u. ähnl., wo die eigentliche bedeutung von spiel ganz aufgegeben ist, indem es die gewöhnliche function dieser dinge, also sowol eine zweckvolle wie eine geregelte bewegung bezeichnet und höchstens noch die leichtigkeit und geschmeidigkeit derselben ausdrückt: das spiel des perpendikels einer uhr, der stampfer in einer stampfmühle. Adelung (2, 1, a); das spiel der nadel beim nähen und besonders beim sticken. Campe. so als technischer ausdruck der seesprache: 'die auf- und niederbewegung des pumpenschuhs in der pumpenröhre heiszt das spiel der pumpe; die hin- und herbewegung des steuers das spiel des steuers'. Bobrik 647b, dazu pumpen-spiel 541b, s. theil 7, 2230. ebenso die masten haben spiel, wenn sie beim schlingern des schiffes sich hin und her bewegen, s. Eggers 2, 951. Campe. im bilde: solchen lesern, welche eine geschichte nur alsdann recht zu wissen glauben, wenn ihnen das spiel der räder und triebfedern mit dem ganzen zusammenhange der ursachen und folgen einer begebenheit aufgeschlossen wird. Wieland 20, 18 (Abderiten 4, 3);........."

Es könnte sich also schlicht um Messer mit beweglichen Teilen handeln. Wir würden dazu heute Klappmesser sagen.

Gruß
chamenos
 
HiHi Cut

Du hast wohl Recht. Im Englischen wird unter "game" einfach Jagd im Allgemeinen verstanden. Da ist der jagdliche Kontext klar, sagt mein englischer Übersetzer. Aber von "game" zu "Spiel"? Ich habe mit Bordmitteln keinen Beleg gefunden, dass Spiel da rein gehört. (Kluges Etymologisches Wörterbuch, Handbuch des Dt. Aberglaubens, Mittelhochdeutsches Wörterbuch, etc) Ich fand keine Verbindung von Jagd und Spiel (bis auf Birkhunfedern). Würde das "jagdliche" mal als kalte Fährte betrachten. (Automatenübersetzung bei den Auktionen?)

Der Zusammenhang zu "Taschenmesser" aufgrund der ellenlangen Sprachverwendungsbeschreibungen der Brüder Grimm ist mir auch intuitiv, zu allegorisch. Zumal die Herstelleranzeige jene Spielmesser ja deutlich als Unterabteilung der Taschen- und Federmesser auffasst. Es müsste schon etwas Spezielleres meingen. (Nur am Rande bemerkt: Mit den Grimms kann man alles begründen! Allerdings nur anständiges. Wenn man lesen will, dass "spil" auch als Bezeichnung für weibliches Geschlechtsorgane verwendet wurde, dann muss man ins Mittelhochdeutsche Wörterbuch. Da machen die prüden Grimms nicht mit...)

Anyway, ich glaube, wir haben die Lösung noch nicht gefunden.

Grüße,
Stefan
 
Zuletzt bearbeitet:
@ chamenos:
Besten Dank für den Hinweis auf die Brüder Grimm. Abwegig ist Deine Schußfolgerung bestimmt nicht. Ich suche weiter.


HiHi Cut

... Zumal die Herstelleranzeige jene Spielmesser ja deutlich als Unterabteilung der Taschen- und Federmesser auffasst. ...

Die historische Werbung interpretiere ich nicht als eindeutige "Unterabteilung" von "Taschen- und Federmesser". Ich erinnere mich an vergleichbare Werbungen anderer Messerhersteller, die prägnant ihr Kernprogramm anpreisen, und als "Specialität" vollkommen andere Schneidwaren ausweisen.

Grüße
cut
 
Hallo,

vielleicht ist mit Spielmesser wirklich etwas gemeint, das man im weitesten Sinne zum Spielen gebraucht hat.
Im 19. Jahrhundert waren Dioramen sehr beliebt, oder auch Kulissen aus Pappe. Sowas schneidet man heute mit einem Bastelmesser (hier würde das Spiel indirekt drinstecken) oder mit einem Cuttermesser (gibt es laut Wiki erst seit Anfang des 20. Jahrhunderts) aus.
Vielleicht ist mit Spielmesser ja der Vorgänger eines Bastel-oder Cuttermessers gemeint.

Grüße
Andreas
:steirer:
 
stralsund,
daran habe ich auch gedacht
Ich bin mir sicher, dass ich den Ausdruck Spielmesser schon irgendwo
gelesen habe, muss nochmal überlegen. Evtl. bei Karl May. (Kein Witz!)

Chamenos, Federmesser waren damals klar Messer zum Anspitzen
von Schreibfedern

Gruss
 
Wie schön, wir dürfen raten :p
1880 wurde der Begriff „Spiel“ bereits wie heute verwendet.
Federkiele waren längst durch industriell gefertigte Metallfedern ersetzt.
Auch 1880 konnte man sich schon ungenau und missverständlich ausdrücken.
Was sollen denn Etuis-Messer sein?
Mein Ratebeitrag: Messer zum Spielen! ;)
 
HiHi

Wird ja doch noch interessant! Spielmesser bei Karl May? Mein Suchlauf brachte keine Ergebnisse. (Aber ich kann auch nicht garantieren, dass meine sogenannte “Gesamtausgabe” wirklich alles umfasst.)

Was man mehrmals bei Karl May findet ist “Federmesser”. Aber eher im Sinne von Taschenmesser oder kleinem Klappmesser gebraucht. Es wird geöffnet - und eignet sich vorzüglich dazu, hinterwäldlerische Indianer zu verarschen, die das noch nicht kennen und zusammengeklappte Taschenmesser nicht als Messer erkennen... Und schon ist man frei vom Marterpfahl.

Den Hinweis, dass man im ausgehenden 19. JH längst Stahl- und Glasfedern benutzte, und schon lange nicht mehr mit Gänsefedern rumkleckste, kann mich mir ersparen, das hat fshamburg eben ja gerade erwähnt.

Wenn ich raten und frei spekulieren sollte, würde ich "Spielmesser" in Opposition zu "Arbeitsmesser" setzen. Niedliche Dinger, die für wenig taugen, also: Gentleman-Knife. Bestimmt auch zum Bleistiftspitzen noch zu brauchen und auch zum Radieren.

Aber interessant, dass wir keinen "harten" historischen Beleg für irgendeine Begriffsverwendung des "Spielmessers" finden können.

LG
Stefan
 
Prestutnik,
danke für de Hinweis, dass es nicht Karl May war. :)
Dass das Federmesser öfters bei ihm vorkommt, war mir bekannt,
Gruß,
schönen Restsonntag!
Rudi
 
Ich hatte die Gelegenheit, eine größere Anzahl historischer Messerkataloge auswerten zu können.
Bei zwei Solinger Herstellern bin ich im Inhaltsverzeichnis auf den Begriff "Spielmesser" fündig geworden und dadurch auf diese Messerabbildungen aufmerksam geworden:

J.A. Henckels ZWILLING, 1893 Artikelnummer 6211 (links aussen):



Gustav Felix Gloriawerk, ca. 1910 Seite 124 (mit der Überschrift "Kinder-Taschenmesser"):



Best Dank noch einmal für die kreative Unterstützung

Grüße
cut
 
Ich erlaube mir eine sehr wilde Spekulation:
Ein Wortdreher, gemeint waren "Spiel- und Messer- Etuis".
 
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