(Stein-)Schleifen lernen mit Hilfe von Markierung am Finger?

Carl Hanger

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Liebes Messerforum,

heute habe ich zum ersten Mal auf einem Wasserstein (400/1000) ein Messer geschliffen, mit mäßigem Erfolg.
Soweit ich das bislang verstanden habe, ist das konstante Einhalten eines Winkels dabei das Wichtigste. Um dies zu lernen gibt es Schleifhilfen oder man bastelt sich einen kleinen Winkel um zwischendurch zu prüfen, ob man noch richtig hält. Da ich nur schlechtes über die anklemmbaren Helfer gelesen habe und zu faul (bzw. unfähig) war mir einen Winkel zu basteln, habe ich folgendes getan: Anhand dieser Liste die nötige Distanz zwischen Stein und Klingenachse abgelesen und mir dann einfach auf der richtigen Höhe eine kleine Linie auf dem Daumen gezogen. So konnte ich immer schnell zwischendurch prüfen, ob der Winkel noch passt. Das war auch meistens der Fall. Da ich aber erstens noch nie etwas von dieser simplen Methode gehört habe und zweitens, wie gesagt, kein wirklich befriedigendes Ergebnis hatte (Telefonbuchpapier geht gerade so, aber nicht wirklich schön), gehe ich davon aus, dass das irgendwie Quatsch ist. Könnt ihr mir sagen wo der Haken an diesem Verfahren liegt?

Grüß,
Carl

Geübt habe ich übrigens an einem billigen wmf Messer, es war davor nicht übertrieben Stumpf oder beschädigt.
 
Nimm dir ein billiges Messer und dann heisst es üben üben üben - das hast du ja schon gemacht. Allerdings glaube ich dass die WMF-Messer eine zu harte Klinge zum Üben haben, zumindest die die ich kenne sind schon sehr schwer zu schleifen. Ich hab an einem 5 € Parmesanmesser von Ikea geübt, das hat einen schön weichen Stahl.
Ich glaube du brauchst da gar nicht so kopflastig rangehen und musst dich gar nicht so genau an die "idealen" Winkel halten, viel wichtiger ist es ein Gefühl fürs Schleifen zu entwickeln. Das kommt mit der Zeit von selbst. Wenn du den Daumen so anlegst dass er ganz leicht auf dem Schleifstein aufliegt entwickelt man ein ziemlich gutes Gefühl ob der Winkel gleich bleibt. Damit entwickelst du nach und nach deinen persönlichen Schliff, den du dann im Schlaf beherrschst.
Ein Stein mit 400/1000er Körnung ist auch relativ grob, ich würde mindestens einen 800/2000er nehmen und vor allem zum Schluß das Leder nicht vergessen. Das bringt nochmal einiges bzw. macht den Schliff erst richtig "smooth".

Schleifen ist kein Hexenwerk, einfach weiter üben :super:
 
Hallo Carl,
... kein wirklich befriedigendes Ergebnis hatte (Telefonbuchpapier geht gerade so, aber nicht wirklich schön), gehe ich davon aus, dass das irgendwie Quatsch ist. ...
ich glaube, da hast Du für die Beurteilung nach Deinem ersten Schleifversuch die falsche Papierqualität ausgewählt: Nimm doch ein handelsübliches DIN A4 Blatt (80 gr/m²), und teste noch einmal. Oder probiere mal aus, ob Du am Unterarm Haare abrasieren kannst.

Selber habe ich bisher nur einen Schleifversuch hinter mir (das Messer war zwar noch scharf, aber nicht mehr OOB; daher bin ich auch nur mit der 3500er Körnung meines Kombisteins drübergegangen, anschließend auf Leder abgezogen): Zwar gaben nicht alle Haare am Unterarm auf, aber der "Hinterkopf-Haartest" hat funktioniert.

Gerade eben habe ich interessehalber den Test mit Telefonbuchpapier gemacht: Selbes Ergebnis wie bei Dir!

Fazit: Als Schleifanfänger sollte man sich nicht zu hohe Ziele setzen; Telefonbuch ist IMHO nur nur für Profis! :)

Gruß
Thomas
 
Hattest Du auf der ersten Körnung auch bis zur Bildung des Grates geschliffen? Hast Du nach dem Schärfen auf der letzten Körnung noch einen Lederriemen mit Polierpaste verwendet, um den Grat zu entfernen? Die zwei Punkte werden zu Beginn des Freihandschleifens oftmals nicht richtig gemacht und daraus resultieren viele Probleme im weiteren Schleifverlauf.

Deine Idee mit dem Strich auf dem Finger finde ich gut, ich hatte anfangs den Daumen auf dem Schleifstein als Winkelhilfe mitgeführt, aber das gibt immer schlecht heilende Wunden. Aber zur Kontrolle ab und zu sicherlich eine gute Möglichkeit, danke für den Tipp.

Der 400/1000'er Stein klingt für mich nach hellgrau/dunkelgrauem Stein, der nicht so hart gebunden ist. Da hatte ich mit der 1000'er Seite mal Probleme, weil sich zuviel Schleifschlamm bildete, eine ordentliche Schneidkante zu erreichen. Probier mal den Stein beim Schleifen öfter abzuspülen, damit der Schleifschlamm weniger wird.
 
Hmm bei höheren Körnungen geht das vielleicht. Ich habe einmal die Geometrie eines Messers auf einem sehr groben, grünen Siliziumkarbidstein umgeschliffen... Bis ich gemerkt habe dass der Schleifschlamm sich auf einmal rot färbt. Diese Wunden schmerzen extrem und die Heilung dauert lange.

Ich geb Dir einen Tip: Fertige Dir einfach zwei Winkel aus Holz o.Ä. an (zB. 15° und 20°) und überprüfe damit zwischendurch ob alles passt.
Suche Dir eine Schleifbewegung (ich empfehle die "Scheibenwischerbewegung") und bleib dabei. Nicht zu viel ändern. Wenn Du einen Weg gefunden hast, der F Ü R D I C H funktioniert, bleib dabei und verbessere Dich stetig. Dann geht das Ganze irgendwann zur Perfektion über.

lG Olli
 
Vielen Dank für eure Antworten.
Den Winkel zu halten schaffe ich jetzt, der Übung und den Markierungen sei Dank, sehr gut. Dank Lederriemen bin ich auch mit der Schärfe immer zufriedener. Ich stehe nun aber vor einem neuen Problem. Ich habe jetzt bereits bei 2 meiner günstigen Übungsmesser einen Bogen in die klinge geschliffen. Ich Schleife auch mit der Scheibenwischerbewegung. In der Mitte der Klinge bildet sich sehr schnell ein Grat, an der unteren Kante und an der Spitze dauert es deutlich länger, um jedoch die untere Kante zu schleifen muss ich ja gezwungenermaßen die Mitte die ganze Zeit mitschleifen, ergo ich trage dort zu viel material ab und es bildet sch ein Bogen. Wie kann ich das verhindern?

@Leonard, ich habe den Kombinationsstein von gräwe, der ist extrem weich gebunden und hat meine halbe Küche verschlammmt. Leider ist er so weich, dass die grobe Seite, nach zwei Schleifgängen Wellig war.

Grüße,
Carl
 
@Carl Hanger:
Das mit dem Bogen kann verschiedene Ursachen haben:

1. Wenn Du nur mit der reinen Scheibenwischerbewegung bei jedem Strich über die gesamte Schneidenlänge fährst, wird der Bereich in der Mitte stärker abgetragen. Das fällt besonders bei den Messern mit geraden Schneiden auf, z.B. bei Rasiermessern.
Abhilfe: Mit der zweiten Hand (die erste Hand hält den Griff und stellt den Schleifwinkel ein) gibst Du Druck auf die Klinge an den Stellen, wo stärker geschliffen werden soll - also am Anfang und am Ende, wenn sich die Schneide ansonsten hohl schleift. Die Scheibenwischerbewegung sollte nicht ständig über die gesamte Klingenlänge erfolgen, sondern abschnittsweise. Dabei wandern die Finger der zweiten (Andruck-)Hand langsam von Strich zu Strich vom Anfang der Schneide bis zum Ende und wieder zurück.

2. Die Schneidfase ist vom Hersteller nicht gleichmäßig angebracht worden. Oft ist der Bereich an der Spitze stumpfer angeschliffen worden (mit einem größeren Schnleifwinkel). Deshalb muss an der Spitze mehr Material weggeschliffen werden, bevor Du die Schneidkante erreichst. Ansonsten wird an den Stellen, wo Du schon die Kante erreicht hast, das Messer an Breite verlieren, was Du dann an den hohlgeschliffenen Stellen sehen kannst.
Abhilfe: Mit einem wasserfesten Stift (siehe Eddingmethode) solltest Du die Schneide anmalen, so dass Du sehen kannst, wo noch unbearbeitete Bereiche übrig sind. Du solltest dann gezielt diese Stellen bearbeiten, bevor Du auf einen feineren Stein gehst.

3. Du drückst beim Schleifen mit der zweiten Hand nur in der Mitte des Messers und verstärkst dort den Materialabtrag.
Abhilfe: Verteile den Druck besser auf die gesamte Klingenlänge, z.B. durch spreizen der Finger oder durch schrittweises Wandern der Finger über die Klinge, siehe 1.

Mehr fällt mir dazu nicht mehr ein.

@_Centurio_ und @Leonardo75:
Ich dachte bisher, dass nur mir das passiert sei - mein Schleifstein wurde nämlich auch plötzlich ROT ... ähhh? ... Blut?? ... Ohhh, mein Daumen!!! :super::staun:
Beim Schleifen tat es auch nicht weh - nur eine Woche danach noch :-( Die Stelle am Daumen war richtig schön glatt :hehe:
Es beruhigt mich, dass es euch auch so ging. :)

viele Grüße
Mico
 
@ Carl Hanger:
Achte darauf, dass Du beim Scheibenwischer erst ein paar gerade Hübe machst, bei denen Du im griffnahen Bereich bleibst und dort lokal Druck (mit der Griffhand und der anderen Hand) gibst. Erst später, wenn dort der Grat entstanden ist, den weiteren Bereich der Klinge mitschärfen.

Das Problem mit dem Schleifschlamm ist, wenn sich zuviel bildet, verschleisst der Stein zu schnell, da der Schleifschlamm nicht nur von der Klinge sondern auch von den festen Bereichen des Steins Material abträgt. Mir persönlich liegen die härter gebundenen Steine etwas besser.
 
Kann dem leo nur zustimmen. Ich verwende nur hart gebundene steine, noch lieber diamantplatten. Abzug auf dem missarka ultra oder einem harten arkansas stein. Leder verwende ich nicht mehr, da der biss der schneide verloren geht. Wenn die technik stimmt, brauchts kein leder. Aber alles geschmackssache ;)
 
Ich habe tatsächlich immer versucht mit einer Bewegung über die ganze Klinge zu fahren, weil sich das irgendwie "professioneller" angehört und angefühlt hat. Auch dass man den Abtrag so stark durch punktuellen Druck beeinflussen kann war mir nicht bewusst, Danke euch! Die Messer konnte ich einigermaßen korrigieren und hatte das Problem seit dem nicht mehr, dafür steht wieder ein Anderes an :)
Das ist jetzt zwar OT,meine letzte Frage aber auch, daher ich frag einfach mal: Habt ihr irgendwelche Tricks um beide Seiten gleich lang zu schleifen?? Auf der ersten schleife ich bis der Grat sich über die ganze Schneide gezogen hat. Auf der zweiten passiert das deutlich schneller, trotzdem muss man ja weiter schleifen, weil sonst die Schneidenkante aus der Mitte rückt. Wie schätzt ihr das ein?

Grüße,
Carl
 
Kommt jetzt drauf an, ob ich einem Messer einen neuen Winkel verpassen will oder es einfach nur nachschärfe.
Bei ersterem wechsel ich nach Gefühl immer mal wieder die Seite, schon bevor sich ein Grat zeigt. Wenn die Gratbildung dann anfängt gehts meistens so schnell, dass sich keine Probleme ergeben.
Beim einfachen Nachschärfen schätze ich die "Verschiebung" der Schneidkante als relativ gering ein und schleife die andere Seite daher einfach kürzer. Gleiche ich mittelfristig dadurch aus, dass ich beim nächsten Schleifgang eben mit der anderen Seite der Klinge beginne. Ist ja meist sowieso eine Sache von relativ wenigen Zügen, wenn man das Messer gar nicht erst richtig stumpf werden lässt.
 
Das ist jetzt zwar OT,meine letzte Frage aber auch, daher ich frag einfach mal: Habt ihr irgendwelche Tricks um beide Seiten gleich lang zu schleifen?? Auf der ersten schleife ich bis der Grat sich über die ganze Schneide gezogen hat. Auf der zweiten passiert das deutlich schneller, trotzdem muss man ja weiter schleifen, weil sonst die Schneidenkante aus der Mitte rückt. Wie schätzt ihr das ein?
Wenn Du eine Schneide komplett neu aufbaust, also z.B. angefangen beim 220er Stein, gibst Du mit dem ersten Stein die Schneidenmitte vor. Da heisst es dann Augenmass beweisen. Ruhig mehrmals die Seite wechseln. Die Sache mit dem Grat ist erst bei feineren Steinen wichtig. Auch da kannst Du zwar prinzipiell die Seite wechseln so oft Du willst. Wenn Du aber auf einer Seite bleibst bis sich ein Grat bildet, kannst Du den Winkel besser halten. Eingespielte Bewegungen und so. Beim groben Vorschleifen ist das aber egal. Da ist eine mittige Schneidenmitte :glgl: wichtiger.
 
Habt ihr irgendwelche Tricks um beide Seiten gleich lang zu schleifen?? Auf der ersten schleife ich bis der Grat sich über die ganze Schneide gezogen hat. Auf der zweiten passiert das deutlich schneller, trotzdem muss man ja weiter schleifen, weil sonst die Schneidenkante aus der Mitte rückt. Wie schätzt ihr das ein?

Bei meinen Messern ziehe ich den Anschliff runter bis auf 0,5mm an die Wate heran. Der Winkel zwischen beiden Seiten liegt dann bei etwa 5°. Bei diesem breiten Anschliff fällt es nicht auf, ob die Schneide etwas außermittig liegt. Das kann man ganz gut über eine beidseitig gleichmäßige Fasenbreite kontrollieren. Für die Sekundärfase bleibt dann der volle Spielraum, ohne die Mittigkeit der Schneide nennenswert zu beeinflussen. Ich selbst bevorzuge eine asymmetrische zweite Fase, wodurch ich wegen der Führung durch die Anschlifffläche besser dünne Scheiben schneiden kann. Ansonsten müsste ich das Messer immer vom Schnittgut um den Winkel der Sekundärfase wegkippen, um gerade zu schneiden.

Schöne Grüße
Mico
 
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