Erste Eindrücke 3.3.08: Nach dem Auspacken:
Schönes grosses Küchenmesser, welches bestimmt meiner Frau gefällt, da sie nicht die dicken, breiten, schweren typischen Deutschen Kochmesser mag, sondern im jahrelangen Einsatz in der Gastronomie eine Vorliebe für die etwas dünneren und schlankeren 'Schinkenmesser' entwickelt hat. Der Griff ist auch (wie sie es bevorzugt) relativ schlank und lang, allein der "Hump" unten sorgt für etwas Stirnrunzeln bei mir - mal sehen was meine Frau dazu sagt. Und an dem Messer ist keine unnötige Ecke oder Kante - alles schön gebrochen/verrundet - auch genau so wie meine Frau und ich Gebrauchsmesser mögen (und ich bei anderen Messern nötigenfalls auch selbst schon Hand anlegte, um diesen Zustand herzustellen). Die vielen kleinen Nieten mögen zwar unnötig sein, geben aber ein interessantes, schönes Designelement ab, welches auch im Gebrauch nicht stört. Soviel zum Design; dieses wirkt alles in Allem recht "wertig".
Zur Verarbeitung ist der erste Eindruck, dass sie recht gut ausgefallen ist - im Griffbereich noch einen Tick besser als bei den Chroma Japanchefs, welche von mir schon für ihre Preiskategorie als relativ gut und praxistauglich, wenngleich nicht ganz fehlerfrei ausgeführt beurteilt wurden. Alle Materialübergänge Metall-Kunststoff am Griff sind bei meinem C08 spaltfrei und ohne grosse Höhenunterschiede ausgeführt - vielleicht hier und dort mal ein Zehntel Materialüberstand oder auch Griff-Asymmetrie - Hauptsache keine 'Herderspalten'.

Dafür gefällt mir der Grundschliff im Klingenbereich nicht ganz so gut wie dort, ist aber noch ganz akzeptabel - speziell das Oberflächenfinish ist hier etwas "rustikaler" als bei der wohl preiswerteren 'Referenz' Japanchef ausgefallen. Und auch Kratzer hier und dort waren zu finden - ich versuche die Unregelmäßigkeiten, die man speziell im Streiflicht auf der "linken" Seite sieht, mal fotografisch festzuhalten. Ansonsten ist der Schliff sehr benutzungsfreundlich als Balligschliff ausgeführt, welcher hohe Standfestigkeit in der Nutzung verspricht - und im Lieferzustand wirklich nicht superscharf, aber doch recht leicht verbesserungsfähig war; d.h. 2 mal rechts-links leicht auf den weissen Sharpmakersteinen und zweimal übers Leder mit Unipol blau waren völlig hinreichend für eine auch meine Frau zufrieden stellende Schärfe. Etwas missfallen hat mir, dass die Klinge (längs von hinten den Klingenrücken entlang betrachtet, direkt nach der Zwinge leicht nach rechts abknickt, um im vorderen Bereich zur Spitze hin wieder nach links zu laufen - etwas unschön, aber für den Gebrauch wohl irrelevant (und ich schliesse nicht aus, dass das auch durch den Transport verursacht sein kann, da die Transportschachtel zwar äußerlich unbeschädigt, aber doch ziemlich verdrückt ausah, als sie bei mir ankam - da lag wohl längere Zeit ein schweres Paket drauf).
Zur Zeit ist die Preisfrage zur Einstufung des Messers für mich wohl die Preis-Frage - am heutigen Tag ist mir noch kein projektierter Verkaufspreis bekannt und damit auch keine Möglichkeit zur Einstufung in eine bestimmte Qualitätskategorie.
Ergänzung 9.3.08: Der erste größere Einsatz (in der Gastro-Küche, durch meine Frau):
Die Schneidleistung ist untadelig, die (von mit vorher leicht aufgewertete) Schärfe ist untadelig, und auch die Schnitthaltigkeit/Standfestigkeit der Schneide ist gegeben. Lauch, Kohlrabi und Zucchini stellten das Messer natürlich nicht vor das geringste Problem - beim Zucchinifächer schneiden gab es natürlich die für die Klingenbreite zu erwartende Anhaftung des Schnittguts (da nimmt Renate lieber schmalere Klingen, um dies zu vermeiden). Verschmutzungen am Schnittgut (Sandkörnchen) sorgten nicht für Ausbrüche sondern für kleine Schneiden-Umklapper, soweit ich das mit der Lupe beurteilen konnte. Ein ordentlicher Zustand der Schneide liess sich relativ schnell wieder herstellen, wenngleich es aufgrund der vergleichsweise (zu 1.4116er Solingen-Messern) hohen Härte natürlich etwas länger dauert, aber eben auch länger hält.
Kritikpunkt war der Griff, der ja an der Unterkante dicker als am Rücken ist. Die Ausbauchung selbst war hierbei kein Problem, sorgte sie doch für ein angenehmes, sicheres Griffgefühl, zumal das Messer recht gut ausgewogen und dadurch für seine Größe sehr 'führig' ist. Aber dieser Querschnitt sorgt für zwei Probleme: Erstens ist die Klinge bei Renates gewohnter natürlicher Griffhaltung nicht senkrecht, sondern leicht abgekippt, so dass sie für senkrechte Klingenführung bewusst leicht umgreifen muss. Und zweitens sorgt das Griffprofil dafür, dass das auf der Arbeitsplatte abgelegte Messer
nicht wie die meisten anderen Kochmesser flach oder leicht zur Schneide hin abgekippt liegt, sondern die Schneide erhöht liegt. Und das ist ein
Sicherheitsrisiko, gerade in der Profiküche, wo sich meist mehrere Leute einen Arbeitsbereich teilen (anzumerken ist, dass die leider leicht gebogene Klinge dies in der Ablagestellung mit Schneide rechts sogar noch verstärkt, bei Ablage mit Schneide links liegt das Messer sogar schon fast waagerecht, aber immer noch mit erhöhter Schneide). Das Messer wird jetzt noch durch die Hände mehrerer anderer Köche an Renates Arbeitsplatz wandern (die sind schon ganz neugierig) - und ich werde wohl den Griff nach Ende dieser Tests durch Ausdünnen an der Unterkante der Ausbauchung modifizieren, um diesen beiden Problemen Herr zu werden.
Ergänzung 10.4.08: Das Messer ist nun im Verlauf des letzten Monats, über die arbeitsreichen Osterfeiertage und so durch die Hände mehrerer Köche gegangen - dabei hat sich das Urteil von Renate im Grossen und Ganzen bestätigt; zwei ihrer Kollegen fanden das Messer ganz interessant, fragten sogar an, wo man das kaufen kann; einer war nicht begeistert (aber das ist ein Japan-Chauvi, der sowieso alles ablehnt, wo keine japanischen Schriftzeichen eingraviert sind). Allgemein gelobt wurde die für die Größe ungewohnt gute Führigkeit des Messers, an der sicherlich die vergleichsweise dünne, aber doch robuste Klinge "schuld" ist. Das Griffgefühl wurde allgemein als gut, aber gewöhnungsbedürftig empfunden. Und speziell die Spitze des Messers wurde als optimierbar beschrieben - mein Testexemplar ist gerade an der Spitze relativ dick - und wie die anderen Messer auch eben nicht spitz. Die (weiter oben schon geschilderte) Verbiegung des Messers wurde zwar wahrgenommen, aber nicht als nutzungsrelevant angesehen.
Und wenn wir schon bei der Verbiegung sind: Nach den vier Wochen Test kam das Messer schon recht stumpf zu mir zurück und ich ging dran, das Teil zu schärfen. Und da habe ich schon gemerkt, dass man etwas mehr Schmalz als bei einem Standard-4116er Messer Solinger Machart reinstecken muss, um was zu bezwecken. Aber es WIRD scharf, und zwar richtig gut. Leider habe ich erst auf dem Bankstein gemerkt, dass es sich bei der von mir ursprünglich als einfache Verbiegung in einer leichten Linkskurve nach dem Rechtsknick zwischen Griff und Klinge erkannten 'Geometrieschwäche' in Wirklichkeit um eine leichte Torsion (also Verdrehung um die Längsachse) von etwa 3 Grad über den Verlauf der Schneide handelt - das ist sicherlich nicht sonderlich nutzungsrelevant, aber beim Schärfen stört das doch, da dies wenn das Messer maschinell bzw. mit Führung geschliffen werden sollte, zu asymmetrischem Schliff führt, und man so auf Handschliff festgelegt ist. Und das führt letztendlich doch zu einem größeren Punktabzug, als ich ursprünglich zu verhängen gedachte. Nichtsdestotrotz ist mein Eindruck von diesem Messer doch noch deutlich positiv - auf dem Kaufpreis zur letztendlichen Beurteilung warte ich aber (wie vermutlich alle anderen Tester auch) immer noch - und auf Erscheinen der ganzen Serie. Da ist bestimmt was dabei was ich zukaufen würde, zumal ich zu kleinen Modifikationen auf einer guten Basis immer bereit bin - und die Basis dieses Messers stimmt definitiv.
Ich habe jetzt übrigens nach Abschluß dieser Testphase - wie weiter oben schon angekündigt - den Griff im unteren "Bauchbereich" etwas ausgedünnt (maximal 1-2mm abgenommen). Für mich selbst mit meinen grossen Händen ist er jetzt gefühlsmäßig vielleicht etwas zu schlank geworden - meine Frau mag ihn hingegen jetzt deutlich lieber. Und das erschägt wirklich beide oben geschilderten Probleme, die ich damit erschlagen wollte - die natürliche Griffhaltung ergibt nun eine senkrecht stehende Klinge, auch wenn man zwischen Messern verschiedener Hrsteller hin und her wechselt. Und auch das oben beschriebene Sicherheitsproblem des flach liegenden Messers ist jetzt beseitigt, da das Messer nun aufgrund des anderen Griff-Auflagepunkts zur Schneide hin abkippt. Ein Foto zum Zeitpunkt des Grobschliffs (damit man wenigstens etwas von der Art der Griffbearbeitung sieht) habe ich als Bild angefügt.
Zu den Bildern: Nr.1 ist mein Versuch, die Klingenverbiegung zu zeigen - es ist nicht gut zu erkennen, aber mit der Hilfslinie sieht mans wohl. Nr.2 und Nr.3 zeigen die Klinge in verschiedenen Haltewinkeln zur Beleuchtung zur Darstellung des Schliffs - man möge mir meine Fingerabdrücke und etwas dilettantische Arbeitsweise verzeihen - jemand Anderes machts sicherlich besser als ich. Bild 4 zeigt die Griff-Nachbearbeitung.
-ZiLi-