Pflaster
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Hallo!
Nach ziemlich langer Wartezeit trudelte vor einigen Wochen ein Maboroshi Gyuto bei mir ein. Wie TF-Jünger wissen, sollte man keine allzu großen Erwartungen haben, was das F&F betrifft. „Rustikal“ lautet hier das Stichwort. Vor allem die westlichen Griffe bezeichnet der geneigte Ami im allgemeinen als „poor“ . Diese Messer kauft man wegen derer Klingen, die traditionell dreilagig von Hand geschmiedet werden. Die Schneidlage besteht beim Maboroshi aus Shirogami 1 und wird sehr hoch gehärtet auf 64-65 HRC. Das 210er Gyuto wiegt stramme 221 Gramm und stellt damit ein echtes Schwergewicht in den Händen des gemeinen Laser-Freaks dar.
Klinge:
Die Klinge ist relativ groß und massiv. Länge der Schneide: 210 mm. Klingenhöhe: 53 mm. Klingenrückendicke: Kehl 3,7 mm. Mitte 2,3 mm. 1 cm vor der Spitze 1,1 mm. Hier ein Größenvergleich mit einem normalen Yo-Gyuto (Konosuke):
Der Anschliff ist ausgeprägt ballig und zur Schneide hin extrem dünn. Die Schärfe OOTB war exzellent. Nur Takamura macht das noch sorgfältiger und besser.
Charakteristisch für das Maboroshi ist das Hammerschlag-Design der Klingenflanken mit Schmiedespuren. Ich hatte noch keine Klinge, die so viele Einzelheiten zeigt wie diese . Die Schneidlage ist sehr schön abgesetzt, der Bereich darüber fein quersatiniert. Die oberen zwei Drittel der Klinge sind leicht rauh belassen und mit den Dellen des Tsuchime-Designs übersät.
Der Klingenrücken ist gut entgratet und hat keine unangenehmen Kanten. Der Kehl ist etwas ungleichmäßig geschliffen und kantiger als der Rücken, aber völlig ok. Die Schneidlage verläuft exakt mittig. Interessant ist, dass diese im Vergleich zu Shirogami 2 kaum reagiert und nur ganz leicht in Regenbogenfarben anläuft, während die angeblich rostfreien Außenlagen ebenfalls in manchen Bereichen ganz leicht anlaufen. Jede Benutzung des Messers bringt hier neue Überraschungen mit sich. Das ist irgendwie spannend und gefällt mir sehr gut. Die weichen Außenlagen sind leider recht kratzempfindlich.
Insgesamt finde ich, dass die Klinge gut verarbeitet ist, trotz der gewollt rustikalen Anmutung. Das Profil weist keinen ausgeprägten Sweetspot auf, sondern verläuft vom Kehl zur Spitze hin in einem feinen, sanften und sehr gleichmäßigen Bogen.
Griff:
Der Griff ist für mich insgesamt völlig akzeptabel. Klar, ein güNef würde sich bei dessen Anblick vermutlich die Haare raufen - mit ziemlicher Sicherheit würde er das tun . Aber da ich mich bei der Bestellung des Messers schon auf ein suboptimales F&F eingestellt hatte, war ich hier auch nicht enttäuscht. Ich zähle mal die kleinen Unregelmäßigkeiten auf:
Die Erl-Oberseite weist eine größere und zwei ganz kleine Macken auf, welche allenfalls optisch stören. Am Übergang zu den Griffschalen wurde teilweise mit Spachtelmaterial ausgeglichen.
Die Erl-Unterseite sieht deutlich besser aus und ist völlig ok.
Am Übergang zum Kropf stehen die Griffschalen deutlich über, was sich leicht ausbessern ließe.
Die Niete sind bündig mit den Griffschalen. Bei der Benutzung des Messers stören die aufgezählten Unregelmäßigkeiten nicht und sind darum aus Fujiwara-Sicht wahrscheinlich eher Pillepalle .
Performance:
Das Messer ist sehr gut ausbalanciert, der Schwerpunkt liegt etwa 1 cm vor dem Kropf. Obwohl ich gewohnt bin, mit Messern zu arbeiten, die zwischen 140 und 170 Gramm wiegen, kommt mir das Maboroshi trotz dessen 221 Gramm nicht unangenehm schwer vor.
Die Kehlansicht würde ich als absolut vielversprechend bezeichnen – vielleicht eine der aufregendsten, die ich bisher gesehen habe. Man sieht, dass die Klinge extrem dünn ausgeschliffen ist. Wenn man sich zusätzlich die sehr hohe Härte von ca. 65 HRC vor Augen hält, dann ermahnt das zu einem sorgfältigen Umgang mit der empfindlichen Schneide. Von Choppen würde ich abraten.
Vergleich Schanz-Santoku mit Maboroshi:
Vergleich Ashi-Gyuto mit Maboroshi:
Das Messer schneidet sehr gut, auch härteres Schnittgut. Nur beim schneiden von Möhren ist mehr Druck nötig als ich erwartet habe. Hier sind alle meine Laser besser. Die Möhre ist aber wirklich eine Ausnahme. Mit allen anderen Lebensmitteln kommt das Maboroshi bestens zurecht; bei einigen liegt es sogar fast gleichauf mit meinem Schanz-Santoku – und das will schon etwas heißen!
Die Schneidhaltigkeit der Klinge scheint hervorragend zu sein. Nach regelmäßiger Benutzung in den letzten Wochen ist noch kein Schärfeverlust spürbar.
Von einer Schnittgutfreisetzung kann man beim Maboroshi nicht wirklich reden; in dieser Hinsicht hätte ich durchaus mehr erwartet. Aber am unteren Drittel der Klingenflanken saugen sich dünne Möhrenscheiben mitunter ziemlich fest an. Insgesamt ist das Fujiwara in Sachen Foodrelease kaum besser als die meisten meiner Laser. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass das für den Hobbykoch jedoch relativ unbedeutend ist.
Fazit:
Wie ein leicht verwilderter Naturgarten seine Reize hat gegenüber einem gepflegten Garten mit englischem Zierrasen und rechtwinkligen Rabatten – so hat auch das Maboroshi aufgrund seiner rustikalen Anmutung absolut seine Reize im Vergleich zu einem sauber verarbeiteten Ashi oder Konosuke. Man mag es eben oder nicht. Selbst der leicht schlampig verarbeitete Griff hat mich nicht daran gehindert, das Fujiwara zu mögen. Besonders die Klinge fühlt sich authentisch an, handgemacht – das macht ihren Reiz aus. Dazu schneidet das Messer sehr gut, wobei sich sein relativ hohes Gewicht positiv bemerkbar macht.
Ein Werbeslogan für dieses Messer könnte in etwa folgendermaßen lauten:
„Bist du noch F&F-Fetischist – oder schneidest du schon mit Fujiwara?“
Gruß
Pflaster
Nach ziemlich langer Wartezeit trudelte vor einigen Wochen ein Maboroshi Gyuto bei mir ein. Wie TF-Jünger wissen, sollte man keine allzu großen Erwartungen haben, was das F&F betrifft. „Rustikal“ lautet hier das Stichwort. Vor allem die westlichen Griffe bezeichnet der geneigte Ami im allgemeinen als „poor“ . Diese Messer kauft man wegen derer Klingen, die traditionell dreilagig von Hand geschmiedet werden. Die Schneidlage besteht beim Maboroshi aus Shirogami 1 und wird sehr hoch gehärtet auf 64-65 HRC. Das 210er Gyuto wiegt stramme 221 Gramm und stellt damit ein echtes Schwergewicht in den Händen des gemeinen Laser-Freaks dar.
Klinge:
Die Klinge ist relativ groß und massiv. Länge der Schneide: 210 mm. Klingenhöhe: 53 mm. Klingenrückendicke: Kehl 3,7 mm. Mitte 2,3 mm. 1 cm vor der Spitze 1,1 mm. Hier ein Größenvergleich mit einem normalen Yo-Gyuto (Konosuke):
Der Anschliff ist ausgeprägt ballig und zur Schneide hin extrem dünn. Die Schärfe OOTB war exzellent. Nur Takamura macht das noch sorgfältiger und besser.
Charakteristisch für das Maboroshi ist das Hammerschlag-Design der Klingenflanken mit Schmiedespuren. Ich hatte noch keine Klinge, die so viele Einzelheiten zeigt wie diese . Die Schneidlage ist sehr schön abgesetzt, der Bereich darüber fein quersatiniert. Die oberen zwei Drittel der Klinge sind leicht rauh belassen und mit den Dellen des Tsuchime-Designs übersät.
Der Klingenrücken ist gut entgratet und hat keine unangenehmen Kanten. Der Kehl ist etwas ungleichmäßig geschliffen und kantiger als der Rücken, aber völlig ok. Die Schneidlage verläuft exakt mittig. Interessant ist, dass diese im Vergleich zu Shirogami 2 kaum reagiert und nur ganz leicht in Regenbogenfarben anläuft, während die angeblich rostfreien Außenlagen ebenfalls in manchen Bereichen ganz leicht anlaufen. Jede Benutzung des Messers bringt hier neue Überraschungen mit sich. Das ist irgendwie spannend und gefällt mir sehr gut. Die weichen Außenlagen sind leider recht kratzempfindlich.
Insgesamt finde ich, dass die Klinge gut verarbeitet ist, trotz der gewollt rustikalen Anmutung. Das Profil weist keinen ausgeprägten Sweetspot auf, sondern verläuft vom Kehl zur Spitze hin in einem feinen, sanften und sehr gleichmäßigen Bogen.
Griff:
Der Griff ist für mich insgesamt völlig akzeptabel. Klar, ein güNef würde sich bei dessen Anblick vermutlich die Haare raufen - mit ziemlicher Sicherheit würde er das tun . Aber da ich mich bei der Bestellung des Messers schon auf ein suboptimales F&F eingestellt hatte, war ich hier auch nicht enttäuscht. Ich zähle mal die kleinen Unregelmäßigkeiten auf:
Die Erl-Oberseite weist eine größere und zwei ganz kleine Macken auf, welche allenfalls optisch stören. Am Übergang zu den Griffschalen wurde teilweise mit Spachtelmaterial ausgeglichen.
Die Erl-Unterseite sieht deutlich besser aus und ist völlig ok.
Am Übergang zum Kropf stehen die Griffschalen deutlich über, was sich leicht ausbessern ließe.
Die Niete sind bündig mit den Griffschalen. Bei der Benutzung des Messers stören die aufgezählten Unregelmäßigkeiten nicht und sind darum aus Fujiwara-Sicht wahrscheinlich eher Pillepalle .
Performance:
Das Messer ist sehr gut ausbalanciert, der Schwerpunkt liegt etwa 1 cm vor dem Kropf. Obwohl ich gewohnt bin, mit Messern zu arbeiten, die zwischen 140 und 170 Gramm wiegen, kommt mir das Maboroshi trotz dessen 221 Gramm nicht unangenehm schwer vor.
Die Kehlansicht würde ich als absolut vielversprechend bezeichnen – vielleicht eine der aufregendsten, die ich bisher gesehen habe. Man sieht, dass die Klinge extrem dünn ausgeschliffen ist. Wenn man sich zusätzlich die sehr hohe Härte von ca. 65 HRC vor Augen hält, dann ermahnt das zu einem sorgfältigen Umgang mit der empfindlichen Schneide. Von Choppen würde ich abraten.
Vergleich Schanz-Santoku mit Maboroshi:
Vergleich Ashi-Gyuto mit Maboroshi:
Das Messer schneidet sehr gut, auch härteres Schnittgut. Nur beim schneiden von Möhren ist mehr Druck nötig als ich erwartet habe. Hier sind alle meine Laser besser. Die Möhre ist aber wirklich eine Ausnahme. Mit allen anderen Lebensmitteln kommt das Maboroshi bestens zurecht; bei einigen liegt es sogar fast gleichauf mit meinem Schanz-Santoku – und das will schon etwas heißen!
Die Schneidhaltigkeit der Klinge scheint hervorragend zu sein. Nach regelmäßiger Benutzung in den letzten Wochen ist noch kein Schärfeverlust spürbar.
Von einer Schnittgutfreisetzung kann man beim Maboroshi nicht wirklich reden; in dieser Hinsicht hätte ich durchaus mehr erwartet. Aber am unteren Drittel der Klingenflanken saugen sich dünne Möhrenscheiben mitunter ziemlich fest an. Insgesamt ist das Fujiwara in Sachen Foodrelease kaum besser als die meisten meiner Laser. Nach wie vor bin ich der Meinung, dass das für den Hobbykoch jedoch relativ unbedeutend ist.
Fazit:
Wie ein leicht verwilderter Naturgarten seine Reize hat gegenüber einem gepflegten Garten mit englischem Zierrasen und rechtwinkligen Rabatten – so hat auch das Maboroshi aufgrund seiner rustikalen Anmutung absolut seine Reize im Vergleich zu einem sauber verarbeiteten Ashi oder Konosuke. Man mag es eben oder nicht. Selbst der leicht schlampig verarbeitete Griff hat mich nicht daran gehindert, das Fujiwara zu mögen. Besonders die Klinge fühlt sich authentisch an, handgemacht – das macht ihren Reiz aus. Dazu schneidet das Messer sehr gut, wobei sich sein relativ hohes Gewicht positiv bemerkbar macht.
Ein Werbeslogan für dieses Messer könnte in etwa folgendermaßen lauten:
„Bist du noch F&F-Fetischist – oder schneidest du schon mit Fujiwara?“
Gruß
Pflaster
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