Stahl aus China

stubenhocker

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Hallo Materialisten!

Ich hätte da eine Frage: Benchmade nennt für in China produzierte Messer (z.B. Vex) den Stahl 8Cr14MoV, Spyderco für solche Modelle (Byrd) 8Cr13MoV. Handelt es sich dabei wirklich um verschiedene Sorten?

mfg, stubenhocker
 
Davon kann man ausgehen.
Stahl wird in sehr verschiedenen Konfigurationen hergestellt um die Eigenschaften zu modifizieren.

Diese Werkstoffangabe bezieht sich auf die Zusammensetzung und diese ist definitiv unterschiedlich.

grüße,
der Frühstücker
 
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@frühstücker,
sehe ich auch so.

gibts den nirgends eine konkretere angabe zu dem "inhalt" - z.b. auf der spyderco hp?
 
Das sehe ich allerdings überhaupt nicht so.

Wenn ich die Nomenklatur richtig verstanden habe, handelt es sich wohl um zumindest fast die gleichen Stähle mit sehr vergleichbaren Eigenschaften, gleiche WB vorausgesetzt.

Der Eine hat 0,8 % C und 13 % Cr, der Andere 0,8 % C und 14 % Cr und in beiden Fällen gibt es noch marginal Mo und V.

Wenn ich mir dann betrachte, dass z.B. für einen Stahl 1.4112 (etwa 440B) alleine im Stahlschlüssel Margen von 0,85 bis 0,95 % bei C und 17,0 bis 19,0 % bei Cr (!!!) angegeben werden, kann man davon ausgehen, dass es sich bei den oben genannten quasi um identische Stähle handelt.

Achim
 
Guten Morgen,
sicherlich sind sich die Stähle in der Konfiguration "ähnlich".
Jedoch war die Frage, ob es sich um unterschiedliche Sorten handelt.
Das ist eindeutig der Fall.
Die Richtung mag dieselbe sein, jedoch darf man nicht vergessen, wieviel Dinge wie Eisenbegleiter, Reinheit und insbesondere die paar Hanseln die hinten anstehen und keine genauen Angaben mehr haben ;) zu einem anderen Verhalten beitragen.
Ich habe hier aus meiner Vorlesung der MPA noch irgendwo nen recht interessanten Beispielfall in der der Stahl mit minimal anderer Konfiguration ziemlich viel spröder ist ... mhmhmh ... Sauhaufen ;).

Beste Grüße.
 
Gut, dann fass ich mal zusammen:

Meinung 1: Frühstücker sagt das sind zwei Sorten, geringste Unterschiede der Zusammensetzung ändern die Beschaffenheit des Stahls.

Meinung 2: Aber auch die Meinung von AchimW hat was für sich, wenn man die Toleranzen beachtet, die häufig in Stahltabellen angegeben sind. Hier müßten dann ja teilweise große Unterschiede bei der gleichen Sorte vorhanden sein.

Für letztere These gebe ich zu bedenken, dass es vielleicht zu Übersetzungsfehlern (chinesisch ist ja doch für Europäer/Amerikaner etwas schwierig) gekommen sein könnte, das Vex wurde am Anfang auch mit der Beschriftung 7Cr14MoV ausgeliefert.

An die Vertreter der ersten Meinung würde ich die Frage stellen: Wie könnte sich der unterschiedliche Molybdän-Anteil auf die Eigenschaften des Stahls auswirken? Soweit ich weiß, bildet Mo harte Karbide, die die Verschleißfestigkeit erhöhen, somit müßte der 8Cr14MoV ja schnitthaltiger sein. Mo soll auch die Warmhärte des Stahls erhöhen, kann mir jemand sagen, was das bedeutet? Könnte ein erhöhter Mo-Anteil auch negative Eigenschaften fördern?

Edit: Quatsch, Molybdän-Anteil. Chrom natürlich! :lechz::lechz:

mfg, stubenhocker
 
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Mahlzeit!
Wenn ich mich richtig erinnere, dann wurde Spyderco dieser Stahl seitens der Chinesen als 440C angepriesen. In den USA haben sie den Stahl dann nochmal genau unter die Lupe genommen und festgestellt, dass die Bezeichnung 440C eher "unpassend" wäre.
Das Zitat aus diesem Thread würd auch dazu passen. Ich schau nochmal, ob den Link dazu wiederfinde, muss wohl im BF gewesen sein.

Edit: Hab es gefunden!
http://www.spyderco.com/forums/showpost.php?p=140419&postcount=12

Gruß
Carsten
 
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.....Wie könnte sich der unterschiedliche Molybdän-Anteil auf die Eigenschaften des Stahls auswirken? Soweit ich weiß, bildet Mo harte Karbide, die die Verschleißfestigkeit erhöhen; somit müsste der 8Cr14MoV ja schnitthaltiger sein. Mo soll auch die Warmhärte des Stahls erhöhen, kann mir jemand sagen, was das bedeutet? Könnte ein erhöhter Mo-Anteil auch negative Eigenschaften fördern?...
Die Warmfestigkeit ist für die meisten Messerbenutzer wohl kein Kriterium, allerdings weiß ich nicht, wie SCHNELL Du schneidest....

Die Größe der Carbide, egal wie hart sie sind, kann natürlich großen Einfluss auf die Herstellung einer feinen Schneide und damit auf den Druckschnitt haben.

Ich neige dazu, die Genauigkeit bei der Angabe von Legierungszusammensetzungen nicht so hoch zu bewerten, weil bereits die Ausgangsstoffe nicht völlig rein sind. Die Chinesen kaufen ja weltweit Schrott und Eisen auf, und das ist nicht immer ARMCO-Qualität.....

Gruß

sanjuro
 
Ich neige dazu, die Genauigkeit bei der Angabe von Legierungszusammensetzungen nicht so hoch zu bewerten, weil bereits die Ausgangsstoffe nicht völlig rein sind. Die Chinesen kaufen ja weltweit Schrott und Eisen auf, und das ist nicht immer ARMCO-Qualität.....

Das klingt plausibel, also zieh ich mal das Fazit: Ein Unterschied zwischen den Sorten (wenn es denn 2 sind) ist dann wohl eher theoretischer Natur...

@ Morales
Das mit dem 440C ist schon witzig. Das Buck Nobleman, dass auch in China hergestellt wird, ist ja laut Buck aus 440A...

mfg. stubenhocker
 
Ich habe hier aus meiner Vorlesung der MPA noch irgendwo nen recht interessanten Beispielfall in der der Stahl mit minimal anderer Konfiguration ziemlich viel spröder ist ...

Naja, "minimal andere Konfiguration" ist ja ein sehr dehnbarer Begriff, insbesondere bei den Bestandteilen, die die Sprödigkeit beeinflussen. Bei Phosphor beispielsweise mag einem der Unterschied zwischen 0,1 % und 0,01 % minimal vorkommen, ist aber von den Auswirkungen her gewaltig.

Was nun die Konfiguration von Stählen und ihre Ähnlichkeit und Unterschiedlichkeit angeht, so solltest Du vielleicht mal die Wirklichkeit der Stahlwerke auf Dich wirken lassen und zusätzlich die Tabellen mit Kreuzreferenzen verschiedener nationaler und internationaler Normen betrachten. Du würdest Dich wundern, denn da gehen die möglichen Bestandteile aller Legierungselemente zum Teil um bis zu 300 % auseinander! Beispiel gefällig? Nehmen wir 1.2379 aus dem Stahlschlüssel, also eine gut lesbare deutsche Schrift und kein Chinesisch:

C = 1,50 - 1,60 % (Abweichung max. 6,6 %)
Si = 0,1 - 0,4 % (300 %)
Mn = 0,15 - 0,45 % (300 %)
Cr = 11,0 - 12,0 % (9,1 %)
Mo = 0,6 - 0,8 % (33 %)
V = 0,9 - 1,1 % (22 %)

Und selbst bei uns werden Stähle unterschiedlicher Zusammensetzung mit der gleichen Werkstoffnummer (und umgekehrt) bezeichnet.

Beispiele:

1.2241 ist 51CrV4 oder 51CrMnV4

100Cr6 ist 1.2067 oder 1.3505

In meinen Augen sind die beiden chinesischen Stähle, insbesondere wenn man noch den möglichen Einfluss der WB betrachtet, und gerade WEIL man nicht um die Herstellungsbedingungen weiß, erst mal faktisch gleich und keinesfalls unterschiedliche Sorten.

Achim
 
Nach dem thread, den Morales zitiert hat, handelt es sich um einen Stahl mit 0,8 % C, 13 oder 14 % Chrom, ca 1 % Mol und ein Spritzerchen Van.
Das ist ziemlich exakt die Zusammensetzung von AUS 8.
Richtig ist natürlich, daß geringe Unterschiede im Gehalt an Stahlschädlingen die Eigenschaften erheblich beeinflussen können. 0,03 % Phosphor sind erträglich, 0,3 % wären schon eine Katastrophe. Die wirklichen Gehalte an Phosphor und Schwefel-auch ein massiv schädliches Legierungselement- werden in der Regel gar nicht angegeben, sondern nur die Obergrenzen, die keinesfalls überschritten werden dürfen.
Hier hätten wir bei sonst im wesentlichen gleicher Legierung, von der wir mangels genauerer Angaben ausgehen müssen, Unterschiede im Chromgehalt- einmal 13 % und einmal 14 %,
Der Blick in den Stahlschlüssel zeigt, daß bei den martensitischen korrosionsbeständigen Stählen der Chromgehalt bei einer bestimmten Stahlnummer um mehr als 1 % differiert. Gerade die 440-er Serie weist ja Unterschiede im Chromgehalt von bis zu 2 % auf.
Man kann sich dann die Frage stellen, ob dieser Unterschied bei dem chinesischen Stahl einen Unterschied in den Eigenschaften bedeuten würde. Diese Frage ist eindeutig zu verneinen, solange man den geringfügigen Unterschieden Rechnung trägt. Bei 13 % Chrom liegt der Stahl schon verdächtig nahe an der Grenze der Korrosionsbeständigkeit. Um ausreichend beständig zu sein, muß er so gehärtet werden, daß die Chromkarbide weitgehend gelöst sind, sodaß das Chrom nach dem Härten in der Grundmasse ist. Der Stahl dürfte auch nicht zu hoch angelassen werden, damit sich durch die Karbidausscheidung keine Verarmung der Grundmasse an Chrom einstellt. Gegenüber chromhaltigeren Stählen wäre als kleines Plus eine etwas höhere Härte wegen geringerer Restaustenitbildung anzuführen.
Bei 14 % Chrom wäre der Bereich der Wärmebehandlung, bei dem Korrosionsbeständigkeit erreicht würde, etwas erweitert, die Höchsthärte könnte durch den Restaustenit leicht beeinträchtigt sein. Die Unterschiede wären aber bei normaler Wärmebehandlung so minimal, daß man sie in der Praxis nicht spüren würde. Daß die Wärmebehandlung nach den allgemeinen Richtlinien für einen bestimmten Stahl vorgenommen wird, und nicht der exakt geprüften Charge angepasst wird, ist sicher allgemein bekannt.
Deshalb: Achim hat recht- es ist ein und derselbe Stahl.
MfG U. Gerfin
 
Nach dem thread, den Morales zitiert hat, handelt es sich um einen Stahl mit 0,8 % C, 13 oder 14 % Chrom, ca 1 % Mol und ein Spritzerchen Van.
Das ist ziemlich exakt die Zusammensetzung von AUS 8.

So sieht das auch Benchmade beim 8Cr14MoV. Der Stahl wird in seinen Eigenschaften mit AUS8 verglichen. Zwar ist damit die Frage nicht beantwortet, warum Spyderco den Stahl 8Cr13Mov nennt, aber laut der für mich sehr fundiert klingenden Aussage von U. Gerfin ist das praktisch auch nicht relevant. Vielleicht einfach nur eine marktstrategische Maßnahme, um sich abzusetzen.

Mal davon ausgehend, dass meine ursprüngliche Fragestellung damit beantwortet ist, möchte ich diese hier erweitern. Auf der Seite von Benchmade ist noch von einem 9Cr13CoMoV zu lesen. Also ein Stahl der Kobalt enthält, davon gibt es ja nicht so viele. Spontan fallen mir da nur VG-10 und der N690 ein, ersterer mit C=0,95-1,06%, Cr=14,5-15,5% und letzterer mit C=1,05%, Cr=17%. Der Kobaltanteil liegt bei beiden um die 1,5%. Wenn ich U. Gerfin richtig verstanden habe, liegt beim 9Cr13CoMoV der Kohlenstoffanteil bei 0,9% und der Chromanteil bei 13%, also relativ Nahe beim VG-10, der ja auch Mo und V enthält. Könnte es sein, das es sich beim 9Cr13CoMoV um die chinesische Interpretation unseres liebgewonnenen Japaners handelt?

mfg, stubenhocker
 
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Auch wenn anscheinend kein weiteres Interesse an Stahl aus China besteht, möchte ich mal eine kleine Auflistung mit Vergleich darstellen. Für alle die nicht so genau wissen, wo sie den Stahl hintun sollen:

3Cr13 ~ 1.4028

7Cr17Mo ~ 440A ~ 1.4109
9Cr18Mo ~ 440C ~ 1.4125

5Cr15MoV ~ 1.4116 (Krupp)
8Cr13MoV / 8Cr14MoV ~ AUS8

9Cr13CoMoV ~ VG-10 / N690 (Böhler) ~ 1.4535

Der Vergleich beruht auf chemischer Zusammensetzung, natürlich sind dort Dinge wie Wärmebehandlung nicht berücksichtigt. Die Experten sind aufgerufen, notwendige Korrekturen vorzunehmen!

mfg, stubenhocker
 
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Dann vergleich noch den VG10 mit dem N690.

Warum der Unterschied?

Damit man was anderes verkauft und schlechter verglichen werden kann.
 
@ exilant

Es bestreitet ja auch niemand, dass diese beiden Stähle einander ähneln. Ich habe dementsprechend meinen obigen Beitrag editiert.

mfg, stubenhocker
 
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