Servus,
Dann kommen wir jetzt mal zu den Serien, die mir ein bisschen Kopfschmerzen bereiten. Twin Zwilling 1731, Dick 1778 und Nesmuk Soul/Janus. Es fällt mir schwer mir technologische Gründe vorzustellen, die einen solchen Quantensprung im Preis rechtfertigen können. Andererseits werden Sie an vielen Stellen besonders gepriesen. Zahlt man hier für den Mythos oder sind diese Messer einfach besser als die vorher genannten?
Leute die solche Messer preisen wissen eindeutig zu wenig über exzellente Kochmesser. Ich bin leider schon völlig verdreht, so das ich Serienkochmessern nicht mehr viel abgewinnen kann, weil hier und dort seit Jahren alles an Weiterentwicklung stagniert, oder absolute Fehltritte passieren, wie zuletzt Güde mit seinem "The Knife"
Natürlich will man immer etwas gutes und gleichzeitig schönes Verschenken und wenn der zu Beschenkende ein normaler Hobbykoch ist, dann sind die Empfehlungen von tiffel schon hübsch und gut.
Die Schneidfase vom FCD ängstigt mich ein wenig und alleine für das blöde Honbazuke-Gedöns das die Zwilling Marketingabteilung gerne trommelt, dürfte man diese Messer keines Blickes würdigen, aber da kommt wieder meine Prägung hoch.
Ich bin jetzt nicht sicher ob du den Kochmesserkauf incl. Beratung einfach gestalten möchtest, dass geht natürlich auch, ohne viel Schnickschnack und das Ergebnis wird wahrscheinlich besser sein, als den üblichen Verdächtigen zu folgen.
Man kann aber den Erwerb/die Beratung von einem Kochmessers auch verdammt aufwendig gestalten. Dazu sollte man etwas über den Mann/Frau wissen, die dieses Messer hoffentlich ein Leben lang benutzen wird.
Das heißt Rechtshänder/Linkshänder, welche Schnitttechnik, Bereitschaft den richtigen Umgang mit einem Kochmesser zu erlernen, bevorzugte Messerlänge/Gewicht, Platz in der Küche, welches Schneidbrett, welcher Umgang ist zu erwarten, was soll alles geschnitten werden, Schwerpunkte in der Zubereitung usw.
Natürlich sollte man auch Anforderungen an das Messer stellen dürfen, dazu muss man allerdings wissen, was ein Kochmesser jenseits der Serienproduktion zu leisten vermag. Es beginnt wie immer bei unterschiedlicher Auffassung von Begrifflichkeiten und endet auch damit!
Deshalb hier meine Meinung z.B. zu "food-release", also von jemandem dessen Ziel es ist, ein Messer zu finden das leicht schneidet und trotz einer dünnen Klinge Schnittgut so gut als möglich freisetzt! Das ist an sich ein Widerspruch, da sich beide Eigenschaften diametral bewegen! Vielleicht beginne ich mal den Begriff "FR" zu klären. Zwischen leichtem abstreifen mit der Hand von den Flanke über lockeres abschütteln oder abfallen von der Klinge, bis zum Abdrängen und liegenbleiben des Abschnittes am Brett umfasst der Begriff alles!
Aber nicht jede Messergeometrie generiert alle genannten Effekte! Der effektivste FR ist das Auftreiben und Abspalten von Schnittgut! Dass können Messer mit 0,50mm an der Wate am besten! Da knackt es tüchtig und hartes Schnittgut springt förmlich weg! Ich nehme aber an, dass möchtest du nicht verschenken, weil diese Messer nicht schneidfähig sind und deshalb keinen Spaß machen! Die nächstbessere Klasse sind WH-Geometrien, die an der Spitze sehr dünn ausgeschliffen sind und hinten raus eine Keilform oder stark konvexe Geometrie aufweisen. Wenn damit im Schubschnitt durch hartes Schnittgut gepflügt wird, dann schneiden diese Messer mit der vorderen Klingenhälfte leicht ein und drängen durch den Vorwärtsschub das Schnittgut ab und setzen effektiv frei. Es pappt nix an! Der etwas erhöhte Kraftaufwand beim Schneiden wird durch Klingenlänge und Gewicht kompensiert! Effektive Profi-WH-Klingen sind übrigens von stattlicher Länge!
Kein Licht ohne Schatten. Hier ist nur ein Teilbereich der Klinge für einen leichten Schnitt geeignet und nicht die gesamte verfügbare Schneidenlänge, für einen Freund des leichten Schnittes ein Alptraum! Choppen im hinteren Klingendrittel ist grauslich!
Wie man sieht kommt jetzt erstmals auch die Schnitttechnik ins Spiel, wieder ein Faktor der dazukommt!
Wie man schön sehen kann, dominiert immer noch klar eine gute FR-Eigenschaft die Geometrie! Wir wollen aber den FR domestizieren und trotzdem leicht schneiden und nicht spalten! Jetzt verlassen wir konventionelle Klingengeometrien und wenden uns den innovativen Möglichkeiten zu, den geometrischen Anomalien in Form von mehr oder weniger ausgeprägten oder optisch kaum wahrnehmbaren bis zu dominierenden Hohlkehlen! Hier beginnen wir uns bereits den dünnen Klingen zu nähern, den sogenannten Lasern! Eine sehr dünne Klinge hat sehr dünne Wandstärken an der Flanke, eine tiefe HK hat hier keinen Raum zur Verfügung! Wo wenig ist, kann man nicht viel rausschleifen!
Was bleibt ist eine Entscheidung an der Weggabelung. Entweder mehr Substanz und eine tiefere effektive HK in ausgewogenem Verhältnis, dass einen leichten Schnitt und einen echten FR zu gleichen Teilen bedient ohne sich wieder aufzuheben oder sich im Weg zu sein!
Das gegenwärtige Maß der Dinge ist hier
Xerxes mit seinem Konzept, darüber sind sich eigentlich alle einig, die sich näher mit Kochmesser beschäftigen! Je präsenter eine HK ist, desto effektiver ist ihr Effekt! Je eleganter eine HK in die Flanke integriert wird, desto mehr und mehr schwächt der Effekt ab, aber die Klinge darf dünner werden, die Schneidfähigkeit gewinnt, das Design gewinnt, das ist
Robin Dalman mit seiner unfassbar elegant gemachten beidseitigen HK!
Ein S-Grind ist die schwächste Variante. Das heiß, hier muss man sich mit einem leichten abstreifen mit der Hand zufrieden geben, bei Robin Dalman's Konzept kommt man schon zu lockerem abschütteln oder abfallen von Schnittgut und bei Xerxes erreichen wir durch die Abscherkante am Beginn der HK den größten festgestellten Effekt, abdrängen, abfallen, liegenbleiben von Schnittgut bei leichtem Schnitt über die gesamte verfügbare Schneidenlänge! Dalman fertigt nach einigen positiven Testläufen aktuell Triple-Hohlkehlenklingen mit vielen Facetten und teils unsymmetrischem Schliff, die sehr funktionell sind, mal sehen on das Konzept aufgeht und seine Anhänger findet.
Jetzt noch die einzelnen Oberflächen betrachtet, zeigt sich wieder ein Zusammenhang. Glatte Flanken und glatte integrierte und damit unauffällige Konzepte pappen stärker, als grobe und zerklüftete Oberflächen, die aber gleitfähig sein müssen, dass ist entscheidet! Manch raues KU-Finsih wirkt wie eine Bremse, wenige aber gleitende Punkte sind am besten, sie verhindern ein vollflächiges Ansaugen durch einen Flüssigkeitsfilm und den daraus entstehenden Unterdruck. Schnelle Bewegungen wie flottes Choppen kann dem wieder entgegenwirken!
Selten aber doch, gibt es noch geschmiedete und roh belassene Flanken, wie
Jean-Jose-Tritz sie fertigt, diese zerklüfteten und unterschiedlich dicken Flächen sorgen für einen überraschend guten FR, ohne HK, sind aber optisch sehr eigenwillig!
Wenn wir jetzt noch die Faktoren Schnittgut und Schnitttechnik ins Spiel bringen, dann sieht man schön wie weit dieses Feld eigentlich ist und wieviele Möglichkeiten kombinierbar!
Das ist jetzt grob zusammengefasst, was Kochmesser in Großserie und solche von Messermachern unterscheidet, die keine Ruhe geben wollen und sich nicht beirren lassen, von immer den gleiche Aussagen, dass man an einem Kochmesser nix mehr verbessern kann, weil eh alle irgendwie schneiden.
Jetzt kannst du entscheiden, ob du einfach und unkompliziert ein Messer schenken möchtest, oder kompliziert und kostspielig, aber wirklich gut!
Für beides hätte ich vollstes Verständnis!
Gruß, güNef