Steckangel (Fehl)Konstruktionen - was halten sie aus?

AW: Steckangel Fehlkonstruktionen

Hallo Messerfreunde,
nach diesem Thread ging (und geht) mir die Sache nicht mehr aus dem Kopf.
Deshalb habe ich überlegt wie ich die Festigkeit einer Steckangelkonstruktion sinnvoll testen könnte, und das ohne das Messer zwangsläufig kaputtzumachen. Da ist mir wieder Goddard eingefallen. Der hatte doch geschrieben als Test ein Messer durch ein “2x4“ getrieben zu haben, quer zur Maserung. Nach einigem Überlegen war das der für mich sinnvollste Test:
So etwas kann schon mal vorkommen, und das Messer sollte es aushalten. Um dem Messer eine Chance zu geben, wollte ich natürlich nicht mit dem Hammer auf den Griff schlagen, sondern stilgerecht mit einem Holzschlegel. Trotzdem habe ich mich geistig schon mal von dem Messer verabschiedet.
Nach etwas herumkramen in der Messerkiste war auch gleich ein Freiwilliger gefunden:
Ein Steckangelmesser von 2001 mit RWL Klinge (5mm) Pockholzgriff und Titan Knauf / Zwischenstück (keine Zwingen).
Ich würde ein Messer heute nicht mehr so gestalten, aber grundsätzlich vom Handwerk her immer noch so aufbauen (vor allen die Angel nicht absetzen).
Damals habe ich den Epoxi nur bei RT aushärten lassen, das mache ich jetzt im Ofen.

cimg0003m.jpg


cimg0011r.png


Test 1: mit der Maserung in einen trockenen, harten und nur ganz leicht unten angegammelten Kiefernholzstamm. Der Knüppel ist aus Traubenkirsche( die amerikanische), sehr zähes Holz, ich mache aus Schösslingen davon Pfeilschäfte. Das war echte Arbeit.

cimg0018t.jpg


Test 2: Quer zur Maserung reingeknüppelt. Hier habe ich angefangen stark zu transpirieren. Erste Blasen an der Hand, da Handschuhe vergessen. Griff war nicht beeindruckt!
Bild verwackelt, da ziemlich außer Atem.

cimg0024n.jpg


Noch einmal längs zur Faser aber waagrecht: da will ich mich dann draufstellen. Das war erst nicht geplant, aber das Messer schlägt sich tapfer...

cimg0026h.jpg


cimg0025f.jpg


85 Kilo, federt, kein Problem. Ich war echt beeindruckt.

cimg0042r.jpg


Also das hat echt Spaß gemacht, und war die blutigen Blasen an der Hand wert.
Ein Problem hatte ich, als ich das Messer beim dritten mal wieder heraus ziehen wollte, ich hatte es bis zum Heft hinein geklopft, es saß fest wie angeschraubt (Artuseffekt).
Da ich mir etwas in der Richtung schon gedacht hatte, kam jetzt mein Backup:
Das 500 g Vollstahl handgeschmiedete „unkaputtbar“ Brechstangen-Messer, das ich mir vor Jahre von einem Profi nach meinen Vorgaben habe machen lassen (Schmieden kann ich nicht). Damit wollte ich die Kieferfasern ausbrechen und das andere Messer „ausgraben“.
Tja: beim ersten (sachten!!) Hebeln kommt das altvertraute „Pling“, schon war die Klinge abgebrochen. Nach dem ersten überraschten Staunen musste ich herzhaft lachen: Das „schwache“ Messer aus Chromstahl, durchgehärtet mit Steckangelkonstruktion hält jeden Missbrauch aus, und das Teure, Handgeschmiedete, Werkzeugstahl, selektiv gehärtet usw
gibt den Geist auf!

Was habe ich daraus gelernt:
Das ganze Paket muß stimmen. Sich über einen noch festeren Griff Gedanken zu machen ist erst dann sinnvoll, wenn alle anderen festigkeitsrelevanten Faktoren zu 100% richtig umgesetzt sind.
Und Du weißt nie was in deinem Messer steckt bevor Du es nicht ausprobiert hast.
 
AW: Steckangel Fehlkonstruktionen

Tja: beim ersten (sachten!!) Hebeln kommt das altvertraute „Pling“, schon war die Klinge abgebrochen. Nach dem ersten überraschten Staunen musste ich herzhaft lachen: Das „schwache“ Messer aus Chromstahl, durchgehärtet mit Steckangelkonstruktion hält jeden Missbrauch aus, und das Teure, Handgeschmiedete, Werkzeugstahl, selektiv gehärtet usw gibt den Geist auf!

Und? Ich hätte da ein ATS34 Katana anzubieten, dass man fast verknoten kann, ohne dass was bricht, gelle Jürgen? Ich kenne ja die Dimensionen und die Konstruktion Deines Vergleichsmessers nicht - aber jedenfalls sind weder der Preis noch die Art, wie ein Messer gemacht wird, ein Garant für Qualität. Was ist da neu, das hätt mir der von der Fleischbrückn auch sagen können http://de.wikipedia.org/wiki/Fleischbrücke

Das ganze Paket muß stimmen. Sich über einen noch festeren Griff Gedanken zu machen ist erst dann sinnvoll, wenn alle anderen festigkeitsrelevanten Faktoren zu 100% richtig umgesetzt sind.
Und Du weißt nie was in deinem Messer steckt bevor Du es nicht ausprobiert hast.

Letztes stimmt natürlich, wobei man sich schon überlegen muss, ob ein Messer dafür gebaut ist, dass man mit 85kg Gewicht darauf herumturnt. Ich habe einige Messer, denen wäre ich nicht böse, wenn sie dabei brechen. Andere, die das aushalten müss(t)en. Denn wenn man das machen will, muss man eben auch entsprechende Vorgaben machen. Ansonsten denkt der Messermacher noch, man will nur schneiden :rolleyes:

Man bekommt halt das eine nicht ohne das andere.

Pitter
 
AW: Steckangel Fehlkonstruktionen

Bezogen auf den Titel des Threads: Ganz klar "Nein", weder mit noch ohne Zwinge ist die Steckangel eine Fehlkonstruktion, sie ist einfach nur überholt. Unter dem Gesichtspunkt der Stabilität wird kein gestecktes Messer jemals einem Fulltang das Wasser reichen können.

mfg, stubenhocker
Einspruch! :steirer:

Wo wir schon auf Korinthenkackerniveau sind: Ein Fulltang tut für die Stabilität nichts, er fügt dem Griff aber jede Menge "totes Material" hinzu, das nur für die Muskelertüchtigung beim Rumschlappen gut ist. Einfach mal den Biegemomentenverlauf bei eingespannter Klinge und Belastung des Griffendes aufzeichnen, das gibt einen Hinweis, wo das meiste Material im Griff hingehört und wo es total überflüssig ist. ;)

[Dass es andere Gründe für einen Fulltang gibt hier mal außen vor, die reine Stabilität gehört jedenfalls mMn. nicht dazu.]
 
AW: Steckangel Fehlkonstruktionen

Hallo Leute!
@dcjs:
Ich stimme dir da vollkommen zu! Meine Überlegung war eben ob es "noch besser" geht.
@pitter
Was ist da neu, das hätt mir der von der Fleischbrückn auch sagen können
Da stimme ich Dir ebenfalls zu: Es gibt nichts neues unter der Sonne...
Für mich war es jedenfalls interessant und hat mir geholfen alles etwas besser ins Gleichgewicht zu bringen. Ich habe eben ganz bestimmte Vorstellungen wie ich meine Messer machen will und was ich von Messern erwarte die mir gefallen.Dabei ist die Festigkeit für mich eine der wichtigsten Eigenschaften.Aber eben nur eine, es muß wie gesagt ein stimmiges Paket sein.Das ist nicht einfach.
Ich habe einige Messer, denen wäre ich nicht böse, wenn sie dabei brechen. Andere, die das aushalten müss(t)en
Beim konjunktiv war ich vor dem Test auch, und das trotz jahrelanger und teils grober Nutzung.
insofern hätte mir das der von der Fleischbrück wohl doch nicht sagen können...

less
 
fulltang oder spitzerl - was halten messer aus?

Hallo!

ich möchte mal eine diskussion anregen und eure geschichten hören. fulltang oder spitzerl ist ja oft ein thema. manche trauen bei der messersuche den spitzerlkonstruktionen wie zB bei den nordischen messern nicht. was habt ihr euren messern (sowohl spitzerl als auch FT) schon alles zugetraut ohne dass die konstruktion versagt hat bzw. wie ihr euer messer um die ecke gebracht habt :steirer:. ich möchte mal den missbrauch als wurfmesser ausschließen, da dies in meinen augen eine absolut untypische verwendungsart ist und durch den aufprall bei 40kmh+drehimpuls auf harte gegenstände derart starke kräfte erzeugt werden, für die gebrauchsmesser wohl nicht konstruiert wurden.
 
AW: fulltang oder spitzerl - was halten messer aus?

Ich bin mir nicht ganz sicher, welche Erkenntnis Du gewinnen willst, wenn Du "Missbrauch" vorab ausschließt. Bei praxisnahem Einsatz (also beim Schneiden) werden beide Konstruktionen nicht mal in die Nähe ihrer Belastungsgrenzen gebracht.

Wenn Dich aber interessiert, was die Messer wirklich aushalten, sind solche praxisfernen Extremtest trotzdem aufschlussreich. Hier hätte ich noch einen:

http://www.myvideo.de/watch/6188940/Stabilitaetstest_Micarta_Spitzerl

Dabei hat Moritz Kaiser diese Konstruktion (nicht dieses Messer) getestet: http://www.messerforum.net/showthread.php?t=67071

Fazit: Die Klinge bricht eher, als dass sich die Spitzerlverbindung löst.
 
AW: fulltang oder spitzerl - was halten messer aus?

Na dann mal direkt aus der Praxis, allerdings nur zum Teil direkt am Beispiel Messer :
25 Jahre als Tischler in Werkstatt und Bau ,seit langem alleine Selbstständig.

Ich nehme mal Stechbeitel/Stecheisen mit Spitzerl als Beispiel.
Meist im Weissbuchen oder Kunststoffheft.
Werden zum Teil extrem belastet, nicht nur auf dem Bau duch Schlagen auf das Heft sondern z.B. beim "Fensterschlachten" auch durch Hebeln Drehen usw.
Es ist wirklich erstaunlich WIE gut und lange diese Belastungen ausgehalten werden-von einem reinrassigen Spitzerl der meist nur ins Holz geschlagen wurde.(Allerdings mit Zwingen)
Mora Messer mit kurzem Erl und Kunststoffgriff halten auch viel mehr aus als die meisten glauben.
Im Thread festetehende Messer eine Frage wie der Erl des
Blackjack 1-7 Belastungen standhält- ungefähre Fragestellung :Der hat ja nur ca 12x5 mm Erlstärke(Durchgehend!!!),-reicht das denn zum soundso usw.

Halloo? nehmt doch mal einfach einen alten Schraubendreher z.B. Schlitz, Grösse 6,5 oder 7 mm, von halbwegs guter Qualität, spannt den in einen Schraubstock und versucht mal ihn abzubrechen, oder ernsthaft zu verbiegen etc.
 
AW: fulltang oder spitzerl - was halten messer aus?

Die eigentliche Schwachstelle beim Spitzerl ist der Übergang von Klinge zu Erl, wenn der zu scharfkantig ist dann gibt es Probleme.Und/Oder auch wenn der Erl durchgehärtet ist kann das zu Problemen führen.
So lange wie ich Messermache und benutze kann ich sagen dass kaum eine Klinge am Erl nach gab und wenn, dann weil eine der oben genannten Schwachstellen zutraf.

Mein persönliches Ideal ist ein gut gerundeter Übergang und die ersten Zentimeter mit gehärtet und Gut angelassen, der Rest so weich wie möglich. Imho.
 
AW: fulltang oder spitzerl - was halten messer aus?

... den fred kenn ich schon - hab vorher brav die SuFu bemüht:ahaa:. da gings aber anfänglich um des thema "zwinge", erst auf seite drei war dann eine interessante live-repotage zum thema spitzerl
Das sollte aber niemanden daran hindern, neue Aspekte an das bestehende Thema anzuhängen ;)
Darum mit dem ausführlichen thread zusammengelegt und neu betitelt - gerade weil hier schon einige interessante Bilder und Erläuterungen vorhanden sind - es macht das Finden nämlich nicht leichter, wenn dutzende angefangene Themen zum selben Thema angezeigt werden.

Zwischenbeiträge mit links gelöscht.

Gruß Andreas
 
@ lacis: danke für das video - sehr interessant, schade um das schöne messer. ich hoffe es war der prototyp.

ich wollte in meiner fragestellung nicht jeglichen missbrauch ausschließen (alles ausser schneiden), sondern konkret das werfen von messern, da dies in meinen augen eine sondernutzung ist, die sehr weit von der intention eines üblichen (outdoor-, nordisch-, bushcraft-) messers ist, nämlich eben SCHNEIDEN. natürlich muss jeder für sich - bezogen auf den einsatzzweck - die bedeutung von "Missbrauch" und "Gebrauch" festlegen. für manche ist buddeln mit einem fixed normal und muss vom messer weggesteckt werden können, für andere ist batoning schon grenzwertig, deshalb gibt es wohl auch so viele verschiedene messer. ich wollte mir ein bild machen, ob ich mich auf meine diversen steckerl-messer bei halbgrober belastung verlassen kann oder verlust befürchten muss und ein paar nette geschichten ala "neulich im odenwald ist mir folgendes passiert". ich denke die frage war zu allgemein, schließlich spielen viel mehr faktoren mit, wie klingendicke, stahl, WB, übergang klinge Erl. usw. nächstes mal frag ich konkreter:ahaa:

Man möge dem Rookie verzeihen!

@ nymikel64:danke für den hinweis auf Stechbeitel/Stecheisen - da kann man sich schon was vorstellen. sind bei stemmeisen nur die schneiden gehärtet oder sind die voll durchgehärtet?
 
Zurück