Stahl Richten - Tiefere Definition, was passiert im Stahl...

Schanz Juergen

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heute habe ich schon zum wiederholten male ein "für mich nicht erklärbares" "etwas" beim richten erlebt.

ich versuchs mal zu erklären:
wenn ich mit dem hammer kalt richte, schlage ich richtmarken in die hohle seite. durch die richtmarke wird das material auseinandergedrückt und wird dadurch "gerade" - so die theorie und praxis..

wenn ich aber ein dünnes material - ca. 1,5mm und dünner auf diese weise versuche gerade zu bekommen, passiert genau das gegenteil :mad: also, es wird eben noch mehr gebogen.
wenn man da auf die gegenüberliegende seite richtmarken setzt wirds aber wieder gerade...

kann mir das einer technisch erklären ? - also was passiert da genau im stahl....

ich checks echt nicht..
 
Hallo,

hier mal der Versuch einer Erklärung:
Durch die Kerbe des Richthammers wird Material verschoben und eine Spannung entsteht (die im günstigen Fall die Klinge schön gerade macht).
Da die Kerbe selbst (als hohle Stelle) keine Spannung erzeugen kann, muss die Zone, die die Spannung überträgt, unter der Kerbe liegen.
Bei sehr dünnem Material liegt die Spannungszone offenbar jenseits der Materialmitte und wirkt genau anders als erwartet.
Alles Klar:irre:?

Grüße,
Holger
 
Schöne Erklärung. Nur - ich richte dünnes Material genau so, habe das Problem von Jürgen aber nicht.

Und wenn Deine Erklärung stimmt, tueri, dann weiß ich auch warum ich das Problem nicht habe. Aber wieso das so ist, das verrate ich dem Jürgen natürlich nicht. :D
 
Vielleicht willst du es ja mir verraten:rolleyes:.
Gerade die dünnen Klingen sind ja oft richtbedürftig...
 
klar, achim, - das kommt drauf an wie die finne des hammers aussieht.
oder wie tief der keil oder die rundung ins material eingetrieben wird.
mir passiert das aber immer bei den scherblättern von elektr. rasenkantenscheren - bei kochmesserklingen aus sb1 z.b. ist das auch nicht :glgl:
obwohl sich die erklärung oben logisch anhört.
da müsste ich ja in 1,5er material so 0,8mm tiefe richtmarken einschlagen - das heisst aber, das man das dann eh gleich entsorgen kann...
 
Hmmm, also die "Spannungszone" hat ja auch eine gewisse Breite/Tiefe.
Wenn anteilig der grössere Teil der Zone jenseits der Mitte der Matrialstärke liegt haben wir den umgekehrten Effekt.
Und Rasenkantenscheren dürften deutlich weicher sein als SB1-Kochmesser, dementsprechend fällt die Zone des verdrängten Materials vielleicht tiefer und breiter aus.....
 
das meine ich ja aber :)
die "richthiebe" sind kein zehntel tief - eher leichte "dellen" im material..
also keine kerben die tief eindringen, das wäre ja auch fatal zwecks bruch...
 
Also ein Zehntel hat man recht schnell mit dem Richthammer auch in härteres Material reingehauen.
Genaugenommen haben wir zwei Effekte, die "Spannungszone" und die Kerbe selbst (die ein Ausweichen zur Kerbe hin erleichtert).
Rasenkantenschere sagt mir überhaupt nichts, aber das dürfte eher weicheres Material sein. Ich meine das die Spannungszone in weicherem Material tiefer reicht, und trotz geringer Richtkerbe vielleicht die "Gegenseite" erreicht.
Das hat jetzt "Brainstorming"-Charakter, vielleicht äußert sich Achim ja noch mal, er scheint ja mehr zu wissen :cool:...
 
Nee, ein Zehntel ist das sicher nicht. Man sieht die Dellen ja kaum.

Tatsächlich brauchte ich ja auch nix zu sagen. Denn, wie ich mir schon dachte, kennt natürlich ein Vollprofi wie Jürgen die Antwort.

Die Form der Finne spieltdie größte Rolle. Meine Finne für dünne Materialien ist rund mit vielleicht 1,5 mm Radius und nicht spitz. Damit gehts, egal ob das Material Niolox ist oder C60 Dünnblech.

Dabei wird, wie Jürgen schon oben sagt, das Material mehr nach den Seiten geschoben als hineingedrückt. Was ja auch Ziel der Aktion ist. Und besser zu entfernen sind die flachen Dellen auch.
 
Gut, dann sind wir bei Jürgens Ausgangsfrage:
Warum biegen sich die Rasenkantenscherenklingen in die falsche Richtung..
 
@tueri,
DANKE :) - für deine frage :glgl:

was mich wirklich interessiert - warum ist das eben genau so.....???
 
Vielleicht ist auch dein Richthammer für den Fall zu schwer?
Herzliche Grüße aus Stuttgart,
Jost
 
@josts,
das ist eher eine frage der kraft mit der man schlägt weniger des gewichts :)

@achim,
wärst du so gütig mir den radius mitzuteilen ? :glgl:
und - ist die finne weich oder hart? vielleicht macht das auch noch einen unterschied.
 
Jürgen, Radius steht schon weiter oben - ca. 1,2 bis 1,5 mm. Und der Hammer ist leicht (200 g) und aus Stahl, nicht aus VHM.
 
Hi Jürgen,

Auf was für einer Unterlage richtest du? Ich glaube auf nem Amboss, oder? Vielleicht kann es ja sein, dass bei dieser ungefähr planen Unterlage zu dem falschrum-Richten kommt (ohje, wie erkläre ich das). Also: Bei ungehärteten Stahl der nicht ganz gerade ist mache ich die Schraubstockbacken auf 3-5cm Abstand, lege den Stahl auf und schlage mit einem ganz normalen Hammer ungefähr mittig zwischen die Backen und der Stahl biegt sich nach oben.
Das kann man auch mit gehärtetem Stahl machen. Da brechen zwar die Klingen gerne, aber es geht ;)
Und vielleicht passiert bei dir genau das bei den sehr kleinen Durchmessern: Das Werkstück liegt nicht 100% auf, oder wird leicht verkippelt etc, und das Werkstück verbiegt sich nach oben anstatt nach unten.

Ich verwende zum Richten eine Stark konvexe Unterlage (ein Stahlrohr mit 20cm Durchmesser), da biegen sich auch die kleinen Durchmesser dahin, wo sie sollen.
 
das ist eher eine frage der kraft mit der man schlägt weniger des gewichts :)
Warum haben die Japaner so schnucklige Hämmerchen zum Richten dünner Sägeblätter? Warum nimmt man beim Vernieten von Taschenmesserachsen keinen 1kg-Hammer sondern besser einen mit 80g? Ganz einfach: weil man die Wirkung mit dem richtigen Hammergewicht exakter bestimmen kann und damit mehr in der Tiefe (mit mehr Hammermasse) oder in der Randzohne (weniger Masse des Hammers) wirkt / umformt. Natürlich ist auch wichtig, wieviel Energie der Hammer mitbekommt -
Uri Hofi / Newton: Energie = Masse x Beschleunigung.
Beim Richten lässt man den Hammer locker aus dem Handgelenk "hüpfen" weil so die Wirkung dosierbar ist - dabei spielt das Hammergewicht / Masse eine größere Rolle, als beim Schmieden, wo die Beschleunigung mehr ins Gewicht fällt :)
Deinen Richthammer für die normale Messerklinge im Video schätze ich so auf 400 - 500g ... ?
Herzliche Grüße aus Stuttgart,
Jost
 
Einfach mal den Umschlag von Hundeshagen »Der Schmied am Amboss« anschauen, da ist das schoen dargestellt. Die Masse des Hammers bestimmt die Penetrationstiefe der Energie ins Material.
 
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